Intensität [a.u.] X-Ray diffraction XRD Röntgenbeugung 1400 700 0 20 30 40 2 [°] Dr. F. Emmerling Was sollte nach der Vorlesung klar sein? • Für welche Fragestellungen Röntgenbeugung eingesetzt werden kann. • Welche Voraussetzungen an das Probenmaterial gestellt werden. • Der prinzipielle Aufbau eines Diffraktometers. • Welche grundlegenden Informationen man aus einem Röntgenpulverdiffraktogramm erhalten kann. • Ablauf einer qualitativen Analyse. • Möglichkeiten der in situ Untersuchung. • Möglichkeiten der Strukturbestimmung aus Pulverdaten. 2 Inhalt 1. Historisches, Grundbegriffe & Vergleich mit der Einkristallbeugung 2. Beugungsexperiment 3. Aufbau eines Diffraktrometers 4. Datenanalyse 5. Möglichkeiten der in situ Untersuchung & Strukturlösung aus Röntgenpulverdaten 6. Zusammenfassung 3 Historisches • 1895 Wilhelm Conrad Röntgen entdeckt „X-Strahlen“ Nobelpreis 1915 • 1912 Max von Laue; Teilchen- und Wellencharakter der Röntgenstrahlung, beobachtete die Beugung der Röntgenstrahlung durch Kristalle; Gitteraufbau nachgewiesen Nobelpreis 1914 • 1913 W. H. Bragg & W. L. Bragg analysierten KCl und NaCl, Baggsche Gleichung Nobelpreis 1915 • 1916 Peter Debye + Paul Scherrer; experimentelle Methode zur Strukturbestimmung von Kristallen Peter Debye Paul Scherrer Wilhelm C. Röntgen Röntgen Max von Laue W.L Bragg 4 Analog zur Einkristalldiffraktion X-Ray Probe Streusignal Strukturinformation Welche Informationen kann man erhalten? Einkristalldiffraktion + Kristall Auswertung Struktur Pulverdiffraktion + Auswertung Polykristalline Probe Intensität [a.u.] 1400 Zusammensetzung: 24% A 76% B 700 0 10 20 30 40 50 2 [°] 60 70 80 6 Welche Informationen kann man erhalten? Einkristalldiffraktion Pulverdiffraktion • Bestimmung der • Identifizierung Kristallstruktur • Quantifizierung • Abstände, Winkel der Atome • Bestimmung der Kristallitgröße • relativen Konfiguration • Bestimmung von Spannungen • Bestimmung der absoluten • Bestimmung der Konfiguration Kristallstruktur • In situ Untersuchungen 7 Was ist Röntgenbeugung (Röntgendiffraktion)? • Streuphänomen von Röntgenstrahlen an kristallinem Material • eine zentrale Methode für die Charakterisierung von Festkörpern auf der Basis ihrer Kristallstruktur Welches Prinzipien liegen zugrunde? • Wechselwirkung zwischen kristalline Materie und Röntgenstrahlen • Beugung tritt auf, wenn der Abstand der Gitterlinien des Beugungsgitters (Kristalls) in der Größenordnung der Wellenlänge der auftreffenden Wellen liegt. man muss sich mit der Natur der beiden in WW tretenden Komponenten (Kristall, Röntgenstrahlung) beschäftigen 8 Kristall • ein Festkörper, der unabhängig von seiner äußeren Gestalt einen Diamant homogenen, anisotropen, atomarem Aufbau aufweist • die Bausteine (Atome, Ionen, Moleküle) sind dreidimensional Quarz periodisch angeordnet • allen periodischen Strukturen ist gemein, dass sie durch Proteinkristalle fortgesetzte Verschiebung und Wiederholung eines bestimmten Grundmotivs entstehen 9 Viruskristall Kristallographische Grundbegriffe Kristallstruktur: Dekoration eines Symmetriegerüsts mit Motiven Symmetriegerüst: Gitter, Kristallsysteme, Raumgruppen ... Motive: Atome, Ionen, Moleküle