Ho ¨here Mathematik, Ingenieurmathematik Sommersemester 2015 8. August 2015 Masterstudieng¨ ange Elektrotechnik Mechatronik und Automobilsysteme Prof. Dr. Dieter Kilsch Fachbereich 2 Informatik, Technik und Wirtschaft Differenzialgleichungen Vektoranalysis Komplexe Analysis Numerische Integrationsverfahren Wahrscheinlichkeitsrechnung Gruppen und K¨orper Inhaltsverzeichnis Symbolverzeichnis v Kapitel I 1 §1 §2 §3 §4 §5 §6 §7 §8 Analysis Systeme linearer Differenzialgleichung 1.A 1.B 1.C . . . . Allgemeine homogene L¨ osung . . . . Spezielle inhomogene L¨ osung und allgemeine L¨ osung Weitere Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1 7 10 . . . . . 16 16 17 18 19 20 . . . . . . . . . . . . . . 25 25 28 29 30 31 33 Kurvenintegrale und Gradientenfelder 2.A 2.B 2.C 2.D 2.E . . . . . . Kurvenintegral in n-dimensionalem Vektorfeld . . . . Zirkulation, Rotation . . . . . . . . Integrals¨ atze von Stokes und Green . . . . . Elektrisches und magnetisches Feld . . . . . Wegeunabh¨ angiges Kurvenintegral, Gradientenfeld, Potenzialfunktion Oberfl¨achenintegrale 3.A 3.B 3.C 3.D 3.E 3.F . . . . . Tangentialfl¨ achen . . . . . Fl¨ achenintegral erster und zweiter Art . Fluss, Divergenz, Quellen und Senken . Integralsatz von Gauß . . . . Divergenz, Rotation, Gradient wichtiger Felder Der Nabla-Operator und der Laplace-Operator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Komplexe Fortsetzung von Funktionen und konforme Abbildungen 4.A 4.B 4.C Polynome und Potenzreihen Eulersche Formel . . Konforme Abbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 36 37 38 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 42 45 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 49 50 52 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 55 57 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 60 60 . . . Der Integralsatz von Cauchy 5.A 5.B . . Grundlagen aus Analysis und Topologie Der Integralsatz von Cauchy . . Holomorphe und analytische Funktionen 6.A 6.B 6.C Umlaufzahl, Satz von Morera . Eigenschaften holomorpher Funktionen Analytische Funktionen . . Meromorphe Funktionen 7.A 7.B Laurent-Reihen Residuum . . . . . . . . . Numerische Integration nach Romberg 8.A 8.B Kapitel II Voraussetzungen . Romberg-Integration . . . . Wahrscheinlichkeitstheorie ii 63 Inhaltsverzeichnis §9 iii Einf¨ uhrung in die Statistik 9.A 9.B 9.C 9.D Kapitel III . . . Grundlagen . . . . . Zufallsvariable . . . . Sch¨ atzfunktionen f¨ ur statistische Gr¨ oßen Vertrauensintervall f¨ ur Mittelwert . . . . . . Untergruppen . . . Normalteiler und Faktorgruppe Gruppenhomomorphismus . Zyklische Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 74 78 79 80 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 83 85 86 89 . . . . . . . K¨ orpererweiterung . . . . . Galoisk¨ orper . . . . . . Lateinisch-griechische Quadrate (Euler-Quadrate) . . . . . . . . . . . . . . . . 91 91 93 95 . . . . . . . . . . . . 98 98 99 . . . . . Kommutative Ringe mit Eins . Ringhomomorphismus und Faktorisierung Euklidischer Ring . . . Polynomring . . . . . . Kodes Lineare Kodes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang: Integraltransformationen A1 A2 A3 . . . . . . . . N¨ aherung kleinsten Fehlerquadrats durch trigonometrische Orthogonalit¨ atsrelationen und Fourierkoeffizienten . Konvergenzbedingung und Beispiele . . . Amplituden und Phasenspektrum . . . . Komplexe Berechnung . . . . . . Gliedweises Integrieren und Differenzieren . . Parsevalsche Gleichung und Reihenauswertung . Fourierpolynom als orthogonale Projektion . . Fourier-Integral oder Fourier-Transformation Laplace-Transformation . . . . A3.A A3.B A3.C A3.D A4 105 Fourierreihen A1.A A1.B A1.C A1.D A1.E A1.F A1.G A1.H Transformation und R¨ ucktransformation Spezielle Transformation . . Faltung . . . . . Differenziations- und Integrationssatz . . . Transformation h¨ oherer Ableitungen . R¨ uck¨ ubersetzung mit Partialbruchzerlegung ¨ Ubertragungsfunktion . . . . Systeme linearer Differenzialgleichung . . . Polynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 105 106 108 113 113 115 116 117 . . . . . 120 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 123 125 126 128 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 130 131 133 134 Laplace-Transformation f¨ ur lineare Differenzialgleichung A4.A A4.B A4.C A4.D 63 63 67 70 72 . . . . . § 13 Lineare Kodes 13.A 13.B . . . . . . . . . . § 12 Galoisk¨orper 12.A 12.B 12.C . . . . . 74 § 11 Euklidische Ringe 11.A 11.B 11.C 11.D . . . . . . Algebra § 10 Gruppen 10.A 10.B 10.C 10.D . . . . . . . Literaturverzeichnis 136 Abbildungsverzeichnis 139 iv Inhaltsverzeichnis Tabellenverzeichnis 140 Stichwortverzeichnis 141 Symbolverzeichnis [L : K] Dimension oder Grad der K¨ orpererweiterung 91 ∁Ω A Komplement¨ armenge von A in Ω 63 δG Rand der Fl¨ ache G 17 div ~v Divergenz des Vektors ~v 30 expg −−→ grad V Exponentialabbildung zu g 80 Gradient der reellwertigen Funktion f 17 C[[z]] Ring der formalen komplexen Potenzreihen 55 C[z] Polynomring u ¨ ber C 55 C{z} K¨ orper der formalen komplexen Laurent-Reihen 55 N0 Menge der nat¨ urlichen Zahlen und Null 87 Zp Galoisk¨ orper mit p Elementen: Z/p Z 93 ∇ Nabla-Operator 33 A −→ rotV Komplement¨ armenge von A ~ Rotation des Vektorfelds V 63 Sp M Spur der Matrix M 30 17 f (x− ) = y→x lim f (y) linksseitiger Grenzwert 109 y<x lim f (y) rechtsseitiger Grenzwert f (x− ) = y→x 109 y>x G/U Menge der Linksnebenklassen, Faktormenge, Faktorgruppe 77 GLG(n, R) allgemeine lineare Gruppe: invertierbare Matrizen 80 i(G) Inhalt der Fl¨ ache G 17 L|K K¨ orpererweiterung K ⊆ L 91 P (A|B) bedingte Wahrscheinlichkeit 64 R(G, U ) Linksnebenklassenvertretersystem 77 SLG(n, R) spezielle lineare Gruppe: Matrizen mit Determinate 1 80 U ≤G Untergruppe 76 U <G echte Untergruppe 76 Y (x) Fundamentalmatrix 4 v vi Symbolverzeichnis Kapitel I Analysis § 1 Systeme linearer Differenzialgleichung erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten 1.A Allgemeine homogene L¨ osung Beispiel 1.1 Beschrieben wird die Bewegung eines Rads und der Karosserie eines Auto bei der Fahrt u ¨ ber eine holperige Straßen, vgl. [9, S. 588]. Im Modell betrachten wir die Karosserie als Masse m1 , die u ¨ ber dem Rad der Masse m2 federnd gelagert ist (Federkonstante c1 ). Das Rad l¨ auft gefedert (Federkonstante c2 ) u ¨ ber der holprigen Straße. Der Stoßd¨ ampfer d¨ ampft die Bewegung der Karosserie relativ zum Rad mit dem Faktor k. Von den Ausgangslagen aus beschreiben x1 (t) die Lage der Karosserie, x2 (t) die Lage des Rads, g(t) die Position der Straße relativ zur Ausgangslage des Rads. Die Zahlenangaben zu diesem Beispiel lauten: m1 = 1000 kg, c1 = 40 kN/m, k = 16 t/s m2 = 50 kg, c2 = 50 kN/m Nach dem Freischneiden der Massen liefert das 2. Newtonsche Axiom ohne Ber¨ ucksichtigung der Erdanziehung: Abb. 1.1: Auto als Zwei-Massenm1 x ¨1 = −c1 (x1 − x2 ) − k(x˙ 1 − x˙ 2 ) Schwinger m2 x ¨2 = −c1 (x2 − x1 ) − c2 (x2 − g(t)) − k(x˙ 2 − x˙ 1 ) woraus die Differenzialgleichungen f¨ ur x1 und x2 folgen: m1 x ¨1 + c1 (x1 − x2 ) + k(x˙ 1 − x˙ 2 ) = 0 m2 x ¨2 + c1 (x2 − x1 ) + c2 (x2 − g(t)) + k(x˙ 2 − x˙ 1 ) = 0 Dies sind zwei lineare, gekoppelte, inhomogene Differenzialgleichungen zweiter Ordnung mit konstanten Koeffizienten. Gekoppelte Differenzialgleichungen enthalten Funktionen in mehr als einer Differenzialgleichung. x1 (t) und x2 (t) sind hier in beiden Gleichungen enthalten. Verfahren 1.2 (Systeme linearer Differenzialgleichungen erster Ordnung) Ein System y1 ′ (x) = a11 (x)y1 (x) + . . . + a1n (x)yn (x) + b1 (x) .. .. .. .. . = . . . yn ′ (x) = an1 (x)y1 (x) + . . . + ann (x)yn (x) + bn (x) oder y~ ′ (x) = A(x) ~y (x) + ~b(x) 1 2 I Analysis mit y (x) ∈ Rn ; ~y ′ (x) ∈ Rn ; ~b(x) ∈ Rn ; A(x) ∈ Rnn ~ heißt System linearer Differenzialgleichungen erster Ordnung mit der Systemmatrix A(x). Ist die Systemmatrix A unabh¨ angig von x, so hat das System konstante Koeffizienten. Ein System n linearer Differenzialgleichungen kann in eine lineare Differenzialgleichungen n-ter Ordnung transformiert werden und umgekehrt. Dies wird an einem Beispiel demonstriert: Aus der ersten Gleichung des Systems linearer Differenzialgleichungen mit konstanten Koeffizienten y1′ (x) = a11 y1 (x) + a12 y2 (x) + b1 (x) y2′ (x) = a21 y1 (x) + a22 y2 (x) + b2 (x) wird y1′ (x) − a11 y1 (x) − b1 (x) a12 berechnet und, f¨ ur die linke Seite differenziert, in die zweite eingesetzt: y2 (x) = y1′′ (x) − a11 y1′ (x) − b′1 (x) a22 ′ = a21 y1 (x) + (y (x) − a11 y1 (x) − b1 (x)) + b2 (x) a12 a12 1 oder (ohne Argumente) y1′′ − (a11 + a22 )y1′ + (a11 a22 − a12 a21 )y1 + a22 b1 − b′1 − a12 b2 = 0 Umgekehrt kann eine Differenzialgleichung zweiter Ordnung y1′′ + a1 y1′ + a2 y1 = b in ein System von Differenzialgleichungen transformiert werden: Mit dem Ansatz y2 := y1′ folgt: also y1′ = y2 ′ ′′ ′ y2 = y1 = −a1 y1 − a2 y1 + b = −a2 y1 − a1 y2 + b ′ y (x) = ~ y ′ (x) 1 y2′ (x) = 0 1 −a2 −a1 y (x) 1 y2 (x) + 0 . b(x) ¨ Die Aquivalenz eines Systems linearer Differenzialgleichungen erster Ordnung und linearer Differenzialgleichungen h¨ oherer Ordnung ist somit erkl¨ art und wird zusammenfassend formuliert: Satz 1.3 Jedes System aus n linearen Differenzialgleichungen erster Ordnung kann in eine Differenzialgleichungen n-ter Ordnung umgewandelt werden und umgekehrt. Folgerungen 1.4 Ein System aus n linearer Differenzialgleichungen erster Ordnung besitzt n Basisl¨ osungen. ¨ Dies folgt aus der obigen Aquivalenz und der Tatsache, dass eine linear Differenzialgleichung n-ter Ordnung n Basisl¨ osungen besitzt. Beispiel 1.5 (Fortsetzung Beispiel 1.1) Jede Differenzialgleichungen zweiter Ordnung in Beispiel 1.1 kann in zwei Differenzialgleichungen erster Ordnung gewandelt werden. Die beiden Differenzialgleichungen sind also a ¨quivalent zu einem System von 4 Differenzialgleichungen erster Ordnung. Wir setzen x3 = x˙ 1 und x4 = x˙ 2 und erhalten mit x˙ 3 = − x˙ 4 = + c1 m1 x1 + c1 m1 x2 c1 m2 x1 − c1 m2 x2 − − k m1 x3 + k m1 x4 c2 m2 x2 + k m2 x3 − k m2 x4 + c2 m2 g(t) 1 Systeme linearer Differenzialgleichung das System 0 0 1 0 3 0 0 0 0 1 0 ~x˙ = ~x(t) + c c k k − 1 1 − 0 m1 m1 m1 m1 c1 + c c dk k c 1 2 2 − − g(t) m2 m2 m2 m2 m2 ˙ ~ oder kurz ~x(t) = A~x(t) + b(t) mit der Systemmatrix 0 0 1 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 0 1 0 A= = c c k k − 1 1 −m 40 −16 16 m1 m1 m1 −40 1 c1 c + c k k 1 2 800 −1800 320 −320 m2 − m2 m2 − m2 und der St¨ orvektorfunktion 0 0 0 0 g(t) ~b(t) = g(t) = 0 0 s2 c2 1000 m2 1 s Wir wenden uns der L¨ osung von Systemen linearer Differenzialgleichungen erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten zu und betrachten zun¨ achst den homogenen Fall: Verfahren 1.6 (Ansatz homogene Basisl¨ osungen) Zur L¨ osung des Systems y~ ′ (x) = A~y (x) mit ~y ′ ∈ Rn ; A ∈ Rnn machen wir den Ansatz ~y (x) = ~e eλx mit ~e ∈ Rn , und setzen ~ y (x) = ~e eλx und y~ ′ (x) = λ~e eλx in die Differenzialgleichung ein: ~0 = A~y (x) − ~y ′ (x) = eλx (A~e − λ~e) = eλx (A − λ Id)~e mit der Einheitsmatrix Id ∈ Rnn . eλx ist nie null, folglich muss ~0 = (A − λ Id)~e (1.1) gelten. Damit ist λ ein Eigenwert der Matrix A mit dem Eigenvektor ~e. Die Eigenwerte sind genau die Nullstellen des charakteristischen Polynoms der Matrix A. Diese Nullstellen k¨ onnen einfach oder mehrfach auftreten, sie k¨ onnen reell oder komplex sein. Im letzten Fall treten sie, da alle Koeffizienten der Systemmatrix reell sind, paarweise komplex konjugiert auf: (a) Die Nullstelle λi ist einfach und reell: Mit dem Eigenvektor ~ei zum Eigenwert λi ist λi x ~yi (x) = ~ei e eine Basisl¨ osung. (b) Die Nullstelle λi ist einfach und komplex: Neben λi = αi + j βi ist auch λi+1 = λi = αi − j βi eine Nullstelle des charakteristischen Polynoms. Ihre komplexen Eigenvektoren sind ebenfalls komplex konjugiert: ~ei = ~ai + j ~bi und ~ei+1 = ~ai − j ~bi = ~ei . Die komplexen Basisl¨ osungen sind ~yi C (x) = ~ei eλi x = (~ai + j ~bi ) eαi x ejβi x = (~ai + j ~bi ) eαi x (cos(βi x) + j sin(βi x)) = eαi x ~ai cos(βi x) − ~bi sin(βi x) + j ~ai sin(βi x) + ~bi cos(βi x) und ~yi+1 C (x) = ~ei+1 eλi+1 x = ~yi C (x) . Da Real- und Imagin¨ arteil C (x) + ~ C (x) Re(~yi C (x)) = 1 ~ y y = i 2 i Im(~yi C (x)) = 21j ~ yi C (x) − ~yi C (x) = 1 ~y C (x) + ~y C (x) i+1 2 i 1 ~y C (x) − ~ C (x) y i i+1 2j und 4 I Analysis Linearkombinationen der komplex konjugierten Basisl¨ osungen mit Determinante 1 /2 1 /2 1/2 j − 1/2 j =− 1 j = 2j 2 sind, bilden sie ebenfalls Basisl¨ osungen. Wir setzen yi (x) = 2 Re e~i eλi x = eαi x ~ai cos(βi x) − ~bi sin(βi x) ~ ~yi+1 (x) = 2 Im e~i eλi x = eαi x ~ai sin(βi x) + ~bi cos(βi x) . ussen l Basisl¨ osungen gefunden werden. (c) Die reelle Nullstelle λi tritt l-fach auf: Insgesamt m¨ Gibt es zu λi r linear unabh¨ angige Eigenvektoren ~ei , ~ei+1 , . . . , ~ei+r−1 , so sind die Funktionen ~yi+j (x) = ~ei+j eλi x (j = (0, . . . , r − 1)) ebenfalls linear unabh¨ angig, also Basisl¨ osungen. Weitere Basisl¨ osungen ergeben sich aus dem Ansatz ~yi+r+j (x) = j X d~k xk eλi x k=0 (j = (1, . . . , l − r)) , (1.2) der in die homogene Differenzialgleichung eingesetzt wird. d~j ist immer ein Eigenvektor. Beispielhaft betrachten wir die Berechnung von ~ yi+1 (x) mit dem Ansatz ~yi+1 (x) = d~0 eλi x +d~1 x eλi x . In die Differenzialgleichung eingesetzt erhalten wir d~0 λi eλi x +d~1 eλi x +d~1 xλi eλi x = A(d~0 eλi x +d~1 x eλi x ) , also (d~0 λi + d~1 + d~1 λi x) eλi x = (Ad~0 + Ad~1 x) eλi x . Da eλi x immer von Null verschieden ist, m¨ ussen die Klammern gleich sein. Hier liefert dann ein Koeffizientenvergleich bei x0 und x1 die Gleichungen d~0 λ + d~1 = Ad~0 und d~1 λ = Ad~1 (1.3) Nach der zweiten Gleichung ist d~1 ein Eigenvektor zu λi , den wir aus der Menge {~ei , ~ei+1 , . . . , ~ei+r−1 } w¨ ahlen k¨ onnen. Die umgestellte erste Gleichung d~1 = Ad~0 − λd~0 = (A − λ Id)d~0 (1.4) kann unl¨ osbar sein. Dann muss zur L¨ osung der zweiten Gleichung ein anderer Eigenvektor gew¨ ahlt werden. Es ist aber immer m¨ oglich, gen¨ ugend Basisl¨ osungen zu finden. alt man mit Gl. 1.3 Multipliziert man Gl. 1.4 mit A − λ Id, so erh¨ (A − λ Id)2 d~0 (1.4) = (A − λ Id)d~1 (1.3) = ~0 . (1.5) d~0 l¨ ost das homogene lineare Gleichungssystem (A − λ Id)2 d~0 = ~0 und allgemein l¨ ost d~k aus k+1 Gl. 1.2 das homogene lineare Gleichungssystem (A−λ Id) d~k = ~0. Dies ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung: Nicht jede L¨ osung von 1.4 ist eine L¨ osung von 1.5! (d) Die Nullstelle λ1 ist komplex und tritt mehrfach auf: 3. Fall m¨ ussen kombiniert werden. Die L¨ osungsstrategien aus dem 2. und Zusammenfassung 1.7 Die allgemeine homogene L¨ osung lautet ~yh (x) = n X ci ~ yi (x) . i=1 Die allgemeine homogene L¨ osung kann auch mit der Fundamentalmatrix Y (x), die spaltenweise die Basisl¨ osungen enth¨ alt, formuliert werden: yh (x) = Y (x)~c . ~ 1 Systeme linearer Differenzialgleichung 5 Beispiel 1.8 (Fortsetzung Beispiel 1.1, 1.5) Die Systemmatrix wird auf die Variable mat gelegt, das charakteristische Polynom und seine Ableitungen berechnet, hier mit der APL-Funktion Charpo: pol0ûCharpo mat pol1û(É¢1+Òpol0)«1Õpol0 pol2û(É¢1+Òpol1)«1Õpol1 pol3û(É¢1+Òpol2)«1Õpol2 pol4û(É¢1+Òpol3)«1Õpol3 Das charakteristische Polynom ist in Abb. 1.2 dargestellt. Seine Ableitungen lauten: f (x) f ′ (x) f ′′ (x) f ′′′ (x) Abb. 1.2: Das charakteristische Polynom = 40000 + 16000x + 1840x2 + 336x3 +x4 = 16000 + 3680x + 1008x2 + 4x3 = 3680 + 2016x + 12x2 = 2016 + 24x Die Wendepunkte (Nullstellen der zweiten Ableitung) werden berechnet: îx2ûÅ¢100 0 Newton¡Ú(Ú'tÂ÷pol'),¡'23' ¢166.1543263 ¢1.845673679 Die Steigungen an den Wendepunkten sind positiv (s. Tab. 1.1), damit hat die Ableitung nur eine Nullstelle: îx1û2¾¡(0.5«+/2Ùx2)Newton¡Ú(Ú'tÂ÷pol'),¡'12' ¢248.3605558 Die charakteristische Gleichung hat damit nur eine Extremstelle und nur zwei reelle Nullstellen: îx0û2¾¡(¢100 100+Ùx1)Newton¡Ú(Ú'tÂ÷pol'),¡'01' ¢330.5793156 ¢2.9689688 Tab. 1.1: Funktionswerte des charakteristischen Polynoms x f(x) f'(x) f''(x) f'''(x) f''''(x) ¢330.58 ¢248.36 ¢166.15 ¢84.00 ¢2.97 ¢1.85 4.15E¢7 ¢1.23E9 ¢7.31E8 ¢1.38E8 ¢3.35 E¢10 1.46E4 ¢3.55E7 ¢4.51E¢10 8.88E6 4.45E6 1.39E4 1. 26E4 6.49E5 2.43E5 ¢3.14E¢11 ¢8.10E4 ¢2.20 E3 7.50E¢11 ¢5917.904 ¢3944.653 ¢1971.704 .000 1944 .745 1971.704 24.000 24.000 24.000 24.000 24.000 24.000 Die komplexen Nullstellen werden nach der Polynomdivision des charakteristischen Polynoms durch die zu den reellen Nullstellen geh¨ orenden Linearfaktoren x + 330.5793156 und x + 2.9689688 berechnet: ,rû1Õx0[2℄Horner 1Õx0[1℄Horner pol0 40.75479204 2.451715606 1 Der quadratische Quotient 40.75479204+2.451715606x+x2 hat nach der p-q-Formel die Nullstellen ,rû(¢0.5«r[2℄)+0J1 0J¢1«(r[1℄-0.25«r[2℄*2)*0.5 ¢1.225857803J6.265146821 ¢1.225857803J¢6.265146821 x0ûx0,r Diese Nullstellen k¨ onnen auch ohne formelm¨ aßiges Ber¨ ucksichtigen, dass die Ergebnisse komplex sind, berechnet werden. APL berechnet die Wurzel aus negativen Zahlen als komplexe Hauptwurzel: ,rû(¢0.5«r[2℄)+1 ¢1«((0.25«r[2℄*2)-r[1℄)*0.5 ¢1.225857803J6.265146821 ¢1.2 25857803J¢6.265146821 Die Eigenvektoren werden nach dem Gauß-Schema berechnet: 6 I Analysis rû2 1 1 Gausst(mat-x0[1℄«Id 4),0 Gauss: 4. Pivotelement nahe 0: 1.776356839E¢15 → → 330.57932 0 1 0 0 330.57932 0 1 −40 40 314.57932 16 800 −1800 320 10.57932 1 −2.25000 0.40000 0.01322 0 330.57932 0 1 0 −50 330.57932 16.52897 0 743.80346 −131.23173 −4.37163 1 0 0 0 0 0.00302 0 0 1 −0.17643 −0.00588 0 0 321.75765 16.23510 0 0 58.32521 2.94295 0 → 0 0 0 0 1 0 0 0 0 0 0 0 0 −0.00015 0 0 0.00302 0 1 0.05046 0 0 0 0 0 1 0 0 Der Eigenvektor kann in der vierten Spalte abgelesen werden, die vierte Komponente muss −1 gesetzt werden: eû,[1.5℄(ß(+/r*2)*0.5)«rû(3Ù4¾[2℄Ù¢1Ùr),¢1 Analog wird der zweite Eigenvektor berechnet: rû2 1 1 Gausst(mat-x0[2℄«Id 4),0 eûe,(ß(+/r*2)*0.5)«rû(3Ù4¾[2℄Ù¢1Ùr),¢1 Damit sind die reellen Eigenvektoren berechnet, sie liegen spaltenweise auf e = (~e1 ; ~e2 ): E = (ˆ e1 , eˆ2 ) = −0.00015 −0.31443 0.00302 0.05495 0.05039 0.93354 −0.99872 −0.16314 . F¨ ur den dritten Eigenvektor muss die Gleichung (mat − (−1.22586 + 6.26515 j) Id)~e = ~0 gel¨ ost werden: rû2 1 1 Gausst(mat-x0[3℄«Id 4),0 Gauss: 4. Pivotelement nahe 0: 1.776356839E¢15 Das Gauß-Verfahren liefert → → 1.23 − 6.27 j 0 1 0 0 1.23 − 6.27 j 0 1 −40 40 −14.77 − 6.27 j 16 800 −1800 320 −318.77 − 6.27 j 1 −2.25 0.4 −0.4 − 0.01 j 0 1.23 − 6.27 j 0 1 0 −50 1.23 − 6.27 j −0.31 j 0 2.76 − 14.10 j 0.51 + 2.51 j 0.54 − 2.49 j 1 0 0 0 0 0.34 + .28 j −0.4 + 0.01 j 1 −0.02 + .13 j .01 j 0 −0.7 − 0.31 j 0.9 − 0.02 j 0 −1.19 + 1.81 j 0.45 − 2.52 j 0 0 0 0 → Der Eigenvektor kann in der vierten Spalte abgelesen werden î,[1.5℄rû(ß(+/(10Ïr)*2)*0.5)«rû(3Ù4¾[2℄Ù¢1Ùr),¢1 0.06625251673J0.09775551134 0.01920584824J0.0981577625 ¢0.6936687957J0.2952473882 ¢0.6385164326 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0.10 + .15 j 0 0.03 + .15 j 1 −1.09 + .46 j 0 0 0 0 0 0 1 Systeme linearer Differenzialgleichung 7 Die Eigenvektoren sind demnach (vgl. 1.6(b)): eˆ3 = 0.0662530 + 0.097756 j 0.019206 + 0.098158 j −0.693669 + 0.295249 j −0.638516 und eˆ4 = 0.0662530 − 0.097756 j 0.019206 − 0.098158 j −0.693669 − 0.295249 j −0.638516 Mit den Zerlegungen in Real- und Imagin¨ arteil λ3 = α3 + j β3 und ~e3 = ~a3 + j ~b3 erhalten wir als allgemeine homogene L¨ osung erhalten wir nach 1.6(b): ~xh (t) = c1 eˆ1 eλ1 t +c2 eˆ2 eλ2 t +c3 Re eˆ3 eλ3 t + c4 Im eˆ3 eλ3 t = c1 eˆ1 eλ1 t +c2 eˆ2 eλ2 t + c3 eα3 t ~a3 cos(β3 t) − ~b3 sin(β3 t) + c4 eα3 t ~a3 sin(β3 t) + ~b3 cos(β3 t) −0.000152 −0.314432 0.003021 0.054949 −330.580 t −2.96897 t = c1 +c e e 2 0.050393 0.933540 −0.998725 −0.163141 0.066253 0.097756 0.019206 0.098158 −1.225858 t +c3 e − sin(6.26515 t) cos(6.26515 t) −0.693669 0.295247 −0.638516 0.000000 0.097756 0.066253 0.098158 0.019206 cos(6.26515 t) + sin(6.26515 t) +c4 e−1.225858 t 0.295247 −0.693669 0 −0.638516 1.B Spezielle inhomogene L¨ osung und allgemeine L¨ osung Beispiel 1.9 (Fortsetzung Beispiel 1.8: Spezielle inhomogene L¨ osung ) In jeder Komponente des Ansatzes m¨ ussen alle Typen aller Komponenten ber¨ ucksichtigt werden. Wir werden dies f¨ ur obiges Beispiel durchf¨ uhren. Hierzu betrachten wir als Beispiel eine Auffahrt auf eine Schwelle konstanter H¨ ohe g(t) = 0.1 m zur Zeit t = 0. Als Ansatz m¨ ussen wir in allen Komponenten eine Konstante w¨ ahlen. Nicht ber¨ ucksichtigt wird, dass wegen x3 = x˙ 1 und x4 = x˙ 2 sofort k3 = k4 = 0 folgt. Der Ansatz ~xs (t) = k 1 k 2 k3 k4 wird in die Differenzialgleichung eingesetzt: ~0 = ~x˙ s = A~xs + ~b, also ~xs = −A−1~b . Dies wird berechnet ,xsû-(0 0 0 100)mat 0.1 0.1 0 0 Damit lautet die spezielle inhomogene L¨ osung x1 = x2 = 0.1 m. Dies ist die Position des Rads und der Karosserie nach sehr langer Zeit. Das Fahrzeug hat sich um die H¨ ohe der Schwelle nach oben bewegt. Die allgemeine L¨ osung der Differenzialgleichung ist ~x(t) = ~xs + ~xh (t) = 0.1 0.1 0 0 + c1 eˆ1 eλ1 t +c2 eˆ2 eλ2 t +c3 Re eˆ3 eλ3 t + c4 Im eˆ3 eλ3 t . 