Tellerrand Werner 1 - Dekanat Maifeld

Impuls zur Flüchtlingsarbeit
Was ist der edelste Teil von einem Menschen?
Haben Sie sich schon mal Gedanken darüber gemacht?
Zuletzt frage ich dies in einer Runde von über 40 Personen und erhielt sehr
unterschiedliche Antworten:
Das Herz – ohne diese Zentralstelle im Körper zirkuliert der Lebenssaft nicht.
Die Seele – sehen wir nicht, aber sie gilt als der unsterbliche Teil von uns.
Der Geist – das Denken und die Vernunft lenken uns – angeblich.
Das Gehirn – die neueste Forschung bringt bemerkenswertes ans Licht.
Bertolt Brecht, der bekannte kritische Autor, Regisseur, Dichter … gab in seinen
„Flüchtlingsgesprächen“ 1 folgende Antwort:
„Der Pass ist der edelste Teil von einem Menschen.“
Brecht meint, dass ein Mensch überall und auf einfache Weise und oft auch
leichtsinnig zustande kommt, aber eben ein Ausweis, ein Identitätsnachweis, eben
ein PASS niemals.
„Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein
kann und doch nicht anerkannt wird …“
In der Arbeit mit flüchtenden Menschen wird dies besonders deutlich, weil immer
wieder von Dokumenten, Nachweisen, Pässen die Rede ist, die vorgelegt werden
sollen. Und dies gibt einem immer wieder zu denken: Ist der Pass wichtiger als der
Mensch?
Brecht meint nach dieser Analyse ironisch schlussfolgernd und vielleicht auch durch
sein eigenes Fluchtschicksal geprägt zynisch:
„… der Mensch ist nur der mechanische Halter eines Passes …“
Was halten wir dem entgegen?
Werner Huffer-Kilian
Die folgenden Zitate stammen aus: Brecht, Bertold: Flüchtlingsgespräche (=Gesammelte Werke in 20 Bänden,
Bd.14). Frankfurt am Main 1967. S.1383f.
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