Gitter + Basis = Kristallstruktur Elementarzelle: (kleinste) Einheit, durch deren Aneinanderreihung die gesamte Kristallstruktur aufgebaut werden kann 10 Symmetrie Symmetrie: gesetzmäßige Wdh. eines Motivs Symmetrieoperation: Deckoperation Symmetrieelement: Bildungsvorschrift Symbolik: Hermann-Maugin (Kristallographie), Schoenflies (Molekülspektroskopie) 11 Kristallsysteme Kristallsystem Basisvektoren Winkel triklin a≠b≠c α ≠ β ≠ γ ≠ 90° monoklin a≠b≠c α = γ = 90°; β ≠ 90° orthorhombisch a≠b≠c α = β = γ = 90° tetragonal a=b≠c α = β = γ = 90° kubisch a=b=c α = β = γ = 90° hexagonal / trigonal a=b≠c α = β = 90°; γ = 120° 12 Symmetrieelemente • Drehachsen • Drehinversionsachsen 1, m, 3, 4, 6 • Schraubenachsen (+T) 21, 31, 32, 41, 42, 43, 61, 62, 63, 64, 65 • Spiegelebenen • Gleitspiegelebenen (+T) a, b, c, n, d Gleitspiegelebenen im Iod 31 Schraubenachsen im Selen 13 14 WW zwischen Röntgenstrahl und kristalliner Materie Idealer Kristall • dreidimensional geordnet • ohne Strukturfehler • unendlich groß • kann durch eine dreidimensionale Periodizität der Elementarzelle beschrieben werden 15 WW zwischen Röntgenstrahl und kristalliner Materie • um Objekte zu unterscheiden müssen sie mindestens um den Betrag λ/2 voneinander entfernt sein • sichtbares Licht λ = 4 - 8 x 10-5 cm; X-ray λ = 10-8 cm • Atomabstände liegen typischerweise im Bereich von 1 x 10-8 cm (Bsp. C-C Bindung: 1.54 Å; 1.54 x 10-8 cm) Elementarzelle mit a = 1000 pm, Größe des Kristalls: 0.1 - 0.5 mm Kantenlänge ca. 105 EZ entlang einer Kante 1015 EZ Kristallvolumen 16 WW zwischen Röntgenstrahl und kristalliner Materie • physikalisches Prinzip der Beugung ist aus der Optik bekannt • periodische Anordnung der Streuzentren im idealen Kristall • Beugung an Elektronen Beugungsbild beinhaltet Informationen über die Elektronendichte • über Fouriertransformation in Einzelwellen Fo zerlegt wird Beugung am Doppelspalt 17 Inhalt 1. Historisches, Grundbegriffe & Vergleich mit der Einkristallbeugung 2. Beugungsexperiment 3. Aufbau eines Diffraktrometers 4. Datenanalyse 5. Möglichkeiten der in situ Untersuchung & Strukturlösung aus Röntgenpulverdaten 6. Zusammenfassung 18 Braggsche Gleichung Wegdifferenz: = BC + CD n = 2 d sin BC = d sin bei konstruktive Interferenz tritt auf, wenn Wegdifferenz zwischen einem ganzzahligen Vielfachen der Wellenlänge λ entspricht: Röntgenstrahl 2 * Wegstrecke: = 2 BC = 2 d sin gebeugter Röntgenstrahl pos. Interferenz bei n Netzebene 1 Netzebene 2 Netzebene 3 Streuung von Röntgenstrahlen I(q) (Gas, Flüssigkeit, Glas, Einkristall, Kristallpulver) s0 2 s Röntgenquelle Probe Detektor q = s - s0 s0 Primärstrahlfänger A(q) (r ) exp( 2irq)dV V Intensität Probe (r) Intensität Intensität Fouriertransformierte der Elektronendichteverteilung Streubild A(q) * A ( q ) exp( 2 irq ) dV 2 2 2 V amorph, amorph, kristallin q: Streuvektor = Vektor im Fourier (Impuls-) Raum keine Fern/Nahordnung keine Fern, aber Nahordnung (r ) 1 / V r: Raumvektor A: Streuamplitude |A(q)|2 prop. I(q) 20 Unterschiede im Beugungsexperiment Einkristalldiffraktion Pulverdiffraktion Kristallpulver X-ray Quelle Kristall Detektor Detektor 21 … 106 zufällig orientierten Kristallite … 