Erfahrungsbericht Name: F r a n z i s k a V ö l k Studiengang und -fach: Lehramt Realschule Sport, Musik Austauschjahr: SS 2015 Gastuniversität: Keimyung University Stadt: Daegu Land: Südkorea Aus Spam- und Datenschutzgründen wird die E-Mail-Adresse nicht im Internet veröffentlicht. Studierende der Universität Augsburg können diese auf Anfrage im Auslandsamt erhalten. Die Erfahrungsberichte werden von Studierenden verfasst und spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Universität Augsburg wider. Für den Inhalt des Berichts ist der/die Verfasser/in verantwortlich. Das Akademische Auslandsamt behält sich vor, ggf. Änderungen vorzunehmen. "Du gehst nach Korea? Ist das nicht gefährlich?!", haben mich einige Deutsche gefragt. Mal abgesehen vom riskanten Autofahrstil ist Südkorea eines der sichersten Länder. Solche Aussagen haben mir gezeigt wie wenig die Deutschen eigentlich über dieses wunderbare Land wissen. Warum wollen alle in die USA, nach Australien, Frankreich, Spanien oder Schottland? Für mich war klar, dass ich eine möglichst andere Kultur als die westliche entdecken wollte und so verschlug es mich nach Daegu, Südkorea. Daegu ist die heißeste Stadt Koreas und im Sommer wirklich gnadenlos. Ansonsten ist das Wetter in Korea recht gemäßigt und ähnlich wie in Deutschland. Daegu ist bekannt für den Medizinmarkt und eher konservativ. Mein Lieblingsplatz (neben unserem Campus) ist E-World (ein Freizeitpark) und der Duryu Park. Zugegeben gibt es in Daegu nicht viel zu sehen und ist verglichen zu Seoul und Busan eher langweilig. Dafür hat die Keimyung University den schönsten Campus Koreas und sonst auch einiges zu bieten: Die Uni ist bekannt für eine der besten Taekwondo Akademien in Korea, hat eine eigene Kirche und ein Amphitheater, ein Opernhaus, ein eigenes Museum und einen koreanischen Garten mit traditionellen Häusern. Es gibt mehrere ausgezeichnete Mensen auf dem Campus, aber auch außerhalb sind unzählige preiswerte Restaurants (von 2-6€). Der Platz an dem sich die Austauschstudenten und auch Koreaner treffen, um Sprachen zu lernen, Kaffee zu trinken, zu drucken oder in Reiseführern zu schmökern ist die „International Lounge“ – ein unglaublich toller Ort der Begegnung. Außerdem wurden dort Ländertage für Schulkinder veranstaltet oder Filme und Game of Thrones abgespielt. Das internationale Amt mit unserem Koordinator Chris Lee hätte nicht besser sein können und sie haben sogar einige Ausflüge und einen Orientierungstag für uns geplant. Sogar eine Krankenversicherung und ein Medizincheckup wurden für uns organisiert. Das einzige worum man sich vor dem Semester wirklich kümmern muss ist das Visum. Das muss man nämlich seit neuem persönlich in Frankfurt abholen. Mit den Zertifikaten für LPs oder Kursbelegungen gab es keine Probleme Dank Chris Lee und seinen Kollegen. Die Kurse, die ich belegt habe waren nicht schwer, interessant und von kompetenten und netten Professoren geleitet. Ich habe mir die Kurse vor allem für den freien Bereich eintragen lassen, da ich mit Lehramt nur schwer Punkte übertragen kann. Ich hatte Camp Site Management, Korean Dance, Taekwondo, Korean Folklore, Piano, Modern Dance und Food and Nutrition. An der Keimyung müssen die Austauschstudenten einen Koreanisch Kurs belegen (2mal knappe 3 Stunden pro Woche). Koreanisch ist wirklich eine wunderschöne Sprache und dieser Kurs hat mir sehr dabei geholfen mich im Alltag mit einfachen Sätzen zu verständigen und hat mir sonst auch sehr viel Spaß gemacht. Die Kurse beginnen hier erst um 9 Uhr. Das Wohnheim ist direkt am Campus gelegen mit schöner Anlage, Shop, Fitnessraum und Kantine für ca. 800€ (inkl. Frühstück und Abendessen) eine wirklich gute Wohngelegenheit. Im KELI House hatten wir alle Koreanische Mitbewohner - eine unglaublich tolle Erfahrung. Hört sich alles super an, wäre da nicht die Ausgangssperre: von 23-5 Uhr kommt niemand rein oder raus. Bedeutet: Party die ganze Nacht oder eben nicht. Daran gewöhnt man sich allerdings und die Nächte, die wir bis 5 in Downtown waren, waren immer legendär. Von den Clubs war ich leider bitter enttäuscht, da hauptsächlich K-Pop gespielt wird, aber die Partys auf der Straße und vor den Pubs waren immer super. Außerdem gibt es alle 100m einen Convenientstore, wo man ca. alles durchgehend kaufen kann. Die Wochenenden habe ich mehr für Reisen genutzt. Korea ist von der Fläche her nur ein Drittel von Deutschland und das Transportsystem ist ausgezeichnet. Was ich dabei erfahren durfte ist: Korea ist das Land der Smartphones und freiem WLAN und mit kostenlosem Wasser und Toiletten überall. Die Landschaft ist geprägt von unzähligen Hügeln. Das macht den Häuserbau schwerlich und somit sieht man viele Hochhäuser im ganzen Land. Eine billige Übernachtungsmöglichkeit sind die Jimjilbangs, die es überall in Korea gibt. Das sind Badhäuser, mit Saunen, heißen Bädern und Schlafräumen wo