8 I Analysis Die Konstanten (c1 , . . . , c4 ) werden mit Hilfe der Anfangsbedingung ~x(0) = x (0) 1 x (0) 2 x ˙ (0) 1 x˙ 2 (0) = 0 0 0 0 berechnet: c 1 c 2 ~0 = ~x(0) = ~xs + c1 eˆ1 + c2 eˆ2 + c3 Re(ˆ e3 ) + c4 Im(ˆ e3 ) = ~xs + (ˆ e1 , eˆ2 , Re(ˆ e3 ), Im(ˆ e3 )) · . c3 c4 Mit ~c = (c1 , c2 , c3 , c4 )T und der Matrix E = (ˆ e1 , eˆ2 , Re(ˆ e3 ), Im(ˆ e3 )), spaltenweise aus den angegebenen Vektoren besteht, ist das lineare Gleichungssystem −0.00015 −0.31443 0.06625 0.09776 −0.1 0.00302 0.05495 0.01921 0.09816 −0.1 0.05039 0.93354 −0.69367 0.29525 0 −0.99872 −0.16314 −0.63852 0 0 zu l¨ osen: îû-xse 0.2930136138 ¢0.05801367014 ¢0.4434898856 ¢0.9085359819 Jetzt kann die L¨ osung des Anfangswertproblems angegeben werden. Die normierten reellen Eigenvektoren und der Real- und Imagin¨ arteil des komplexen Eigenvektors werden mit den Parametern ci multipliziert: x(t) = −.0000447 −.0182414 .0031878 .0008852 −330.580 t −2.96897 t + + e e .0541581 .0147660 0 −.2926400 −.0094644 −.0293823 −.0433536 −.0085176 −.0435320 + e−1.225858 t cos(6.26515 t) − sin(6.26515 t) .3076351 −.1309392 .2831756 0 −.0888144 −.0601928 −.0891799 −.0174492 −1.225858 t +e − sin(6.26515 t) cos(6.26515 t) −.2682429 .6302231 0 .5801152 .1 .1 0 .1 −.0000447 −.0182414 .1 .0008852 .0031878 −330.580 t −2.96897 t = + + e e 0 .0147660 .0541581 0 −.2926400 −.0094644 −.1181967 −.0168392 −.0976975 .0260828 −1.225858 t . +e + sin(6.26515 t) cos(6.26515 t) .0393922 .7611623 .2831756 .5801152 Der Schwingungsanteil kann durch eine Sinusfunktion mit Phasenverschiebung dargestellt werden. Aus a cos(ωt) + b sin(ωt) = A sin(ωt + ϕ) = A cos(ωt) sin(ϕ) + A sin(ωt) cos(ϕ) folgt durch Koeffizientenvergleich a = A sin(ϕ) und b = A cos(ϕ) Damit sind A und ϕ die Polarkoordinaten des ebenen Vektors (b; a), A also dessen Betrag und ϕ 1 Systeme linearer Differenzialgleichung 9 dessen Argumentwinkel. Dies berechnet und eingesetzt liefert .1 −.0000447 −.0182414 .1 .0008852 −330.580 t .0031878 −2.96897 t x(t) = + + e e 0 .0147660 .0541581 0 −.2926400 −.0094644 .119390 sin(6.26515 t + 4.570874) −1.225858 t .101120 sin(6.26515 t + 4.973279) e .762181 sin(6.26515 t + .051707) . .645540 sin(6.26515 t + .454112) Die vertikale Bewegung der Karosserie wird in der ersten Komponente beschrieben: x1 (t) = 0.1 − .0000447 e −330.580 t +.0182414 e −296897 t −0.119390 e −1.225858 t sin(6.26515 t + 4.570874) Der zweite Summand hat ein hohes D¨ ampfungsdekrement und einen sehr kleinen Vorfaktor. Er kann daher vernachl¨ assigt werden. x2 beschreibt die Bewegung des Rads. Beide Funktionen sind in Abb. 1.3 dargestellt. ⋄ Abb. 1.3: Vertikale Lage der Karosserie (x1 ) und des Rads (x2 ) Bemerkung 1.10 (Spezielle inhomogene L¨ osung: Produktansatz) ~y ′ (x) = A~y (x) + ~b(x) ist die zu l¨ osende Differenzialgleichung, Y (x) die invertierbare Matrix der Basisl¨ osungen (Fundamentalmatrix). Der Produktansatz ~ ys (x) = Y (x)~z (x) liefert ys ′ (x) = Y ′ (x)~z (x) + Y (x)~z ′ (x), ~ eingesetzt in die Differenzialgleichung: Y ′ (x)~z (x) + Y (x)~z ′ (x) = AY (x)~z (x) + ~b(x). Wegen Y ′ (x) = AY (x) (s. 1.7) erh¨ alt man hieraus Y (x)~z ′ (x) = ~b(x) und ~z ′ (x) = Y (x)−1~b(x) Integrieren ergibt die spezielle L¨ osung der inhomogenen Differenzialgleichung: Z ys (x) = Y (x) Y (x)−1~b(x) dx. ~ Bemerkung 1.11 (Allgemeine L¨ osung, L¨ osung des Anfangswertproblems) Z y (x) = Y (x)~c + ~ys (x) = Y (x)~c + Y (x) Y (x)−1~b(x) dx ~ Z = Y (x) ~c + Y (x)−1~b(x) dx ⋄ 10 I Analysis Zur L¨ osung des Anfangswertproblems ~y (x0 ) = ~y0 muss die Konstante ~c bestimmt werden: Z x0 −1~ ys (x0 ) = Y (x0 ) ~c + Y (x) b(x) dx y0 = ~y(x0 ) = Y (x0 )~c + ~ ~ impliziert −1 ~c = Y (x0 ) 1.C −1 (~y0 − ~ys (x0 )) = Y (x0 ) ~y0 − Z x0 Y (x)−1~b(x) dx. ⋄ Weitere Beispiele Beispiel 1.12 ([50]) Das Anfangswertproblem y1′ = 2y1 + y2 − y3 + ex y2′ = y1 + y2 ; y3′ = −y1 + y3 + e−x 1 ~y (1) = 2 3 wird gel¨ ost. Die spezielle inhomogene L¨ osung wird durch Variation der Konstanten ermittelt: Die L¨ osung erfolgt mit Derive. Derive bezeichnet alle Funktionen mit Großbuchstaben, im Ausdruck wird daher die Funktion y wird daher mit Y, die Fundamentalmatrix Y mit YY bezeichnet. Ferner wird die Eulersche Zahl durch ˆe ausgedr¨ uckt: L¨ osung mit Derive: 1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10: 11: 12: 13: 14: 15: 16: 17: 18: 19: 20: 21: / 2 1 -1 \ | | A (w) := | 1 1 0 | - w IDENTITY_MATRIX (3) | | \ -1 0 1 / DET (A (w)) " charakteristisches Polynom" - w (w - 3) (w - 1) " faktorisiert" W1 := 0 " Nullstellen" W2 := 1 W3 := 3 ROW_REDUCE (A (W1)) " Berechnung des ersten EV" / 1 0 -1 \ | | | 0 1 1 | " ohne triviale rechte Seite" | | \ 0 0 0 / E1 := [1, -1, 1] " erster Eigenvektor" ROW_REDUCE (A (W2)) " Berechnung des zweiten EV" / 1 0 0 \ | | | 0 1 -1 | " ohne triviale rechte Seite" | | \ 0 0 0 / E2 := [0, 1, 1] " zweiter Eigenvektor" ROW_REDUCE (A (W3)) " Berechnung des dritten EV" / 1 0 2 \ | | | 0 1 1 | " ohne triviale rechte Seite" | | \ 0 0 0 / E3 := [2, 1, -1] " dritter Eigenvektor" / W1 x W2 x W3 x\ YY (x) := \E1 #e , E2 #e , E3 #e /‘ " Fundamentalmatrix" YY (x) / 3 x \ | 1 0 2 #e | | | | x 3 x | | -1 #e #e | | | | x 3 x | \ 1 #e - #e / /d \ A (0) . YY (x) - |-- YY (x)| " \dx / / 0 0 0 \ | | | 0 0 0 | | | \ 0 0 0 / -1 YY (x) " / 1 1 1 Probe" Inverse der Fundamentalmatrix" \ 1 Systeme linearer Differenzialgleichung 22: 23: 24: 25: 26: 27: 28: 29: 30: 31: 32: 33: 34: 35: 11 | --- ----| | 3 3 3 | | | | -x -x | | #e #e | | 0 ----------| | 2 2 | | | | - 3 x - 3 x - 3 x | | #e #e #e | | --------- --------- - --------- | \ 3 6 6 / / x -x\ B (x) := \#e , 0, #e / " St¨ orfunktion" / -1 YY (x) . / YY (x) . B (x) dx " spezielle inhomogene L¨ osung" / -x -x x x -x \ | #e #e #e #e 5 #e | |- ------, ------ - -----, ----- - --------| \ 4 8 2 2 8 / / -x -x x x -x \ | #e #e #e #e 5 #e | YS (x) := |- ------, ------ - -----, ----- - --------| \ 4 8 2 2 8 / X0 := 1 " Anfangsstelle" Y0 := [1, 2, 3] " Anfangswert" -1 C := YY (X0) . (Y0 - YS (X0)) C / -1 -1 -2 -2 -3 -4 \ | #e #e 2 5 #e #e #e #e #e | |- ---- + ------ + ---, -------- + ------, ------ + ------ - ------| \ 3 3 3 2 4 6 6 24 / Y (x) := YS (x) + YY (x) . C " L¨ osung" Y (x) / -1 3 x - 2 3 x - 3 3 x - 4 -x / x ~ | #e #e #e #e #e #e 2 #e -1 | 5 #e ~ |- ---- + ------ + ----------- + ----------- - ----------- - ------ + ---, ---- + #e |------- - -~ \ 3 3 3 3 12 4 3 3 \ 2 ~ ~ \ / 3 x x \ 3 x - 3 3 x - 4 x -x / ~ ~1 | -2 | #e #e | #e #e #e #e 2 #e -1 | 5 ~ ~--| + #e |------- + -----| + ----------- - ----------- - ----- + ------ - ---, - ---- + #e |---~ ~3 / \ 6 4 / 6 24 2 8 3 3 \ ~ ~ x \ / x 3 x \ 3 x - 3 3 x - 4 x -x \ ~#e 1 | -2 | #e #e | #e #e #e 5 #e 2 | ~---- + ---| + #e |----- - -------| - ----------- + ----------- + ----- - -------- + ---| ~2 3 / \ 4 6 / 6 24 2 8 3 / / 897 3 x -x 2119 1000 3 x 2035 x -x 2119 1000 ~ |------- #e - 0.25 #e - -------, ------- #e + ------ #e + 0.125 #e + -------, - ------- ~ \ 14905 18142 33233 4487 18142 33233 ~ ~ 3 x 6522 x -x 2119 \ ~#e + ------ #e - 0.625 #e - -------| ~ 4487 18142 / Alternativ zu Gleichung 21: kann die Inverse Y −1 (x) der Fundamentalmatrix u ¨ ber die Adjunkte berechnet werden: 1 1 Y −1 (x) = Y˜ (x)T = − 4x Y˜ (x)T . det(Y (x)) 6e Die (i,j)-te Komponente der Adjunkten A˜ ist gleich der (i,j)-ten Unterdeterminante, die man durch Streichen der i-ten Zeile und der j-ten Spalte und Multiplizieren mit (−1)i+j erh¨ alt: A˜ = −2 e4x 0 −2 ex 2 e4x −3 e3x − ex −2 e 4x −3 e3x ex . ⋄ Beispiel 1.13 Wir berechnen f¨ ur obige Aufgabe eine spezielle inhomogen L¨ osung durch einen Ansatz im Typ der St¨ orfunktion. Als Ansatz bei y~ ′ (x) = A~y (x) + ~b(x) = ben¨ otigen wir 2 1 −1 ex y (x) + 1 1 0 ~ 0 −x −1 0 1 e ys (x) = d~1 ex +d~2 e−x ~ mit 3-dimensionalen Konstanten d~1 und d~2 . Der Anteil ex der St¨ orfunktion legt wegen λ2 = 1 eine Graderh¨ ohung nahe. Sp¨ ater sieht man, dass aufgrund der rechten Seite des linearen Gleichungssystems eine L¨ osung auch ohne Graderh¨ ohung berechnet werden kann. 12 I Analysis Einsetzen in die Differenzialgleichung ergibt: d~1 ex −d~2 e−x ex x −x = A(d~1 e +d~2 e ) + 0 −x e Die Funktionen ex und e−x sind linear unabh¨ angig, wie man durch Berechnen der Wronski-Determinante an der Stelle x = 0 verifizieren kann. Wir k¨ onnen also einen Koeffizientenvergleich in diesen Funktionen durchf¨ uhren: 1 0 ~ ~ d~1 = Ad~1 + und − d = A d + 2 2 0 0 0 1 Dies sind entkoppelte lineare Gleichungssysteme f¨ ur die beiden unbekannten Vektoren, die getrennt gel¨ ost werden k¨ onnen: (A − Id)d~1 = −1 0 0 (A + Id)d~2 = und 0 0 . −1 Die L¨ osung der ersten Gleichung ist nicht gesichert, da 1 ein Eigenwert ist. Wenn es eine L¨ osung gibt, ist sie nicht eindeutig! In einer L¨ osung des linearen Gleichungssystems 1 1 −1 −1 1 0 0 0 −1 0 0 0 . muss die erste Komponente wegen den beiden letzten Gleichungen 0 sein. Die Zweite wird 0 gew¨ ahlt und die Dritte zu 0 berechnet. Damit folgt als L¨ osung d~1 = 0 0 . 1 Dieses Gleichungssystem ist l¨ osbar, obwohl die Koeffizientenmatrix singul¨ ar ist. Addition der zweiten zur dritten Zeile liefert eine Nullzeile in der dritten Zeile, sowohl in der Koeffizientenmatrix als auch auf der rechten Seite. Daher kann das lineare Gleichungssystem gel¨ ost werden. W¨ are diese nicht der Fall, m¨ usste der Ansatz eine Graderh¨ ohung beinhalten. Die L¨ osung der zweiten Gleichung erh¨ alt man aus 3 1 −1 0 0 1 2 0 −1 0 2 −1 → 3 0 0 1 −1 0 5/3 1/3 0 1/3 5/3 −1 → Die Komponenten werden der Reihe nach berechnet, es folgt d~2 = − 1/4 1/8 − 5/8 3 0 0 1 −1 0 5/3 1/3 0 0 8/5 −1 . . Die hier berechnete spezielle inhomogene L¨ osung ys (x) = d~1 ex +d~2 e−x ~ 0 − 1/4 x −x 1 = 0 e + /8 e 5 1 − /8 unterscheidet sich von der in 1.12 (25:) gefundenen, die Differenz ist eine homogene L¨ osung. Mit Hilfe der in 1.12 (18:) gefundenen allgemeinen homogenen L¨ osung kann die allgemeine L¨osung der Differenzialgleichung angegeben werden: c1 y (x) = (~y1 (x), ~ ~ y2 (x), ~y3 (x)) ys (x) c2 + ~ c3 = 1 0 2 −1 1 1 1 1 −1 1 0 0 x 0 e 0 0 0 e3x c1 0 − 1/4 c + 0 ex + 1/8 e−x . 2 c3 1 − 5/8 1 Systeme linearer Differenzialgleichung 13 Diese L¨ osung beinhaltet die unbekannten Parameter ~c = (c1 , c2 , c3 )T , die durch Anfangs- oder Randbedingungen festgelegt sind. ⋄ Beispiel 1.14 (Ansatz im Typ der St¨ orfunktion mit Graderh¨ ohung) Wir berechnen die obige Differenzialgleichung mit einer polynomialen St¨ orfunktion 2 1 −1 2x y ′ (x) = A~y (x) + ~b(x) = ~ y (x) + 1 0 1 ~ 0 . −1 0 1 3 Der Ansatz ~ ys (x) = d~1 x + d~0 mit 3-dimensionalen Konstanten d~1 und d~0 wird in die Differenzialgleichung eingesetzt: d~1 = A(d~1 x + d~0 ) + 2 0 x + 0 0 0 . 3 x0 Ein Koeffizientenvergleich in und x1 liefert die beiden Gleichungen 0 2 ~0 = Ad~1 + 0 . d~1 = Ad~0 + und 0 3 0 Zum L¨ osen der zweiten Gleichung erhalten wir: 2 1 −1 −2 2 1 −1 −2 1/2 1/2 → 1 1 0 0 1 0 . 1 1 −1 0 1 0 0 /2 /2 −1 Die beiden letzten Zeilen des Gleichungssystems widersprechen sich, das Gleichungssystem hat keine L¨ osung. Der gew¨ ahlte Ansatz f¨ uhrte nicht zum Ziel. Der Grund f¨ ur dieses Versagen liegt in der Existenz des Eigenwerts Null, die St¨ orfunktion beinhaltet die homogene L¨ osung e0 x = 1 als Faktor. Wir m¨ ussen den Grad des Ansatzes erh¨ ohen. 2 ~ ~ ~ ys (x) = d0 + d1 x + d2 x ~ wird in die Differenzialgleichung eingesetzt: 2 0 d~1 + 2d~2 x = A(d~0 + d~1 x + d~2 x2 ) + x + 0 0 . 0 3 Ein Koeffizientenvergleich in x0 , x1 und x2 liefert die drei Gleichungen 0 2 ~ ~ ~0 = Ad~2 . , 2 d = A d + und d~1 = Ad~0 + 2 1 0 0 3 0 ur Eine L¨ osung der dritten Gleichung ist der Eigenvektor ~e1 zum Eigenwert 0 oder ein Vielfaches. F¨ die weiteren Berechnungen wird die Auswahl einer bestimmten L¨ osung offen gehalten: 1 d~2 = s~e1 = s −1 . 1 Dies wird in die zweite Gleichung eingesetzt, die dann gel¨ ost wird: 2 1 2 2s − 2 Ad~1 = 2d~2 − = 2s − = 0 −1 0 −2s : 0 1 0 2s 2 1 −1 2s − 2 1 1 0 −2s −1 0 1 2s → 2 0 0 Dieses Gleichungssystem hat nur f¨ ur s = 1 0 −1 − 2/3 0 1 1 0 0 0 0 0 1 −1 2s − 2 1/2 1/2 −3s + 1 1/2 1/2 3s − 1 1 3 eine L¨ osung: → 1 0 −1 s−1 0 1 1 −6s + 2 0 0 0 6s − 2 14 I Analysis Diese lautet mit der als −t gew¨ ahlten dritten Komponente: − 23 d~1 = 0 0 −1 + t 1 . −1 Damit l¨osen wir die erste Gleichung: Ad~0 = − 23 0 0 + t −1 0 −2 −1 3 1 − 0 = 0 + t 1 : −3 −1 3 −1 2 1 −1 −t − 2/3 1 1 0 t −1 0 1 −t − 3 → 1 −1 −t − 2/3 1/2 1/2 3t/2 + 1/3 1/2 1/2 − 3t/2 − 10/3 2 0 0 → 1 0 −1 −2t − 2/3 0 1 1 3t + 2/3 0 0 0 −3t − 11/3 . Die dritte Komponente der rechten Seite muss Null sein, folglich ist t = − 11/9: 1 0 −1 0 1 1 0 0 0 16/9 −3 0 . Wir w¨ ahlen f¨ ur die dritte Komponente −u und erhalten d~0 = u 16/9 −1 1 + −3 . 0 −1 Mit t = − 11/9 und s = 1/3 liegen d~1 und d~2 fest: d~1 = 11/9 5/9 − 2/3 11 0 + − /9 = − 11/9 , 11/9 11/9 0 d~2 = 1/3 − 1/3 . 1/3 Wir suchen eine spezielle inhomogene L¨ osung. Hierzu k¨ onnen wir u = 0 w¨ ahlen: ys (x) = ~ 16/9 −3 0 + 5/9 − 11/9 x 11/9 + 1/3 − 1/3 x2 1/3 . Die allgemeine L¨ osung lautet jetzt y (x) = ~ 1 0 2 −1 1 1 1 1 −1 1 0 0 0 ex 0 0 0 e3x c1 c 2 + c3 16/9 −3 0 + 5/9 − 11/9 x 11/9 + 1/3 − 1/3 x2 1/3 . Die Koeffizienten c1 , c2 und c3 werden durch Einsetzten der Anfangsbedingung ~y (0) = (1, 2, 3)T in die allgemeine L¨ osung bestimmt: 1 2 = −7 9 5 3 3 = 1 0 2 −1 1 1 1 1 −1 1 0 2 −1 1 1 1 1 −1 1 0 0 0 1 0 0 0 1 c1 c 2 c3 + 16/9 −3 0 , also c1 c 2 c3 Die L¨ osung des Gleichungssystems mit dem Gauß-Verfahren 1 0 2 − 7/9 1 0 2 − 7/9 1 0 2 − 7/9 38 −1 1 1 5 → 0 1 3 /9 → 0 1 3 38/9 1 1 −1 3 0 1 −3 34/9 0 0 −6 − 4/9 25 2 lautet c1 = − , c2 = 4 , c3 = . Die L¨ osung der Differenzialgleichung kann nun angegeben 27 27 werden: 16/9 5/9 1/3 1 0 2 −25 1 x 11 1 2 y (x) = ~ 1 −1 1 108 e + −3 + − /9 x + − /3 x . 27 11/9 1/3 1 1 −1 2 e3x 0 1 Systeme linearer Differenzialgleichung 15 Beispiel 1.15 y1′ = y1 + 4y2 ′ y2 = − y1 − 3y2 oder in Vektorform: ′ ~y (x) = 1 4 ~y(x) −1 −3 L¨ osung mit Derive: 1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10: 11: 12: 13: 14: 15: / 1 4 \ A (w) := | | - w IDENTITY_MATRIX (2) \ -1 -3 / DET (A (w)) " 2 w + 2 w + 1 w = (-1) " ROW_REDUCE (A (-1)) " / 1 2 \ | | \ 0 0 / E1 := [-2, 1] " ROW_REDUCE (A (-1), E1) " / 1 2 -1 \ | | " \ 0 0 0 / E2 := [1, -1] " / -x -x -x\ YY (x) := \E1 #e , E2 #e + E1 x #e /‘ " YY (x) / -x -x \ | - 2 #e (1 - 2 x) #e | | | | -x -x | \ #e (x - 1) #e / /d \ A (0) . YY (x) - |-- YY (x)| " \dx / / 0 0 \ | | \ 0 0 / charakteristisches Polynom" doppelte Nullstelle" Berechnung Eigenvektor" Eigenvektor" Berechnung Vektor b" nach Gauß" Vektor b" Fundamentalmatrix" Probe" Das Aufstellen der Gleichung 8: wird erkl¨ art. Der Ansatz ~y2 (x) = ~ax e−x +~b e−x wird in die Differenzialgleichung eingesetzt: y2 ′ (x) = ~a e−x −~ax e−x −~b e−x = A~ax e−x +A~b e−x . ~ Hieraus folgen durch Koeffizientenvergleich bei x e−x und e−x (a) A~a = −~a : ~a ist ein Eigenvektor von A und kann als ~a = ~e1 gew¨ ahlt werden. (b) A~b = ~a − ~b : (A + Id)~b = ~a . Diese Gleichung wird in 8: bis 10: gel¨ ost. ⋄ 16 I Analysis § 2 Kurvenintegrale und Gradientenfelder 2.A Kurvenintegral in n-dimensionalem Vektorfeld Literatur: Swokowski [51], Stingl [50], Burg/Haf/Wille [13] Wir wenden uns jetzt Kurvenintegralen in Vektorfeldern zu. Ein wichtiges Anwendungsbeispiel ist die Arbeit, die bei der Bewegung durch ein Kraftfeld (Vektorfeld) aufgebracht werden muss. ~ : R3 → R3 sei ein Kraftfeld. Definition 2.1 (Arbeit in einem Kraftfeld) F Z W := F~ d~r ~ . Hierbei wird auf jedem Wegst¨ ist die Arbeit bei der Bewegung durch das Kraftfeld F uck d~r die Kraftkomponente parallel zum Weg ber¨ ucksichtigt und u ucke aufsummiert. ¨ber alle Wegst¨ Diese Definition u achst als Verall¨ bertragen wir auf beliebige Dimensionen und definieren zun¨ gemeinerung eines Kraftfelds das ~ : D → Rn mit D ⊆ Rn heißt VekDefinition 2.2 (Vektorfeld) Eine vektorwertige Funktion V n torfeld. Jedem Punkt aus D ⊆ R wird ein n-dimensionales Vektor zugeordnet. In den F¨ allen n = 2 oder 3 heißt das Vektorfeld eben oder r¨ aumlich. Beispiele von Vektorfeldern sind das Gravitationsfeld der Erde, das elektrische Feld einer elektrischen Ladung oder das Geschwindigkeitsfeld einer str¨ omenden Fl¨ ussigkeit. Definition 2.3 (Kurvenintegral u ¨ ber einem Vektorfeld) n n ~ (a) Ist V : R → R ein Vektorfeld und K : ~r : [t0 , t1 ] → Rn eine Kurve im Rn , so setzen wir das Kurvenintegral Z Z t1 ~ (~r ) d~r = ~ (~r(t)) ~r˙ (t) dt . V V K t0 Es gelten auch Z Z ~ V (~r ) d~r = K s1 ~ (~r ) eˆt (~r ) ds = V s0 Z t1 ~ (~r(t)) ~et (t) s(t) V ˙ dt = t0 t1 ~ (~r(t)) ~r˙ (t) dt . V t0 Bei einem 3-dimensionalen Vektorfeld kann dies geschrieben werden als Z Z ~ V (~r ) d~r = Vx (~r ) dx + Vy (~r ) dy + Vz (~r ) dz . K Z K Wir werden in der Regel zwei- oder dreidimensionale Vektorfelder betrachten, formulieren aber die Ergebnisse, soweit sinnvoll und ohne Mehraufwand m¨ oglich, allgemein n-dimensional. Satz 2.4 (Rechenregeln fu ¨ r Kurvenintegrale) n n ~ ~ (a) V1 , V2 , : R → R seien Vektorfelder, c ∈ R und K : ~r : [t0 , t1 ] → Rn eine Kurve. Es gelten: Z Z Z ~ ~ ~ ~2 (~r ) d~r V1 (~r ) + V2 (~r ) d~r = V1 (~r ) d~r + V K K K Z Z ~ ~1 (~r ) d~r c V1 (~r ) d~r = c V K K Kurvenintegration ist also ein lineares Funktional, eine lineare Abbildungen zwischen Funktionen. ~ : Rn → Rn sei ein Vektorfeld und K1 : ~r : [t0 , t1 ] → Rn und K2 : ~r : [t1 , t2 ] → Rn seien (b) V Kurven, die sich aneinander anschließen. Es gilt: Z Z Z ~ ~ ~ (~r ) d~r V (~r ) d~r + V (~r ) d~r = V K1 K2 Hierbei ist K1 + K2 : r : [t0 , t2 ] → K1 +K2 n R die Vereinigung der beiden Kurven K1 und K2 . 