Überschrift 1

CREDIT RESEARCH
COVERED BONDS/FINANCIALS
LBBW RESEARCH
Burkerts Blick
Kommentar des LBBW Chefvolkswirts
Die erste Hürde gegen den
„Brexit“ ist genommen…
Uwe Burkert
Chefvolkswirt und
Leiter Research
[email protected]
FOKUS
„BREXIT“
…, aber es bleibt ein Kraftakt für Premier David Cameron!
M ARKT
GROSSBRITANNIEN
Die erste Hürde gegen den „Brexit“, also den Ausstieg Großbritanniens aus der EU, hat der
britische Premierminister David Cameron genommen. Die anderen Staats- und
Regierungschefs der EU sind auf ihrem Gipfel am 18./19. Februar in Brüssel auf seine
Forderungen, die sogenannten vier (Reform-) „Körbe“, in erheblichen Umfang
eingegangen. Die meiste Aufmerksamkeit hatte seiner Forderung, dass Großbritannien die
Sozialleistungen an Immigranten aus der EU beschränken kann, gegolten. Der
Premierminister hat in diesem Punkt nun die Vereinbarung erreicht, dass Großbritannien
nach entsprechender Vorankündigung den Zugang von Arbeitnehmern aus anderen EUStaaten zu Sozialleistungen für bis zu vier Jahre nach Aufnahme einer Arbeit beschränken
kann. Auch bei den anderen „Körben“ konnte sich der britische Premier weitgehend
durchsetzen. Die EU-Staats- und Regierungschef erkannten an, dass das Inselreich –
entgegen den EU-Verträgen – nicht zu einer weiteren politischen Integration in die EU
verpflichtet ist. Ferner verständigten sich die Staatenlenker unter anderem auf Regelungen
zum Schutz der Interessen von Nicht-Eurostaaten in der Europäischen Union.
Nach dem Abschluss der Verhandlungen in Brüssel beraumte Cameron das Referendum
über den Verbleib des Königreichs in der EU auf den 23. Juni 2016 an. Sollte der Premier
gehofft haben, angesichts seines Verhandlungserfolges in Brüssel neue Mitstreiter beim
Werben für einen EU-Verbleib gefunden zu haben, so wurden diese Hoffnungen jedoch jäh
enttäuscht. Zu den bisher fünf Mitgliedern der Regierung, die bislang schon offen für
einen EU-Austritt des Inselreich Großbritanniens eintraten, gesellte sich jüngst noch der
als Vertrauter des Premiers geltende Justizminister Michael Gove. Der Justizminister gilt
als Vordenker der Konservativen Partei und verschafft damit dem Lager der
Austrittsbefürworter intellektuelles Gewicht. In einem BBC-Interview zog der Justizminister
dann gleich die Rechtsverbindlichkeit der Brüsseler Beschlüsse in Zweifel. Einen noch
heftigeren Schlag ins Kontor stellte jedoch die Entscheidung des populären und gemeinhin
nur als „Boris“ bekannten Londoner Bürgermeisters Boris Johnson dar, das „Brexit“-Lager
zu verstärken. Das „Brexit“-Lager verfolgt zwar mit Johnson ein gemeinsames Ziel – den
Ausstieg -, vertritt aber in Bezug auf das, was nach dem Ausstieg kommen soll, sehr
unterschiedliche Ansichten.
Der jüngste Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge, dessen
Erhebungszeitraum die Bekanntgabe Johnsons, das „Brexit“-Lager zu verstärken, zeitlich
überlappte, liefern sich Befürworter und Gegner eines EU-Austritts weiterhin ein Kopf-anKopf-Rennen. Die Meinungsforscher räumen jedoch ein, dass ihre Umfragen bei
Referenden eine geringere Prognosegüte haben als bei Parlamentswahlen. Die Londoner
Buchmacher messen einem EU-Austritt Großbritanniens indes lediglich eine
Wahrscheinlichkeit von rund 33 % bei. Je höher die Wahlbeteiligung ist, desto höher ist
FREITAG, 04. MÄRZ 2016
David Cameron konnte seine Forderungen
in Brüssel weitgehend durchsetzen…,
… und verliert dennoch in Großbritannien
an Mitstreitern.