alle auf dem Boden liegen. In Korea schläft man nämlich traditionell auf dem Boden. Koreaner lieben Essen. Wenn man sich am Abend mit Trinken Freunden trifft, geht man auch einfach mal in 2 oder 3 Restaurants bzw. Bars mit Essen. Beliebt sind Chicken, koreanisches Barbecue oder Gerichte in einer großen Schüssel woraus alle gemeinsam essen. Dazu gibt es Bier und Soju (koreanischer Reislikör). Soju gibt es mittlerweile auch mit Heidelbeere- Orangen- oder Blutorangen Geschmack. Durch den Tanzclub der Uni, in dem ich Mitglied war als einzige Ausländische, habe ich viele koreanische Trinkspiele gelernt. Die sind wirklich kreativ und es wird auch viel gesungen. Koreaner lieben es zu singen und somit findet man hier unzählige Karaokezimmer (Noraebang). Dort wird dann ausgelassen zu den neuesten K-Pop Songs performt. Koreaner stehen auf Balladen, Süßes (z.b. süße Kartoffelchips), Fleisch, Hygiene, Birkenstock, Kitsch und ganz wichtig: Fotos. Ca. jeder Koreaner besitzt einen Selfiestick, mit dem vor allen möglichen Orten fleißig Selfies geschossen werden. Was auch sehr auffallend ist in der U-Bahn: Jeder hängt an seinem Smartphone- ein steter Begleiter, ohne den die Koreaner nie aus dem Haus gehen würden. Obwohl Korea ein moderner westlich orientierter Staat ist, findet man immer noch genug Tradition. Das wohl Auffallendste ist das Verbeugen zur Begrüßung. Das Alter spielt eine entscheidende Rolle im Verhalten untereinander und bildet ein striktes Hierarchiesystem. Ältere haben einige Prioritäten - und das schon bei nur einem Jahr Unterschied. Das habe ich eher als unangenehm empfunden. Das Bildungssystem unterscheidet sich sehr vom Deutschen: in Korea gehen ca 98% zur Universität und es kommt auf deine Noten an, auf welche Universität du gehen kannst (es gibt Ränge dazu). Die koreanischen Middle- und Highschool-Schüler sind Ganztags in der Schule, haben danach noch Hausaufgabe und Abendschule und sind demnach extrem ausgelastet. Mir schien es als hätten die Studenten wenn sie an die Universität kommen endlich mal wieder mehr Freizeit. Viele stecken ihre ganze Leidenschaft in Studentenclubs (von Reiseclub zu Movieclub alles dabei). Wenn man es schafft in einen Club aufgenommen zu werden ist das wirklich sehr gut: Ich bin mit meinem Tanzclub ein Wochenende auf eine Hütte, mehrmals zum Soju Trinken und wir hatten auch einen Auftritt auf dem Keimyung University Festival. Zu diesen Uni-Festivals kommen auch immer K-Pop Stars. In der anderen Universität in Daegu war zum Besipiel Psy da. Die Lebenshaltungskosten sind vergleichbar zu Deutschland, wobei das Wohnheim mit Essen wirklich sehr günstig sind. Einige Dinge sind in Korea teurer (z.B. Früchte, Schokolade, Pflegeprodukte) und einige Sachen sind billiger (Restaurants, Bus und Zug, Museen). Und wenn man nur ein halbes Jahr bleibt, braucht man sich auch kein Datenvolumen kaufen, da es wirklich überall (sogar auf dem Hallasan Vulkan) freies WLAN gibt. Man sollte sich unbe- dingt „Kakao Talk“ installieren. Ohne diese Kommunikationsapp läuft hier nichts. Man kann sogar Essen darüber bestellen und alle Koreaner (ob jung oder alt) nutzen sie. Die meisten Koreaner sind daran interessiert ausländische Freunde zu haben. In Korea gibt es nämlich im Vergleich zu anderen Ländern kaum Immigranten. Einige sind allerdings etwas schüchtern, aber wenn man selbst etwas nachhilft entwickeln sich schnell Freundschaften und die Koreaner sind auch sehr hilfsbereit und emotional. Es lohnt sich allein des Essens wegen nach Korea zu gehen. Es gibt immer unzählige Sidedishes zu den Gerichten. Man entdeckt immer noch neue Gemüsesorten, Algen, Meeresfrüchte oder Pilze die man noch nie gegessen hat und die es auch in Europa nicht gibt. Essen gehen ist sehr interessant – vor allem wenn man am Anfang die Speisekarte noch nicht versteht und einfach auf gut Glück bestellt. Allerdings sollte man sich auf 3mal am Tag Reis einstellen und natürlich das Nationalgericht Kimchi (fermentierter Chinakohl). Während meines Auslandssemesters habe ich so viel Glück und Freude erfahren. Das Leben war so einfach, so schön; niemals langweilig und die Begegnungen waren einfach einzigartig. Es tut so gut all diese internationalen Leute und andere Kulturen kennenzulernen. Ich habe über diese Menschen viel über mich und Deutschland gelernt: Alle Welt liebt Deutschland. Wir haben eine gute Regierung und es ist einer der besten Orte zu leben. Vermisst habe ich Deutschland aber nicht (mal abgesehen von meiner Familie). Es ist langweilig sein Leben lang am gleichen Ort zu bleiben und zu den internationalen Freunden, die ich gewonnen habe, kann ich sagen, dass diese wirklich wahre Freunde – ohne Verfälschung. Man sollte sich nie davor scheuen etwas anderes auszuprobieren. Jeder hat es selbst in der Hand sein Leben interessant zu gestalten. Warum also nicht Korea?
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