Kool, Kooler

Fotos: Robert Koehler (2), Laif (1)
Trend
Kool,
OFFEN & TOTAL VERNETZT:
Südkorea zählt zu den Ländern
mit dem schnellsten Internet
überhaupt – selbst hier auf dem
Achasan-Berg im Osten Seouls
surft man in Highspeed
Kooler,
Korea
K-Pop, TV-Serien, Beauty-Produkte, Fashion-Trends sind plötzlich heiße
Exportware, die alle haben
38
wollen – made in Südkorea. Wie machen die das?
39
Normalerweise kommen coole, neue Kultur-Trends aus dem
Untergrund. Aus dem Widerstand gegen den Mainstream. Von
absoluten Individualisten. In Südkorea ist das genau andersrum:
Seit knapp 20 Jahren steuert die Regierung die globale Expan­sion von koreanischer Kultur, Mode, Beauty – unter dem Begriff
Hallyu, die koreanische Welle. Und ist damit extrem erfolgreich:
Musik aus Korea erobert unter dem Kürzel K-Pop die Welt, Millionen von Youtube-Clicks und ausverkaufte Konzerte – auch hier
in Europa – sind die aufregenden Beweise. Dieses Jahr wurde
CL, Frontfrau der Girlband 2NE1, vom „Time Magazine“ auf
Platz zwei der einflussreichsten Personen gewählt – zwischen
Wladimir Putin und Barack Obama. G-Dragon, ein männlicher
K-Pop-Star, saß bereits im letzten Sommer „front row“ bei
Chanel in Paris, kurz davor zeigte das französische Label seine
Cruise Collection in Seoul, Südkoreas Hauptstadt – der neuen
„capital of cool“. Die Mode-Branche dort ist in Hype-Stimmung,
die Fashion Week nimmt von Saison zu Saison einen wichtigeren Platz im internationalen Schauen-Kalender ein. Ganz zu
schweigen von der Beauty-Branche: Sie gilt als innovativste
­überhaupt und exportiert ihre Produkte (s. S. 42) schon in die
ganze Welt. Da wittern Riesenkonzerne wie Estée Lauder Potenzial und fangen an, koreanische Marken aufzukaufen.
Woher kommt diese Entwicklung? Und warum ging das alles
so schnell? Vor ein paar Dekaden hatte Korea nämlich noch den
Status eines Entwicklungslandes. In mühevoller Aufbauarbeit
und mit harter Planwirtschaft stellte sich über Jahrzehnte ein
­gewisser Wohlstand ein durch XL-Unternehmen wie Hyundai, LG
oder Samsung. Dann kam 1997 die asiatische Wirtschaftskrise
und gefährdete alles Erreichte. Die damalige Regierung zog
ihre Schlüsse: Man wollte sich nicht mehr von einigen wenigen
Unternehmen und Branchen abhängig machen, Rohstoffe gibt
es in dem kleinen Land ohnehin nicht. Also sollte eine Industrie
geschaffen werden, für die man keine Fabriken benötigt, sondern
schlichtweg Zeit – und Talent. Hallyu war geboren. Denn die Korea­ner verstanden, was Amerika stark gemacht hatte: das popkulturelle Monopol. Das Land galt als cool – und damit auch Marlboro,
Levi’s und Cadillac. Hilfreich war außerdem der Spirit der Koreaner: Die politische Lage mit dem Diktatur-Nachbarn Nordkorea
war schon seit dem Koreakrieg 1950 angespannt und ebnete den
Weg für eine gewisse Risikobereitschaft der Menschen.
Und so wurden Steuergelder dafür benutzt, Musik und
Serien (K-Dramas) zu produzieren und auch gleich noch zu
synchronisieren, sodass erst die Nachbarländer und nun weite
Teile der Welt Seifenopern aus Korea schauen, in denen dann
der Lifestyle inklusive Samsung-Telefon, Beauty-Produkten
40
SEOUL SUPERCITY:
1. Clash der
Jahrhunderte: zwei
Koreanerinnen in
Hanbok, traditioneller
Tracht, vor der Skyline
von Seoul. 2. Der
­Changdeokgung-Palast aus dem 15. Jahrhundert zwischen
neuer Architektur.