22 … führen zum Beugungsmuster eines ‚idealen‘ Pulvers 2 23 Unterschiede im Beugungsbild Intensität Intensity Pulver Einkristall 3000 Beugungsbild 2000 1000 0 Beugungsbild • Beugungsreflexe liegen auf Punkten im dreidimensionalen reziproken Raum, können einzeln vermessen werden • Phasenrekonstruktion über 8 12 16 20 24 28 2 [°] • Statistisch orientierte Kristallite, keine Unterscheidung mehr zwischen Reflexen mit gleichen Netzebenenabstand, systematische Überlagerung von Reflexen • dreidimensionaler reziproke Raum statistische Verfahren „Direkte wird auf die ein-dimensionale 2 Methoden“, Patterson-Verfahren Achse projiziert 24 Inhalt 1. Historisches, Grundbegriffe & Vergleich mit der Einkristallbeugung 2. Beugungsexperiment 3. Aufbau eines Diffraktrometers 4. Datenanalyse 5. Möglichkeiten der in situ Untersuchung & Strukturlösung aus Röntgenpulverdaten 6. Zusammenfassung 25 Essentielle Teile eines Diffraktometers • Röntgenröhre • Optiken im eingehenden Strahl • das Goniometer: Plattform, die die Röntgenröhre, den Detektor, die Optiken, die Probe hält + bewegt • Probe & Probenhalter • Optiken im ausgehenden Strahl • Detektor 26 Typisches Gerät Bragg-Brentano-Geometrie Transmissions-Geometrie 27 Röntgenröhre • Röntgenstrahlen werden erzeugt wenn hoch beschleunigte Elektronen mit einem Metall-Target kollidieren • Anodenmaterial bestimmt die Wellenlänge (Cu, Mo, Ag etc.) • Wolfram Filament • Be - Fenster • Beschleunigungsspannung (30-60 kV) zw. Kathode (W) und der Anode mit Metall Target ~ 1.8 - 3 kW Wärme Anode wird mit Wasser gekühlt 28 Röntgenstrahlung Röntgenstrahlung wird durch 2 Prozessen freigesetzt – durch Abbremsen der Elektronen in den elektrischen Feldern der Metallionen Ekin wird in Strahlung umgesetzt „Bremsstrahlung“ (kontinuierliche Energieverteilung, „weiße Röntgestrahlung“) – durch Herausschlagen eines Elektrons z.B. aus der K-Schale + anschließendes Auffüllen aus höheren Schalen, Emission von Röntgenstrahlung „charakteristische Strahlung“ 29 Vorteil anderer Röntgenquellen - Synchrotron Labor Synchrotron 30 Vorbereitung einer Pulverprobe • ideale Probe: viele Kristallite mit zufälliger Orientierung (alle Richtungen gleichmäßig verteilt) • < 10 mm Korngröße, größere Kristallite und nicht-zufällig verteilte Intensitäten führen zu Änderungen in der Reflexintensität • notwendige Probendicke, dicht gepackt • bei flachen Proben: glatte Oberfläche sonst: Absorption reduziert die Intensität der Reflexe bei kleinen Winkeln Flachproben Glaskapillaren 31 Inhalt 1. Historisches, Grundbegriffe & Vergleich mit der Einkristallbeugung 2. Beugungsexperiment 3. Aufbau eines Diffraktrometers 4. Datenanalyse 5. Möglichkeiten der in situ Untersuchung & Strukturlösung aus Röntgenpulverdaten 6. Zusammenfassung 32 Informationen aus dem Diffraktogramm Partikelgröße und Defekte Reflexform Relative Reflexintensität Background Reflex- Positionen 10 Atomverteilung in der EZ 20 30 40 2 c b Größe und Symmetrie a der EZ Diffuse Streuung, Probenhalter, amorphe Phasen, etc. 33 Qualitative Phasenanalyse: “Fingerprinting” mehrere Phasen sind nebeneinander identifizierbar 3000 Zwei unterschiedliche kristalline Phasen sind im Pulverdiffraktogramm vorhanden. 