2 Kurvenintegrale und Gradientenfelder 17 ~ : Rn → Rn sei ein Vektorfeld und K : ~r : [t0 , t1 ] → Satz 2.5 (Geschlossenes Kurvenintegral) V Rn eine geschlossene Kurve, das heißt ~r(t0 ) = ~r(t1 ). Dann wird das geschlossene Kurvenintegral geschrieben als I ~ (~r ) d~r . V K 2.B Zirkulation, Rotation ~ : R3 → R3 sei ein Vektorfeld und G Definition 2.6 (Wirbelst¨ arke, Zirkulation, Rotation) V ein Fl¨ ache in R3 . δG bezeichnet dann den Rand der Fl¨ ache, der als Kurve betrachtet wird. i(G) ist der Fl¨ acheninhalt der Fl¨ ache G, s.Abb. 2.1 I ~ (~r ) d~r (a) V heißt Zirkulation oder Wirbelst¨ arke. δG I 1 ~ (~r ) d~r (b) V ist die mittlere Zirkulation auf der Fl¨ ache. i(G) δG I 1 − →~ ~ (~r ) d~r ~ in ~r0 .1 (c) rot V (~r0 )x = lim V heißt Rotation von V i(G)→0 i(G) δG G⊥ˆ ex − →~ In dem Grenzwert sind alle Fl¨ achen parallel zu Eyz zu nehmen. rot V (~r ) ist ein 3-dimensionaler Vektor, also wieder ein Vektorfeld. Die Bedeutung der Rotation wird in sp¨ ateren Beispielen, vor allem aber im n¨ achsten Paragrafen klar. Sie tritt in der Str¨ omungslehre bei der Berechnung des Drehmoments der Str¨ omung auf. Zun¨ achst ihre Berechnung in kartesischen Koordinaten: Abb. 2.2: Rotation, kartesisch Abb. 2.1: Fl¨ache mit Vektorfeld Abb. 2.3: Zerlegung der Fl¨ache ~ : R3 → R3 gilt Satz 2.7 (Rotation in kartesischen Koordinaten) F¨ ur ein Kraftfeld V Vz, y (x, y, z) − Vy, z (x, y, z) −→ ~ rot V (~r ) = Vx, z (x, y, z) − Vz, x (x, y, z) . Vy, x (x, y, z) − Vx, y (x, y, z) Beweisskizze: Ich berechne die x-Komponente der Rotation. Die Fl¨achen G in der Grenzwertberechnung liegen daher immer parallel zu Eyz , vgl. Abb. 2.2. (Vy (x, y, z) − Vy (x, y, z + ∆z)) ∆y + (Vz (x, y + ∆y, z) − Vz (x, y, z)) ∆z −→ ~ rot V (~r )x = lim ∆y→0 ∆y∆z ∆z→0 Vy (x, y, z) − Vy (x, y, z + ∆z) Vz (x, y + ∆y, z) − Vz (x, y, z) + lim ∆y→0 ∆z ∆y = Vz, y (x, y, z) − Vy, z (x, y, z) . = lim ∆z→0 Analog folgen −→ ~ rot V (~r )y = Vx, z (x, y, z) − Vz, x (x, y, z) 1 −−→ Vergleiche grad f (~r0 ) = lim ” i(s)→0 1 i(s) Z −→ ~ und rot V (~r )z = Vy, x (x, y, z) − Vx, y (x, y, z) . f (~r ) d~r “ = δs lim k∆~ rk→0 f (~r0 + ∆~r) − f (~r0 ) . k∆~rk 18 I Analysis 2.C Integrals¨ atze von Stokes und Green ~ : R3 → R3 Satz 2.8 (Integralsatz von Stokes2 ) F¨ ur ein stetig differenzierbares Vektorfeld V 3 und eine Fl¨ ache G im R gilt Z I −→ ~ ~ ~ (~r ) d~r . rot V (~r ) dO = V G δG Beweisskizze: Zur n¨aherungsweisen Berechnung des linken Integrals zerlegen wir die Fl¨ache G in kleine Teilk¨ orper Gi , s. Abb. 2.3, und erhalten Z I X X 1 −→ ~ −→ ~ ~ ~ (~r ) d~r rot V (~r ) dO ≈ i(Gi )rot V (~r )ˆ ni = i(Gi ) V i(Gi ) δGi G i I i XI ~ (~r ) d~r = ~ (~r ) d~r , = V V i δGi δG denn die Beitr¨ age der Integrale an den inneren R¨ andern der Teilfl¨ achen heben sich wegen der unterschiedlichen Orientierung der Umstr¨ omung gegenseitig auf. ⋄ ~ : R2 → R2 und eine Fl¨ F¨ ur ein stetig differenzierbares Vektorfeld V ache G im R2 liefert die 3 Einbettung in R ein dreidimensionales stetig differenzierbares Vektorfeld ~ : W R3 x y z R3 Vx (x, y) 7→ Vy (x, y) 0 → mit Der Satz von Stokes liefert Z Z I −→ ~ −→ ~ ~ = rot W (~r )ˆ ez dO = rot W (~r ) dO G damit Z G 0 − → ~ . rot W = 0 Vy, x (x, y) − Vx, y (x, y) ~ (~r ) d~r , W δG I 0 0 Vx (x, y) 0 dO = V (x, y) d~ 0 y r G δG Vy, x (x, y) − Vx, y (x, y) 1 0 und schließlich den Satz von Green3 . Satz 2.9 (Integralsatz fu ur ein stetig differenzierbares Vektorfeld ¨ r ebene Felder (Green)) F¨ 2 2 2 ~ V : R → R und eine Fl¨ ache G im R gilt Z I (Vy, x (x, y) − Vx, y (x, y)) dA = Vx (x, y) dx + Vy (x, y) dy ⋄ G δG Wir untersuchen die unterschiedlichen Ableitungen Gradient und Rotation: Regel 2.10 (Gradient und Rotation) (a) F¨ ur eine zweimal stetig differenzierbare Funktion f : R3 → R gilt f − → −−→ −→ ,x rot grad f = rot f,y = f,z f,zy − f,yz ~ f ,xz − f,zx = 0 f,yx − f,xy (b) F¨ ur stetig differenzierbare Funktionen f : R3 → R und ~u, ~v : R3 → R3 gelten − → −→ −→ rot(~u + ~v ) = rot(~u) + rot(~v ) −−→ − → − → rot(f ~u) = grad (f ) × ~u + f rot(~u) − → rot(~u × ~v ) = ?? 2 3 Sir George Gabriel Stokes, ir. Mathematiker und Physiker, 1819 (Skreen) - 1903 (Cambridge) George Green, engl. Mathematiker und Physiker, 1793 (Nottingham) - 1841 (Sneinton) 2 Kurvenintegrale und Gradientenfelder 19 Beweis: (a) folgt mit dem Satz von Schwarz [26, 7.7, Seite 53] (b) wird durch Ausrechnen der linken und rechten Seite nachgewiesen. Dies f¨ uhren wir hier nicht durch. Gradientenfelder sind nach (a) wirbelfrei. Die teilweise Umkehrung zeigen wir weiter unten. Gradienten sind Zeilenvektoren. Da hier die Ergebnisse der Gradientenberechnung als Vektorfelder auftreten, verzichte ich auf die strikte Unterscheidung und betrachte in den Anwendungen auch Gradienten als Spaltenvektoren. Satz 2.11 (Rotation und Gradient wichtiger Felder) ~ (~r ) = ~c ∈ R3 und das identische Vektorfeld V ~ (~r ) = ~r auf R3 : Wir betrachten ein konstantes Feld V (a) F¨ ur n 6= 0 gilt n ′ n −1 n 2 −−→ grad (k~r kn ) = x2 + y 2 + z 2 2 = x + y 2 + z 2 2 (2x, 2y, 2z) = nk~r kn−2~r T . 2 −→ (b) rot ~c = ~0 x − → − → rot ~r = rot y = z und 0 0 = ~ 0. 0 −→ −−→ (c) − grad h~c, ~r i = grad (cx x + cy y + cz z) = ~c T , cy z − cz y −→ rot cz x − cx z −→ rot(~c × ~r ) = = 2~c . 2.D cx y − cy x = − cy x),y − (cz x − cx z),z − cz y),z − (cx y − cy x),x = (cz x − cx z),x − (cy z − cz y),y (cx y (c z y cx c y + cx + cy cz + cz Elektrisches und magnetisches Feld Beispiel 2.12 (Elektrisches Feld) Wir beschreiben das elektrische Feld einer positiv geladenen Kugel des Radius R mit konstanter Ladungsverteilung ρ: (a) Innerhalb der Kugel im Abstand r vom Ursprung entspricht das Feld dem Feld einer Punktladung mit der Ladung der Kugel des Radius r: Z 1 ~ r 1 ~r 4πr 3 ̺ ~rρ ~ r) = E(~ ρ(~ r ) dV = = . 3 3 4πε0 k~r k K(~0, r) 4πε0 r 3 3ε0 (b) außerhalb der Kugel im Abstand r vom Ursprung entspricht das Feld dem Feld einer Punktladung mit der Ladung der Kugel des Radius R: Abb. 2.4: Elektrisches Feld einer Z 1 ~r 1 ~r 4πR3 ̺ ~rρR3 ~ E(~r ) = ρ(~r ) dV = = . positiv geladenen Kugel 4πε0 k~r k3 K(~0, R) 4πε0 r 3 3 3ε0 r 3 Diese Ergebnisse fassen wir zusammen: 1 r ≤ R ~ r ) = ~rρ E(~ 3 3ε0 R r≥R r3 Die Feldlinien verlaufen radial. Eine Potenzialfunktion Φ : R3 → R muss daher konstant auf Kreislinien sein. Mit 2.11(a) kann man Φ bestimmen: r2 r < R ρ 2 . Φ(r) = 3ε0 −R3 r>R r 20 I Analysis −−→ ~ r ) . Wegen Offensichtlich gilt grad Φ(r) = E(~ −→ ~ −→ −−→ rot E(~r ) = rot grad Φ(~r ) = ~0 inner- und außerhalb der Kugel nach 2.10(a) ist das Feld damit wirbelfrei. Beispiel 2.13 (Magnetisches Feld) Wir betrachten das Magnetfeld um einen (unendlich langen) Leiter. Wir legen die z-Achse des Koordinatensystem auf den Leiter. i bezeichnet die Stromst¨ arke, ~i die Stromst¨ arke mit ihrer Richtung, ˆi = eˆz den zugeh¨ orige Einheitsvektor. Das magnetische Feld wird beschrieben durch: −y ~i × ~r i 1 ~ = H(~r ) = x 2π x2 + y 2 2πkˆi × rk2 0 f¨ ur (x, y) 6= (0, 0). Die letzte Formel gilt bei beliebiger Richtung des Leiters. Die Feld¨ linien verlaufen kreisf¨ ormig, m¨ ogliche Aquipotenziallinien verlaufen daher radial. Eine Funktion, die konstant auf Ursprungsgeraden ist, Abb. 2.5: Magnetisches Feld eiist die Argumentfunktion. Mit ihr definieren wir ein Potenzial: nes elektrischen Leiters i h(~r ) = arg(x, y) 2π h ist nicht stetig f¨ ur y = 0 und x ≥ 0, aber auf R3 \ (x, y, z) ∈ R3 |y = 0 ∧ x ≥ 0 stetig differenzierbar. Wir berechnen den Gradienten, benutzen dabei, dass in jedem Punkt arg(x, y) = arctan( y/x) + c und arctan(t)′ = 1/1 + t2 gilt: − y/x2 −y i 1 1 i −−→ ~ r) 1 grad h(~r ) = x /x = = H(~ 2π 1 + y 2 2π x2 + y 2 x 0 0 auf R3 \ (x, y, z) ∈ R3 | y = 0 ∧ x ≥ 0 . p Wir berechnen die Rotation und beachten k ˆi × ~r k = k eˆz × ~r k = x2 + y 2 : 1 −−→ 1 1 2.10(b) −→ ~ − → rot H(~r ) = grad × (ˆi × ~r ) + rot(ˆi × ~r ) 2π k ˆi × ~r k2 k ˆi × ~r k2 x −y ˆi 1 −2 2 2.11(c) y× x + = ˆi × ~r k2 2π (x2 + y 2 )2 k 0 0 0 −1 1 +e = ˆz = ~0 0 πk ˆi × ~r k2 x2 + y 2 x2 + y 2 − → −−→ Im geschlitzten Raum R3 \ (x, y, z) ∈ R3 | y = 0 ∧ x ≥ 0 gilt rot grad h = ~0 , im gelochten − → ~ ~ Raum R3 \ (0, 0, z) ∈ R3 | z ∈ R = R3 \ˆ ez R gilt rot H =0. ⋄ Beispiel 2.14 (Geschwindigkeitsfeld eines starren K¨ orpers) Die Geschwindigkeit eines Punkts ~r eines starren K¨ orpers mit der Winkelgeschwindigkeit ~ ω ist ~v (~r ) = ~ ω × ~r. Wir berechnen die Rotation nach 2.11(b): −→ −→ rot ~v (~r ) = rot(~ ω × ~r ) = 2~ ω Das Geschwindigkeitsfeld ist nach 2.10(a) kein Gradientenfeld. 2.E ⋄ Wegeunabh¨ angiges Kurvenintegral, Gradientenfeld, Potenzialfunktion Wir wenden uns jetzt der Frage zu, welche Vektorfelder Gradientenfelder sind und notieren zun¨ achst einige offensichtlich notwendige Voraussetzungen. 2 Kurvenintegrale und Gradientenfelder 21 ~ : R3 → R3 sind Gradientenfelder? Welche VekProblemstellung 2.15 Welche Vektorfelder V −→ 3 3 ~ : R → R haben ein Potenzial Φ : R3 → R mit V ~ =− torfelder V grad Φ ? Aus den Berechnungen des vergangenen Paragraphen sind folgende Bedingungen bekannt: − →~ −→ −−→ (a) rot V (~r ) = rot grad Φ(~r ) = ~0 (b) Der Satz von Stokes liefert wegen (a) f¨ ur jede Fl¨ ache im Raum Z I −→ ~ ~ = ~ (~r ) d~r . 0= rot V (~r ) dO V G δG Folglich ist jedes Integral u ¨ ber eine geschlossene Kurve 0. (c) Aufgrund der Definition des Gradienten muss sich Φ auf folgende Weisen berechnen lassen: Z Z Z Vy (~r ) dy + Cy (x, z) = Vz (~r ) dz + Cz (x, y) Φ(~r ) = Vx (~r ) dx + Cx (y, z) = ⋄ Das wesentliche Ziel dieses Paragraphen ist die Umkehrung von (a): Wenn die Rotation eines Vektorfelds ~0 ist, so ist es ein Gradientenfeld oder Kurz: Wirbelfreie Felder sind Gradientenfelder. Der Vorteil in Gradientenfeldern liegt in der einfachen Berechnung ihrer Integrale. Wir beginnen mit einem Beispiel eines Vektorfelds, dessen Kurvenintegral u ¨ ber geschlossene Wege nicht 0 sind. Beispiel 2.16 (Magnetfeld, Forts. 2.13) ~ r) = H(~ −y c x 2 2 x +y 0 mit c= Das Feld i 2π f¨ ur (x, y) 6= (0, 0) . wird u ahlen hierzu die Kurve ¨ ber der geschlossenen Kreislinie K(~0, R) integriert. Wir w¨ cos(t) K(~0, R) : ~r(t) = R f¨ ur t ∈ [0, 2π] : sin(t) I Z 2π Z 2π c −R sin(t) −R sin(t) ˙ ~ ~ H(~r ) d~r = H(~r (t))~r (t) dt = dt R2 R cos(t) R cos(t) K(~0, R) 0 0 Z 2π Z 2π 2 2 = c sin (t) + cos (t) dt = c dt = 2πc 0 0 ⋄ Definition 2.17 (a) G ⊆ Rn heißt Gebiet, wenn mit jedem Punkt in G eine Umgebung dieses Punkts in G liegt: ∀~x ∈ G ∃δ > 0 : Uδ (~x) = K(~x, δ) ⊆ G . (b) G heißt zusammenh¨ angend, falls es zwischen je zwei Punkten in G einen stetigen Weg gibt: ∀~x, ~y ∈ G ∃~r : [t0 , t1 ] → G stetig : ~r (t0 ) = ~x und ~r (t1 ) = ~y . (c) G heißt einfach zusammenh¨ angend, falls es zusammenh¨ angend ist und jeder geschlossene Weg sich stetig auf einen Punkt zusammenziehen l¨ asst. Dies ist ¨ aquivalent zu der Eigenschaft, dass es zu jedem geschlossenen Weg eine Fl¨ ache in G gibt, deren Rand dieser geschlossene Weg ist. ~ auf einem zusammenh¨ Satz 2.18 F¨ ur ein Vektorfeld F angenden Gebiet G ⊆ R3 sind ¨ aquivalent: Z Z ~ d~r nur vom Anfangs- und Endpunkt ab: ~ d~r ist (a) F¨ ur jede Kurve K in G h¨ angt F F wegeunabh¨ angig. (b) F¨ ur jede geschlossene Kurve ist I ~ d~r = 0 . F ~ ist ein Gradientenfeld in G, d.h. es gibt ein Potenzial f zu F~ : (c) F −→ ~ = − ∃f : G → R : F grad f . ~ d~r = Fx dx + Fy dy + Fz dz ist ein totales Differenzial auf G: (d) F −→ ~ d~r = (− ∃f : G → R : F grad f ) d~r . 22 I Analysis Beweis: (a) ⇒ (c): Sei ~r0 ∈ G fest gew¨ ahlt. F¨ ur einen beliebigen Punkt ~r ∈ G w¨ ahlen wir eine Kurve K : ~r : [t0 , t1 ] → R mit ~r(t0 ) = ~r0 und ~r(t1 ) = ~r. Wir setzen4 Z ~ (~u ) d~u . f (~r ) := F K Da das Integral wegeunabh¨ angig ist, ist f hiermit wohldefiniert. Wir berechnen die Ableitung von f (~r(t)): −−→ f (~r(t))˙ = f ′ (~r(t)) ~r˙ (t) = grad f (~r(t)) · ~r˙ (t) , aber wegen Z Z ~ (~r(t)) d~r = f (~r(t)) = F F~ (~r(t)) ~r˙ (t) dt K K gilt auch ˙ ~ (~r(t)) ~r(t) f (~r(t))˙ = F und damit −→ ~ (~r(t)) − − F grad f (~r(t)) ~r˙ (t) = 0 −−→ Dies gilt f¨ ur alle Wege innerhalb G, also steht F (~r(t))−gradf (~r(t)) auf jedem Vektor senkrecht und ist damit der Nullvektor. (c) ⇒ (d): Offensichtlich. I Z ~ (~r) d~r = F (d) ⇒ (b): K wegen ~r(t1 ) = ~r(t0 ). t1 t0 −−→ grad f (~r(t))~r˙ (t) dt = Z t1 t0 (f ◦ ~r )˙(t) dt = f (~r(t1 )) − f (~r(t0 )) = 0 (b) ⇒ (a): Sind K1 und K2 zwei Wege von ~r1 nach ~r2 , so ist K := K1 + (−K2 ) ein geschlossener Weg. Folglich gilt: I Z Z ~ ~ ~ (~r ) d~r 0= F (~r ) d~r = F (~r ) dr − F ⋄ K K1 k2 ~ auf R3 das Integral Zusatz 2.19 Ist f¨ ur das Vektorfeld F gelten: (a) f (~r ) = Z ~ r F~ (~u) d~u ~ r0 (b) Z ~ r2 ~ r1 Z ~ d~r wegeunabh¨ F angig in G so ~ f¨ ist ein Potenzial von F ur ein fest gew¨ ahltes ~r0 ∈ G . ~ (~r ) d~r = f (~r2 ) − f (~r1 ) F ~ , so unterscheiden sich f und f˜ lediglich durch eine Kon(c) Ist f˜ ein anderes Potenzial von F stante. → ~ ~ stetige partielle Ableitungen, so gilt − (d) Hat F rot(F ) = ~0. Beweis: (a) und (b) sind offensichtlich. (c) F¨ ur einen beliebigen Weg ~r(t) in G gilt −−→ −−→ −−→ ~ − F~ ) · ~r˙ = 0 ((f˜ − f ) ◦ ~r )˙ = grad (f˜ − f ) · ~r˙ = (grad f˜ − grad f ) · ~r˙ = (F Damit ist f˜(~r(t) − f (~r(t)) = ((f˜ − f ) ◦ ~r )(t) = c konstant. (d) Hat F~ stetige partielle Ableitungen, so hat f stetige partielle zweite Ableitungen und nach − → −→ −−→ 2.10(a) folgt rot F~ = rot grad f = ~0 . ⋄ Satz 2.20 G sei ein einfach Rzusammenh¨ angendes Gebiet, F~ ein Vektorfeld mit stetigen partiellen −→ ~ ~ ~ Ableitungen. Genau dann ist F d~r wegeunabh¨ angig, wenn rot F = 0 ist. 4 Als Integrationsvariable kann ~r nicht benutzt werden, da es schon Integrationsgrenze ist. Daher wird ~u benutzt. 2 Kurvenintegrale und Gradientenfelder 23 Beweis: ⇒“ klar nach 2.19(d). ” ⇐“ Ist K ein geschlossener Weg in G, so gibt es, weil G einfach zusammenh¨ angend ist, eine ” Fl¨ ache D deren Rand K ist, oder δD = K (2.17(c)). Der Satz von Stokes liefert jetzt: I Z Z Z − →~ ~ ~ ~ =0 ~ ~0 dO F (~r ) d~r = F (~r ) d~r = rot F (~r ) dO = K δD D D ⋄ Nach 2.18(a),(b) ist das Kurvenintegral damit wegeunabh¨ angig. Einen anderen Beweis ohne R¨ uckgriff auf den Satz von Stokes erh¨ alt man, wenn das Gebiet zus¨ atzlich die Eigenschaft hat, dass jeder Punkt mit jedem durch eine Gerade in G verbunden werden kann (G ist dann konvex ): Wir w¨ ahlen ein festes ~r0 = (x0 , y0 , z0 )T ∈ G und legen f¨ ur jedes ~r = (x, y, z)T ∈ G folgenden Weg von ~r0 nach ~r fest: x − x0 ~r0 + t t ∈ [0; 1] . 0 0 x 0 ur t ∈ [1; 2] . K : ~r(t) = y0 + (t − 1) y − y0 f¨ z0 0 x 0 t ∈ [2; 3] . y + (t − 3) 0 z0 z − z0 Mit diesem Weg definieren wir einen Kandidaten f¨ ur ein Potenzial: Z Z x Z y Z z ~ f (~r ) = F (~r ) d~r = Fx (u, y0 , z0 ) du + Fy (x, u, z0 ) du + Fz (x, y, u) du K(~ r) x0 y0 z0 −−→ Wir berechnen den Gradienten grad f in seinen einzelnen Komponenten und ber¨ ucksichtigen hierbei, dass Differenzieren und Integrieren nach verschiedenen Variablen vertauschen: f,z (~r ) = Fz (~r ) f,y (~r ) = Fy (x, y, z0 ) + Z z Fz, y (x, y, u) du = Fy (x, y, z0 ) + z0 Z z Fy, z (x, y, u) du z0 = Fy (x, y, z0 ) + Fy (x, y, z) − Fy (x, y, z0 ) = Fy (~r ) Z y Z z f,x (~r ) = Fx (x, y0 , z0 ) + Fy, x (x, u, z0 ) du + Fz, x (x, y, u) du y0 z0 Z y Z z Fx, y (x, u, z0 ) du + Fx, z (x, y, u) du = Fx (x, y0 , z0 ) + y0 z0 = Fx (x, y0 , z0 ) + Fx (x, y, z0 ) − Fx (x, y0 , z0 ) + Fx (x, y, z) − Fx (x, y, z0 ) = Fx (x, y, z) ⋄ Beispiel 2.21 Wir betrachten die Felder aus 2.12, 2.13 und 2.14: ~ ist im gesamten Raum ~0. Damit liegt ein Gradien(a) Die Rotation des elektrischen Feldes E tenfeld vor. Das Potenzial ist die in 2.12 definierte Funktion Feld Φ. Wir berechnen die Arbeit, die ben¨ otigt wird, um eine Probeladung von 1 Coulomb vom Ursprung außerhalb der Wirkung des Feldes zu bringen: Z (0, 0, ∞) Z (0, 0, R) Z (0, 0, ∞) ~ r ) d~r = ~ r ) d~r + ~ r ) d~r W = E(~ E(~ E(~ ~0 ~0 − (0, 0, R) = Φ(0, 0, R ) − Φ(0, 0, 0) + Φ(0, 0, ∞) − Φ(0, 0, R+ ) ρ ρR2 = R2 − 0 + 0 + 2R2 = 6ε0 2ε0 24 I Analysis ~ r ) ist nach 2.13 ist differenzierbar auf G = R3 \{(0, 0, z) | z ∈ R}. (b) Das magnetische Feld H(~ ~ ist auf G nach 2.16 nicht Dieses Gebiet G ist jedoch nicht einfach zusammenh¨ angend. H wegeunabh¨ angig integrierbar. Schlitzen wir den Raum jedoch auf und schr¨ anken uns z.B. auf ˜ = R3 \{(x, 0, z)|x ∈ R≥0 ∧ z ∈ R} G ~ auf diesem Gebiet wegeunabh¨ ein, so ist H angig integrierbar. −→ − → (c) Das Geschwindigkeitsfeld ~v (~r ) = ~ ω × ~r ist wegen rot ~v (~r ) = rot(~ ω × ~r ) = 2~ ω nirgendwo wegeunabh¨ angig integrierbar. Wir berechnen Beispiel [25, 30.4, Seite 176] aus Mathematik 1 mit Hilfe des Gradienten: Beispiel 2.22 Das Gravitationspotenzial Φ der Erde mit der Masse M ist gegeben durch mM −→ ~ (~r ) = −− ; F grad Φ(~r ) Φ(r) = −f r ~ = In der Physik wird mit negativen Potenzialen gerechnet und daher die Gravitationskraft F −−→ −grad Φ als negativer Gradient berechnet. Die Gr¨ oßen dieser Gleichungen sind: f ≈ 6.67 · 10−11 Nm2/ kg 2 M ≈ 5.58 · 1024 kg m = 1 kg r0 ≈ 6.35 · 106 m r ~ F : : : : : : universelle Gravitationskonstante Masse der Erde Masse, die ins Weltall bef¨ ordert wird mittlerer Erdradius (wird im folgenden ben¨ otigt) Abstand vom Erdmittelpunkt Gravitationskraft Wir berechnen jetzt die Energie, die ben¨ otigt wird um die Masse m von der Erdoberfl¨ ache ins Weltall zu transportieren: Z (0, 0, ∞) 24 2 2 ~ (~r ) d~r = Φ(∞) − Φ(r0 ) = f mM ≈ 6.67 · 5.98 · 10 Nm kg W = F r0 6.35 · 1011+6 kg2 m (0, 0, r0 ) = 6.2813 · 107 Nm = 6.2813 · 107 Ws = 17.4481 kWh ⋄ 3 Oberfl¨ achenintegrale 25 § 3 Oberfl¨ achenintegrale Literatur: Swokowski [51], Stingl [50], Burg/Haf/Wille [13] 3.A Tangentialfl¨ achen Definition 3.1 (Parametrisierung einer Fl¨ ache) (a) Eine Fl¨ ache G ⊆ R3 wird allgemein beschrieben durch eine Parameterdarstellung (surjektive Abbildung) f~ : D → G ⊆ R3 mit D ⊆ R2 . Wir werden in der Regel die Koordinaten der Punkte in D mit u und v; die Koordinaten der Punkte in R3 mit x, y und z bezeichnen. (b) Die Fl¨ ache G heißt doppelpunktfrei, falls aus f~(~a) = f~(~b) stets ~a = ~b oder {~a, ~b} ⊆ δG folgt. δG bezeichnet hierbei den Rand der Fl¨ ache G. (c) Der Graf einer Funktion h : D → R mit D ⊂ R2 ist eine Fl¨ ache in R3 mit der Parametrisierung D f~ := u v R3 u 7 → v h(u, v) → . Beispiel 3.2 (a) Die Fl¨ ache der oberen Halbkugel kann u ¨ ber dem Kreis K(~0, R) in der Form 3.1(c) parametrisiert werden p u ~ H : h : K(0, R) → R : 7→ R2 − u2 − v 2 . v (b) Die Oberfl¨ ache eines Ellipsoids mit den Hauptachsen a, b und c wird durch verallgemeinerte Kugelkoordinaten beschrieben h π πi E : f~ : [0, 2π] × − , → R3 : 2 2 a cos(ϕ) cos(ϑ) ϕ 7→ b sin(ϕ) cos(ϑ) . ϑ c sin(ϑ) (c) Als Spezialfall mit a = b = c := R wird die Oberfl¨ ache einer Kugel des Radius R beschrieben durch cos(ϑ) cos(ϕ) h π πi ϕ K : f~ : [0, 2π] × − , → R3 : 7→ R cos(ϑ) sin(ϕ) . 2 2 ϑ sin(ϑ) (d) Die Oberfl¨ ache eines Torus mit dem Hauptradius R und dem Nebenradius r < parametrisiert durch (R + r cos(ϑ)) cos(ϕ) 3 ϕ ~ T : f : [0, 2π) × [0, 2π) → R : 7→ (R + r cos(ϑ)) sin(ϕ) . ϑ r sin(ϑ) Diese Beispiele sind in den Abbildungen 3.1ff dargestellt. R/2 wird 26 I Analysis Abb. 3.1: Obere Halbkugel Abb. 3.2: Oberes Ellipsoid Abb. 3.3: Obere Halbkugel, parametrisiert durch Polarkoordinaten Abb. 3.4: Torus mit den Radien 6 und 1 Satz 3.3 (Tangentialebene) (a) Wir betrachten die Fl¨ ache 3 ~ f : D → G ⊆ R mit D ⊆ R2 . Die Richtungsvektoren der Tangentialebene im Punkt (x0 , y0 , z0 )T = f~(u0 , v0 ) ∈ G sind die partiellen Ableitungen der Vektorfunktion f~ nach ihren Variablen u und v. Damit lautet die Gleichung der Tangentialebene T (u0 , v0 ) : ~r(α, β) = f~(u0 , v0 ) + αf~,u (u0 , v0 ) + β f~,v (u0 , v0 ) = f~(u0 , v0 ) + fx, u (u0 , α fy, u (u0 , v0 ) fx, v (u0 , v0 ) f + β v0 ) y, v (u0 , v0 ) . fz, u (u0 , v0 ) fz, v (u0 , v0 ) Sie besitzt den Normalenvektor (ohne Argumente) f~,u × f~,v = fx, u f y, u fz, u × fx, v f y, v fz, v = fy, u fz, v f z, u fx, v fx, u fy, v − fz, u fy, v − fx, u fz, v , − fy, u fx, v dieser hat den Betrag q ~ 2 2 2 ~ f,u × f,v = (fy, u fz, v − fz, u fy, v ) + (fz, u fx, v − fx, u fz, v ) + (fx, u fy, v − fy, u fx, v ) . (b) In vielen Anwendungen wird die Fl¨ ache als Graph einer reellwertigen Funktion h in zwei 3 Oberfl¨ achenintegrale 27 Argumenten (vgl. 3.1(c)) definiert. In diesem Fall gelten: f~(u, v) = u , v h(u, v) 1 , f~,u (u, v) = 0 h,u (u, v) f~,u × f~,v = −h,u (u, −h (u, ,v 1 v) v) , 0 , f~,v (u, v) = 1 h,v (u, v) q ~ f,u × f~,v = h2,u + h2,v + 1 . Satz 3.4 (Fl¨ acheninhalt) Der Fl¨ acheninhalt der Fl¨ ache f~ : D → G ⊆ R3 mit D ⊆ R2 wird berechnet durch Z Z ~ i(G) := dO = f,u (u, v) × f~,v (u, v) dA G D Beweisskizze: Das zu einem Parameter-Rechteck ∆A = ∆u∆v geh¨orende Fl¨achenst¨ uck ist bei kleinen Seitenl¨ angen n¨ aherungsweise ~ acheninhalt f,v ∆v. Dieses hat den Fl¨ ergibt die Gesamtfl¨ ache. Beispiel 3.5 ein Parallelogramm mit den Seitenl¨ angen f~,u ∆u und ~ achenst¨ ucke f,u × f~,v ∆A. Aufsummieren all dieser Fl¨ ⋄ (a) Obere Halbkugel nach 3.2(a) u v h,u = − √ , h,v = − √ , 2 2 2 2 R −u −v R − u2 − v 2 r q u2 + v 2 + R2 − u2 − v 2 R ~ 2 2 ~ =√ f,u × f,v = h,u + h,v + 1 = 2 2 2 2 R −u −v R − u2 − v 2 Z Z R √ i(H) = dO = dA 2 R − u2 − v 2 H D Z +R Z +a √ 1 √ dv du (mit a = R2 − u2 ) = R a2 − v 2 −R −a Z +R Z +R Z +R v +a π −π = R arcsin du = R − du = R π du = 2πR2 a 2 2 −R −R −a −R (b) Kugeloberfl¨ ache nach 3.2(c) (mit u = ϕ, v = ϑ): f~,ϕ = fx, ϕ f y, ϕ fz, ϕ = R − sin(ϕ) cos(ϑ) − sin(ϕ) cos(ϕ) , = R cos(ϑ) cos(ϕ) cos(ϑ) 0 0 fx, ϑ − cos(ϕ) sin(ϑ) ~ f,ϑ = fy, ϑ = R − sin(ϕ) sin(ϑ) , fz, ϑ cos(ϑ) f~,ϕ × f~,ϑ cos(ϕ) cos(ϑ) = R2 cos(ϑ) sin(ϕ) cos(ϑ) 2 2 sin (ϕ) sin(ϑ) + cos (ϕ) sin(ϑ) cos(ϕ) cos(ϑ) 2 = R cos(ϑ) sin(ϕ) cos(ϑ) , sin(ϑ) q ~ f,ϕ × f~,ϑ = R2 cos(ϑ) cos2 (ϑ)(cos2 (ϕ) + sin2 (ϕ)) + sin2 (ϑ) = R2 cos(ϑ) . 