3. + 4. Ein Pärchen
vor dem ­Dongdaemun
Design Plaza,
das von Zaha Hadid
entworfen wurde.
Dort findet auch die
Fashion Week statt.
5. Street-Art ist
allgegenwärtig im
Ihwa Mural Village.
6. Cheonggyecheon:
ein elf Kilometer
langes Erholungsgebiet mitten in der
Stadt. 7. Brown,
der Bär, ist Maskottchen von Line (das
südkoreanische
Whatsapp). 8.
Beliebter Snack:
Gyeongdan (Reisbällchen) in unzähligen Variationen.
9. Myeong-dong –
Mekka für Beautyshopper. 10. Das
einstige Industrieviertel Seongsudong
wird jetzt von
Hipstern bevölkert
und Modelabels angepriesen wird. Auch die
K-Pop-Industrie wurde durch Steuern am
­Leben gehalten, als sie Anfang dieses Jahrtausends gegen illegales Musik-Streaming
­
kämpfte. Danach breitete sich die K-Pop-Welle
immer weiter aus, erst über Asien und dann
per Internet auf der ganzen Welt.
Im Zuge dessen steigt auch das Selbstbewusstsein der jungen Koreaner – vor allem der
Generationen, die in und nach den 80er-Jahren
geboren wurden. Denn die vollständige Gleichberechtigung von Mann und Frau wurde erst
1991 eingeführt, außerdem gab es immer
strenge soziale Normen und Verhaltensweisen
– unter anderem das panische Vermeiden, in
soziale Fettnäpfchen zu treten („noonchi“ genannt). Händchen halten in der Öffentlichkeit?
Lange undenkbar. Aber seit viele der Jungen
im Ausland waren, legen die Koreaner ihre ex­treme Zurückhaltung ab. Und holen in jeder
Hinsicht schnell auf. Seit 2013 ist mit Park
Geun-hye eine Frau Präsidentin des Landes,
und wenn man durch die Straßen von Seoul
wandert, sieht man perfekt angezogene junge
Leute, die für ihr Leben gerne shoppen, dabei
viel Spaß haben und das auch zeigen.
Auch das Nachtleben hat sich entwickelt. Verglichen damit,
was in der südkoreanischen Hauptstadt abgeht, liegt New York im
Koma. Da die Koreaner lange arbeiten, gibt es alles auch in der LateNight-Version: Friseure und Klamottenläden haben rund um die
Uhr geöffnet, das zweite Dinner um drei Uhr nachts ist Standard.
Doch die Koreaner ruhen sich nicht aus auf ihren Lifestyle-Lorbeeren. Jetzt wollen sie mit Beauty-Produkten die Welt erobern. Es
gibt dort an die 2000 Marken, sehr viel für ein Land, das nur wenig
größer als Ungarn ist. Sie gelten unter Experten als die am höchsten
entwickelten der Welt. Schneckenschleim als Zutat, Prozeduren, die
bis zu zwölf Produkte und Schritte beinhalten – vor nichts schrecken
die Koreanerinnen zurück, Hauptsache, es lässt sie gut aussehen.
Genau diese Offenheit für Innovation ist es, die Korea in vielen Bereichen so stark gemacht hat. Seoul ist mittlerweile – was Mode, Musik,
Film und Fernsehen angeht – die einflussreichste Stadt Asiens. Stark
anzunehmen, dass wir bald noch viel mehr aus Korea hören, sehen –
und wahrscheinlich kaufen werden.
Euny Hong (Autorin des Buchs „The Birth of Korean Cool: How
One Nation Is Conquering the World Through Pop Culture“)
4.
2.
3000 Jahre Geschichte, 10 Millionen Einwohner, 11 Kilometer Stadtpark:
3.
Eindrücke aus Seoul, der momentan angesagtesten Stadt dieser Welt
6.
8.
7.
5.
Fotos: Robert Koehler (7), Joel Micah Miller/Gallery Stock (1), Elaine Welteroth (1), Sean Pavone/Alamy (1)
Trend
9.