Umfragen zeigen Kopf-an-Kopf-Rennen.
BITTE BEACHTEN SIE DEN DISCLAIMER UND WICHTIGE OFFENLEGUNGSTATBESTÄNDE IM ANHANG-1
CREDIT RESEARCH
COVERED BONDS/FINANCIALS
LBBW RESEARCH
Burkerts Blick
Kommentar des LBBW Chefvolkswirts
unseres Erachtens auch die Wahrscheinlichkeit, dass Großbritannien in der EU bleibt.
Die Devisenmärkte haben auf die jüngsten Ereignisse reagiert. Das Pfund Sterling verlor
gegenüber allen wichtigen Währungen an Wert. Der Außenwert des Pfundes gegenüber
einen breiten Korb von Währungen sank seit dem Ende des Gipfels um 1,3 %. Sollten die
Briten im Juni mehrheitlich für einen EU-Austritt votieren – wovon ich weiterhin nicht
ausgehe –, so sind weitere Kursverluste des Pfund Sterling zu befürchten.
Pfund Sterling gibt nach.
Großbritannien ist wirtschaftlich mit der EU eng verzahnt. Ein EU-Austritt dürfte das
Wirtschaftswachstums Großbritanniens über die Kanäle Warenhandel – die Hälfte der
britischen Warenexporte gehen in andere EU-Staaten –, Direktinvestitionen und
Finanzplatz London spürbar reduzieren. In diesem Umfeld dürfte die Bank of England
(BoE) den Zeitpunkt ihrer ersten Leitzinserhöhung noch weiter hinausschieben und damit
das Pfund Sterling schwächen. Dieses Szenario setzt jedoch voraus, dass ein EU-Austritt
Großbritanniens nicht unmittelbar zu einer Zahlungsbilanzkrise und zu einem Absturz des
Wechselkurses führt. Der Leistungsbilanzsaldo belief sich im Jahr 2014 auf -5,1 % des BIP
und verzeichnete das niedrigste Niveau seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1948. Im
letztgenannten Fall sähe sich die BoE zur Verteidigung des Pfundes wahrscheinlich zu
Leitzinserhöhungen gezwungen; mit entsprechend heftigen Konsequenzen für die
britische Wirtschaft und den Immobilienmarkt.
EU-Austritt dürfte die britische Wirtschaft
belasten.
Aber ob nun am Anfang oder Ende der Wirkungskette: In beiden Szenarien dürfte
das Pfund Sterling unter einem EU-Austritt Großbritanniens leiden.
Weitere Kursverluste des Pfund Sterling
wären zu befürchten.
Anhang 1:
Aufsichtsbehörden der LBBW: Europäische Zentralbank (EZB), Postfach 16 03 19, 60066 Frankfurt am Main und Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Postfach 1253, 53002 Bonn / Postfach 50 01 54, 60391 Frankfurt.
Diese Publikation beruht auf von uns nicht überprüfbaren, allgemein zugänglichen Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit und Vollständigkeit wir jedoch
keine Gewähr übernehmen können. Sie gibt unsere unverbindliche Auffassung über den Markt und die Produkte zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses wieder, ungeachtet
etwaiger Eigenbestände in diesen Produkten. Diese Publikation ersetzt nicht die persönliche Beratung. Sie dient nur zu Informationszwecken und gilt nicht als Angebot oder
Aufforderung zum Kauf oder Verkauf. Für weitere zeitnähere Informationen über konkrete Anlagemöglichkeiten und zum Zwecke einer individuellen Anlageberatung wenden
Sie sich bitte an Ihren Anlageberater.
Diese Publikation wird von der LBBW nicht an Personen in den USA vertrieben und die LBBW beabsichtigt nicht, Personen in den USA anzusprechen.
Wir behalten uns vor, unsere hier geäußerte Meinung jederzeit und ohne Vorankündigung zu ändern. Wir behalten uns des Weiteren vor, ohne weitere Vorankündigung Aktualisierungen dieser Information nicht vorzunehmen oder völlig einzustellen.
FREITAG, 04. MÄRZ 2016
Stuttgart/Mainz
Am Hauptbahnhof 2
70173 Stuttgart
Phone +49 711 127-25200
Fax +49 711 127-25191