28 I Analysis Mit diesen Vorbereitungen wird der Fl¨ acheninhalt berechnet: Z Z 2π Z π/2 Z 2 dO = R cos(ϑ) dA = R2 cos(ϑ) dϑ dϕ i(K) = K = R D Z 2 2π dϕ 0 Z − π/2 0 π/2 π/2 cos(ϑ) dϑ = 2πR sin(ϑ) π 2 − π/2 = 4πR2 − /2 (c) Torusoberfl¨ ache nach 3.2(d) (mit u = ϕ ,v = ϑ): fx, ϑ f y, ϑ fx, ϕ − sin(ϕ)(R + r cos(ϑ)) − sin(ϕ) = cos(ϕ)(R + r cos(ϑ)) = (R + r cos(ϑ)) cos(ϕ) , f~,ϕ = f y, ϕ fz, ϕ 0 0 f~,ϑ = = fz, ϑ −r cos(ϕ) sin(ϑ) − cos(ϕ) sin(ϑ) − sin(ϕ) sin(ϑ) = r −r sin(ϕ) sin(ϑ) r cos(ϑ) cos(ϑ) Ein Vergleich mit (b) liefert sofort f~,ϕ × f~,ϑ = r(R + r cos(ϑ)) cos(ϑ) cos(ϕ) cos(ϑ) sin(ϕ) sin(ϑ) ~ f,ϕ × f~,ϑ = r(R + r cos(ϑ)) . und Mit diesen Vorbereitungen wird der Fl¨ acheninhalt berechnet: Z Z Z 2π Z 2π i(T ) = dO = r(R + r cos(ϑ)) dA = rR + r 2 cos(ϑ) dϑ dϕ T 2π = Z 0 2 D Z 2π rR dϑ dϕ + r 0 2 0 = 4π rR 3.B 0 Z 2π dϕ Z 2π 0 0 2π cos(ϑ) dϑ = 4π rR + r 2π sin(ϑ) 2 2 0 Fl¨ achenintegral erster und zweiter Art Satz 3.6 (Fl¨ achenintegral erster Art) Ist f~ : D → G ⊆ R3 mit D ⊆ R2 eine Fl¨ ache, auf der eine Funktion g : G → R definiert ist, so berechnet Z Z g(x, y, z) dO = g(f~(u, v)) f~,u (u, v) × f~,v (u, v) dA G D Beweisskizze: Wie bei der Herleitung des Fl¨acheninhalts betrachten wir kleine Parameter Rechtecke ∆A = ∆u∆v. Zu diesen geh¨ oren Fl¨ achenst¨ ucke der Gr¨ oße ∆O = f~,u × f~,v ∆A, die mit dem Funktionswert g(x, y, z) = g(f (u, v)) multipliziert und aufaddiert werden: Z X X ~ ~ (g(x, y, z)) dO = lim g(x, y, z)∆O = lim g(f (u, v)) f,u × f,v ∆u∆v ∆O→0 F = Z D ∆u→0 ∆v→0 g(f~(u, v)) f~,u (u, v) × f~,v (u, v) dA ⋄ Beispiel 3.7 Beschreibt g : K → R die elektrische Ladungsdichte (Ladung pro Fl¨ acheneinheit) auf der Kugeloberfl¨ ache, so gibt Z L= g(x, y, z) dO K die gesamte Ladung an der Kugeloberfl¨ ache an. Wichtiger f¨ ur Anwendungen in der Technik ist das Fl¨ achenintegral zweiter Art. Zur Motivation betrachten wir eine station¨ are Str¨ omung mit dem Geschwindigkeitsfeld ~v (~r ). Wie viel Fl¨ ussigkeit fließt pro Zeiteinheit durch eine Fl¨ ache G? 3 Oberfl¨ achenintegrale 29 ~ F¨ Wir betrachten ein Fl¨ achenst¨ uck ∆O. ur die Durchflussmenge ist der Winkel zwischen der ~ die nach außen Str¨ omungsrichtung und der Fl¨ achennormalen entscheidend. Bezeichnen wir mit ∆O ~ ~ orientierte Fl¨ achennormale, so gibt das Skalarprodukt ~v (~r ) · ∆O die durch das Fl¨ achenst¨ uck ∆O geflossene Fl¨ ussigkeitsmenge an. ¨ Diese Uberlegungen f¨ uhren zu einer Definitionen eines Integrals eines Vektorfeldes (vgl. 2.2) : Satz 3.8 (Fl¨ achenintegral zweiter Art, Fluss eines Vektorfelds) Ist f~ : D → G ⊆ R3 mit ~ : G− > R3 definiert ist und ist der Fl¨ D ⊆ R2 eine Fl¨ ache auf der ein Vektorfeld V achennormaleneinheitsvektor f~,u (u, v) × f~,v (u, v) n ˆ (x, y, z) = n ˆ (f~(u, v)) = ~ f,u (u, v) × f~,v (u, v) stets nach außen orientiert, so berechnet Z Z ~ ~ ~ (x, y, z) n V (x, y, z) dO = V ˆ (x, y, z) dO G G Z ~ (f~(u, v)) n = V ˆ (f~(u, v)) f~,u (u, v) × f~,v (u, v) dA ZD ~ (f~(u, v)) (f~,u (u, v) × f~,v (u, v)) dA = V ZD h i ~ (f~(u, v)), f~,u (u, v), f~,v (u, v) dA V = D ~ durch die Fl¨ den Fluss des Vektorfelds V ache G. Die eckige Klammer im letzten Ausdruck bezeichnet das Spatprodukt. Abb. 3.5: Vektorfeld auf einer Oberfl¨ache 3.C Fluss, Divergenz, Quellen und Senken Beispiel 3.9 (Fluss durch die Oberfl¨ ache A = δK eines Kontrollk¨ orpers K) (a) Ist ~v (~r ) das Geschwindigkeitsfeld einer Str¨ omung, so ist der Fluss durch die geschlossene Oberfl¨ ache F null: Aus dem Kontrollk¨ orper kann nur das heraus fließen, was hinein fließt. ~ r ) das elektrische Feld einer positiven Punktladung im Mittelpunkt des kugelf¨ (b) Ist E(~ ormigen ~ Kontrollk¨ orpers, so sind an jeder Stelle der Feldvektor E(~r ) und der Fl¨ achennormalenvektor ~ r )·n parallel und gleich orientiert, das Skalarprodukt E(~ ˆ (~r ) also positiv. Damit ist auch der gesamte Fluss positiv. Ist der Fluss durch die Oberfl¨ ache eines Kontrollk¨ orpers positiv bzw. negativ, so muss das Vektorfeld eine Quelle bzw. Senke in diesem Kontrollk¨ orper haben. Die Punkte, an denen sich Quellen oder Senken befinden, k¨ onnen durch Verkleinern der Kontrollk¨ orper bestimmt werden: 30 I Analysis ~ : R3 → R3 ein VekDefinition 3.10 (Ergiebigkeit, Divergenz, Quellen und Senken) Ist V torfeld, so definieren wir seine Divergenz ( Ergiebigkeit) im Punkt ~r durch Z 1 ~ (x, y, z) dO ~. ~ V div V (~r ) := lim i(K)→0 i(K) δK ~ r∈K Hierbei ist K stets ein K¨ orper mit dem Volumen i(K) und der Oberfl¨ ache δK, der den Punkt ~r enth¨ alt. ~ (~r ) > 0, so nennt man den Punkt ~r eine Quelle, im Falle div V ~ (~r ) < 0 eine Senke. Ist div V ~ : R3 → R3 ein in ~r = (x, y, z)T Satz 3.11 (Divergenz in kartesischen Koordinaten) Ist V stetig differenzierbares Vektorfeld, so gilt ~ (~r ) = Vx, x (~r ) + Vy, y (~r ) + Vz, z (~r ) (= Sp(V ~ ′ (~r ))) . div V Beweisskizze: Wir betrachten den von den Punkten ~r, ~r + ∆xˆex , ~r + ∆yˆey , ~r + ∆zˆez aufgespannten Quader des Volumens i(K) = ∆x∆y∆z und berechnen den Fluss des Vektorfelds durch diesen K¨ orper. (Die Skizze enth¨ alt nur die Fl¨ achennormalenvektoren der sichtbaren Oberfl¨ achen.) Z ~ (x, y, z) dO ~ V δK 6 Z X ~ (x, y, z)ˆ = V n(x, y, z) dO i=1 Oi ~ (x, y, z) eˆx ∆y∆z ~ (x + ∆x, y, z) − V ≈ V ~ (x, y + ∆y, z) − V ~ (x, y, z) eˆy ∆x∆z + V ~ (x, y, z + ∆z) − V ~ (x, y, z) eˆz ∆x∆y + V (Vx (x + ∆x, y, z) − Vx (x, y, z)) ∆y∆z = + (Vy (x, y + ∆y, z) − Vy (x, y, z)) ∆x∆z + (Vz (x, y, z + ∆z) − Vz (x, y, z)) ∆x∆y Damit folgt: Z 1 ~ (x, y, z) dO ~ lim V i(K)→0 i(K) δK Vy (x, y + ∆y, z) − V (x, y, z) Vx (x + ∆x, y, z) − V (x, y, z) = lim + lim ∆x→0 ∆y→0 ∆x ∆y Vz (x, y, z + ∆z) − V (x, y, z) + lim ∆z→0 ∆z = Vx, x (x, y, z) + Vy, y (x, y, z) + Vz, z (x, y, z) . ~ (~r ) = div V 3.D ⋄ Integralsatz von Gauß ~ : R3 → R3 gilt Satz 3.12 (Integralsatz von Gauß) F¨ ur ein stetig differenzierbares Vektorfeld V Z Z ~ (~r ) dV = ~ (~r ) dO ~. div V V K δK Beweisskizze: Zur n¨aherungsweisen Berechnung des linken Integrals zerlegen wir den K¨orper K in kleine Teilk¨ orper Ki und erhalten Z X X ~ (~r ) dV ≈ ~ (~r ) = div V i(Ki ) div V i(Ki ) K i = XZ i ~ (~r ) dO ~ = V δKi Z i δK 1 i(Ki ) ~ (~r) dO ~, V Z δKi ~ (~r ) dO ~ V 3 Oberfl¨ achenintegrale 31 denn die Beitr¨ age der Integrale an den inneren Oberfl¨ achen der Teilk¨ orper heben sich wegen der unterschiedlichen Orientierung der Fl¨ achennormalen gegenseitig auf. ⋄ Anschaulich bedeutet der Integralsatz von Gauß, dass der Fluss durch die Oberfl¨ ache eines Kontrollk¨ orpers gleich der Summe der Ergiebigkeiten aller Quellen und Senken ist. Satz 3.13 (Integralsatz von Gauß fu ur ein stetig differenzierbares Ska¨ r skalare Felder) F¨ larfeld ϕ : R3 → R gilt Z Z −−→ ~. grad ϕ(~r ) dV = ϕ(~r ) dO K δK Beweis: Zun¨achst berechnen wir f¨ur einen konstanten Vektor ~a ∈ R3 : ax ϕ(~r ) −−→ div(~aϕ(~r )) = div r ) + ay ϕ,y (~r ) + az ϕ,z (~r ) = ~a grad ϕ(~r ) . r) ay ϕ(~ = ax ϕ,x (~ az ϕ(~r ) Dieses Ergebnis setzen wir in den Gaußschen Integralsatz ein: Z Z Z Z −−→ ~ div (~aϕ(~r )) dV = ~aϕ(~r ) dO = ~a ~a grad ϕ(~r ) dV = K K δK ~ ϕ(~r ) dO δK Hieraus folgt f¨ ur jeden Vektor ~a ∈ R3 Z Z −−→ ~ = 0, ~a grad ϕ(~r ) dV − ϕ(~r ) dO K δK der Klammerausdruck steht also senkrecht auf jedem Vektor und ist damit der Nullvektor. ⋄ Beispiel 3.14 (Auftrieb in einer Flu us¨ ssigkeit) Wir legen ein Koordinatensystem in die Fl¨ sigkeit derart, dass die z-Achse vertikal nach oben gerichtet ist. Der Wasserspiegel habe die H¨ ohe h. F¨ ur den Druck bei Luftdruck p0 gilt mit der Dichte ρ der Fl¨ ussigkeit p0 z≥h p(x, y, z) = , p + ρg(h − z) z≤h 0 damit folgt f¨ ur seinen Gradienten und 0 −−→ grad p(x, y, z) = ez 0 = −ρgˆ −ρg −−→ grad p(x, y, z) = ~0 f¨ ur z ≤ h f¨ ur z ≥ h . Der Auftrieb A eines schwimmenden K¨ orpers K, dessen Teil K ′ eingetaucht ist, wird berechnet durch das Integral des Drucks auf seine Oberfl¨ ache: Z Z Z Z −−→ −−→ ~ = − A = − p(~r ) dO grad p(~r ) dV = − grad p(~r ) dV = ρgˆ ez dV ′ ′ δK K K K Z = eˆz g ρ dV = m(K ′ )gˆ ez K′ Dies ist das Archimedische5 Auftriebsgesetz: Die nach oben gerichtete Auftriebskraft eines K¨ orpers ist betragsm¨ aßig gleich dem Gewicht der verdr¨ angten Fl¨ ussigkeit. 3.E Divergenz, Rotation, Gradient wichtiger Felder Wir erg¨anzen die Regeln 2.10, die wir hier nochmals notieren: Regel 3.15 (Regeln fu ¨ r Gradient, Divergenz und Rotation) f : R3 → R und ~u, ~v : R3 → R3 seien zweimal stetig differenzierbar. 5 Archimedes von Syrakus, gr. Mathematiker, Physiker und Ingenieur, ca. 287 - 212 v. Chr. 32 I Analysis − → −−→ (a) rot grad f = ~0 2.10(a) Gradientenfelder sind wirbelfrei. Die Umkehrung gilt nach 2.20 auf einfach zusammenh¨ angenden Gebieten. f,x −−→ div grad f = div f,y = f,xx + f,yy + f,zz f,z Dies ist der Laplace-Operator6 . vx,xx + vy,yx + vz,zx −−→ −−→ (b) grad div ~v = grad (vx,x + vy,y + vz,z ) = vx,xy + vy,yy + vz,zy vx,xz + vy,yz + vz,zz F¨ ur ein zweimal stetig differenzierbares Vektorfeld ~v gilt vz,y − vy,z − → div rot ~v = div v x,z − vz,x = vz,yx − vy,zx + vx,zy − vz,xy + vy,xz − vx,yz = 0 . vy,x − vx,y Wirbelfelder sind damit quellenfrei. Die Umkehrung auf einfach zusammenh¨ angenden Gebieten gilt ebenfalls, wir werden sie hier aber nicht nachweisen. v − vy,z − → −→ −→ z,y rot rot ~v = rot v x,z − vz,x = vy,x − vx,y vy,xy − vx,yy − vx,zz + vz,xz v z,yz − vy,zz − vy,xx + vx,yx vx,zx − vz,xx − vz,yy + vy,zy −−→ div grad vx vx,xx + vy,yx + vz,zx − vx,xx − vx,yy − vx,zz −−→ −→ = vx,xy + vy,yy + vz,zy − vy,xx − vy,yy − vy,zz = grad div ~v − div − grad vy −−→ vx,xz + vy,yz + vz,zz − vz,xx − vz,yy − vz,zz div grad vz (c) div(~u + ~v ) = div ~u + div ~v D E −−→ div(f~v ) = grad f, ~v + f div ~v −→ − → div(~u × ~v ) = rot ~u, ~v − ~u, rot ~v − → −→ − → (d) rot(~u + ~v ) = rot ~u + rot ~v −−→ − → −→ rot(f~v ) = (grad f ) × ~v + f rot ~v − → rot(~u × ~v ) = ? F¨ ur (c) und (d) reicht es vorauszusetzen, dass f , ~u, ~v einmal stetig differenzierbar sind. (c) und (d) werden durch Ausrechnen der linken und rechten Seite nachgewiesen. Dies f¨ uhren wir hier nicht durch. Satz 3.16 (Divergenz und Rotation wichtiger Felder) ~ r ) = ~r auf R3 : tor ~c ∈ R3 und die identische Funktion id(~ − → 2.11 (a) div ~c = 0 und rot ~c = ~0 . div ~r = div x y =1+1+1=3 z − → 2.11 rot ~r = ~0 . und −−→ 2.11 (b) grad (h~c, ~r i) = ~c T 3.15(c) −→ − → (c) div(~c × ~r ) = ~r, rot ~c − ~c, rot ~r Wir betrachten einen konstanten Vek- 3.16(a) = ~0 2.11 − → rot(~c × ~r ) = 2~c 6 Pierre-Simon (Marquis de) Laplace, franz. Mathematiker, Astronom, 1749 (Normandie) - 1827 (Paris) 3 Oberfl¨ achenintegrale 33 (d) Mit 2.11(a) folgt div (k~rkn~r) 3.15(c) = 3.16(a) = −−→ grad (k~rkn )~r + k~rkn div ~r 2.11(a) = nk~rkn−2 h~r, ~r i + k~rkn div ~r nk~rkn−2 k~rk2 + 3 · k~rkn = (3 + n)k~rkn Beispiel 3.17 Wir greifen die Beispiele 2.12, 2.13 und 2.14 auf und berechnen deren Divergenz: 1 r≤R ~ r ) = ~rρ (a) F¨ ur das elektrische Feld E(~ nach 2.12 folgt mit 3.16(a),(d) 3ε0 R3 r ≥ R 3 r 1 r≤R ~ r) = ρ div E(~ . ε0 0 r≥R Das Feld ist wirbelfrei, seine Quellen liegen innerhalb der geladenen Kugel. (b) F¨ ur das Magnetfeld −y ~i × ~r 1 i ~ = H(~r ) = x 2π x2 + y 2 2πkˆi × ~rk2 0 f¨ ur (x, y) 6= (0, 0). ˆ ez × ~rk = nach p 2.13 berechnen wir Divergenz und Rotation und beachten hierbei ki × ~rk = kˆ (x2 + y 2 ): 1 −−→ 1 1 3.15(c) ~ ~ ~ div H(~r ) = grad div(i × ~r ) (i × ~r ) + 2π kˆi × ~rk2 kˆi × ~rk2 1 1 −−→ 1 3.16(c) ~i × ~r ) + ~0 ( = grad 2π x2 + y 2 kˆi × ~rk2 2x 1 −1 2.11(a) 2y (ˆ = r ) i×~ 2 2 2 2π (x + y ) 0 x 0 x 1 −2 [25, 11.15] y 0 y = 0 = 2 2π (x2 + y 2 ) 0 i z Das Magnetfeld ist quellenfrei. (c) Das Geschwindigkeitsfeld eines Punkts ~r eines starren K¨ orpers mit der Winkelgeschwindigkeit ω ~ ist nach 2.14 ~v (~r ) = ω ~ × ~r . Wir berechnen die Divergenz nach 3.16(c): div ~v (~r ) = div(~ ω × ~r ) = 0 . Das Geschwindigkeitsfeld ist damit quellenfrei und nach 2.21(c) kein Gradientenfeld. In 3.15(b) wurde ohne Beweis erw¨ ahnt, dass quellenfreie Felder Wirbelfelder sind. Dies m¨ ochte ich hier durch das Beispiel des Geschwindigkeitsfelds belegen, das ein Wirbelfeld ist: 3.16(d) −−→ −→ − → 2.11(c),(b) rot(h~ ω , ~r i ~r ) = grad h~ ω , ~r i × ~r + h~ ω , ~r i rot ~r = ω × ~r + ~0 = ω ~ ~ × ~r ⋄ 3.F Der Nabla-Operator und der Laplace-Operator Vor allem in der Physik einigen Bereichen der Ingenieurwissenschaften haben sich andere Bezeichnungen f¨ ur die Gradient, Rotation und Divergenz etabliert. Im Vordergrund steht der Nabla-Operator, mit dem man die Formalen angelehnt an die Vektorrechnung aufschreibt. ∂ ∂ ∂ Definition 3.18 (Nabla-Operator) ∇ := , , = (,x , ,y , ,z ) ∂x ∂y ∂z Mit Hilfe dieses Operators k¨ onnen die Definitionen umgeschrieben werden: 34 I Analysis Bemerkung 3.19 (Gradient, Divergenz, Rotation) F¨ ur f : R3 →R und ~g : R3 →R3 gelten: ∂f ∂f ∂f −−→ , , = grad f (a) ∇f = ∂x ∂y ∂z ∂ ∂x gx ∂ i = ∂y · g y ∂ gz ∂z ∂ gx ∂x ∂ = ∂y × gy ∂ gz ∂z (b) h ∇, ~g (c) ∇ × ~g ∂gx ∂gy ∂gz + + = div ~g ∂x ∂y ∂z = = ∂g z ∂y ∂gx ∂z ∂gy ∂x − − − ∂gy ∂z ∂gz ∂x ∂gx ∂y − → = rot ~g Ein weiterer oft benutzter Operator ist der Definition 3.20 (Laplace-Operator) ∆ = ∇2 = h∇, ∇ i = ∂2 ∂2 ∂2 + + = ,xx + ,yy + ,zz ∂x∂x ∂y∂y ∂z∂z Auch die Formeln k¨ onnen umgeschrieben werden und erinnern in der Nabla-Formulierung an ¨ Formeln aus der Vektorrechnung. Das einfache Ubertragen der Formeln der Vektorrechnung auf den Nabla-Operator ist aber nicht erlaubt, denn der Nabla-Operator ist ein Differenzialoperator und kein Vektor! Bemerkung 3.21 F¨ ur f, f1 , f2 : R3 →R und ~g , ~g1 , ~g2 : R3 →R3 gelten, wenn die Funktionen entsprechend differenzierbar sind: (a) ∇(f1 + f2 ) = ∇f1 + ∇f2 (b) h∇, ~g1 + ~g2 i 3.15(c) = 3.15(d) (c) ∇ × (~g1 + ~g2 ) = h∇, ~g1 i + h∇, ~g2 i ∇ × ~g1 + ∇ × ~g2 (d) ∇(f1 · f2 ) = f1 (∇f2 ) + (∇f1 )f2 (e) ∇(f · ~g ) 2.10(b) (f) h∇, ~g1 × ~g2 i (g) ∆f 3.15(a) = (h) ∇ × ∇ 3.15(c) = h∇ × ~g1 , ~g2 i − h~g1 , ∇ × ~g2 i f,xx + f,yy + f,zz − ,yz ,xz − ,zx ,yx − ,xy 2.10(a) (i) ∇ h∇, ~g i (∇f ) × ~g + f ∇~g = = ,zy g 3.15(b) x,xx = gx,xy + gy,yx + gz,zx + gy,yy + gz,zy gx,xz + gy,yz + gz,zz (j) [∇, ∇, ~g ] = h∇, ∇ × ~g i (k) ∇ × (∇ × ~g ) (l) ∇ × (f~g) (= ~0, wenn ~g zweimal stetig differenzierbar ist.) 3.15(b) = 3.15(d) = 3.15(b) = gx,zy − gx,yz + gy,xz − gy,zx + gz,yx − gz,xy (= 0, wenn ~g zweimal stetig differenzierbar ist.) ∇ h∇, ~g i − h∇, ∇gx i ∇gy i h∇, ∇gz i h∇, (∇f ) × ~g + f ∇ × ~g Abschließend vergleiche ich die geometrischen Definitionen der Divergenz, der Rotation und des Gradienten. Sie k¨ onnen als Grenzwerte in unterschiedlichen Dimensionen angesehen werden: Bemerkung 3.22 F¨ ur ein Vektorfelds mit den jeweils ben¨ otigten Differenzierungsbedingungen gilt: 3 Oberfl¨ achenintegrale 1 i(V )→0 i(V ) ~ := lim (a) div F Z 1 −→ ~ (b) (rot F )x := lim i(A)→0 i(A) A⊥ˆ ex −−→ (c) grad ϕ(~r0 ) := 35 ~ F~ dO mit der Folgerung ∂V Z Z ~ = F~ dO ∂V F~ d~s , . . . mit der Folgerung ∂V ϕ(~r) − ϕ(~r0 ) lim |~r − ~r0 | |~ r −~ r0 |→0 mit der Folgerung Z Z F~ d~s = ∂A ~ r ~ r0 Z ~ dV . div F V Z A − → ~. rot F~ dA −−→ grad ϕ d~s = ϕ(~r) − ϕ(~r0 ) . Die Punkte ~r0 und ~r bilden den Rand der Kurve, u ¨ ber die die Kraft integriert wird. 36 I Analysis § 4 Komplexe Fortsetzung von Funktionen und konforme Abbildungen Wir wollen den Definitionsbereich von bekannten Funktionen auf die komplexen Zahlen ausdehnen. Ihre Zuordnungsvorschrift soll so ge¨ andert werden, dass sie auch komplexen Zahlen einen Wert zuordnet, aber f¨ ur reelle Zahlen die bisherigen Werte liefert. 4.A Polynome und Potenzreihen Definition 4.1 (Fortsetzung von Polynomen) Das reelle Polynom p(x) = n X i=0 ai xi (ai ∈ R) ordnet jeder reellen Zahl x eine reelle Zahl p(x) zu. Diese Zuordnungsvorschrift kann auf die komplexen Zahlen ausgedehnt werden: p: C → z C n P 7 → p(z) = ai z i i=0 . Komplexe Polynome sind u ¨berall definiert (Dp = C) und, da jedes komplexe Polynom eine Wurzel besitzt, sind sie surjektiv (Wp = C). Polynome besitzen endliche viele Summanden, Potenzreihen unendlich viele. Sie bieten daher eine Zuordnungsvorschrift, die im Komplexen als Grenzwert der endlichen, und damit bereits berechenbaren Summen gedeutet werden kann. Ohne Beweis formulieren wir: Definition 4.2 (Fortsetzung von Potenzreihen) Eine reelle Funktion f (x), die um eine Stel∞ P ai (x − x0 )i des Konvergenzradius r besitzt, kann durch die le x0 ∈ R eine Potenzreihe f (x) = i=0 Zuordnung p: C → z C ∞ P 7 → f (z) = ai (z − x0 )i i=0 auf {z ∈ C | |z − x0 | < r} fortgesetzt werden. Wir werden diesen Satz auf die Exponentialfunktion anwenden und listen aber zun¨ achst die wichtigsten Potenzreihen: Satz 4.3 (Potenzreihen wichtiger komplexer Funktionen ) (a) ez = ∞ X zi (r = ∞) i! i=0 (b) cosh(z) = ∞ X i=0 i gerade ∞ X (c) sinh(z) = i=0 ∞ X zi z 2i = i! (2i)! i ungerade (d) cos(z) = (e) sin(z) = ∞ X zi z 2i+1 = i! (2i + 1)! ∞ X (−1)i · z 2i i=0 (2i)! (2i + 1)! (nur ungerade Exponenten, r = ∞) i=0 ∞ X = ∞ X (−1)i · z 2i+1 i=0 (nur gerade Exponenten, r = ∞ ) i=0 i=0 i (−1) /2 z i i! (nur gerade Exponenten, r = ∞) i gerade = ∞ X i=0 i ungerade (−1) (i − 1)/2 i z i! (nur ungerade Exponenten, r = ∞) 4 Komplexe Fortsetzung von Funktionen und konforme Abbildungen 37 Folgerungen 4.4 ∞ ∞ ∞ X X X zi z 2i z 2i+1 = + = cosh(z) + sinh(z) (a) ez = i! (2i)! (2i + 1)! i=0 i=0 i=0 (b) cos und cosh sind gerade, sin und sinh ungerade Funktionen. ∞ ∞ 2i ∞ X X X (jz)2i j · z 2i (−1)i · z 2i (c) cosh(j z) = = = = cos(z) (2i)! (2i)! (2i)! i=0 i=0 i=0 ∞ ∞ 2i ∞ X X X (j z)2i+1 j · z 2i+1 (−1)i · z 2i+1 (d) sinh(j z) = = j = j = j sin(z) (2i + 1)! (2i + 1)! (2i + 1)! i=0 i=0 i=0 Ersetzen wir z durch jz und nutzen die Symmetrie der hyperbolischen Funktionen (cosh ist gerade, sinh ungerade) aus, so erhalten wir (e) cos(j z) = cosh(j2 z) = cosh(−z) = cosh(z) (f ) sin(j z) = − j sinh(j2 z) = − j sinh(−z) = j sinh(z) 4.B ( j−1 = − j) Eulersche Formel Mit den komplexen Erweiterungen der trigonometrischen und hyperbolischen Funktionen ist der Zusammenhang zwischen diesen Funktionen in den Aussagen (c)-(f) gekl¨ art. Dieser kann auf einen Zusammenhang zwischen der Exponentialfunktion und den trigonometrischen Funktionen ausgedehnt werden. Wichtig ist der folgende Satz vor allem f¨ ur reelle Argumente in der Exponentialform einer komplexen Zahl. ur z ∈ C gilt Satz 4.5 (Euler7 ) F¨ ejz = cos(z) + j sin(z) . Beweis: Nach 4.4(a), (c) und (d) folgen ejz = cosh(j z) + sinh(j z) = cos(z) + j sin(z) . Definition 4.6 (Exponentialform einer komplexen Zahl) F¨ ur z ∈ C gilt r = |z| und α = arc(z) . z = r eα j ⋄ mit Damit ist offensichtlich, dass die komplexe Exponentialfunktion nicht mehr injektiv ist. Wegen ez = ez+2kπ j (k ∈ Z) hat sie eine imagin¨ are Periode von 2π . Diese Darstellung erlaubt, viele bekannte Regeln auf einfache Art zu verifizieren. Benutzt wird lediglich die Formel eu+v = eu · ev , die aus der Definition der Exponentialfunktion u ¨ ber die Potenzreihe folgt, aber hier nicht hergeleitet wird. Bemerkung 4.7 (a) Additionss¨ atze f¨ ur trigonometrische Funktionen: = cos(α + β) + j sin(α + β) = ej(α+β) = ejα · ejβ (cos (α) + j sin (α)) · (cos(β) + j sin(β)) = cos(α) cos(β) − sin(α) sin(β) + j(cos(α) sin(β) + sin(α) cos(β)) Ein Vergleich von Realteil und Imagin¨ arteil liefert jetzt die gesuchten Formeln. (b) Regel von de Moivre8 : (cos(α) + j sin(α))n = (ej α )n = ej nα = cos(nα) + j sin(nα) F¨ ur n = 3 bedeutet dies zum Beispiel: cos(3α) + j sin(3α) = (cos(α) + j sin(α))3 = cos3 (α) + 3 sin(α) cos2 (α) j −3 sin2 (α) cos(α) − sin3 (α) j = (cos3 (α) − 3 sin2 (α) cos(α)) + j(3 sin(α) cos2 (α) − sin3 (α)) woraus durch Vergleich der Real- und Imagin¨ arteile cos(3α) = cos3 (α) − 3 sin2 (α) cos(α) folgen. 7 8 und sin(3α) = 3 sin(α) cos2 (α) − sin3 (α) Leonhard Euler, schweizer Mathematiker(Berlin, St. Petersburg), 1707 (Basel) - 1783 (St. Petersburg) Abraham de Moivre, franz. Mathematiker, 1667 (Vitry-le-Fran¸ccois) - 1754 (London) 38 I Analysis (c) Die Formel z = |z| earc(z) j = eln(|z|) earc(z) j = eln(|z|)+j arc(z) erlaubt, den komplexen Logarithmus zu definieren. Der Hauptwert ist Ln(z) := ln(|z|) + j arc(z) , weitere Logarithmen“ sind ln(|z|) + j(arc(z) + 2kπ) , (k ∈ Z) . ” Ln ist die Umkehrfunktion der komplexen Exponentialfunktion auf ihrem injektiven Bereich R × [0, 2π). ⋄ Diese Ergebnisse erlauben zusammen mit den Additionss¨ atzen die Zerlegung der trigonometrischen und hyperbolischen Funktionen in Real- und Imagin¨ arteil: Satz 4.8 (Real- und Imagin¨ arteil der Kreis- und Hyperbelfunktionen) (a) cos(a + j b) = cos(a) cos(j b) − sin(a) sin(j b) = cos(a) cosh(b) − j sin(a) sinh(b) (b) sin(a + j b) = sin(a) cos(j b) + cos(a) sin(j b) = sin(a) cosh(b) + j cos(a) sinh(b) (c) cosh(a + j b) = cosh(a) cosh(j b) + sinh(a) sinh(j b) = cosh(a) cos(b) + j sinh(a) sin(b) (d) sinh(a + j b) = sinh(a) cosh(j b) + cosh(a) sinh(j b) = sinh(a) cos(b) + j cosh(a) sin(b) F¨ ur die weitere Untersuchung komplexer Funktionen untersuchen wir ihre Ableitungen. Da C ein K¨ orper ist, kann die Definition der Ableitung reeller Funktion Wort f¨ ur Wort u ¨ bernommen werden: 4.C Konforme Abbildung Definition 4.9 f : G → C mit G ⊆ C sei eine komplexwertige Funktion. (a) Die komplexe Ableitung von f ist f (z + h) − f (z) . h (b) f heißt konforme Abbildung, wenn Sie in jedem Punkt mit von null verschiedener Ableitung die Winkel erh¨ alt. f ′ (z) := lim h→0 ¨ Es ist das Ziel dieses Unterparagrafen, die Aquivalenz dieser beiden Eigenschaften zu zeigen. Bemerkung 4.10 (a) Wie im Reellen berechnet man die Ableitung eines Polynoms: F¨ ur f (z) = n X ai z i gilt i=0 f ′ (z) = n X i=0 i · ai z i−1 . (b) Ebenso werden Potenzreihen innerhalb ihres Konvergenzbereichs differenziert: !