2500 Intensity [a.u.] 2000 1500 1000 500 0 10 20 30 40 50 2 [°] Reflexsuchroutinen 34 Abgleich über Datenbanken Search-Match Umfangreiche Datenbanken vorhanden Fingerprint • ICDD (International Centre for Diffraction Data) Powder Diffraction enthält 199,574 Einträge • ICSD (Inorganic Crystal Structure Database) 11( 000 Einträge (anorganische Einkristallstrukturen) • CSD (Cambridge Structure Datebase) 4 00 000 Einträge (organische und metallorganische Einkristallstrukturen) Wen man die Kristallstruktur (=Gitterkonstanten, Raumgruppe, Atomsorten, Positionen der Atome in der Elementarzelle) kennt, kann man ein theoretisches Diffraktogramms berechnen & mit der Messung vergleichen. 35 Angabe als d-Wert sinnvoll, da unabhängig von der Wellenlänge 36 Qualitative Phasenanalyse Search/Match Prozedur ICCD Datenbank in den meisten Auswerteprogrammen enthalten 37 Qualitative Phasenanalyse Search/Match Prozedur 38 Qualitative Phasenanalyse Vorteile: • schnell • einfache Präparation • zerstörungsfrei Probleme: • man benötigt verlässliche Standards • neue Phasen fehlen in der Datenbank • schlechte Datensätze in der Datenbank • nicht sehr sensitiv ~2 wt% • Proben mit bevorzugter Orientierung 39 Beispiel Zuordnung von Polymorphen 1.0 Zofenopril 7608 Charge Probe – neue Polymorph PolymorphA ZFN9902 A I II III Intensität Intensität normierte 0.8 0.6 0.4 Polymorph A ZFN9902 Polymorph B Polymorph B LTZ200 0.2 0.0 20 2 [°] 24 • Das Patent ist für Polymorph A ausgestellt • Im Zuge von Prozessumstellungen steigender Anteil an Polymorph B • Quantifizierung über Rietveld-Verfeinerung 40 112 Beispiel: Pulverdiffraktogramm von Iod 10000 200 111 6000 Cmca • a=7.1802(1) Å b=4.7102(1) Å c=9.8103(0) Å C-Zentrierung nur Reflexe mit hkl mit h+k = 2n vorhanden. • die Intensitäten werden mit höherem Beugungswinkel geringer (Atomformfaktoren) • d-Werte, lassen sich über die Braggsche-Gleichung aus den Reflexpositionen berechnen 2000 202 4000 002 Intensität [a.u.] 8000 Beobachtete Reflexe + Intensitäten: 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 – Reflex 0 0 2 bei 2 =18.04° Bragg-Gleichung d=4.92 Å = halbe c-Achse 2 [°] – Reflex 2 0 0 bei 2 = 24.47° Bragg-Gleichung d=3.63 Å = halbe a-Achse • I (0 0 2) < I(2 0 0) Belegung der Netzebenen 41 Beispiel: Pulverdiffraktogramm im System Cu - Au Intensität [a.u.] 6000 4000 6000 4000 2000 2000 Cu3Au 111 8000 Fm3m, a=3.6130 Å 110 8000 Intensität [a.u.] 10000 Cu 100 10000 Pm3m, a=3.965 Å 0 0 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 2 [°] 2 [°] P4/mmm, a=3.968 Å, c=3.662 Å 2000 AuCu 101 6000 4000 110 111 0 8000 Intensität [a.u.] 4000 220 6000 Fm3m, a=4.0796 Å 200 Intensität [a.u.] 8000 10000 Au 001 100 10000 2000 0 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 100 2 [°] 2 [°] 42 Beispiel: Pulverdiffraktogramme im System Cu - Au • Cu und Au sind isotyp, fcc Gitter • Cu-Atome kleiner als Au-Atome – das Diagramm von Au ist bezüglich der Intensitätsverteilung vergleichbar isotyp – alle Reflexe sind aufgrund der größeren Netzebenenabstände zu kleinerer Beugungswinkeln verschoben • Cu3Au – Gitterkonstante liegt zwischen der von Cu und Au – Gitter nicht mehr F-zentriert, sondern