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10.
1.
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Trend
beauty:
GENIAL gepflegt
DIE WICHTIGSTEN BEAUTY-TRENDS: 1. Natürliche Inhaltsstoffe in möglichst reiner
Beauty-Bloggerin Sheryll Donerson (thewanderlustproject.com) lebte
zwei Jahre in Seoul. Hier erklärt sie, warum die Schönheitsindustrie Südkoreas
so innovativ ist – und ob die Produkte halten, was sie versprechen
Form („Lettuce & Cucumber Watery Emulsion“ von Skinfood und „Pumpkin 24 K
Gold Mask“ von Too Cool For School). 2. Verpackungen, die wie Manga-Kuschel-
Mist“ von Tony Moly). 3. Exotische und angeblich hochwirksame Inhaltsstoffe
(gegen Aknenarben und Falten, „Snail Moisture Mask“ von Shangpree)
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Fotos: Gettyimages (1), Alex Finch (1), Courtesy of Unistella (2)
tiere aussehen („Panda’s Dream White Sleeping Pack“ und „Pocket Bunny Sleek
Was unterscheidet die Produkte vom Rest der Welt?
Der Ansatz ist ein vollkommen anderer: Südkoreanische Frauen
kaufen nicht Make-up, um ihre Haut toll aussehen zu lassen, das
ist sozusagen die letzte Option. Stattdessen dreht sich alles um BEA
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Pflege, sie steht an erster Stelle und wird obsessiv betrieben:
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zwölf Schritte vor dem Zu-Bett-Gehen – Reinigung, Toner,
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Masken und so weiter – sind normal. Deshalb herrscht auch
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ein wahnsinniger Konkurrenzkampf, fast täglich gibt es neue
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Produkte mit neuen Inhaltsstoffen. Dabei sind die Koreaner sehr
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experimentierfreudig: Schneckenschleim ist gerade ein Hype –
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niemand findet das abwegig. Und die meisten Marken sind,
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­verglichen mit den USA und Europa, überhaupt nicht teuer.
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Die beliebtesten Feuchtigkeitscremes, die auch in Tests am
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­besten abschneiden, kosten um die zehn Euro.
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Der Stadtteil Myeong-dong gilt als Beauty-Mekka – wie
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kann man sich das Shoppen dort vorstellen?
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Es ist die abgefahrenste Beauty-Destination der Welt! Wie ein
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Times Square für Kosmetikmarken: bunte Lichter, K-Pop-Beod )
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schallung auf der Straße, überall Flagship-Stores der koreanib
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schen Marken. Dazu kommt, dass vor jedem Shop Angestellte
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stehen, die einem kostenlose Proben und manchmal sogar Tüten
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voller Produkte quasi nachschmeißen. Das ist das Beste dort: die
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Außer extravaganten Inhaltsstoffen und süßen
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Verpackungen: Welche Trends kommen gerade auf ?
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Ein Riesending ist die Nail-Art von Unistella, die wie zerbrochenes Glas aussieht. Multi-Masking, also verschiedene Masken für
verschiedene Bereiche des Gesichts zu benutzen, ist auch ziemlich angesagt. Und natürliche Zutaten in Reinform: Teilweise
bekommt man ein Fläschchen mit echten grünen Teeblättern,
die am Boden noch weiter fermentieren.
Und ist diese ganze Euphorie wirklich gerechtfertigt?
Ich finde: ja – aber das ist meine ganz persönliche Erfahrung. Als H
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ich nach Korea zog, hatte ich ziemlich schlimme ErwachsenenT: N
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Akne. In den USA hatte ich schon alles ausprobiert. Erst war ich
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skeptisch, da die Verpackungen für unsere Verhältnisse etwas,
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nun ja, schrill waren. Aber nach kürzester Zeit sah ich Ergebnisse.
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Mittlerweile benutze ich seit dreieinhalb Jahren fast nur noch
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koreanische Produkte und fast kein Make-up mehr.