′ ∞ ∞ X X ai (z − z0 )i = i · ai (z − z0 )i−1 . i=0 i=1 (c) Hieraus folgen durch Vergleich der Potenzreihen und ihrer Ableitung wie im Reellen: ez ′ = ez sin′ (z) = cos(z) und cos′ (z) = − sin(z) ′ sinh (z) = cosh(z) und cosh′ (z) = sinh(z) . Die Gaußebene der komplexe Zahlen C und die reelle Ebene R2 sind geometrisch identisch. Eine Funktion f : C → C kann mit ihrem Realteil und Imagin¨ arteil als Funktion der reellen Ebene in sich betrachtet werden und umgekehrt: 4 Komplexe Fortsetzung von Funktionen und konforme Abbildungen 39 Definition 4.11 (Komplexe und zweidimensionale bivariate reelle Funktionen) (a) Ist f : C → C z 7→ f (z) = f1 (z) + j f2 (z) R2 fR : x y R2 f1 (x + j y) 7 → f2 (x + j y) → eine Funktion der reellen Ebene in sich. (b) Umgekehrt definiert jede Funktion g : sich eine komplexe Funktion C g : eine komplexe Funktion, so ist R2 x y C → C x + j y 7→ gx (x, y) + j gy (x, y) R2 g (x, y) x 7 → gy (x, y) → der reellen Ebene in . Die Betrachtung einer komplexen Funktion als reelle, zweidimensionale Funktion erm¨ oglicht auch, die partiellen Ableitungen f1,x , f1,y , f2,x und f2,y zu betrachten. Diese erf¨ ullen die Cauchy-Riemannschen Differenzialgleichungen: Satz 4.12 (Cauchy9 , Riemann10 ) Eine komplexe Funktion f = f1 + jf2 : C → C ist genau dann komplex differenzierbar, wenn f1,x = f2,y und f1,y = −f2,x gelten. Diese Gleichungen heißen Cauchy-Riemannsche Differenzialgleichungen. Beweis: ⇒“ : Ist die Funktion f komplex differenzierbar, so h¨ angt die Berechnung der Ableitung nicht ” vom Weg f¨ ur h gegen 0 ab. Wir w¨ ahlen h zun¨ achst reell und dann rein imagin¨ ar und erhalten: f (z + h) − f (z) f ′ (z) = lim h→0 h h reell = lim h→0 h reell f1 (x + h + j y) − f1 (x + j y) + j(f2 (x + h + j y) − f2 (x + j y)) h = f1,x (x + j y) + j f2,x (x + j y) f (z + j h) − f (z) lim f ′ (z) = h→0 jh h reell = lim h→0 h reell f1 (x + j(y + h)) − f1 (x + j y) + j(f2 (x + j(y + h)) − f2 (x + j y)) jh = f2,y (x + j y) − j f1,y (x + j y) Ein Vergleich von Real- und Imagin¨ arteil liefert das Ergebnis. ⇐“ : Die Umkehrung beruht auf dem tief liegenden Satz von Morera11 , der in 6.7 bewiesen wird. ” Siehe hierzu auch [13]. ⋄ Komplex differenzierbare Funktionen sind genau diejenigen Funktionen, die Cauchy- Riemannschen Differenzialgleichungen erf¨ ullen. Es sind aber auch genau diejenigen, die eine Potenzreihe mit positivem (oder unendlichem) Konvergenzradius besitzen. Dies wird in § 6.C bewiesen. Beispiel 4.13 Wir zerlegen immer z = x + j y und f (z) = f1 (z) + j f2 (z) in Real- und Imagin¨ arteil. (a) F¨ ur f (z) := z 2 = (x + j y)2 = x2 + 2jxy − y 2 , also f1 (z) = x2 − y 2 und f2 (z) = 2xy gelten f1,x (x + j y) = 2x; f1,y (x + j y) = −2y und f2,x (x + j y) = 2y; f2,y (x + j y) = 2x . Damit ist diese Funktion komplex differenzierbar. 9 Augustin Louis Cauchy, franz. Mathematiker, 1789 (Paris)-1857 (Sceaux) Georg Friedrich Bernhard Riemann, dt. Mathematiker, 1826 (Breselenz, Elbe) - 1866 (Selasca, Lago Maggiore) 11 Giacinto Morera, it. Mathematiker, 1856 (Novara) - 1907 (Turin) 10 40 I Analysis (b) Ohne Nachweis sei erw¨ ahnt, dass alle Polynome und Potenzreihen die Cauchy-Riemannschen Differenzialgleichungen erf¨ ullen und damit komplex differenzierbar sind. (c) F¨ ur f (z) := |z|2 = (x + j y)(x − j y) = x2 + y 2 , also f1 (z) = x2 + y 2 und f2 (z) = 0 gelten f1,x (x + j y) = 2x; f1,y (x + j y) = 2y und f2,x (x + j y) = f2,y (x + j y) = 0 . ⋄ Damit ist diese Funktion nicht komplex differenzierbar. Welche geometrische Eigenschaften haben komplex differenzierbare Funktionen oder Abbildungen? Wir untersuchen dies in der reellen Fassung, also in Form der Abbildungen f : R2 → R2 und formulieren zun¨ achst den Satz 4.14 Eine komplex differenzierbare Abbildung f : R2 → R2 erh¨ alt in einem Punkt mit von Null verschiedener Ableitung Winkel (und Orientierung). Sie ist damit konform. ˆ, ˆb ∈ R2 Einheitsvektoren als Richtungsvektoren von Geraden durch Sind ~x ∈ R2 ein Punkt und a ~x, so bedeutet die Aussage des Satzes, dass der Winkel zwischen den Richtungsableitungen f,ˆa und f,ˆb gleich dem Winkel zwischen a ˆ und ˆb ist. Beweis: Mit Hilfe der Cauchy-Riemannschen Differenzialgleichungen berechnen wir: ′ ˆ= f,ˆa (x, y) = f (x, y) · a f1,x (x, y) f1,y (x, y) f2,x (x, y) f2,y (x, y) ·a ˆ= f1,x (x, y) −f2,x (x, y) f2,x (x, y) f1,x (x, y) ·a ˆ. Damit ist die Jacobische Matrix eine Drehstreckung. Diese erh¨ alt Winkel. Ihre Determinante det f ′ (x, y) = f1,x (x, y)2 + f2,x (x, y)2 ist wegen f ′ (x, y) 6= 0 positiv, also erh¨ alt f ′ die Orientierung. ⋄ Die Umkehrung dieses Satzes gilt ebenfalls. Sie kann aber mit einer schw¨ acheren Voraussetzung formuliert werden: Satz 4.15 Erh¨ alt eine differenzierbare Abbildungen f : R2 → R2 in einem Punkt rechte Winkel (und ihre Orientierung), so ist sie komplex differenzierbar mit in diesem Punkt von Null verschiedener Ableitung. Konforme Abbildungen sind damit komplex differenzierbar. a Beweis: Die orthogonalen Einheitsvektoren und b ′ f (x, y) · a f1,x (x, y) f1,y (x, y) = b f2,x (x, y) f2,y (x, y) · −b werden abgebildet auf a a f1,x (x, y)·a + f1,y (x, y)·b = b f2,x (x, y)·a + f2,y (x, y)·b und −b f1,x (x, y) f1,y (x, y) f (x, y) · = a f2,x (x, y) f2,y (x, y) ′ −b −f1,x (x, y)·b + f1,y (x, y)·a · = . a −f2,x (x, y)·b + f2,y (x, y)·a Der Winkel zwischen f,(a,b)T (x, y) und f,(b,−a)T (x, y) ist nach Voraussetzung 90◦ , also gilt: 0 = f,(a,b)T · f,(−b,a)T f (x, y)·a + f1,y (x, y)·b −f1,x (x, y)·b + f1,y (x, y)·a = 1,x · f2,x (x, y)·a + f2,y (x, y)·b −f2,x (x, y)·b + f2,y (x, y)·a = −f1,x (x, y)2 ab + f1,x (x, y)f1,y (x, y)(a2 − b2 ) + f1,y (x, y)2 ab −f2,x (x, y)2 ab + f2,x f2,y (x, y)(a2 − b2 ) + f2,y (x, y)2 ab = ab(−f1,x (x, y)2 + f1,y (x, y)2 − f2,x (x, y)2 + f2,y (x, y)2 ) +(a2 − b2 )(f1,x (x, y)f1,y (x, y) + f2,x (x, y)f2,y (x, y)) Diese Aussage gilt f¨ ur alle a und b, somit m¨ ussen beide Klammern 0 sein: 0 = −f1,x (x, y)2 + f1,y (x, y)2 − f2,x (x, y)2 + f2,y (x, y)2 0 = f1,x (x, y)f1,y (x, y) + f2,x (x, y)f2,y (x, y) . Aus Gl. 4.2 folgt f1,x (x, y) f2,x (x, y) =− f2,y (x, y) f1,y (x, y) (=: α) . (4.1) (4.2) 4 Komplexe Fortsetzung von Funktionen und konforme Abbildungen 41 Diesen Quotienten setzen wir α und erhalten, indem wir f1,x (x, y) = α · f2,y (x, y) f2,x (x, y) = −α · f1,y (x, y) und in Gl. 4.1 einsetzen (4.3) 2 2 2 2 + f1,y − α2 f1,y + f2,y 0 = −α2 f2,y 2 2 2 2 = f1,y (1 − α2 ) + f2,y (1 − α2 ) = (f1,y + f2,y ) · (1 − α2 ) . Insgesamt k¨ onnen drei F¨ alle (a) f1,y = f2,y = 0 (b) α = 1 (c) α = −1 auftreten, die getrennt untersucht werden: (a) In diesem Fall ist mit Gl. 4.3 die Jacobi-Matrix die Nullmatrix und damit auch alle Richtungsableitungen. Rechte Winkel bleiben also nicht erhalten. Er kann daher nicht auftreten. (b) Im zweiten Fall sind nach Gl. 4.3 die Cauchy-Riemannschen Differenzialgleichungen erf¨ ullt, die Behauptung also nachgewiesen. (c) Im dritten Fall ist die Determinante der Jacobi-Matrix f1,x (x, y) f1,y (x, y) f2,x (x, y) f2,y (x, y) = αf2,y (x, y) f1,y (x, y) −αf1,y (x, y) f2,y (x, y) = αf2,y (x, y)2 + αf1,y (x, y)2 2 = −(f2,y (x, y) + f1,y (x, y)2 ) < 0 Damit ist die Abbildung nicht orientierungserhaltend. Nur im zweiten Fall ist die Voraussetzung des Satzes erf¨ ullt. In diesem Fall ist die Abbildung 12 komplex differenzierbar und der Satz damit bewiesen. ⋄ Dieser Satz hat eine große Bedeutung in der Str¨ omungslehre. Mit Hilfe der winkelerhaltenden komplex differenzierbaren Abbildungen wird die tats¨ achliche Str¨ omungskonfiguration auf zum Rechnen geometrisch geeignetere Konfigurationen abgebildet. Beispiel 4.16 Die Koordinatentransformation cosh(u) cos(v) Φ(u, v) = sinh(u) sin(v) kann als Abbildung der komplexen Ebene in sich betrachtet werden. Es gilt 4.8 ΦC (z) = ΦC (u + j v) = cosh(u) cos(v) + j sinh(u) sin(v) = cosh(u + j v) = cosh(z) . Damit stehen die Gitterlinien des transformierten Koordinatensystems (u oder v konstant) senkrecht aufeinander. 12 Da der Beweis des Satzes 4.12 noch unvollst¨ andig ist, wurde bisher lediglich gezeigt, dass konforme Abbildungen die Caucha-Riemannschen Differenzialgleichungen erf¨ ullen. 42 I Analysis § 5 Der Integralsatz von Cauchy Literatur: [33, 13] In 4.12 wurden die Cauchy-Riemannschen Differenzialgleichungen f¨ ur eine komplex differenzierbar Funktion f : C → C nachgewiesen: f1,x = f2,y und f1,y = −f2,x . (5.1) Sind diese partiellen Ableitungen stetig, so sind der Laplaceoperator des Realteils und des Imagin¨ arteils stetig (5.1) und die Funktion besitzt ein Potenzial, das die Cauchy-Riemannschen Differenzialgleichungen erf¨ ullt (5.3). In diesem Paragrafen wird gezeigt, dass f¨ ur diese Aussagen die Stetigkeit der Ableitungen nicht vorausgesetzt werden muss – oder anders ausgedr¨ uckt: die partiellen Ableitungen komplex differenzierbarer Funktionen sind immer stetig. 5.A Grundlagen aus Analysis und Topologie Ich beginne mit zwei Aussagen zur Vektoranalysis komplex differenzierbarer Funktionen: Satz 5.1 Ist f (z) = f1 (z) + j f2 (z) komplex differenzierbar und sind die zweiten partiellen Ableitungen des Realteils f1 und des Imagin¨ arteils f2 (als reelle Funktionen R2 →R2 ) stetig, so ist der arteils f2 null: Laplace-Operator des Realteils f1 und des Imagin¨ −−→ −−→ 2 ∆f1 = ∇ f1 = div grad f1 = 0 und ∆f2 = ∇2 f2 = div grad f2 = 0 . Beweis: Mit den Cauchy-Riemannschen Differenzialgleichungen und dem Satz von Schwarz folgen ∆f1 = f1,xx + f1,yy ∆f2 = f2,xx + f2,yy (5.1) = f2,yx − f2,xy (5.1) [26, 7.7] = −f1,yx + f1,xy = 0, [26, 7.7] = 0. ⋄ Satz 5.2 Ist f (z) = f1 (z) + j f2 (z) komplex differenzierbar und sind die ersten partiellen Ableitungen des Realteils f1 und des Imagin¨ arteils f2 (als reelle Funktionen R2 →R2 ) stetig, so gelten f1 −→ rot −f2 = 0 0 0 −f2,x − f1,y (5.1) = ~0 f2 −→ rot f1 = 0 und 0 0 f1,x − f2,y (5.1) = ~0 . ⋄ Zusatz 5.3 Nach 2.20 gibt es Potenziale −−→ f Φ : R →R : grad Φ = 1 −f2 2 und −−→ f Ψ : R →R : grad Ψ = 2 . f1 2 F¨ ur F := Φ + j Ψ gelten Φ,x = f1 = Ψ,y und Φ,y = −f2 = −Ψ,x. Damit erf¨ ullt F die CauchyRiemannschen Differenzialgleichungen.13 ⋄ Es gilt folgende Absch¨ atzung des Betrags eines komplexen Integrals: Lemma 5.4 F¨ ur eine stetig differenzierbare Kurve K, parametrisiert durch k : [a, b] → C und eine auf k([a, b]) stetige Funktion f gilt mit der L¨ ange l(K) der Kurve K Z Z b ˙ f (z) dz ≤ |f (k(t))| · k(t) dt ≤ l(K) · max |f (z)| . z∈K K 13 a Mit Hilfe des im folgenden Paragrafen nachgewiesenen Satzes 6.7 von Morera ist F komplex differenzierbar mit F = f. ′ 5 Der Integralsatz von Cauchy 43 Z Beweis: Mit f (z) dz = r e mit r = f (z) dz folgt K K Z b Z Z b −jϕ ˙ dt ≤ ˙ r = e f (z) dz = e− j ϕ f (k(t)) · k(t) f (k(t)) · k(t) dt K a a Z b Z b ˙ ˙ ≤ |f (k(t))| · k(t) dt ≤ max |f (z)| · k(t) dt . Z jϕ z∈K a a ⋄ Das letzte Integral berechnet nach [25, 31.6, Seite 184] die L¨ ange der Kurve. Es folgen einige topologische Aussagen: Lemma 5.5 F¨ ur abgeschlossene, beschr¨ ankte und nicht-leere Mengen Qn ⊂ C mit Qn (n ∈ N) gelten: ∞ \ (a) Qn 6= ∅ Qn+1 ⊆ n=1 ∞ \ (b) Mit dem Durchmesser dn von Qn gilt lim dn = 0 → Qn = 1 . n→∞ n=1 Beweis: (a) W¨ ahle zk ∈ Qk verschieden von z1 , . . . , zk−1 . Dann ist hzk i eine beschr¨ ankte Folge, die nach dem Satz von Bolzano-Weierstraß einen H¨ aufungspunkt ξ hat. Behauptung: ∀k ∈ N : ξ ∈ Qk : Sei k fest. In der Umgebung Uδ (ξ) liegen unendlich viele Elemente der Folge, also auch welche mit Index l > k. Dann gilt zl ∈ Uδ (ξ) ∩ Ql ⊆ Uδ (ξ) ∩ Qk ⊆ Qk . Damit ist ξ H¨ aufungspunkt der abgeschlossenen Menge Qk , liegt also in dieser Menge. T (b) Sind ξ und η zwei verschiedene Punkte in ∞ n=1 Qn und dk < |ξ−η|, so folgt der Widerspruch, dass nicht beide Punkte in Qk liegen k¨ onnen. ⋄ Definition und Satz 5.6 (Kompakte Mengen) Eine Menge M ⊂ Rn heißt kompakt, wenn eine der beiden ¨ aquivalenten Aussagen gilt: (a) M ist beschr¨ ankt und abgeschlossen. (b) Ist M von offenen Mengen Oi , (i ∈ I) u ¨berdeckt Teilmenge i1 , . . . , in ⊆ I mit M ⊆ n [ M⊆ [ i∈I Oi ! , so gibt es eine endliche Oij . j=1 ¨ Beweis der Aquivalenz: a) → b): Da in jeder Umgebung eines Punkts auch ein Punkt mit rationalen Komponenten liegt, ¨ gen¨ ugt es, f¨ ur jeden rationalen Punkt der Menge M eine offene Menge Oi f¨ ur die Uberdeckung zu nehmen. Damit kann I = N angenommen werden. F¨ ur die abgeschlossenen und beschr¨ ankten Mengen n [ Qn := M \ Oi i=1 gilt Qn ⊆ Qn−1 und damit, wenn sie alle nicht-leer w¨ aren, nach 5.5 widerspricht ! ∞ n ∞ \ [ [ M\ Oi = M \ Oi = M \M = ∅ . n=1 i=1 i=1 ∞ \ i=n Qn 6= ∅ . Dies 44 I Analysis Damit ist ein Qn leer, was M ⊆ n [ Oi bedeutet. i=1 ¨ b) → a): M liegt in der Uberdeckung der n-dimensionalen offenen Kugeln des Radius i, i ∈ N M⊆ ∞ [ i=1 K ~0, i ¨ Damit liegt M in einer endlichen Uderdeckung dieser Kugeln und ist beschr¨ ankt. F¨ ur einen Punkt ξ ∈ / M zeigen wir, das er kein H¨ aufungspunkt von M sein kann: Bezeichnet Ka (ξ, 1/i) die abgeschlossene n-dimensionale Kugel des Radius 1/i um ξ, so ist ¨ ihr Komplement Oi := Rn \Ka (ξ, 1/i) offen und M liegt in der Uberdeckung M⊆ ∞ [ i=1 Oi = Rn \{ξ}. ¨ offener Mengen. Nach b) liegt es in einer endlichen Uberdeckung dieser Mengen und wegen Oi ⊆ Oi+1 (i ∈ N) in der gr¨ oßten dieser Mengen, deren Index k sei. Aus M ⊆ Ok = Rn \Ka (ξ, 1/k ) folgt M ∩ Ka (ξ, 1/k) = ∅ , so dass in der 1/k -Umgebung von ξ kein Punkt aus M liegt. Damit kann ξ kein H¨ aufungspunkt der Menge M sein. ⋄ Satz 5.7 (Stetige Funktionen auf kompakten Mengen) Eine stetige Funktion f : M → R auf der kompaktem Menge M ist beschr¨ ankt und hat ein Minimum und ein Maximum in M. Beweis: Die ineinander liegenden Mengen Oi := f −1 ((−i, i)) sind offen und u¨ berdecken M . Damit u ankt. ¨ berdeckt eine die Menge M und sie ist beschr¨ Ist r eine reelle Zahl, die nicht Bild eines Punkts in M ist, so u ¨ berdecken Oi = f −1 ((−∞, r − 1/i) ∪ (r + 1/i, ∞)) die kompakte Menge M . Damit liegt sie einer dieser Mengen und f (M ) ∩ (r − 1/i, r + 1/i) = ∅ , so dass ein Punkt außerhalb f (M ) nicht H¨ aufungspunkt dieser Menge sein kann und f (M ) abgeschlossen und beschr¨ ankt ist. Damit enth¨ alt diese Menge ihr Infimum und Supremum, die dann Minimal- und Maximalwert der Funktion sind als Funktionswerte angenommen werden. ⋄ Lemma 5.8 (Verzerren von Wegen) Ist das Integral der Funktion f : G→C I auf G1 wegeunabh¨ I angig, so gilt f (z) dz = K1 +K2 Beweis: I f (z) dz . K1 +K3 f (z) dz = K1 +K2 = I I f (z) dz I f (z) dz + K1 +K2 +K3 −K3 K1 +K3 K2 −K3 f (z) dz . ⋄ 5 Der Integralsatz von Cauchy 5.B 45 Der Integralsatz von Cauchy Wegeunabh¨ angige Integration ist im Reellen auch von der Stetigkeit der partiellen Ableitungen abh¨ angig. Wir werden zeigen, dass diese Voraussetzung im Komplexen nicht notwendig ist, sie ist immer erf¨ ullt. Hauptsatz 5.9 Eine komplex differenzierbare Funktion f : G→C mit G ⊆ C ist auf einem einfach zusammenh¨ angenden Gebiet wegeunabg¨ angig integrierbar, oder ¨ aquivalent, das Integral u ¨ber einen geschlossenen Weg K in G ist null: I f (z) dz = 0 . K Der Satz wird in mehreren Schritten bewiesen. Mit der zus¨ atzlichen Voraussetzung, dass die partiellen Ableitungen stetig sind, kann er einfach mit Hilfe Des Satzes von Green bewiesen werden. Dies zeige ich als ersten Schritt: Satz 5.10 Sind zus¨ atzlich die partiellen Ableitungen der Funktion f (z) = f1 (z) + j f2 (z) stetig, so gilt die Aussage des Hauptsatzes! Beweis: i(K) bezeichnet die Fl¨ache innerhalb der ebenen Kurve K. I f (z) dz = K I (f1 (x, y) + j f2 (x, y)) d(x + j y) I I f1 (x, y) dx − f2 (x, y) dy + j f2 (x, y) dx + f1 (x, y) dy K = K = 2.9 = 5.2 = K I f1 (x, y) f2 (x, y) r −f (x, y) d~ 2 r+j f1 (x, y) d~ K K 0 0 Z Z f1 (x, y) f2 (x, y) − → − → rot rot −f2 (x, y) dA + j f1 (x, y) dA i(K) i(K) 0 0 Z Z ~0 dA + j ~0 dA = 0 I i(K) i(K) Beispiel 5.11 Berechnung des Integral I K 2z + 1 dz u ¨ ber dem Kreis K(−3 j, 2) : z2 + 3 j z ⋄ 2z + 1 2z + 1 = hat die Polstellen z = 0 und z = −3 j. + 3jz z(z + 3 j) F¨ ur die Partialbruchzerlegung folgt aus 2z + 1 A B Az + 3 j A + Bz (A + B)z + 3 j A = + = = z2 + 3 j z z z + 3j z2 + 3 j z z2 + 3 j z sofort 1 j j A = =− und B = 2−A=2+ 3j 3 3 und damit 2 + 13 j j f (z) = − + (5.2) 3z z + 3j Die Kreiskurve K(−3 j, 2) wird beschrieben durch k(t) = −3 j +2 ej t . Innerhalb der Kurve liegt die Polstelle −3 j, die Polstelle 0 liegt außerhalb. Damit ist im Folgenden das erste Integral nach 5.10 null: Z 2π Z 2π I I 2z + 1 j 1 1 2 j ej t 1 5.2 dz = − dz + 2 + j dt = 0 + 2 j − dt 2 3 Kz 3 2 ej t 3 K z + 3jz 0 0 2π(−1 + 6 j) = 3 ⋄ L¨ osung: Die Funktion f (z) = z2 Der n¨ achste Schritt beinhaltet die Situation, wenn f eine Stammfunktion hat: 46 I Analysis Lemma 5.12 Zur auf dem Gebiet G ⊆ C stetigen Funktion f : G → C gebe es eine Funktion F : G → C mit F ′ = f . Dann kann das Integral u ¨ber eine stetig differenzierbare Kurve K : k(t) : [a, b] → G berechnet werden durch Z f (z) dz = F (k(b)) − F (k(a)) . K Geschlossene Kurvenintegrale dieser Funktionen sind damit null. Beweis: Z f (z) dz = K Z b a ˙ dt = f (k(t)) · k(t) = F (k(b)) − F (k(a)) Z b a ˙ dt = F (k(t)) · k(t) ′ Z b (F (k(t)))˙ dt a ⋄ ¨ Beispiel 5.13 Uber der Kurve K : k(t) = j −5 e3 j t , t ∈ [0, π/2] wird cos(2z) integriert: 3π/2 j Z − sin (2 j −10) sin 2 j −10 e 1 π 1 cos(2z) dz = sin 2k − sin(2k(0)) = 2 2 2 2 K sin (2 j +10 j) − sin (2 j −10) sin (12 j) + sin (10 − 2 j) = = 2 2 j sinh(12) + sin(10) cos(2 j) − cos(10) sin(2 j) = 2 sin(10) cosh(2) sinh(12) − cos(10) sinh(2) = + j 2 2 ⋄ 5.14 (Beweis der Hauptsatzes fu ¨ r Dreiecke) Iterativ wird in jedem Schritt ein Dreieck in 4 kongruente Dreiecke zerlegt, in dem, wie skizziert, die Seitenmittelpunkte miteinander verbunden werden. Die Dreiecke im Innern sind ¨ ahnlich zum ¨ außeren Dreieck, sie haben halben Umfang und halben Durchmesser (maximaler Abstand zweier Punkte). Der Durchmesser des Ausgangsdreiecks K = K (0) sei d, sein Umfang l. Bei der Zerlegung von K (n) bezeichne K (n+1) dasjenige Dreieck von den vier Teildreiecken (n) . . . , K4 , dessen Kurvenintegral betragsmaximal ist. Dann gilt 4 I I I 4 I X X f (z) dz ≤ f (z) dz (n) f (z) dz ≤ 4 (n−1) f (z) dz = (n) (n) (n) K1 , K k=1 und iterativ I I n f (z) dz ≤ 4 K K Kk f (z) dz , (n) d(n) = d , 2n Nach Lemma 5.5 ist der Durchschnitt aller Dreiecke festen Punkt ξ gilt nach 5.12 I −f (ξ) − (z − ξ)f ′ (ξ) dz = 0 . Kk k=1 K l(n) = ∞ \ n=0 l . 2n K (n) = {ξ} punktf¨ ormig. Mit diesem f (z) − f (ξ) Ferner liefert die Definition der Ableitung f ′ (ξ) = lim z→ξ z−ξ f (z) − f (ξ) ′ ∀ε > 0 ∃δ > 0 : |z − ξ| < δ → − f (ξ) < ε und damit z−ξ ∀ε > 0 ∃δ > 0 : |z − ξ| < δ → f (z) − f (ξ) − f ′ (ξ)(z − ξ) < ε · |z − ξ| . (5.3) 5 Der Integralsatz von Cauchy 47 Insgesamt folgt aus den letzten Gleichungen f¨ ur d(n) < δ I I I (5.3) n (5.4) n ′ f (z) dz ≤ 4 (n) f (z) − f (ξ) − (z − ξ)f (ξ) dz < 4 K K 5.4 ≤ K d l 4n n n ε = dlε . 