primitiv; alle Reflexe vorhanden (keine Auslöschungsbedingungen). • CuAu – Symmetrie nach tetragonal erniedrigt – Beugungsmuster ist zwar noch ähnlich, die Reflexe müssen jedoch wegen der anderen Basis umindiziert werden (z.B.: aus 1 1 1 wird 1 0 1) 43 Informationen aus dem Diffraktogramm Partikelgröße und Defekte Reflexform Relative Reflexintensität Background Reflex- Positionen 10 Atomverteilung in der EZ 20 30 40 2 c b Größe und Symmetrie a der EZ Diffuse Streuung, Probenhalter, amorphe Phasen, etc. 44 Scherrer Gleichung Aus der Verbreiterung lässt sich die Kristallitgröße berechnen: K B2 L cos Scherrer Gleichung L2 L2M L2S • B: Größe des Kristalls, : Wellenlänge, Bragg Winkel, L: Reflexverbreiterung im Vergleich zu einem Standard, K: Scherrer- Konstante • Typische Werte für K: – 0.94 für FWHM von sphärischen Kristallen mit kubischer Symmetrie – 0.89 für die integrale Breite von sphärischen Kristallen mit kubischer Symmetrie LS : Halbwertsbreite eines Standardmaterials– K variiert von 0.62 - 2.08 45 Beispiel für eine Kristallitgrößenbestimmung Reflex bei 28.2° 2 mit FWHM von 0.36° 2 Standard mit FWHM von 0.16° 2 = CuK = 1.540 Å 0.36 ° = 0.36 x /180 = 0.0063 rad 0.16 ° = 0.16 x /180 = 0.0028 rad L= 0.0056 rad 0.9 1.540 B 0.0056 cos14.1 B = 255 Å = 25.5 nm 46 Anwendung der Kristallitgrößenbestimmung XRD (zusammen mit TEM) zentrale Methode im Bereich Nanotechnologie 47 Beugung an nm-Kristalliten Übergang von „perfekt“-kristallin zu nano-kristallin Kristalldicke nimmt ab Anzahl der parallelen Netzebenen sinkt Reflexverbreiterung Kristallite 5 nm Kristallite > 1000 nm Inhalt 1. Historisches, Grundprinzip & Vergleich mit der Einkristallbeugung 2. Beugungsexperiment 3. Aufbau eines Diffraktrometers 4. Datenanalyse 5. Möglichkeiten der in situ Untersuchung & Strukturlösung aus Röntgenpulverdaten 6. Zusammenfassung 49 Levitated droplets - acoustic levitation Crystallization in levitated droplets Dissolved LGA β-LGA Crystallization of L-glutamic acid Crystallization of ROY 5-methyl-2-[(2nitrophenyl)amino]-3thiophene-carbonitrile • decamorph commonly called ROY • precursor in the synthesis of psychotropic drug olanzapine • abbreviations correspond to different colours of the polymorphs L. Yu, Acc. Chem. Res., 2010, 43, 1257–1266 Influence of the solvent on the crystallization process? Crystallization of ROY Solvent: acetone Crystallization of ROY Dissolved ROX molecules • depending on the solvent evaporation different polymorphs are of the solvent formed direct amorphous crystallization • preordering of the + traces of amorphous solvent molecules induced by the solvent crystallization all solvents acetone, EtOAc, • selective crystallization of four pure polymorphs possible except MeOH, benzonitrile Y DCM, MeOH, 1PrOH ON MeOH YN acetone, EtOAc, benzonitrile R Mechanochemistry + TP Theophylline Theophylline : Benzoic acid 1:1 Cocrystal BA Benzoic acid Heiden et al., Cryst. Eng. Comm. 2012, 14, 5128. In-situ investigation of milling reactions CoPhPO3*H2O Time-resolved XRD & Raman spectroscopy XRD Raman Mechanochemistry – new materials Feststoff Solid AA Feststoff Solid BB Treatment of overlaps methods grinding different