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43
Trend
4MINUTE: Neben funky Songs stehen sie vor allem auch für funky Outfits
musik:
crazy gemixt
SUPER JUNIOR: Mit zeitweise 13 Mitgliedern die größte Boyband der Welt
K-Pop generiert Millionen von Youtube-Klicks auf der ganzen
Welt – wie konnte ein regionales Genre so erfolgreich werden?
Erst wurde K-Pop in China groß, die koreanische Regierung forcierte
den Export und subventionierte die Musikindustrie. Danach wurde er
zum Selbstläufer, verbreitete sich in ganz Asien und durch das Internet
auch im Rest der Welt. Dazu kommt: Die Strategie von K-Pop ist, Boyund Girlbands zu casten. Und das funktioniert bei der jungen Zielgruppe eben unheimlich gut. Sie verfolgen ihre Stars, die meist als unschuldige Jungen und Mädchen von nebenan beginnen – und sich dann in
stylishe, sexy Erwachsene verwandeln. Das visuelle Konzept ist auch ein
Faktor: Die Auftritte und Musikvideos sind unglaublich aufwendig inszeniert, mit dramatischen Gesten und komplizierten Choreografien.
Wie entstehen diese vielen Bands?
Hinter fast allen Bands stehen große Unterhaltungskonzerne wie YG
Entertainment. Die zukünftigen Stars werden auf zwei Arten gefunden:
Straßen-Castings und Open Auditions, zu denen viele junge Koreaner
gehen, um berühmt zu werden. Man muss auch wissen: Koreaner lieben
es zu singen. Karaoke ist sozusagen Volkssport.
Welchen Einfluss hat K-Pop auf die Gesellschaft in Korea?
Er ist der Motor der Popkultur. K-Pop bestimmt das Schönheitsideal
und bringt Modetrends hervor. YG Entertainment hat sogar ein eigenes Modelabel. Ein Beispiel: Zurzeit laufen viele Mädels in Seoul mit
44
Fotos: Cube Entertainment (1),
Gettyimages (1), ddp images (1),
K-Pop ist das größte Musikphänomen des neuen Jahrtausends. Suk-Young Kim (sie unterrichtet u. a .
„Contemporary Korean Society“ an der University of Santa
Barbara) erklärt, was es mit dem Hype auf sich hat
Starship Entertainment (1), Reuters (1), S.M. Entertainment (2),
Laif (1), YG Entertainment (1), Jellyfish Entertainment (1)
MONSTA X: Die Mitglieder der Rap-Band wurden in einem Survival-Reality-TV-Format gecastet
Lockenwicklern in den Haaren rum – nur weil die Band Exid das
in einem ihrer Musikvideos gemacht hat. Aber dass K-Pop im Rest
der Welt so erfolgreich ist, hat auch das Selbstbewusstsein der Koreaner sehr positiv beeinflusst.
Stehen wirklich alle in Korea auf K-Pop?
Es gibt natürlich auch viele, die diese Musik sehr oberflächlich finden.
Und die ältere Generation macht K-Pop für die Konsumorientiertheit
der jüngeren verantwortlich. Momentan entstehen außerdem sehr
viele Indie-Bands oder Hip-Hop-Acts, als Gegentrend sozusagen.
Wie klingt ein typischer K-Pop-Song im Jahr 2016?
Das kann man nicht auf einen Nenner bringen. Bei der Musik gibt es
viele Einflüsse: Elektro, Hip-Hop, Soul, Eurodance … Manchmal alle
Genres auf dem Album einer einzigen Band! Aber ich denke, es ist
genau dieser Mix, der K-Pop so einzigartig macht.
H.O.T.: Die Pioniere des K-Pop, 1996 gegründet, hörten aber 2011 auf
2NE1: „To Anyone“ hat über 425 Millionen Klicks auf Youtube
CL UND G-DRAGON (RE.): Die einflussreichsten K-Pop-Stars
SHINHWA: Die älteste aktive Boyband Koreas wurde 1998 gegründet
VIXX: Im November 2015 stieg ihr Album „Chained up“ auf Platz drei der weltweiten Billboard-Charts ein
45
2.
Trend
mode:
schnell dabei
4.