2 2 ε(z − ξ) dz (n) ⋄ 5.15 (Beweis der Hauptsatzes fu ¨ r konvexe offene Mengen) Beweis: F¨ur ein fest gew¨ahltes a ∈ G setze ich F : G → Z z 7→ z C f (ξ) dξ a mit der Strecke von a nach z als Kurve und zeige, dass F ′ = f gilt: F¨ ur ein z0 ∈ G liegt das Dreieck ∆a,z0 ,z ⊂ G komplett in G. Daher gelten nach 5.14 I f (z) dz = 0 und ∆a,z0 ,z F (z) − F (z0 ) = − Mit Z z z0 Z a z f (ξ) dξ − Z z0 f (ξ) dξ + a I f (z) dz = ∆a,z0 ,z Z z f (ξ) dξ . z0 5.12 f (z0 ) dξ = f (z0 )(z − z0 ) erhalten wir f¨ ur z 6= z0 F (z) − F (z0 ) 1 − f (z0 ) = z − z0 z − z0 und aus der Stetigkeit von f Z z z0 f (ξ) − f (z0 ) dξ (5.4) ∀ε > 0 ∃δ > 0 : |ξ − z0 | < δ → |f (ξ) − f (z0 )| < ε , woraus f¨ ur |ξ − z0 | < δ F (z) − F (z0 ) − f (z0 ) z − z0 5.12 1 ≤ ε dξ = ε(z − z0 ) = ε z − z0 z0 I f (z) dz = 0 . folgt. Somit ist F ′ (z0 ) = f (z0 ) und nach 5.12 gilt (5.4) Z 1 z − z0 z ⋄ Damit kann der Beweis abgeschlossen werden: 5.16 (Abschluss des Beweises des Hauptsatzes) Wir w¨ ahlen Kreise im Gebiet G: (a) Der Weg K ist zusammenziehbar auf einen Punkt P. Wir w¨ ahlen einen offenen Kreis (Kreisfl¨ ache ohne Rand) K1 um P in G. (b) F¨ ur jeden Punkt im Innern und auf der Kurve K w¨ ahlen wir einen beliebigen offenen Kreis in G. Diese Kreise u ¨ berdecken die Menge M, die aus der Kurve K und ihrem Inneren besteht. Diese Menge ist kompakt, so dass sie nach 5.6 von endlich vielen Kreisen u ¨ berdeckt wird. Sei also ohne n [ Einschr¨ ankung der Allgemeinheit M ⊆ Ki . i=1 Innerhalb der Kreise K2 , . . . , Kn wird die Kurve auf den Rand des Kreises in Richtung P verlegt ohne den Wert des Kurvenintegral zu ¨ andern, denn das neue und das alte Kurvenst¨ uck bilden zusammen einen geschlossenen Weg innerhalb des Kreises, dessen Kurvenintegral nach 5.8 null ist. ¨ Damit wurde der Weg ohne Anderung des Werts des Kurvenintegral in einen geschlossenen Weg innerhalb K1 ge¨ andert. Dieses Kurvenintegral ist nach 5.15 null. ⋄ 48 I Analysis Zusatz 5.17 P sei ein Punkt in einem einfach zusammenh¨ angendes Gebiet G ⊆ C und f : G→C stetig. Ferner sei f : G\{P } → C differenzierbar. Dann ist f in G wegeunabg¨ angig integrierbar, oder ¨ aquivalent, das Integral u ¨ber einen geschlossenen Weg K in G ist null: I f (z) dz = 0 . K Beweis: (a) Es gen¨ ugt, den Zusatz f¨ ur konvexe Mengen zu zeigen: P liegt im Innern des Gebiets und damit in einem Kreis um P . Wie im Beweis 5.16 kann der Teilweg außerhalb des Kreises auf den Kreisrand zusammengezogen werden. (b) Es gen¨ ugt, den Punkt als Spitze eines Dreiecks zu betrachten: Unter diesen Voraussetzungen ist der Zusatz wie in 5.15 f¨ ur konvexe Mengen beweisbar. (c) Sei p die Spitze eines Dreiecks ∆p,a,b : Wir w¨ ahlen Punkte c, d auf den Seiten des Dreiecks im Abstand δ von p. Dann gilt, da das Kurvenintegral u ¨ ber das Viereck Vc,d,a,b null ist, I I 5.4 f (z) dz = f (z) dz ≤ 4δ max |f (z)| . ∆p,a,b ∆p,c,d z∈∆p,a,b H Damit kann ∆p,a,b f (z) dz beliebig klein gemacht werden, ist also null. ⋄ Zusatz 5.18 G ⊆ C sei ein einfach zusammenh¨ ahlt. F¨ ur Z azngendes Gebiet und z0 ∈ G fest gew¨ ′ f (ξ) dξ gilt dann F (z) = f (z). f : G → C komplex differenzierbar und F (z) := z0 Beweis: F¨ur K(z0 , δ) ⊂ G und |z − z0 | < δ folgen wie im Beweisteil 5.15 Gl. 5.4 Z z Z z 1 1 F (z) − F (z0 ) − f (z ) = f (ξ) − f (z ) dξ ≤ ε dξ 0 0 z − z0 z − z0 z − z0 z0 z0 1 = ε(z − z0 ) = ε z − z0 und damit F ′ (z0 ) = f (z0 ). ⋄ 6 Holomorphe und analytische Funktionen 49 § 6 Holomorphe und analytische Funktionen Literatur: [33, 13] Definition 6.1 Eine Funktion f : G → C heißt holomorph, wenn sie beliebig oft komplex differenzierbar ist. In diesem Paragrafen wird das Integral um eine Polstelle einer Funktion untersucht und damit die Umkehrung bewiesen (Satz von Morera). Hieraus folgt dann, dass eine (einmal) komplex differenzierbare Funktion holomorph ist. 6.A Umlaufzahl, Satz von Morera Definition und Satz 6.2 (Index, Umlaufzahl) K : k : [a, b] → C sei ein differenzierbarer, geschlossener Weg. Dann ist G := C\K ein Gebiet. Wir setzen G → I Z 1 1 IndK (z) = . dξ 7→ z 2π j K ξ − z Auf der unbeschr¨ ankten Zusammenhangskomponente ist der Index null. Beweis: Da K stetig ist, gibt es einen Ursprungskreis, der K enth¨alt: K ⊂ K(0, r) . Die Menge außerhalb des Kreises liegt in der einzigen unbeschr¨ ankten Zusammenhangskomponente von G. 1 Dort ist ξ−z komplex differenzierbar und der Index nach 5.9 damit null. Z b 1 k′ (s) Der Index IndK (z) = ds ist genau dann ganzzahlig, wenn 2π j a k(s) − z e k′ (s) a k(s)−z Rb ds =1 (6.1) gilt. F¨ ur t ∈ [a, b] setzen wir k′ (s) a k(s)−z Rt h(t) = e ds (6.2) und erhalten außer vielleicht an endlich vielen Stellen t ∈ S ⊂ [a, b] Z t ˙ ˙ k′ (s) h(t) k(t) ln(h(t)) = ds und = . (6.3) h(t) k(t) − z a k(s) − z Die Funktion ˙ h(t) h(t) = ˙ k(t) − z k(t) ist stetig auf [a, b] und differenzierbar auf [a, b]\S. Wegen ˙ ˙ ˙ h(t) h(t)(k(t) − z) − k(t)h(t) = =0 k(t) − z (k(t) − z)2 ist sie konstant auf zusammenh¨ angenden Gebieten, also auf [a, b], und wegen h(a) = e0 = 1 folgt h(t) h(a) 1 = = , k(t) − z k(a) − z k(a) − z woraus sich sofort k(t) − z h(t) = (6.4) k(a) − z ergibt. Aus k(a) = k(b) folgt aus der letzten Gleichung h(b) = 1 und damit Gl. 6.1, so dass der Index ganzzahlig ist. Da das Integral stetig ist, ist der Index konstant auf Zusammenhangskomponenten. Zusatz 6.3 (Umlaufzahl) Der Index stimmt mit der Umlaufzahl u ¨berein. ⋄ 50 I Analysis Beweis: 2π IndK (z) j ist nach Gl. 6.2 der Zuwachs im Imagin¨arteil des Integrals in h(t) und damit der Zuwachs im Argumentwinkel von h(t). Dies ist nach Gl. 6.4 gleich dem Zuwachs im Argumentwinkel von k(t) − z. ⋄ Satz 6.4 F¨ ur den einfach durchlaufenen, positiv orientierten Kreis gilt 1 |z − a| < r IndK(a,r) (z) = . 0 |z − a| > r Beweis: In der unbeschr¨ankten Komponente ist der Index 0, es bleibt also lediglich, den ersten Fall nachzuweisen. Mit der Parametrisierung k(t) := a + r ej t , t ∈ [0, 2π] des Kreises folgt Z Z 2π j t Z 2π 1 1 1 re 1 dt = dt = 1 . dξ = 2π j K(a,r) ξ − a 2π 0 r ej t 2π 0 ⋄ Satz 6.5 (Cauchys Formel) F¨ ur eine auf dem Gebiet G komplex differenzierbare Funktion f , eine geschlossene Kurve K und einen Punkt z ∈ G\K gilt I 1 f (ξ) f (z) · IndK (z) = dξ . 2π j K ξ − z Beweis: F¨ur ein festes z definieren wir g(ξ) := f (ξ)−f (z) ξ−z ξ 6= z . ξ=z f ′ (z) I g(z) dz = 0 . Damit gilt Nach 5.17 ist I K I I f (ξ) − f (z) f (ξ) 1 0 = dξ = dξ − f (z) dξ ξ−z K ξ−z K ξ−z IK f (ξ) 6.2 = dξ − f (z) · IndK (z)2π j K ξ−z ⋄ Satz 6.6 Eine auf einem Gebiet komplex differenzierbare Funktion ist holomorph. Beweis: Sei f : G → C auf dem Gebiet G komplex differenzierbar und z ∈ G. r sei so gew¨ahlt, dass K(z, r) ⊆ G gilt. Dann erhalten wir I I dn 1 dn f (ξ) n! f (ξ) f (z) = dξ = dξ dz n 2π j K dz n ξ − z 2π j K (ξ − z)n+1 (6.5) ⋄ angendes Gebiet. Erf¨ ullt f : G → C die Hauptsatz 6.7 (Morera14 ) G sei ein einfach zusammenh¨ Cauchy-Riemannschen Differenzialgleichungen mit stetigen partiellen Ableitungen, so ist f komplex differenzierbar. Beweis: Nach 2.20 oder 5.10 integriert f wegeunabh¨angig in G. Damit ist F (z) = Z z f (ξ) dξ z0 wohldefiniert und wie in 5.15 zeigt man, dass F ′ = f gilt. Damit ist F komplex differenzierbar und nach 6.6 auch f . 6.B Eigenschaften holomorpher Funktionen Nach 6.6 ist jede komplex differenzierbare Funktion holomorph. In diesem Teilparagrafen werden Eigenschaften dieser Funktionen zusammengestellt. Satz 6.8 (Maximumprinzip) Eine auf einem Gebiet holomorphe, nicht konstante Funktion hat kein Maximum. 14 Giacinto Morera, it. Mathematiker, 1856 (Novara) - 1907 (Turin) 6 Holomorphe und analytische Funktionen 51 Beweis: Der Beweis wird indirekt gef¨uhrt: Sei z0 eine Maximalstelle im Kreis K(z0 , r) ⊆ G, parametrisiert durch k(t) = z0 + r ej t ; t ∈ [0, 2π] . Hiermit folgt nach Cauchys Formel 1 I 1 Z 2π f z + r ej t r j ej t f (z) 0 |f (z0 )| = dz = dt j t 2π j K(z0 ,r) z − z0 2π j 0 re Z 2π Z 2π 1 f z0 + r ej t dt ≤ 1 ≤ |f (z0 )| dt ≤ |f (z0 )| . 2π 0 2π 0 Damit steht an jeder Stelle der obigen Ungleichung ein Gleichheitszeichen, woraus auf dem Kreis f (k(t)) = ej ϕ(t) f (z0 ) folgt. Damit wird aus Cauchys Formel I Z 2π Z 1 f (z) 1 f (z0 ) ej ϕ(t) r j ej t f (z0 ) 2π j ϕ(t) f (z0 ) = dz = dt = e dt , 2π j K(z0 ,r) z − z0 2π j 0 r ej t 2π 0 also 2π = Z 2π cos(ϕ(t)) dt + j 0 Z 2π sin(ϕ(t)) dt = 0 Z 2π cos(ϕ(t)) dt . 0 Dies ist nur m¨ oglich, wenn cos(ϕ(t)) = 1 und damit ϕ(t) = 0 ist. Damit ist f konstant in einer Umgebung von z0 . G ist ein Gebiet, das von offenen Kreisen u ¨ berdeckt wird. Diese u ¨ berlappen sich. In jedem Kreis ist f konstant, so dass f auf G konstant ist. ⋄ Satz 6.9 (Satz von Liouville) Eine auf C holomorphe und beschr¨ ankte Funktion ist konstant. Beweis: Aus |f (z)| ≤ M folgt (6.5) |f ′ (z0 )| = 1 2π I f (z) 1 M M dz 2πr = . ≤ 2 2 K(z0 ,r) (z − z0 ) 2π r r Da r beliebig ist, ist f ′ null und f konstant. ⋄ Satz 6.10 (Fundamentalsatz der Algebra) Jedes komplexe, nicht konstante Polynom hat eine Nullstelle. Beweis: Hat das Polynom p(z) = n X ak z k k=0 keine Nullstelle, so ist 1 p(z) holomorph. Aus an−1 a0 |p(z)| = |z n | an + + . . . + n folgt z z ∀c > 0 ∃R > 0 ∀z : |z| > R → |p(z)| > c 1 1 < 1 f¨ und damit ur |z| > R . Auf der kompakten Menge K(0, R) nimmt p(z) c p(z) 1 Maximum auf dem Rand an, so dass nach dem Satz von Liouville konstant ist. p(z) das ⋄ Zusatz 6.11 Jedes komplexe Polynom ist eine Produkt von Linearfaktoren. Satz 6.12 (Dirichletsche Randwertaufgabe) Die L¨ osung der Dirichletschen15 Randwertaufgabe auf einem berandeten einfach zusammenh¨ angenden Gebiet G ∪ δG ⊂ R2 einer harmonischen Funktion u:G→R, ∆u = 0 , u|δG = g ist eindeutig. 15 Johann Peter Gustav Lejeune Dirichlet, dt. Mathematiker, 1805 (D¨ uren) - 1859 (G¨ ottingen) 52 I Analysis Beweis: Zu einer zweimal stetig differenzierbaren L¨osung u : G ∪ δG → R ist v(x, y) = wegen Z −u,y dx + u,x dy −u,y 0 0 −→ ~ rot = = 0 u,x 0 =0 0 u,xx + u,yy ∆u wegeunabh¨ angig definiert. Die komplexe Funktion uC (z) = u(x, y) + j v(x, y) erf¨ ullt die Cauchy-Riemannschen Differenzialgleichung v,x = −u,y , v,y = u,x und ist nach dem Satz von Morera holomorph. C F¨ ur zwei L¨ osungen u1 und u2 betrachten wir die Differenz f = uC 1 − u2 , die auf dem Rand δG null ist. Nach dem Maximumprinzip nimmt die Funktion u ihr Maximum und ihr Minimum auf C C C dem Rand an. Damit ist |uC ⋄ 1 − u2 | = 0, also u1 = u2 und damit u1 = u2 . 6.C Analytische Funktionen Dieser Teil setzt Kenntnisse u ¨ ber Reihen voraus, wie sie in [26, Kapitel 16] dargestellt sind. Definition 6.13 Eine Funktion heißt analytisch, wenn sie lokal in eine Potenzreihe entwickelt werden kann. Die wichtigste Eigenschaft von Potenzreihen ist ihre Differenzierbarkeit: Satz 6.14 Die komplexe Potenzreihe f (z) = n=0 differenzierbar und es gilt f ′ (z) = ∞ X n=1 ∞ X n·cn (z − z0 )n−1 cn (z − z0 )n mit Konvergenzradius r ist komplex mit Konvergenzradius r. Beweis: [43, S. 200] F¨ur die Funktion g(z) = ∞ X n=1 f (z) − f (w) − g(w) = (z − w) ∞ X (6.6) n·cn (z − z0 )n−1 gilt z n − wn n−1 cn . − n·w z−w n=1 | {z } dn Ohne Einschr¨ ankung der Allgemeinheit wird z0 = 0 gesetzt. Im Folgenden berechnen wir dn f¨ ur |w| < ̺ < r und |z| < ̺ < r: d1 ist null und f¨ ur n > 1 gilt n n−2 X z − wn |dn | = − n·wn−1 = wk z n−k−1 + wn−1 − n·wn−1 (6.7) z−w k=0 n−1 n−2 X k n−k−1 X k−1 n−k−1 n−1 = w z − (n − 1)·w = |z − w| kw z ≤ |z − w| n2 ̺n−2 . k=0 k=1 Das letzte Gleichheitszeichen wird durch eine Induktion nachgewiesen: n = 2: Die linke Seite ist z − w, die rechte (z − w) 1 · w0 z 0 . 6 Holomorphe und analytische Funktionen 53 n > 2: n−1 X k n−k w z k=0 (IV) = = = z· − n·w n = z· n−2 X k=0 n−1 X (n − 1)wn−1 + (z − w) nwn−1 z + (z − w) (z − w) n−1 X kw n−1 X wk z n−k−1 + wn−1 z − n·wn kwk−1 z n−k−1 k=1 kwk−1 z n−k k=1 k−1 n−k z + nw n−1 k=1 ! ! ! + wn−1 z − n·wn − n·wn = (z − w) n X kwk−1 z n−k . k=1 Mit Gl. 6.7 folgt jetzt ∞ X f (z) − f (w) − g(w) ≤ |z − w| · n2 |cn |̺n−2 . z−w n=2 Diese Reihe konvergiert nach dem Quotiententest: cn+1 |cn+1 | (n + 1)2 ̺n−1 ·1·̺ < 1r = 1 = lim lim n→∞ |cn | n→∞ n2 ̺n−2 cn r Damit ist f ′ (w) = g(w) auf K(z0 , r) gezeigt. Nach dem Wurzeltest ist der Konvergenzradius von g ebenfalls r. ⋄ Zusatz 6.15 Mit den Voraussetzungen des Satzes gilt ∞ X (k) f (z) = n(n − 1) . . . (n − k + 1)cn (z − z0 )n−k . n=k Damit ist eine analytische Funktion beliebig oft differenzierbar und damit holomorph und wegen (6.6) f (k) (z0 ) = k!ck sind die Koeffizienten der Reihe eindeutig festgelegt. Jede analytische Funktion ist damit holomorph, die Formel von Cauchy 6.5 erlaubt die Umkehrung: Satz 6.16 Jede holomorphe Funktion ist analytisch. Beweis: Sei f : G → C holomorph und z0 ∈ G ein beliebiger Punkt des Gebiets G. Wir benutzen die Formel von Cauchy mit einer Kreiskurve K(z0 , r) mit ξ auf der Kreislinie und z im Inneren des Kreises. Wegen |z − z0 | < |ξ − z0 | gilt z − z0 ξ − z0 < 1 , so dass die folgende geometrische Reihe konvergiert: ∞ ∞ X (z − z0 )n 1 X z − z0 n 1 1 1 1 = = · = = . z−z n+1 0 (ξ − z0 ) ξ − z0 ξ − z0 ξ − z0 1 − ξ−z0 ξ − z0 − z + z0 ξ−z n=0 n=0 Dies wird in Cauchys Formel 6.5 eingesetzt: I I X ∞ 1 f (ξ) 1 f (ξ)(z − z0 )n f (z) = dξ = dξ 2π j K ξ − z 2π j K (ξ − z0 )n+1 n=0 ∞ I ∞ X X f (ξ) n = dξ (z − z ) = cn (z − z0 )n 0 n+1 2π j(ξ − z ) 0 K n=0 | n=0 {z } cn Benutzt wurden: 54 I Analysis (a) Der Index des Kreises ist 1. (b) Bei absolut konvergenten Reihen vertauschen Integration und Summation. ⋄ Vergleiche hierzu Gl. 6.5. Satz 6.17 f sei auf dem Gebiet G ⊆ C holomorph. Dann ist die Nullstellenmenge Z(f ) = {a ∈ G | f (a) = 0} gleich G oder sie ist abz¨ ahlbar ohne H¨ aufungspunkt. Beweis: Ist b ∈ G ein H¨aufungspunkt von Z(f ), so gibt es eine Folge {bn | n ∈ N} ⊆ Z(f ) mit lim bn = b. Hieraus folgt aufgrund der Stetigkeit von f f (b) = f lim bn = lim f (bn ) = 0 , n→∞ n→∞ n→∞ so dass b auch eine Nullstelle ist und Z(f ) abgeschlossen ist. Ist f nicht konstant null auf G und f (a) = 0, so gibt es eine nat¨ urliche Zahl m ∈ N mit f (z) = (z − a)m · g(z) mit einer holomorphen Funktion g(z) mit g(a) 6= 0. Dann gibt es eine Umgebung Uδ (a) mit g|Uδ 6= 0, so dass a eine isolierte Stelle ist. Dies gilt f¨ ur jedes a ∈ Z(f ): ∀a ∈ Z(f ) ∃δa > 0 : Uδa (a) ∩ Z(f ) = {a} . Die verkleinerten Mengen Uδa /2 (a) u ¨ berdecken Z(f ) disjunkt, denn aus z ∈ Uδa /2 (a) ∩ Uδb /2 (b) folgt f¨ ur δa ≤ δb δa + δb ≤ δb , 2 so dass a in Uδb (b) liegt, ein Widerspruch! |a − b| ≤ |a − z| + |z − b| ≤ In jeder Menge Uδa /2 (a) liegen rationale Punkte, also Punkte aus der abz¨ ahlbaren Menge Q×j Q. Damit muss Z(f ) abz¨ ahlbar sein. ⋄ Zusammenfassung 6.18 F¨ ur eine komplexwertige Funktion f auf einem Gebiet komplexer Zahlen sind ¨ aquivalent: (a) f ist komplex differenzierbar. (b) f erf¨ ullt die Cauchy-Riemannschen Differenzialgleichungen. (c) f ist eine konforme Abbildung (s. 4.14 und 4.15). (d) f ist holomorph. (e) f ist analytisch. 7 Meromorphe Funktionen 55 § 7 Meromorphe Funktionen 7.A Laurent-Reihen Definition 7.1 Eine Funktion f : G → C auf einem Gebiet G ⊆ C heißt meromorph, wenn die Menge D ihrer Polstellen diskret (ohne H¨ aufungspunkte) und f |G\D holomorph ist. ¨ Ziel dieses Paragrafen ist die Aquivalenz der meromorphen Eigenschaft zur Existenz von erweiterten Potenzreihen, den Laurent-Reihen zu zeigen. Definition 7.2 (Laurent-Reihen, Hauptteil, ) Residuum) ( ∞ X Die Menge C{z} = an (z − a)n an ∈ C ist die Menge aller formalen Laurent-Reihen. n=−N −1 P an (z − a)n ist der Hauptteil der Laurent-Reihe, der Koeffizient bei n=−N ! ∞ X n Res an (z − a) , a = a−1 , 1 z−a das Residuum: n=−N Satz 7.3 (a) Die Menge alle Polynome C[z] und die Menge aller formalen Potenzreihen C[[z]] sind Ringe. (b) f ∈ C[[z]] ist genau dann eine Einheit16 , wenn f (0) 6= 0 ist. (c) Die Menge aller Laurent-Reihen C{z} ist ein K¨ orper. Beweis: (a) Einfach nachzuweisen sind die Ringeigenschaften der drei Mengen. ∞ ∞ X X n (b) • F¨ ur eine Einheit f (z) = fn z mit inverser Potenzreihe g(z) = gn z n gilt n=0 n=0 1 = f (0) · g(0) = f0 g0 . Damit ist der konstante Koeffizient einer Einheit ungleich null. ∞ X • F¨ ur f (z) = fn z n mit 0 6= f (0) = f0 gilt n=0 f (z) = f0 + ∞ X n=1 mit g(z) = − (1 − z) ∞ X fn n=1 ∞ X n=0 f0 n n fn z = f0 − f0 − ∞ X fn n=1 f0 z n ! = f0 (1 − g(z)) (7.1) z n . Aus z = ∞ X n z − ∞ X z n+1 = 1 n=0 n=0 P∞ n n=0 z zueinander (7.2) folgt, dass 1 − z und inverse Einheiten sind. Mit der Substitution z = g(z) erhalten wir hieraus ∞ ∞ ∞ X 1 X 1X (7.1) 1 = (1 − g(z)) g(z)n = f0 (1 − g(z)) g(z)n = f (z) · g(z)n , f f 0 n=0 0 n=0 n=0 womit ∞ ∞ ∞ n=0 n=0 k=1 X fk 1X 1X g(z)n = − zk f0 f0 f0 16 invertierbares Element !n 56 I Analysis die Inverse von f (z) ist. Die innere Reihe besitzt keinen konstanten Term. Daher kommen Potenzen z n nur f¨ ur k ≤ n vor, also in nur endlich vielen Summanden der Reihe. (c) Damit bleibt lediglich zu zeigen, dass C{z} ein K¨ orper ist. F¨ ur f= ∞ X fn z n ; n=N ist z −N fN 6= 0 · f ∈ C[[z]] und somit invertierbar. Da z −N invertierbar ist, gilt dies auch f¨ ur f . ⋄ Satz 7.4 (Hebbare Singularit¨ at) Ist f : G\{a} → C mit dem Gebiet G differenzierbar und f |K ′ (a,r) beschr¨ ankt mit dem punktierten offenen Kreis K ′ (a, r) = {z ∈ C | 0 < |z − a| < r} , so hat f eine hebbare Singularit¨ at (Unstetigkeitsstelle) in a und holomorph auf G. (z − a)2 f (z) Beweis: Die Ableitung von h(z) := 0 z 6= a: h′ (z) = 2(z − a)f (z) + (z − a)2 f ′ (z) , z = a: h′ (a) = lim z 6= a ist f¨ ur z=a h(a + ξ) − h(a) (a + ξ − a)2 f (a + ξ) = lim = lim ξ · f (a + ξ) = 0 . ξ→0 ξ→0 ξ→0 ξ ξ Die letzte Gleichheit folgt mit M = sup z∈K ′ (a,r) |f (z)| aus lim |ξ · f (a + ξ)| ≤ lim |ξ · M | = 0 . ξ→0 ξ→0 Damit ist h(z) = ∞ X n=2 hn (z − a)n = ∞ X n=0 hn+2 (z − a)n+2 = (z − a)2 ∞ X n=0 hn+2 (z − a)n . komplex differenzierbar und analytisch mit doppelter Nullstelle in a und ∞ X f (z) = hn+2 (z − a)n n=0 analytisch und komplex differenzierbar. Vergleiche hierzu auch Satz 5.17. ⋄ Satz 7.5 [43, S. 211] F¨ ur eine komplex differenzierbare Funktion f : G\{a} → C mit einem Gebiet G gilt eine der folgenden Alternativen: (a) f hat eine hebbare Singularit¨ at in a und ist damit holomorph. m X fn hat eine hebbare Singularit¨ at in a und f ist meromorph mit einem Pol (z − a)n n=1 der Ordnung m. (b) f (z) − (c) F¨ ur K(a, r) ⊆ G ist f (K ′ (a, r)) dicht in der komplexen Ebene. In diesem Fall hat f eine wesentliche Singularit¨ at in a. Beweis: Ist die dritte Alternative falsch, so ∃w ∈ C ∃r > 0 ∃δ > 0 : f (K ′ (a, r)) ∩ K(w, δ) = ∅ . In diesem Fall gelten f¨ ur g(z) := K ′ (a, r) → z 7→ C 1 f (z)−w • g ist komplex differenzierbar, 7 Meromorphe Funktionen 57 1 . δ Nach Satz 7.4 ist g komplex differenzierbar auf K(a, r). F¨ ur • ∀z ∈ K ′ (a, r)) : |g(z)| < • F¨ ur g(a) 6= 0 ist f auf K ′ (a, r) beschr¨ ankt und nach 7.4 holomorph, es gilt die erste Alternative. • g(a) = 0 sei a eine Nullstelle der Ordnung m, also g(z) = (z − a)m · g1 (z) mit der auf K(a, r) holomorphen und nullstellenfreien Funktion g1 (z). Dann ist 1 h(z) = : K(a, r) → C g1 (z) holomorph und ohne Nullstelle und auf K ′ (a, r) gilt ∞ X 1 f (z) = w + = w + (z − a)−m h(z) = w + (z − a)−m hn (z − a)n g(z) n=0 = m−1 X n=0 hn (z − a)n−m + w + Dies ist die zweite Alternative. 7.B ∞ X n=m hn (z − a)n−m ⋄ Residuum Das Residuum einer Funktion f : G → C f¨ ur a ∈ G ist nach 7.2 der Koeffizient ihrer Laurent-Reihe ∞ X 1 f (z) = fn (z − a)n bei z−a : Res(f, a) = f−1 . n=−N Satz 7.6 (Residuensatz) A = {a1 , . . . , an } ⊂ G sei eine endliche Menge im konvexen Gebiet G ⊆ C, f : G\A → C eine holomorphe Funktion mit einem Pol in jedem ai ∈ A. F¨ ur einen geschlossenen Weg K ⊂ G\A gilt I n X 1 f (z) dz = Res(f, ak ) IndK (ak ) . 2π j K k=1 Beweis: Sei Qk der Hauptteil der Laurent-Reihe bei einer Entwicklung von f um ak (k = 1, . . . , n). Dann hat n X f (z) − Qk k=1 nur hebbare Singularit¨ aten und nach dem Integralsatz von Cauchy 5.9 gilt I K Hieraus folgt I nk n I n I X X X f (z) dz = Qk dz = K k=1 K n X = 2π j k=1 K l=1 qk,−l dz (z − ak )l 5.12,5.17 = n I X k=1 f (z) dz K(0,1) und qk,−1 dz z − ak ⋄ z Beispiel 7.7 F¨ ur die komplexe Funktion f (z) = 3 werden z +2 (a) alle Polstellen und deren Residuen und (b) Qk dz = 0 . k=1 Res(f, ak ) IndK (ak ) k=1 I K f− n X (c) I f (z) dz . K(−1,1) 58 I Analysis berechnet. K(a, b) ist dabei der Kreis um a mit Radius b. (a) Die Polstellen sind π π √ √ 3 3 2 cos z0 = + j sin = 2 3 3 z1 z2 √ √ ! 3 √ 1 3 2 +j = 1 + 3j 2 2 2 ≈ 0.6300 + 1.091 j √ 3 = − 2 ≈ −1.260 √ √ 5π 5π 3 3 + j sin = 2 = 2 cos 3 3 ≈ 0.6300 − 1.091 j √ ! √ 3 √ 1 3 2 −j = 1 − 3j 2 2 2 Die Polstellen sind einfach. Damit hat die Laurentreihe von f an einer Polstelle zk die Form ∞ Res(f, zk ) X f (z) = + ai (z − zk )i , z − zk i=0 woraus f (z)(z − zk ) = Res(f, zk ) + und ∞ X i=0 ai (z − zk )i+1 Res(f, zk ) = lim f (z)(z − zk ) = lim z→zk z→zk z 2 Q (z − zi ) i=0 folgen. Die numerischen Ergebnisse werden mit (z − zk ) = Q i6=k zk (zk − zi ) APL berechnet, s.Abb. 7.1, (ã1-8)17 ,phiû(Ïß3)+0 1 2«Ï2ß3 ã1 1.047197551 3.141592654 5.235987756 ,zû(2*ß3)«((2Ïphi)+0J1«1Ïphi) ã2 0.6299605249J1.091123636 ¢1.25992105 0.6299605249J¢1.091123636 rûz[1℄ß(z[2℄-z[1℄)«(z[3℄-z[1℄) ã3 rûr,z[2℄ß(z[3℄-z[2℄)«(z[1℄-z[2℄) ã4 rûr,z[3℄ß(z[1℄-z[3℄)«(z[2℄-z[3℄) ã5 r 0.132283421J¢0.2291216062 ¢0.264566842J¢1.480297366E¢16 0.132283421J0.2291216062 ,rûzß«/¡(Ú[2℄zÊ.