datasets mörsern chemical information Triplets mörsern whole profile chemical information direct methods Patterson method Maximum Entropie structure final structure completion Pawley • • • • • fast high yields pure compounds green chemistry polycrystalline material Space group indexing sample Rietveld Verfeinerung data collection sources Feststoff Solid C C Le Bail extraction Of intensities Feststoff C neutrons synchrotron lab 60 Fast & solvent free Carbamazepine Nifedipine Benzamide Indometacin CBZ:Nifedipine 1:1 CBZ:Indometacin 1:1 Intensität [a.u.] Benzamid CBZ:Benzamid 1:1 CBZ:Benzamide 1:1 Carbamazepin (CBZ) 5 10 15 20 25 2 [°] 30 35 40 Structure solution Carbamazepine Nifedipine Benzamide CBZ:Benzamide 1:1 Nifedipin Benzamid Indometacin CBZ:Nifedipin 1:1 CBZ:Benzamid 1:1 CBZ:Indometacin 1:1 Carbamazepin (CBZ) Carbamazepin (CBZ) Carbamazepin (CBZ) Intensität [a.u.] 10 15 20 25 2 [°] CBZ:Indometacin 1:1 Intensität [a.u.] CBZ:Nifedipine 1:1 5 Indometacin 30 35 40 5 10 15 20 25 2 [°] 30 35 40 5 10 15 20 25 2 [°] 30 35 40 Structure solution Carbamazepine Nifedipine triclinic, P-1 Benzamide monoclinic, P21/n Indometacin monoclinic, P21/c Sr (C8H4O4)(H2O)3 Sr Sr 400°C - 3H2O 50000 Intensity [a.u.] 40000 Sr-MOF Structure solution 30000 20000 10000 0 10 Sr(C8O4H4) 20 30 2 [°] 40 PhD students & hobbies Mechanochemical synthesis & structure solution from powder XRD In situ investigation of crystallization processes Tanja Gnutzmann Franziska Fischer Anke Kabelitz Yen Nguyen Thi Manuel Wilke Something completely different Abdou Al-Terkawi Lisa Batzdorf Maike Joester Julia Stroh Zusammenfassung Röntgenpulverdiffraktion ermöglicht: – Analyse von kristallinen Verbindungen – ‘Fingerprinting’/Qualitative Analyse – Quantitative Analyse – Bestimmung der Kristallitgröße aus der Reflexverbreiterung – Verfeinerung der Gitterkonstanten, Kristallstruktur – Strukturuntersuchungen unter in situ Bedingungen – Strukturlösung 66 Literatur Kristallstrukturbestimmung Werner Massa ISBN: 978-3835101135 Powder Diffraction Theory and Practice R E Dinnebier S J L Billinge ISBN: 978-0-85404-231-9 Moderne Röntgenbeugung Lothar Spieß, Gerd Teichert, Robert Schwarzer, und Herfried Behnken ISBN: 978-3835101661 67 Fragen? Fragen! 68 Schritte zum Indizieren eines Diffraktogramms = wie kommt man zu den Gitterkonstanten? • Voraussetzung ist das Vorliegen einer einphasigen Verbindung • aus der Lage der Beugungsreflexe bestimmbar: – Bravais-Kristalltyp – Gitterkonstante(n) 1. Schritt: Auswertung des Diffraktogramms Beugungswinkel (Reflexsuche) d-Wert (Braggsche Gleichung) 2. Schritt: Indizierung des Diffraktogramms Zuordnung der beobachteten Reflexe zu bestimmten Netzebenen im Kristall (hkl Werte) Bestimmung des Kristallsystems Bestimmung der Gitterparameter Rechenroutinen zur Indizierung • ITO - Methode (Visser) • Indizierung im reziproken Raum • unabhängig vom Kristallsystem • Werner-Methode • Permutation von Miller Indizes für ausgesuchte Startreflexe • Start im kubischen; iterativer Symmetrieabbau • Louer -Methode • Veränderung von Gitterparametern und Winkel • Intervalverkleinerung Zsh. zwischen Netzebenen und d-Werten • Netzebenen: durch ein Kristallgitter