Redaktion: Georg Wittmann; Fotos: Alex Finch (6), Sol-Sol Street (2), Youngjun Koo/I’m Koo (1),
Gettyimages (1), str/indigitalimages.com (2), Nabile Quenum/Blaublut-Edition.com (1)
3.
6.
5.
1.
DIE STREETSTYLETRENDS:
1. Hanbok: die Silhouette der traditionellen
Tracht, modern ins­
zeniert. 2. Lady-Chic
mit Avantgarde-Twist.
8.
7.
9.
46
3. Patchwork und
Fransen: Denim neu
interpretiert.
4. 90s-Slip-Dress
mit grafischem Bob.
5. Partner-Look.
6. Ghetto-Vibes mit
Fake Fur und Streifen.
7. Graue Haare
sind das derzeit hippste „Accessoire“.
8. Ironischer KonsumStyle mit Logos und
Food-Zitaten.
9. Atemmasken sind
zum Fashion-Statement geworden.
10. Sporty mit Trikot
und Sneakers
Über die Fashion Week und den Stil von Seoul redet gerade die ganze Branche.
Der Kulturexperte und Streetstyle-Fotograf Michael Hurt
(seoulfashionreport.com) erklärt die Modeszene Südkoreas
1.
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3.
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MODEL OF
THE MOMENT:
Soo Joo Park
ist die gefeierte
neue Stilikone
aus Südkorea
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10.
Nach Musik und Beauty
soll Mode nun zum
Exportschlager werden.
Was qualifiziert Korea
als neue Mode-Nation?
Die jungen Leute hier sind
ziemlich modeverrückt, sie
wollen Trends extrem schnell umsetzen. Deshalb hat sich in den letzten zehn Jahren eine eigene innovative Designszene entwickelt – relativ
unbemerkt vom Rest der Welt. Jetzt hat diese
Szene offenbar ihren eigenen Stil gefunden. Und
der wirkt auch auf andere sehr anziehend.
Und wie kann man diesen Stil beschreiben?
Viele Einflüsse kommen aus den USA: Hip-Hop,
Streetwear. Aber auch aus Japan, wo die Menschen teilweise sehr extravagant aussehen, man
denke nur an die „Gothic Lolitas“. Ganz so ex-
trem sind die Koreaner dann wiederum nicht,
sie brechen das runter. Oberste Maxime ist,
gut auszusehen, nicht freaky. Dazu mixen sie
Trends, die in Korea entstehen, durch K-Pop
oder den ganz eigenen Kosmos in Seoul. Zurzeit
entdecken viele wieder Hanbok, die traditionelle
Tracht mit voluminösen Röcken, und kombinieren diese dann natürlich modern.
Viele Koreaner tragen auch Atemschutzmasken. Was hat es denn damit auf sich?
Die sind in ganz Ostasien populär. Weil in den
Frühlingsmonaten immer Staubpartikel aus
den Wüsten Nordchinas und der Mongolei
herübergeweht werden, tragen viele Leute die
Masken zum Schutz. Nach und nach wurden
sie zum Accessoire.
Wie kann man sich eine Shopping-Tour in
Seoul vorstellen?
Im Luxusviertel Cheongdam-dong gibt es neben
Dior, Louis Vuitton und Co. auch viele Concept
Stores. Die Koreaner lieben sie – trinken, essen,
Nischenmagazine kaufen, Nägel gemacht bekommen und shoppen. Hongdae ist das Hipsterviertel. Am extremsten aber ist Dongdaemun:
27 Malls, die rund um die Uhr, sieben Tage die
Woche, geöffnet haben – randvoll mit günstigen
Trendteilen.
Woher kommt die Leidenschaft für Mode?
Das Aussehen spielt eine große Rolle. Neben einer
schönen Haut wollen die Menschen auch schöne
Kleidung. Dazu kommt die Experimentierfreude,
Trends werden dort nicht erst kritisch beäugt.
Man freut sich einfach, dass es wieder etwas Neues
gibt. Diese gesellschaftlichen Voraussetzungen
sind es auch, die koreanische Labels nun im Rest
der Welt konkurrenzfähig machen.
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