-z)~¡0 ã6 0.132283421J¢0.2291216062 ¢0.264566842J¢1.480297366E¢16 0.132283421J0.2291216062 0.132283421 0.264566842«6«2*ß3 ã7 1 2 0.2291216062«6«(2*ß3)ß3*ß2 ã8 1 0J1«(Ï2)«2¾r ã9 9.300982661E¢16J¢1.662322494 Abb. 7.1: Die L¨osungen mit Res(f, z0 ) = = Res(f, z1 ) = = 17 z0 (z0 − z1 )(z0 − z2 ) √ 1 −6 j +2 3 √ √ = 3 2 12 · 3 z1 (z1 − z0 )(z1 − z2 ) 4 1 − √ = − √ 3 12 2 332 Zeile 6 fasst die Zeilen 3-5 in elegantem APL √ √ 1 + 3j · 3 − 3j 2 √ √ √ = √ 3 2 3 + 3j · 2 3j· 3 − 3j √ 1 √ 1 − 3 j ≈ 0.1323 − 0.2291 j , 632 4 1 √ √ = −√ 3 2 (−3 − 3 j) · (−3 + 3 j) ≈ −0.2646 , APL zusammen. 7 Meromorphe Funktionen 59 √ √ 1 − 3j · 3 + 3j z2 2 √ √ √ = √ Res(f, z3 ) = 3 (z2 − z0 )(z2 − z1 ) 2 −2 3 j · 3 − 3 j · 3 + 3 j √ √ 1 6 j +2 3 1 √ √ = √ = 1 + 3 j ≈ 0.1323 + 0.2291 j . 3 2 12 · 3 632 Alternativ kann der Grenzwert nach L’Hˆ opital weiter berechnet werden: z(z − zk ) (z − zk ) + z zk 1 Res(f, zk ) = lim f (z)(z − zk ) = lim = lim = 2 = 3 2 z→zk z→zk z + 2 z→zk 3z 3zk 3zk √ 3 (b) Alle Polstellen liegen auf einem Kreis um den Ursprung mit Radius 2 ≈ 1.26. Damit enth¨ alt weder die Kurve noch das Gebiet innerhalb der Kurve eine Polstelle und die Funktion ist in dem Gebiet holomorph. Nach Hauptsatz 5.3 gilt I f (z) dz = 0 . K(0,1) (c) Der Kreis enth¨ alt die Polstelle z1 . Er hat die Umlaufzahl 1. Nach dem Residuensatz gilt I 2π j ã9 f (z) dz = 2π j Res(f, z1 ) = − √ ≈ −1.662 j . ⋄ 332 K(−1,1) Satz 7.8 G sei ein Gebiet in C. (a) Ist f holomorph mit einer Nullstelle der Ordnung m in a ∈ G, so gelten: f′ hat einen Pol der Ordnung 1 in a. f ′ f (a2) Res ,a = m . f (a1) (b) Ist f holomorph auf G\{a} mit einem Pol der Ordnung m in a, so ist ′ f , a = −m Res f . Beweis: (a) Die Zerlegung f (z) = (z − a)m g(z) mit einer holomorphen Funktion g ohne Nullstelle in a erm¨ oglicht f ′ (z) f (z) = m(z − a)m−1 g(z) + (z − a)m g′ (z) m g′ (z) = + . (z − a)m g(z) z−a g(z) Da der letzte Summand holomorph in a ist, hat folgt Res f′ einen Pol der Ordnung 1 in a und es f f′ m , a = Res ,a = m . f z−a (b) Die Zerlegung f (z) = (z − a)−m g(z) mit einer holomorphen Funktion g ohne Nullstelle oder Pol in a erm¨ oglicht f ′ (z) f (z) = −m(z − a)−m−1 g(z) + (z − a)−m g′ (z) −m g′ (z) = + . −m (z − a) g(z) z−a g(z) Da der letzte Summand holomorph in a ist, hat folgt f′ einen Pol der Ordnung 1 in a und es f f′ −m Res , a = Res , a = −m . f z−a ′ f Damit gibt das Residuum Res , a Auskunft u ¨ ber eine Nullstelle oder einen Pol an der Stelle f a. ⋄ 60 I Analysis § 8 Numerische Integration nach Romberg 8.A Voraussetzungen Das Romberg-Verfahren zur numerischen Integration benutzt die Trapez-Regel f¨ ur fortgesetzte Intervallhalbierung H H (f (x0 ) + f (xn )) = (f (x0 ) + f (x0 + H)) 2 2 2m−1 Tm H X H + m· f x0 + (2i − 1) m 2 2 2 T1 = T (H) = Tm+1 = ; (8.1) (8.2) i=1 nach [24, 10.7 und 10.8, 90]. Die Grundidee f¨ ur das Romberg-Verfahren stammt von der in [24, 10.B, Seite 91] hergeleiteten Formel 4T2 − T1 S= 3 f¨ ur die Simpson-Regel. Die Herleitung verfolgte das Ziel, ein Polynom zweiten Grades exakt zu integrieren. Diese Formel integriert aber sogar Polynome dritten Grades exakt. Diese Idee wird f¨ ur Polynome h¨ oheren Grades weiter verfolgt. 8.B Romberg-Integration Bemerkung 8.1 (a) In dem Ansatz Ci = pSi+1 + qSi werden p und q so gew¨ ahlt, dass Polynome vierten Grades exakt integriert werden. Es ergeben sich • p= 16 15 1 q = − 15 , • Polynome f¨ unften Grades werden exakt integriert und • eine h¨ ohere Konvergenzgeschwindigkeit. (b) In dem Ansatz Di := pCi+1 + qCi werden p und q so gew¨ ahlt, dass Polynome sechsten Grades exakt integriert werden. Es ergeben sich • p= 64 63 1 q = − 63 , • Polynome siebten Grades werden exakt integriert und • eine h¨ ohere Konvergenzgeschwindigkeit. Dieses Verfahren wird verallgemeinert: Verfahren 8.2 (Romberg-Integration der Stufe n) Rb Integrals I = a f (x)dx berechnet das Rombergverfahren Zur n¨ aherungsweisen Berechnung des (a) in der Anlaufrechnung nach der Trapezregel mit fortgesetzter Intervallhalbierung (Gl. 8.1, 8.2) mit H := b − a T1 := Ti+1 := H (f (a) + f (b)) 2 i−1 2X 1 H H Ti + i−1 f a + (2j − 1) i 2 2 2 j=1 8 Numerische Integration nach Romberg 61 (b) im Aufbau eines Dreiecksschemas (das in einer Matrix gespeichert wird) Ri,o := Ti Ri,k := (i = 1, ..., n) 4k Ri+1,k−1 − 4k − 1 (Anlauf rechnung) Ri,k−1 k = 1, ..., n − 1 ; i = 1, ..., n − k Das Dreiecksschema wird dargestellt. Die erste Spalte enth¨ alt die Anlaufrechnung, die weiteren Spalten die Ergebnisse der einfach zu berechnenden zweiten Formel: / k R Ri,1 Ri,2 Ri,3 Ri,4 · · · · · · Ri,n−2 Ri,n−1 i,o i T1 S1 C1 D1 R1,4 · · · · · · R1,n−2 R1,n−1 T2 S2 C2 D2 R2,4 · · · · · · R2,n−2 .. . T3 S3 C3 D3 ··· ··· .. .. . . T4 S4 C4 ··· .. .. . . T5 S5 Rn−4,4 .. .. T6 . . Dn−3 .. .. . . Cn−2 .. . Sn−1 Tn (c) Das Ergebnis, also die beste N¨ aherung, steht in R1,n−1 . Bemerkung 8.3 (a) Ri,k ist exakt auf P2k+1 . (b) Die Genauigkeit der Ergebnisses h¨ angt von der Anzahl der signifikanten Stellen in der Anlaufrechnung ab. (c) Die Stufe n wird solange erh¨ oht, bis hinreichend viele Stellen im Ergebnis unver¨ andert bleiben. Hierbei k¨ onnen die bisherigen Ergebnisse im Schema benutzt werden. Beispiel 8.4 Integration der Monome ungeraden Grades bis elf auf dem Intervall [0, 4] mit dem Romberg-Verfahren sechster Stufe: • 12 4 î0 4 6 Romberg 't*1' 8.0000 8.0000 8.0000 8.0000 8.0000 8.0000 8.0000 8.0000 8.0000 8.0000 8.0000 .0000 8.0000 8.0000 8.0000 8.0000 .0000 .0000 8.0000 8.0000 8.0000 .0000 .0000 .0000 8.0000 8.0000 .0000 .0000 .0000 .0000 8.0000 .0000 .0000 .0000 .0000 .0000 Die Trapez-Regel integriert jedes Polynom 1. Grades exakt, folglich stimmen alle Werte der RombergTabelle mit dem Integralwert u ¨berein. • 12 4 î0 4 6 Romberg 't*3' 128.0000 80.0000 68.0000 65.0000 64.2500 64.0625 64.0000 64.0000 64.0000 64.0000 64.0000 .0000 64.0000 64.0000 64.0000 64.0000 .0000 .0000 64.0000 64.0000 64.0000 .0000 .0000 .0000 64.0000 64.0000 .0000 .0000 .0000 .0000 64.0000 .0000 .0000 .0000 .0000 .0000 Die Simpson-Regel integriert jedes Polynom dritten Grades exakt, folglich stimmen ab der zweiten Spalte alle Werte der Romberg-Tabelle mit dem Integralwert u ¨berein. • 12 4 î0 4 6 Romberg 't*5' 62 I Analysis 2048.0000 1088.0000 788.0000 709.2500 689.3281 684.3330 768.0000 688.0000 683.0000 682.6875 682.6680 .0000 682.6667 682.6667 682.6667 682.6667 .0000 .0000 682.6667 682.6667 682.6667 .0000 .0000 .0000 682.6667 682.6667 .0000 .0000 .0000 .0000 682.6667 .0000 .0000 .0000 .0000 .0000 Die dritte Spalte integriert jedes Polynom f¨ unften Grades exakt, folglich stimmen ab dieser Spalte alle Werte der Romberg-Tabelle mit dem Integralwert u ¨berein. Entsprechendes kann in den beiden folgenden Beispielen beobachtet werden. • 12 4 î0 4 6 Romberg 't*7' 32768.0000 11264.0000 16640.0000 8464.0000 10508.0000 8210.2500 8784.6875 8193.1602 8341.0420 8192.0728 8229.3151 .0000 • 8192.0000 8192.0000 8192.0000 .0000 .0000 .0000 8192.0000 8192.0000 .0000 .0000 .0000 .0000 8192.0000 .0000 .0000 .0000 .0000 .0000 12 4 î0 4 6 Romberg 't*9' 524288.0000 263168.0000 151268.0000 116968.3906 107918.4312 105624.9005 • 8277.3333 8193.3333 8192.0208 8192.0003 .0000 .0000 176128.0000 113968.0000 105535.1875 104901.7781 104860.3902 .0000 109824.0000 104896.0000 104857.6000 104857.6000 104973.0000 104857.7500 104857.6000 .0000 104859.5508 104857.6006 .0000 .0000 104857.6311 .0000 .0000 .0000 .0000 .0000 .0000 .0000 .0000 .0000 .0000 .0000 12 3 î0 4 7 Romberg 't*11' 8388608.000 4198400.000 2276348.000 1632883.965 1457825.828 1413098.029 1401854.625 2801664.000 1635664.000 1418395.953 1399473.116 1398188.762 1398106.824 .000 1557930.667 1403911.417 1398211.593 1398103.139 1398101.362 .000 .000 1401466.667 1398108.000 1398101.333 1398101.333 1398121.120 1398101.340 1398101.333 .000 1398101.417 1398101.333 .000 .000 1398101.334 .000 .000 .000 .000 .000 .000 .000 .000 .000 .000 .000 .000 .000 .000 .000 Kapitel II Wahrscheinlichkeitstheorie § 9 Einfu ¨ hrung in die Statistik 9.A Grundlagen Beispiel 9.1 (Beispiele diskreter, gleichverteilter Zufallsexperimente) (a) Werfen einer M¨ unze: Der Ereignisraum, die Menge aller Ereignis, ist Ω = {Z, W } . Bei 1 = 12 . einer idealen M¨ unze ist die Wahrscheinlichkeit f¨ ur jedes Ereignis P (Z) = P (W ) = |Ω| (b) W¨ urfeln: Der Ereignisraum ist Ω = {1, 2, 3, 4, 5, 6} . Die Wahrscheinlichkeitsverteilung Ω → [0, 1] eines idealen W¨ urfels ist P = . 1 ω 7→ 6 (c) Lotto spielen: Wie große ist die Wahrscheinlichkeit sechs Richtige zu tippen? Die Wahrscheinlichkeitsrechnung baut auf der Mengentheorie und der Integrationstheorie auf. Bei reellen Zahlen sind offene und abgeschlossene Intervalle und ihre Wahrscheinlichkeiten wichtig, sie bilden eine σ-Algebra. Definition 9.2 (σ-Algebra) Ω sei eine Menge, z.B. ein Ereignisraum und A ⊆ P(Ω) eine Menge von Teilmengen von Ω. A heißt σ-Algebra oder Ereignisalgebra, falls (a) Ω ∈ A , (b) A ∈ A =⇒ ∁Ω A = A ∈ A , (c) Ai ∈ A (i = 1, . . . , ∞) =⇒ ∞ [ i=1 Ai ∈ A . Satz 9.3 Ist A ein σ-Algebra mit A, B, Ai (i = 1, . . . , ∞) ∈ A, so gelten (a) A ∩ B ∈ A , ∞ \ (b) Ai ∈ A . i=1 Beweis: (a) A ∩ B = A ∪ B ∈ A (b) ∞ \ i=1 Ai = ∞ [ i=1 Ai ∈ A 63 64 II Wahrscheinlichkeitstheorie Beispiel 9.4 ∞ [ 1 1 (a) , 1− = (0, 1) i i i=2 (b) A = {∅, {1}, {2, 3}, {1, 2, 3}} ist eine σ-Algebra auf {1, 2, 3}. Definition 9.5 (Wahrscheinlichkeitsraum) (Ω, A, P ) heißt Wahrscheinlichkeitsraum mit der Wahrscheinlichkeit(sverteilung) P , falls (a) A ⊆ P(Ω) eine σ-Algebra (der Ereignisse) ist und (b) die (Kolmogorow1 -Axiome) f¨ ur die Abbildung P : A → [0, 1] gelten: (b1) P (Ω) = 1 , (b2) ∀A, B ∈ A : A ∩ B = ∅ =⇒ P (A ∪ B) = P (A) + P (B) . Die Wahrscheinlichkeiten disjunkter, unvereinbarer Ereignisse werden addiert. Definition und Satz 9.6 (Bedingte Wahrscheinlichkeit) (Ω, A, P ) sei ein Wahrscheinlichkeitsraum und A, B ∈ A. Dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Ereignis A eintritt, wenn das Ereignis B schon eingetreten ist P (A ∩ B) . P (A|B) = P (B) Satz 9.7 F¨ ur A, B ∈ A gelten P (A) = 1 − P (A) (a) A⊆B (b) =⇒ P (A) ≤ P (B) P (A ∪ B) = P (A) + P (B) − P (A ∩ B) (c) Beweis: (a) Dies folgt mit der disjunkten Zerlegung Ω = A ∪ A: 1 = P (Ω) = P (A ∪ A) = P (A) + P (A) . (b) Aus der disjunkten Zerlegung B = A ∪ (B\A) folgt P (B) = P (A ∪ B\A) = P (A) + P (B\A) ≥ P (A) . (c) Aus den disjunkten Zerlegungen (c1) A = (A\B) ∪ (A ∩ B) (c2) B = (B\A) ∪ (A ∩ B) (c3) A ∪ B = (A\B) ∪ (B\A) ∪ (A ∩ B) folgen P (A) = P (A\B) + P (A ∩ B) , P (B) = P (B\A) + P (B ∩ A) , also also P (A ∪ B) = P (A\B) + P (B\A) + P (A ∩ B) P (A\B) = P (A) − P (A ∩ B) , P (B\A) = P (B) − P (A ∩ B) , = P (A) − P (A ∩ B) + P (B) − P (A ∩ B) + P (A ∩ B) . ⋄ Beispiel 9.8 (Diskrete Wahrscheinlichkeiten) Ein endlicher Ereignisraum Ω mit voller σAlgebra A = P(Ω) heißt diskreter Wahrscheinlichkeitsraum. H¨ aufig wird pω = P (ω) gesetzt. Es gilt X pω = 1 . ω∈Ω 1 Andrej Nikolajewitsch Kolmogorow, russ. Mathematiker, 1903-1987 9 Einf¨ uhrung in die Statistik 65 Mit der zus¨ atzlichen Eigenschaft 1 ∀ω ∈ Ω pω = (=: p) , |Ω| heißt der Wahrscheinlichkeitsraum gleichverteilt. In diesem Fall gilt f¨ ur A ⊆ Ω X X 1 |A| P (A) = p= = |Ω| |Ω| ω∈A ω∈A Diese Formel wird als Anzahl der g¨ unstigen F¨ alle geteilt durch die Anzahl der m¨ oglichen F¨ alle“ ” gelesen. Beispiel 9.9 (Wu ¨ rfeln) (a) Einmal W¨ urfeln: Mit Ω = {1, 2, 3, 4, 5, 6} und A = P(Ω) ist P = verteilte Wahrscheinlichkeit f¨ ur einen idealen W¨ urfel. A → [0, 1] A 7→ |A| 6 die diskrete, gleich- (b) Zweimal W¨ urfeln: {1, 2, 3, 4, 5, 6}2 , P(Ω), P ist der diskrete, gleichverteilte Wahrscheinlichkeitsraum. Wegen 1 P ({(a, b)}) = P ({a}) · P ({b}) = 36 P {1, 2, 3, 4, 5, 6}2 → [0, 1] folgt P = . A 7→ |A| 36 Sei S das Ereignis Summe der Augen ist 6“. Mit S = {(1, 5), (2, 4), (3, 3), (4, 2), (5, 1)} ” |S| 5 folgt P (S) = = . 36 36 Beispiel 9.10 (vgl. [38, S. 131]) Folgende Aussagen zu einem Fuhrpark sollen analysiert werden: • A: Alle Fahrzeuge sind einsatzbereit.“ ” • B: Kein Fahrzeug ist einsatzbereit.“ ” • C: Mindestens ein Fahrzeug ist einsatzbereit.“ ” • D: H¨ ochstens ein Fahrzeug ist einsatzbereit.“ ” • E: Genau ein Fahrzeug ist einsatzbereit.“ ” Sprachlich ungenaue Angaben wie Ein Fahrzeug ist einsatzbereit.“ m¨ ussen vor der weiteren Ver” arbeitung pr¨ azisiert werden. Die Analyse kann mit unterschiedlichen Modellen durchgef¨ uhrt werden: (a) Der Ereignisraum Ω besteht aus den Anzahlen einsatzf¨ ahiger Fahrzeuge. Zur Vereinfachung der Darstellung bestehe der Fuhrpark aus drei Fahrzeugen! Dann ist und Ω = {0, 1, 2, 3} • A = {3} • B = {0} • C = {1, 2, 3} • D = {0, 1} • E = {1} A, B, E sind atomare Ereignisse und es gilt |P(Ω)| = 24 = 16. (b) Ak bezeichne das Ereignis Das k-te Fahrzeug ist einsatzbereit.“ Dann sind bei n Fahrzeugen ” 66 II Wahrscheinlichkeitstheorie • A= • B= • C= • n \ k=1 n \ k=1 n [ Ak Ak Ak k=1 D = B∪ = n \ k=1 A1 ∩ n \ k=2 Ak ! ∪ A2 ∩ n n [ \ Ak ∪ Ak Ai ∩ i=1 n \ k=1 k6=2 Ak ∪ A3 ∩ n \ k=1 k6=3 Ak ∪ . . . k=1 k6=i n n [ \ Ak • E =C∩D = Ai ∩ i=1 k=1 k6=i Die kombinatorischen Formeln aus [25, 3.D] werden wiederholt: Definition und Satz 9.11 (Variation) (a) Eine Variation (ohne Wiederholung) von k Gegenst¨ anden aus einer Menge von n Gegenst¨ anden ist eine Auswahl und Anordnung von k verschiedenen Elementen dieser Mengen. Damit gilt k ≤ n. Es gibt n! n · (n − 1) · (n − 2) · . . . · (n − k + 1) = (9.1) (n − k)! Variationen (ohne Wiederholung). (b) Eine Variation mit Wiederholung von k Gegenst¨ anden aus einer Menge von n Gegenst¨ anden ist eine Auswahl und Anordnung von k Elementen dieser Mengen. Hier kann k gr¨ oßer n sein. Es gibt nk Variationen mit Wiederholung. (c) Eine Kombination (ohne Wiederholung) von k Gegenst¨ anden aus einer Menge von n Gegenst¨ anden ist eine Auswahl von k verschiedenen Elementen dieser Mengen. Damit gilt k ≤ n. n! n Es gibt = Kombinationen (ohne Wiederholung). (9.2) k!(n − k)! k (d) Eine Kombination mit Wiederholung von k Gegenst¨ anden aus einer Menge von n Gegenst¨ anden ist eine Auswahl von k (nicht notwendig verschiedenen) Elementen dieser Mengen. k darf gr¨ oßer als n sein. (n + k − 1)! n+k−1 Es gibt = Kombinationen mit Wiederholung. (9.3) k!(n − 1)! k (e) P Eine Anordnung von n Gegenst¨ anden mit Identifikationsbereichen der Gr¨ oße i1 , . . . , ik mit k l=1 il = n ist eine Permutation mit Identifikation. Es gibt P k i ! n n−i l l=1 n! ik 1 = Qk = · ... (9.4) i1 ! · i2 ! · . . . il ! i1 i2 ik l=1 il ! Permutation mit Identifikation. Gl. 9.3 kann durch Induktion nach n bewiesen werden, s. [25, 3.D]. Alternativ k¨ onnen die n Elemente ¨ geordnet und in der Auswahl durch eine 0 dargestellt werden und die n−1 Uberg¨ ange zum n¨ achsten Element durch eine 1. Dann ist die gesuchte Anzahl der Kombinationen mit Wiederholung gleich der Anzahl der Kombinationen ohne Wiederholung von n−1 Elementen (den Positionen der trennenden Einsen) in der (n + k − 1)-elementigen Menge. Damit folgt Gl. 9.3 aus Gl. 9.2 ⋄ 9 Einf¨ uhrung in die Statistik 9.B 67 Zufallsvariable Als Beispiel einer Zufallsvariablen sei die Summe der Augen beim dreimaligen W¨ urfeln genannt. Dieser Begriff wird jetzt genauer definiert: Definition 9.12 (Zufallsvariable) Eine Zufallsvariable X ist eine Abbildung der Wahrscheinlichkeitsr¨ aume X : (Ω, A, P ) → (R, B, PX ) mit folgenden Eigenschaften: (a) ∀ω ∈ Ω : X(ω) ∈ R , (b) ∀B ∈ B : X −1 (B) ∈ A , (c) ∀B ∈ B : PX (B) = P (X −1 (B)) . Zur Vereinfachung wird h¨ aufig nur der Wahrscheinlichkeitsraum (R, B, PX ) betrachtet. Beispiel 9.13 (Stichprobe) Bei Stichproben sind die Zufallsgr¨ oßen Xi der Wiederholungen unabh¨ angig und identisch verteilt. (a) Augenzahlen beim W¨ urfeln: Xi sei die Augenzahl beim i-ten Wurf, also eine Zufallsvariable auf Ω = {1, 2, 3, 4, 5, 6}. Dann ist X = X1 + X2 + X3 eine Zufallsvariable auf Ω3 f¨ ur die Summe der Augenzahlen ur Die bei drei W¨ urfen und P (X ≤ 7) = P (X1 + X2 + X3 ≤ 7) die Wahrscheinlichkeit f¨ ” Augenzahl bei drei W¨ urfen ist kleiner oder gleich sieben.“ (b) Messfehler: Xi sei der Messfehler bei der i-ten Messung. Xi ist eine Zufallsvariable auf R. (c) Stichprobe: Xi sei das Ergebnis der i-ten Probe, also eine Zufallsvariable auf der Menge {0, 1} = { kein Ausschuss“, Ausschuss“} . ” ” H¨aufig wird die Wahrscheinlichkeit f¨ ur Ausschuss“ mit p bezeichnet, also P (Xi = 1) = p ” und P (Xi = 0) = 1 − p . Definition 9.14 (Verteilungsfunktion und Wahrscheinlichkeitsdichte) X : (Ω, A, P ) ↔ (R, B, PX ) sei eine Zufallsvariable. (a) Die Funktion F (x) = P (X ≤ x) heißt Verteilungsfunktion der Zufallvariablen X. (b) X heißt stetige Zufallsvariable, wenn es eine Wahrscheinlichkeitsdichte f : R → R≥0 gibt mit Z PX (B) = P ({ω ∈ Ω | ; X(ω) ∈ B}) = f (x) dx . B Bemerkung 9.15 (Eigenschaften der Verteilungsfunktion) (a) Die Verteilungsfunktion F ist monoton wachsend. (b) (c) (d) lim F (x) = F (x0 ) : Die Verteilungsfunktion ist rechtsseitig stetig. x→x+ 0 lim F (x) = 0 x→−∞ lim F (x) = 1 x→∞ Bemerkung 9.16 (Eigenschaften der Wahrscheinlichkeitsdichte) F¨ ur die Wahrscheinlichkeitsdichte f einer stetigen Zufallsvariablen gelten: Z ∞ (a) f (x) dx = 1 : Die Gesamtwahrscheinlichkeit ist eins. −∞ 68 II Wahrscheinlichkeitstheorie (b) lim f (x) = lim f (x) = 0 x→∞ x→−∞ (c) Nach [25, 27.2, Seite 159] ist F stetig. (d) Ist f stetig, so gilt F ′ = f . Beispiel 9.17 (Normalverteilung: eine stetige Verteilung) (a) Die Verteilungsfunktion 1 F (x) = P (X ≤ x) = √ 2π Z x ξ2 e− 2 dξ −∞ heißt Standardnormalverteilung. Ihre Dichtefunktion ist die Gaußsche Glockenkurve. (b) Die Verteilungsfunktion 1 F (x) = P (X ≤ x) = √ 2π · σ Z x e− (ξ−µ)2 2σ 2 dξ −∞ heißt Normalverteilung. Ihre Dichtefunktion ist eine verschobene und gestreckte Gaußsche Glockenkurve. Beweis: Zu zeigen sind: Z (a) ∞ ξ2 e− 2 dξ = √ 2π . −∞ Dies wird mit Hilfe ebener Polarkoordinaten nachgewiesen: Z ∞ Z ∞ Z Z ξ2 η2 ξ2 η2 e− 2 dξ e− 2 dη = e− 2 e− 2 dA = −∞ −∞ R2 Z 2π Z ∞ ξ2 +η 2 2 e− 2 R r2 ; du = r dr = e r dr dϕ u= 2 0 0 Z ∞ ∞ −u −u = 2π e du = 2π − e = 2π 2 − r2 0 (b) Z ∞ e− (ξ−µ)2 2σ 2 dξ = −∞ √ dA 0 2π · σ : Dies folgt mit der Substitution u = Definition 9.18 (Erwartungswert, Varianz) Wahrscheinlichkeitsdichte f : R → R≥0 Z ∞ µ = E(X) = xf (x) dx ξ−µ 1 , du = dξ . σ σ Ist X eine reelle Zufallsvariable, so ist mit der −∞ der Erwartungswert (Mittelwert) der Zufallsvariablen X. Im diskreten Fall gilt µ = E(X) = n X xi P (xi ) . i=1 Die Varianz ist definiert durch σ 2 (X) = V (X) = E((X − E(X))2 ) , die Streuung durch p p σ(X) = V (X) = E((X − E(X))2 ) . Zur Berechnung der Varianz kann der Verschiebungssatz eingesetzt werden: Satz 9.19 (Verschiebungssatz) E((X − E(X))2 ) = E(X 2 ) − E(X)2 9 Einf¨ uhrung in die Statistik 69 Beweis: E((X − µ)2 ) = E(X 2 − 2µX + µ2 ) = E(X 2 ) − 2µE(X) + µ2 = E(X 2 ) − 2µ2 + µ2 ⋄ Beispiel 9.20 (Binomialverteilung: eine diskrete Verteilung) Bei einer Stichprobe tritt das Ereignis A (Ausschuss) mit der Wahrscheinlichkeit p = P (A), das Ereignis A mit der Wahrscheinlichkeit q = 1 − p = p(A) auf. Beim n-maligem Wiederholen dieses Experiments ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Ereignis A k mal aufgetreten ist, gleich P (A, n, k) = n k n−k p q . k Nach dem Binomialsatz gilt n n X X n pk q n−k = (p + q)n = 1 , P (A, n, k) = k k=0 k=0 wie es sein muss! Mittelwert und Varianz werden berechnet: n n X X n! n µ = pk q n−k k pk q n−k = (k − 1)!(n − k)! k k=0 = np = np k=1 n X k=1 n−1 X k=0 n−1 X (n − 1)! (n − 1)! pk−1 q n−k = np pk q n−1−k (k − 1)!(n − k)! k!(n − 1 − k)! k=0 P (A, n − 1, k) = np n X σ 2 = E((X − µ)2 ) = E(X 2 ) − µ2 = = np = np = np = np = np = np n X k=1 n−1 X k=0 (n − 1)! k pk−1 q n−k (k − 1)!(n − k)! ! n k2 pk q n−k k ! − n 2 p2 − n 2 p2 (n − 1)! (k + 1) pk q n−1−k k!(n − 1 − k)! k=0 n−1 X ! − n 2 p2 ! n−1 X (n − 1)! (n − 1)! k n−1−k k n−1−k k p q + p q − n 2 p2 k!(n − 1 − k)! k!(n − 1 − k)! k=1 k=0 ! n−1 ! n−1 X X (n − 2)! (n − 1)p pk−1 q n−1−k + P (A, n − 1, k) − n2 p2 (k − 1)!