kann man beliebige Ebenen legen, die durch die Angabe der Abschnitte auf den Koordinatenachsen charakterisiert werden können • Netzebenenschar: durch die Translation des Gitters gehört jede Netzebene zu einer Schar translatorisch identischer Ebenen • d-Wert: Abstand zu den Netzebenen (Vektor) Netzebenendefinition Netzebenenschar Millersche Indices Ebenen an denen Reflexion stattfindet = Netzebenen Charakterisierung der Orientierung der Netzebenen im Translationsgitter wird durch Miller Indices Ganzzahliges Zahlentripel h k l, definiert als reziproke Achsenabschnitte an denen die Achsen (a, b, c) geschnitten werden Zsh. zw. Gitterkonstanten und Millerschen Indices c 1/l = 1/4 C d A a 1/h = 1/1 B 1/k = 1/3 b Zsh. zw. Gitterkonstanten und Millerschen Indices c 0 1/l = 1/4 N A C d A a d B 1/k = 1/3 b (1 3 4) 1/h = 1/1 A Zsh. zw. Gitterkonstanten und Millerschen Indices c 0 d cos A N A 0N d hd 0A ma 0 a 0 0N d kd cos B 0B nb 0 b 0 1/l = 1/4 C d B 1/k = 1/3 A b A a 0N d ld cos C 0C oc0 c0 cos2 A cos2 B cos2 C 1 1/h = 1/1 Beziehung zw. Gitterkonstanten und Millerschen Indices 1 h 2 k 2 l2 ( 2 2 2) 2 d a b c h 2 d 2 k 2 d 2 l2 d 2 2 2 1 2 a b c 1 h 2 k 2 l2 ( 2 2 2 ) 1 2 d a b c Grundlage der Bestimmung der Gitterkonstanten n 2dsin n sin 2d 2 2 n 2 sin 2 4d mit: 2 2 2 2 2 n h k l sin 2 ( 2 2 2) 4 a b c 1 h 2 k 2 l2 ( 2 2 2) 2 d a b c Quadratische Form der Braggschen Gleichung: Grundlage für die Indizierung Quadratische Form der Braggschen Gleichung 2 2 2 2 2 n h k l sin 2 ( 2 2 2) 4 a b c n 2 2 h 2 k 2 l2 sin ( 2 2 2) 4 a a a 2 2 2 n 2 2 2 2 sin (h k l ) 2 4a 2 2 2 sin A(h k ) Cl 2 2 • im kubischen Gitter: – a = b = c Vereinfachung der Gleichung – jeder Messwert muss das von Quadratzahlen sein 2 2 2 2 n n 2 2 2 2 sin (h k ) 2 l 2 4a 4c 2 • ist bekannt Produkt von A und einer Summe sin A(h k l ) 2 • n kann 1 gesetzt werden 2 • im tetragonalen Gitter: – a = b Vereinfachung der Gleichung 77 Quadratische Form der Braggschen Gleichung kubisch 2 sin 2 2 h 2 k 2 l2 4a hexagonal/trigonal 2 2 2 2 4 h k hk l 2 sin 2 2 4 3 a c tetragonal 2 2 2 2 h k l 2 sin 2 2 4 a c orthorhombisch monoklin 2 h 2 k 2 l2 sin 2 2 2 4 a b c 2 2 2 2 2 h k l 2hl cos 2 sin 2 2 2 2 2 4 a (sin ) b c (sin ) ac(sin ) 2 Für kubische Gitter • Ausgangspunkt: quadratische Form der Braggschen Gleichung: • Betrachtet man zwei Interferenzlinien (1 und 2) der gleichen kubischen Substanz, so verhalten sich die Quadrate der Sinusse der Beugungswinkel wie die Summe der Quadrate der Millerschen Indizes der zur Interferenz beitragenden Netzebenen. sin hkl 2 2 4a 2 (h 2 k 2 l 2 ) sin 2 1 (h 2 k 2 l 2 )1 2 2 2 2 sin 2 (h k l ) 2 Für kubische Gitter • zur Interferenz tragen nur ganz bestimmte Netzebenen (hkl) bei (Strukturfaktor). • für fcc-Metalle (Al, Cu, -Fe, ...) treten nur Interferenzen von Netzebenen auf, deren Millersche Indizes gerade ((200), (220)) oder ungerade ((111), (113)) sind. • für bcc-Metallen (W, Cr, Mo, Ta, -Fe, ...) nur Interferenzen von solchen Netzebenen möglich, bei denen die Summe der Millersche Indizes geradzahlig ist (h + k + l= 2 n), z.B. (110), (200), usw. • Die kleinste Quadratsumme der Millerschen Indizes (h2+k2+l2) ist ist bei fcc-Metallen 3 (111), bei bcc-Metallen dagegen 2 (110). sin 2 1 (h 2 k 2 l 2 )1 2 3 sin 2 fcc sin 2 1 (h 2 k 2 l 2 )1 2 2 sin 2 bcc 80 Berechnung der Gitterkonstante • Die Berechnung der Gitterkonstante erfolgt nach a 2 (h k l ) sin 2 2 2 • Identifizierung der Substanz durch Vergleich mit Datenbank Bestimmung der Gitterkonstante einer kubischen Struktur Intensität [a.u.] 10000 8000 6000 4000 2000 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 2 [°] Den Reflexen im Diffraktogramm werden Netzebenen (hkl) zugeordnet. Indizierung einer kubischen Struktur 2 sin 2 2 h 2 k 2 l2 4a Den einzelnen Reflexen müssen Netzebenen zugeordnet werden. Indizierung einer kubischen Struktur 2 sin 2 2 h 2 k 2 l2 4a 2 16.099 22.844 28.073 32.527 Den einzelnen Reflexen müssen Netzebenen zugeordnet werden. hkl Indizierung einer kubischen Struktur 2 sin 2 2 h 2 k 2 l2 4a Den einzelnen Reflexen müssen Netzebenen zugeordnet werden. 1 2 sin2 16.099 0.01961 22.844 0.03922 28.073 0.05882 32.527 0.07843 hkl Indizierung einer kubischen Struktur 2 sin 2 2 h 2 k 2 l2 A h 2 k 2 l2 4a Division durch ganze Zahlen y = m Bestimmung der Konstanten A x Geradengleichung 1 2 sin2 16.099 0.01961 22.844 0.03922 28.073 0.05882 32.527 0.07843 0.30 0.28 0.26 0.24 0.22 0.20 0.18 0.16 0.14 0.12 0.10 0.08 0.06 0.04 0.02 0.00 0 2 4 6 8 10 12 14 16 Indizierung einer kubischen Struktur 2 sin 2 2 h 2 k 2 l2 A h 2 k 2 l2 4a Division durch ganze Zahlen Bestimmung der Konstanten A 1 2 2 sin2 Div. A 16.099 0.01961 1 0.01961 22.844 0.03922 2 0.01961 28.073 0.05882 3 0.01961 32.527 0.07843 4 0.01961 hkl Indizierung einer kubischen Struktur 2 sin 2 2 h 2 k 2 l2 A h 2 k 2 l2 4a Division durch ganze Zahlen (h2+k2+l2) 1 2 3 2 sin2 Div. A 16.099 0.01961 1 0.01961 1 22.844 0.03922 2 0.01961 2 28.073 0.05882 3 0.01961 3 32.527 0.07843 4 0.01961 4 hkl (h2+k2+l2) Indizierung einer kubischen Struktur 2 sin 2 2 h 2 k 2 l2 A h 2 k 2 l2 4a 1 2 4 3 2 sin2 Div. A hkl 16.099 0.01961 1 0.01961 100 1 22.844 0.03922 2 0.01961 110 2 28.073 0.05882 3 0.01961 111 3 32.527 0.07843 4 0.01961 200 4 (h2+k2+l2) Indizierung einer kubischen Struktur = 1.5406 Å Berechnen von a 2 sin 2 2 h 2 k 2 l2 A h 2 k 2 l2 4a 4 2 2 2 2 (h k l ) a2 4 sin 2 3 5 1 2 2 sin2 Div. A hkl (h2+k2+l2) 16.099 0.01961 1 0.01961 100 1 5.5007 22.844 0.03922 2 0.01961 110 2 5.5007 28.073 0.05882 3 0.01961 111 3 5.5012 32.527 0.07843 4 0.01961 200 4 5.5010 a [Å] Bestimmung des Bravais-Gitter • im kubischen System existieren 3 Gittertypen: primitiv (P), innenzentriert (I), flächenzentriert (F) • die Zentrierungen I und F führen zu integralen Auslöschungen I-Gitter: h+k+l = 2n sind vorhanden h+k+l = 2n+1 sind ausgelöscht F-Gitter: h,k,l = h+k=2n, h+l=2n, k+l= 2n ggg, uuu sind vorhanden h,k,l = ggu, ugu, etc. sind ausgelöscht • im Beispiel (100, 110, 111, 200) sind keine Reflexe ausgelöscht P-Gitter 111 Indizierung einer kubischen Struktur 200 8000 4000 2000 110 6000 100 Intensität [a.u.] 10000 0 Zuordnung durch Abgleich mit der Datenbank Rb3AuO – ein Antiperowskit Pm3m a = 5.501(1) Å 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 2 [°] C. Feldmann, M. Jansen, ZAAK, 621, 1995, 201-206.
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