(n − 1 − k)! k=1 k=0 ! ! n−2 X (n − 2)! (n − 1)p pk q n−2−k + 1 − n2 p2 k!(n − 2 − k)! k=0 ! ! n−2 X (n − 1)p P (A, n − 2, k) + 1 − n2 p2 k=0 = np ((n − 1)p + 1) − n2 p2 = np (np − p + 1) − n2 p2 = npq Beispiel 9.21 (Standardnormalverteilung) Die Wahrscheinlichkeitsdichte ist eine gerade Funktion, daher ist der Erwartungswert 0. Dies folgt auch aus der Tatsache, dass der Integrand ungerade x2 ist und mit der Substitution u = ; du = x dx 2 ∞ Z ∞ Z ∞ 2 − x2 −u −u xe dx = e du = − e = 1 0 0 0 70 II Wahrscheinlichkeitstheorie folgt, so dass 1 µ = √ 2π Z ∞ 2 − x2 xe −∞ 1 dx = √ 2π Z 0 2 xe − x2 −∞ dx + Z ∞ 2 − x2 xe 0 dx 1 = √ (−1 + 1) = 0 2π gilt. Die Varianz wird mit Hilfe der partiellen Integration berechnet: Z ∞ Z ∞ 2 x2 1 1 2 2 − x2 x e dx = √ x · x e− 2 dx σ = √ 2π −∞ 2π −∞ ∞ Z ∞ 2 x x2 x 1 9.17 = − √ · e− 2 +√ e− 2 dx = 0 + 1 = 1 2π 2π −∞ −∞ Beispiel 9.22 (Normalverteilung) Mit der Substitution u = (a) E(X) = = ⋄ x−µ 1 ; du = dx folgen σ σ Z ∞ Z ∞ 2 u2 1 σ − (x−µ) 2 2σ √ xe dx = √ (uσ + µ) e− 2 du 2πσ −∞ 2πσ −∞ Z ∞ Z ∞ u2 u2 µ σ √ u e− 2 du + √ e− 2 du = 0 + µ = µ 2π −∞ 2π −∞ 2 (b) E((X − E(X)) ) = = Z ∞ Z ∞ (x−µ)2 u2 1 σ 2 − 2σ 2 √ (x − µ) e dx = √ (uσ)2 e− 2 du 2πσ −∞ 2πσ −∞ Z ∞ 2 2 u σ √ u2 e− 2 du = σ 2 2π −∞ Diese Ergebnisse rechtfertigen das Benutzen der Variablen µ und σ in der Definition der Normalverteilung. Bemerkung 9.23 Die Bedeutung der Streuung l¨ asst sich durch die Angabe der Wahrscheinlichkeit f¨ ur das Auftreten der Ereignisses in den Intervallen [µ − kσ, µ + kσ] ; k = 1, 2, 3 gut veranschaulichen: k 1 2 3 9.C P (X ∈ [µ − kσ, µ + kσ]) .683 .954 .997 Sch¨ atzfunktionen fu oßen ¨ r statistische Gr¨ H¨ aufig wird f¨ ur ein Experiment“ eine Wahrscheinlichkeitsverteilung angenommen, die durch Stich” proben belegt werden soll. Die statistischen Gr¨ oßen dieser Verteilung, z.B. µ und σ bei der Normalverteilung, sind unbekannt und m¨ ussen gesch¨ atzt“ werden. Diese Sch¨ atzfunktionen m¨ ussen ” bestimmte Voraussetzungen erf¨ ullen: Definition 9.24 (Erwartungstreue, Konsistenz, Effizienz) Eine Sch¨ atzung F¯ (oder F¯ (n), bei einer Stichprobe aus n Experimenten) f¨ ur eine statistische Gr¨ oße F heißt (a) erwartungstreu, wenn E(F¯ ) = E(F ), (b) konsistent, wenn lim E F¯ (n) = E(F ) gilt; n→∞ (c) effizient, wenn es keine andere Sch¨ atzfunktion mit einer kleineren Varianz gibt. Eine weitere Fragestellung ist nat¨ urlich die Genauigkeit dieser Sch¨ atzung. Dies wird mit Hilfe von Konsistenz- oder Vertrauensintervallen angegeben. 9 Einf¨ uhrung in die Statistik 71 Satz 9.25 (Sch¨ atzung bei Normalverteilung) Unterliegen die Messfehler einer Messreihe {xi | i = 1, . . . , n} einer Normalverteilung, so sind n n 1X 1 X x ¯ := xi und S¯2 := (xi − x ¯)2 n n−1 i=1 i=1 erwartungstreue und konsistente Sch¨ atzungen f¨ ur den Mittelwert und die Varianz der Zufallsvariablen X. Vorausgesetzt wird hierbei nat¨ urlich, dass alle Messungen unabh¨ angig voneinander und gleichverteilt sind, die Zufallsvariablen X1 , . . . , Xn also stochastisch unabh¨ angig sind. Dies hat E(Xi Xj ) = E(Xi )E(Xj ) zur Folge. Beweis: n ¯ E(X) ¯ lim E X(n) n→∞ E(S¯2 ) = E 1X Xi n i=1 = ! = n n i=1 i=1 1X 1X E(Xi ) = µ = µ n n lim µ = µ = E(X) n→∞ n = E 1 X ¯ 2 (Xi − X) n−1 i=1 = = = = 1 n−1 n X i=1 ! n 1 X ¯ 2 = E (Xi − X) n−1 i=1 ¯ + E(X ¯ 2) E(Xi2 ) − 2E(Xi X) 2 n n X X 1 1 E(Xi2 ) − 2E Xi 1 Xj + E Xj n−1 n n i=1 j=1 j=1 n n n X X 1 X 2 1 E(Xi2 ) − E (Xi Xj ) + 2 E (Xj Xl ) n−1 n n i=1 j=1 j,l=1 n n n X 1 2 2X 1 X 2 2 E(Xi )E(Xj ) + 2 E(Xj2 ) E(Xi ) − E(Xi ) − n−1 n n j=1 n n X i=1 j6=i + j=1 n 1 X E(Xj )E(Xl ) n2 j,l=1 l6=j 9.19 = = lim E S¯2 (n) n→∞ = n X 2 1 2(n − 1) n2 − n 2 (σ + µ ) 1 − + +µ − + n n n n2 i=1 n n−1 n−1 2 2 2 (σ + µ ) +µ − = σ2 n−1 n n 1 n−1 2 2 lim σ 2 = σ 2 = E((E(X) − µ)2 ) n→∞ F¨ ur die Varianz der Sch¨ atzung des Mittelwerts gilt !2 n X ¯ − E(X)) ¯ 2) = E X ¯ 2 − µ2 = E 1 E((X Xi − µ2 n i=1 n n 1 X X = E Xi Xj − µ2 n2 i=1 j=1 n n X X 1 1 = 2 E Xi2 + 2 E(Xi )E(Xj ) − µ2 n n i,j=1 i=1 j6=i ⋄ 72 II Wahrscheinlichkeitstheorie n2 − n 2 1 n−1−n 2 σ2 2 9.19 1 2 2 µ − µ = + µ ) + = E X2 + (σ µ . n n2 n n n F¨ ur wachsendes n geht die Varianz der Sch¨ atzung gegen null. Auch dies ist ein Nachweis der Konsistenz. = Satz 9.26 (Sch¨ atzung bei Binomialverteilung) F¨ ur die gesuchte Wahrscheinlichkeit p eines Ereignisses A bei einer Stichprobe von n Experimenten (Bernoulli-Experiment) bezeichne X(n) die Zufallsvariable f¨ ur die Anzahl der aufgetretenen Ereignisse A. Dann ist X(n) P¯ := n eine erwartungstreue und konsistente Sch¨ atzung f¨ ur die Wahrscheinlichkeit. Beweis: Wegen E(X) = np und σ 2 (X) = np(1 − p) folgen E(P¯ ) = np 9.D 1 p(1 − p) σ 2 (P¯ ) = 2 σ 2 (X) = . n n und ⋄ Vertrauensintervall fu ¨ r Mittelwert Aufgabe 9.27 F¨ ur den Mittelwert µ einer normalverteilten Zufallsvariablen soll ein Vertrauensintervall angegeben werden, in dem µ mit der Wahrscheinlichkeit ε liegt. Bei vielen Anwendungen wird ε = .95 oder ε = .99 gew¨ ahlt. L¨ osung: X¯ ist normalverteilt mit Erwartungswert µ und der Varianz Verteilungsfunktion ¯ ≤ x) = √ P (X Gesucht ist w mit √ n 2π · σ Z x e− (ξ−µ)2 ·n 2σ 2 σ2 n (Satz 9.25) mit der dξ . −∞ ¯ −w ≤ µ ≤ X ¯ + w) = P (|X ¯ − µ| ≤ w) = P (µ − w ≤ X ¯ ≤ µ + w) ε = P (X √ Z µ+w 2 (ξ−µ) ·n n = √ e− 2σ2 dξ 2π · σ µ−w r Z w√n/ √ Z µ+w 2 ·n σ (ξ−µ) u2 2n 2 = √ e− 2σ2 dξ = e− 2 du π·σ µ π 0 √ n mit der Substitution u = (ξ−µ) . du = σ S¯ ersetzt. Hiermit ist auch gezeigt, dass n σ (9.6) (9.7) dξ. Ist σ nicht bekannt, so wird es durch die Sch¨ atzung √ ¯ n(X−µ) standardnormalverteilt ist und σ √ √ √ P (− w n/σ ≤ Z ≤ w n/σ) = P (|Z| ≤ w n/σ) • die Zufallsvariable Z = ¯ − µ| ≤ w) = • ε = P (|X √ (9.5) gilt. Die Aufgabenstellung mit eine normalverteilten Zufallsvariablen ist damit a ¨quivalent zu einer Aufgabenstellung mit einer standardnormalverteilten Zufallsvariablen. Da diese Verteilungsfunktion tabelliert vorliegt, kann man Ihre Werte relativ einfach n¨ aherungsweise bestimmen. Wir werden die Aufgabe mit Hilfe der numerischen Integration l¨ osen: √ Gesucht ist also eine Stelle v = w σ n mit r Z Z v 2 1 2 v − ξ2 − ξ2 ε = P (−v ≤ Z ≤ v) = √ e dξ = e 2 dξ , π 0 2π −v vσ aus der w = √ berechnet werden kann. n (9.8) (9.9) 9 Einf¨ uhrung in die Statistik 73 Beispiel 9.28 Gegeben sei eine Messreihe f¨ ur eine gegebene Gr¨ oße {11, 12, 11, 10, 9, 13, 14, 11, 12, 12, 11, 13, 15, 11, 12, 10, 9, 10, 11, 13} . Gesucht ist das 99%-Konfidenzintervall f¨ ur den wahren Mittelwert µ. ¯ = 11.5, f¨ Der Sch¨ atzwert f¨ ur den Mittelwert ist X ur die Streuung S¯ = 1.57. Der in r Z v ξ2 2 0.99 = e− 2 dξ π 0 gesuchte Wert v wird numerisch ermittelt. Der APL-Aufruf der Romberg-Integration 1 ¢1Ù((2ßÏ1)*.5)«0 2 20 Romberg '*-.5«t*2' liefert einen N¨ aherungswert 0.9544997361 f¨ ur v = 2. Dieser Wert wird durch das Newton-Verfahren verfeinert. Gesucht ist die Nullstelle der Funktion r Z v ξ2 2 e− 2 dξ − 0.99 , g(v) = π 0 die durch den APL-Aufruf des Newton-Verfahrens mit dem Anfangswert v = 2 und der RombergIntegration mit 5 Spalten berechnet wird, s. Abb. 9.1. In der Ergebniszeile bedeuten • • • • • • 0: Das Newton-Verfahren hat eine Nullstelle gefunden, 2.575824555: die gefundene N¨aherung der Nullstelle, 5: die Anzahl der Iterationen, 2.575799146: die vorletzte N¨aherung, 0: keine Bedeutung, ¢1.621247581E¢11: Funktionswert der N¨aherung der Nullstelle. 11.5 messû11 12 11 10 9 13 14 11 12 12 11 13 15 11 12 10 9 10 11 13 ,Xû(+/mess)ßÒmess ,Sû((+/(mess-X)*2)ߢ1+Òmess)*.5 1.572795031 fktû'((2ßÏ1)*.5)«*-.5«t*2' ,vû2 Newton '¢.99+Ù1 ¢1Ù0 t 5 Romberg fkt' fkt 0 2.575824555 5 2.575799146 0 ¢1.621247581E¢11 X+¢1 1«S«v[2℄ß(Òmess)*.5 10.59411429 12.40588571 Abb. 9.1: Berechnung mit APL Damit ist das gesuchte Ergebnis v = 2.58 und aus Gl. 9.9 und 9.5 folgt 10.59 ≤ µ ≤ 12.41 mit einer Wahrscheinlichkeit von 99%. Kapitel III Algebra § 10 Gruppen 10.A Untergruppen Definition einer Gruppe und erste Beispiele finden Sie in [25, 5.A, Seite 22]. Wir definieren ganz allgemein die Eigenschaften, die bei Verkn¨ upfungen untersucht werden sollen: Definition 10.1 M sei eine Menge, auf der eine Verkn¨ upfung ◦ definiert ist. Es gibt also eine Abbildung, die je zwei Elementen a, b der Menge M ein Element a ◦ b zuordnet, dass jedoch nicht notwendig in dieser Menge liegt. Die Menge mit Verkn¨ upfung (M, ◦) (a) ist abgeschlossen (b) ist assoziativ ⇐⇒ ⇐⇒ ∀a, b ∈ M : a ◦ b ∈ M , ∀a, b, c ∈ M : (a ◦ b) ◦ c = a ◦ (b ◦ c), (c) hat ein rechtsneutrales Element (d) hat rechtsinverse Elemente (e) ist kommutativ (Abgeschlossenheit) ⇐⇒ ⇐⇒ ⇐⇒ (Assoziativgesetz) ∃ e ∈ M ∀a ∈ M : a ◦ e = a, (Neutrales Element) ∀a ∈ M ∃ a−1 ∈ M : a ◦ a−1 = e, ∀a, b ∈ M : a ◦ b = b ◦ a, (Inverses Element) (Kommutativgesetz) Wird die Verkn¨ upfung als Addition geschrieben, so heißt das neutrale Element Nullelement und inverse werden als negative Elemente bezeichnet. Wird die Verkn¨ upfung als Multiplikation geschrieben, so heißt das neutrale Element Einselement und ein inverses Element wird auch als Kehrwert oder reziprokes Element bezeichnet. Zun¨ achst wird die Unterscheidung zwischen rechts- und linksneutral und rechts- und linksinvers bei assoziativen Verkn¨ upfungen aufgehoben: Satz 10.2 Ist (M, ◦) assoziativ mit rechtsneutralem Element e und rechtsinversen Elementen, so gelten: (a) Ein rechtsinverses Element ist linksinvers, es wird als inverses Element bezeichnet. (b) Das inverse Element ist eindeutig festgelegt. (c) (a ◦ b)−1 = b−1 ◦ a−1 −1 (d) a−1 =a (e) Das rechtsneutrale Element ist linksneutral, es wird als neutrales Element bezeichnet. (f ) Das neutrale Element ist eindeutig festgelegt. (g) In (M, ◦) sind Gleichungen eindeutig l¨ osbar: a ◦ x = b 74 ⇒ x = a−1 ◦ b. 10 Gruppen 75 Beweis: (a) Zu zeigen ist a ◦ a−1 = e ⇒ a−1 ◦ a = e : Aufgrund der Assoziativit¨ at kann man Klammern beliebig setzen, ich lasse sie der Einfachheit −1 −1 halber weg. a bezeichnet das zu a−1 inverse Element. −1 10.1(c) 10.1(d) = a−1 ◦ a ◦ e = a−1 ◦ a ◦ a−1 ◦ a−1 a−1 ◦ a −1 10.1(b) −1 −1 10.1(b) = a−1 ◦ a ◦ a−1 ◦ a−1 = a ◦ e ◦ a−1 −1 10.1(d) 10.1(c) = a−1 ◦ a−1 = e (b) Ist a′ ein weiteres zu a inverses Element, so gilt 10.1(c) a−1 = (a) = a−1 ◦ e 10.1(d) = a−1 ◦ (a ◦ a′ ) 10.1(b) (a′ ◦ a) ◦ a′ = 10.1(b) a′ ◦ (a ◦ a′ ) = (a) (a−1 ◦ a) ◦ a′ = e ◦ a′ 10.1(d) = a′ ◦ e 10.1(c) = a′ . (c) (a ◦ b)−1 ist das einzige zu a ◦ b inverse Element. Wegen 10.1(b) 10.1(d) (a ◦ b) ◦ b−1 ◦ a−1 = a ◦ b ◦ b−1 ◦ a−1 = a ◦ e ◦ a−1 10.1(c) = a ◦ a−1 10.1(d) = 10.1(b) = (a ◦ e)◦ a−1 e ist auch b−1 ◦ a−1 zu a ◦ b invers, somit gilt Gleichheit. uhrt. (d) Zu zeigen ist: a ist zu a−1 invers, also a−1 ◦ a = e. Dies ist in (a) ausgef¨ (e) Aufgrund des Assoziativit¨ at lasse ich wieder alle Klammern weg: e◦a 10.1(d) = (a) a ◦ a−1 ◦ a = a ◦ e 10.1(c) = a (f) F¨ ur ein weiteres neutrales Element f gilt f 10.1(c) = (a) f ◦e = e. (g) Sind x1 und x2 L¨ osungen der Gleichung a ◦ x = b, so folgt aus a ◦ x1 = a ◦ x2 durch Multiplikation von links mit a−1 sofort x1 = x2 . Sind x1 und x2 L¨ osungen der Gleichung x ◦ a = b, so folgt aus x1 ◦ a = x2 ◦ a durch Multiplikation von rechts mit a−1 sofort x1 = x2 . Definition 10.3 (Halbgruppen und Gruppen) (M, ◦) heißt (a) Halbgruppe, wenn ◦ eine abgeschlossene und assoziative Verkn¨ upfung auf M ist. Zus¨ atzlich kann sie kommutativ sein und / oder ein neutrales Element haben und heißt dann (kommutative) Halbgruppe (mit neutralem Element). (b) Gruppe, wenn ◦ eine abgeschlossene und assoziative Verkn¨ upfung mit neutralem und inversen Elementen auf M ist. Zus¨ atzlich kann sie kommutativ sein. Kommutative Gruppen heißen auch abelsche1 Gruppen. Beispiel 10.4 Beispiele f¨ ur Gruppen und Halbgruppen sind: (a) Halbgruppen mit neutralem Element: (N0 , +) und (R(n,n) , ·), die Menge aller (n,n)-Matrizen mit der Matrix-Multiplikation. (b) kommutative Halbgruppen ohne neutrales Element: (N, +) , (2Z, ·). (c) kommutative Halbgruppen mit neutrales Element: (Z\{0}, ·), (R(n,n) , ·). (d) abelsche Gruppen: (Z, +), (Q, +), (R\{0}, ·), (C\{0}, ·). (e) nicht-abelsche Gruppen: (e1) allgemeine lineare Gruppe (GL(R, n), ·) des Grades n: invertierbare nn-Matrizen mit der Matrizenmultiplikation, 1 Niels Henrik Abel, norw. Mathematiker, 1802 - 1829 76 III Algebra (e2) die symmetrische Gruppe Sn des Grades n aller Permutationen von n Elementen. Beispiel 10.5 Wir betrachten die Symmetriegruppe S3 des gleichseitigen Dreiecks: Bezeichnet man die Punkte des gleichseitigen Dreiecks mit A, B, C die Spiegelungen, deren Achsen durch einen Punkt geht und orthogonal zur gegen¨ uber liegenden Seite steht mit SA , SB , SC , so besteht die Symmetriegruppe aus {Id = e, D120◦ , D240◦ , SA , SB , SC }. Sie hat damit gleich viele Elemente wie S3 und stimmt somit mit dieser Gruppe u ¨ berein. Id = SA = A B C A B C A B C A C B , , D120◦ = SB = A B C B C A A B C C B A , , D240◦ = SC = A B C C A B A B C B A C , C SB A SA SC B Abb. 10.1: Kongruenzen gleichseitiges Dreieck Bei dieser Darstellung wird der Punkt der ersten Zeile auf den Punkt der zweiten Zeile abgebildet. Bei der folgenden Gruppentafel ist zu beachten, dass die Hintereinanderausf¨ uhrung von Abbildungen von rechts nach links durchzuf¨ uhren ist. Die Gruppentafel ist in Abb. 10.2 enthalten. ⋄ (S3 , ◦) Id D120◦ D240◦ SA SB SC Id D120◦ D240◦ SA SB SC Id D120◦ D240◦ SA SB SC D120◦ D240◦ Id SB SC SA D240◦ Id D120◦ SC SA SB SA SC SB Id D240◦ D120◦ SB SA SC D120◦ Id D240◦ SC SB SA D240◦ D120◦ Id Abb. 10.2: Gruppentafel der Symmetriegruppe S3 Definition 10.6 (Ordnung) Die Ordnung |G| einer Gruppe G ist die Anzahl ihrer Elemente. Eine endliche Gruppe hat nur endlich viele Elemente: |G| < ∞. Definition 10.7 (Untergruppen) Eine Teilmenge U einer Gruppe (G, ◦) heißt Untergruppe (U ≤ G), wenn sie selbst eine Gruppe ist. Dies gilt, falls (a) U das neutrale Element e der Gruppe enth¨ alt, (b) mit zwei Elementen u, v ∈ U auch deren Verkn¨ upfung u ◦ v in U liegt, (c) mit jedem Element auch dessen Inverses in U liegt (u ∈ U → u−1 ∈ U ). Echte Untergruppen sind echte Teilmengen der Gruppe (U < G). Beispiel 10.8 Die Drehungen mit der identischen Abbildung bilden eine Untergruppe der Ordnung 3 der Symmetriegruppe S3 . Jede Spiegelung bildet mit der identischen Abbildung eine Untergruppe der Ordnung 2. Welcher Zusammenhang besteht bei endlichen Gruppen zwischen der Ordnung der Gruppe und der Ordnung einer Untergruppe? Hierzu untersuchen wir Definition 10.9 (Nebenklassen) F¨ ur U < G und g ∈ G ist (a) U g = {u ◦ g | u ∈ U } eine Rechtsnebenklasse und (b) gU = {g ◦ u | u ∈ U } eine Linksnebenklasse. 10 Gruppen 77 In (R2 , +) ist jede Ursprungsgerade ein Untergruppe. Die Nebenklassen sind die um einen Vektor verschobenen Geraden. Diese liegen alle parallel zur Ursprungsgerade. Satz 10.10 F¨ ur U < G gelten: (a) Alle Links- und Rechtsnebenklassen enthalten gleich viele Elemente. (b) Rechtsnebenklassen sind identisch oder disjunkt, Linksnebenklassen ebenso. Beweis: Der Beweis wird nur f¨ur Linksnebenklassen gef¨uhrt, er kann auf offensichtliche Weise auf Rechtsnebenklassen u ¨ bertragen werden. (a) Die Abbildung Φ = U u → gU 7 → g◦u ist injektiv und surjektiv, also bijektiv: • Aus g ◦ u1 = g ◦ u2 folgt durch Linksmultiplikation mit g−1 sofort u1 = u2 . Damit ist Φ injektiv. • die Surjektivit¨ at ist offensichtlich. (b) Sei g1 U ∩ g2 U 6= ∅ und w ein Element dieses Durchschnitts. Dann gibt es u1 , u2 ∈ U mit w = g1 ◦ u1 = g2 ◦ u2 Damit gilt und g2 = g1 ◦ u1 ◦ u−1 2 . −1 g2 U = (g1 ◦ u1 ◦ u−1 2 )U = g1 ◦ (u1 ◦ u2 U ) = g1 U . ⋄ Die Gruppe wird damit in gleich große Nebenklassen zerlegt. W¨ ahlen wir aus jeder Nebenklasse ein Repr¨ asentanten (Vertreter), so erhalten wir Definition 10.11 (Repr¨ asentantensystem, Faktormenge) Die Menge aller Linksnebenklassen wird mit G/U = {gU | g ∈ G} bezeichnet. W¨ ahlen wir f¨ ur U ≤ G aus jeder Linksnebenklasse genau ein Element, so erhalten wir ein Linksnebenklassenvertretersystem R(G, U ). Die Ordnung des Repr¨ asentantensystems heißt Index der Untergruppe: |G : U | := |R(G, U )| Analog erhalten wir ein Rechtsnebenklassenvertretersystem. Bemerkung 10.12 (a) F¨ ur n ∈ N ist nZ ≤ (Z, +) und Z/n Z = {0, 1, . . . , n − 1} mit i = i + nZ, der Menge aller ganzen Zahlen mit Rest i bei Division durch n. Es gilt i + j = i + j. Damit ist ( Z/n Z, +) auf nat¨ urliche Art wieder eine abelsche Gruppe. (b) In nicht-abelschen Gruppen ist nicht jede Faktormenge auf nat¨ urlich Art eine Gruppe. F¨ ur g1 U ◦ g2 U = g1 ◦ (U g2 ) ◦ U = (g1 ◦ g2 )(U ◦ U ) = (g1 ◦ g2 )U braucht man die Eigenschaft U g2 = g2 U , dass eine Rechtsnebenklasse auch eine Linksnebenklasse ist. Siehe hierzu 10.15. Satz 10.13 (Lagrange2 ) Ist U eine Untergruppe einer endlichen Gruppe G, so gilt |G| = |U | · |R(G, U )| . Insbesondere ist die Ordnung der Untergruppe ein Teiler der Ordnung der Gruppe. Beweis: Nach 10.10 haben alle Nebenklassen gleiche Ordnung. Mit der disjunkten Zerlegung in Linksnebenklassen erhalten wir X [ |G| = gU = |gU | = |R(G, U )| · |U | . g∈R(G,U ) g∈R(G,U ) ⋄ Beispiel 10.14 Abb. 10.3 zeigt den Untergruppengrafen der Gruppe S3 . Eingetragen sind die Indizes der Untergruppen u ¨ ber den darunter liegenden Untergruppen. 2 Joseph-Louis Lagrange, it. Mathematiker, 1736 (Turin) - 1813 (Paris) 78 III Algebra S3 2 3 {Id, D120◦ , D240◦ } {Id, SA } 3 2 3 3 {Id, SB } 2 {Id, SC } 2 {Id} Abb. 10.3: Untergruppengraf S3 10.B Normalteiler und Faktorgruppe Wie das Multiplikationszeichen wird das Verkn¨ upfungszeichen meist nicht geschrieben. Diese Gewohnheit m¨ ochte ich im Folgenden u ¨ bernehmen. Definition und Satz 10.15 (Normalteiler) Eine Untergruppe N ≤ G ist ein Normalteiler N E G, wenn jede Linksnebenklasse auch eine Rechtsnebenklasse ist. Dies ist ¨ aquivalent zu ∀g ∈ G : gN = N g . Bei Normalteilern spricht man daher von Nebenklassen und Nebenklassenvertretersystemen. Beweis: Ist N g eine Linksnebenklasse, so gibt es ein h ∈ G mit N g = hN . Damit gibt es ein u ∈ N mit g = hu und es gilt gN = (hu)N = h(uN ) = hN = N g . ⋄ Satz 10.16 Eine Untergruppe des Index 2 in einer Gruppe ist ein Normalteiler. Beweis: G sei eine Gruppe, U eine Untergruppe und g ∈ G\U . Wegen |G : U | = 2 gelten die Zerlegungen ˙ g = U ∪gU ˙ G = U ∪U und damit U g = G\U = gU , die Bedingung f¨ ur U ⊳ G. ⋄ Beispiel 10.17 Die Drehungen mit der identischen Abbildung bilden eine Untergruppe des Index 2 in der Symmetriegruppe S3 . Sie ist damit ein Normalteiler. Jede Spiegelung bildet mit der identischen Abbildung eine Untergruppe der Ordnung 2 und des Index 3. Sie sind keine Normalteiler. Satz 10.18 (Faktorgruppe) F¨ ur einen Normalteiler N E G ist G/N = {gN | g ∈ R(G, N )} mit eine Gruppe. Sie heißt Faktorgruppe. (gN ) ◦ (hN ) := (gh)N Beweis: (a) Die Verkn¨ upfung ist wohldefiniert: g1 N = g2 N ∧ h1 N = h2 N → g1 h1 N = g1 h2 N = g1 N h2 = g2 N h2 = g2 h2 N . (b) Abgeschlossenheit und Assoziativit¨ at folgen direkt aus der Gruppeneigenschaft von (G, ◦). (c) Das neutrale Element ist N . (d) Zu gN ist g−1 N invers. 10 Gruppen 10.C 79 Gruppenhomomorphismus Definition 10.19 (Gruppenhomomorphismus und Kern) (a) Eine Abbildung ϕ : G 7→ H zwischen den Gruppen (G, ◦) und (H, ∗) heißt Gruppenhomomorphismus, wenn sie verkn¨ upfungstreu ist: ∀g1 , g2 ∈ G : ϕ(g1 ◦ g2 ) = ϕ(g1 ) ∗ ϕ(g2 ) (b) ker ϕ = {g ∈ G | ϕ(g) = eH } ist das Urbild des neutralen Elements in H und heißt Kern des Gruppenhomomorphismus ϕ. Homomorphe Gruppen sind a ¨hnlich, es spielt keine Rolle, ob in G oder H verkn¨ upft wird. Dies veranschaulicht man durch ein kommutatives Diagramm, siehe Abb. 10.4. Es gilt der Satz 10.20 F¨ ur einen Gruppenhomomorphismus ϕ : (G, ◦) → (H, ∗) gelten: (d) Das Bild bil ϕ = {ϕ(g) | g ∈ G} ist eine Untergruppe von H. H ×H ∗ ❄ (c) ker ϕ ist ein Normalteiler. ✲ ◦ (a) ϕ(eG ) = eH (b) ϕ(g−1 ) = ϕ(g)−1 ϕ×ϕ G×G ❄ ϕ G ✲ H Abb. 10.4: Kommutatives Diagramm Beweis: (a) Rechts- oder Linksmultiplikation der Gleichung ϕ(eG ) ∗ ϕ(eG ) = ϕ(eG ◦ eG ) = ϕ(eG ) mit ϕ(eG )−1 liefert ϕ(eG ) = eH . (b) ϕ(g) ∗ ϕ(g−1 ) = ϕ(g ◦ g−1 ) = ϕ(eG ) = eH (c) ker ϕ ist abgeschlossen: F¨ ur k1 , k2 ∈ ker ϕ gilt ϕ(k1 ◦ k2 ) = ϕ(k1 ) ∗ ϕ(k2 ) = eH . Die Assoziativit¨ at folgt aus dieser Eigenschaft der Gruppe. Nach den ersten beiden Punkten liegt das neutrale Element im Kern und mit jedem Element enth¨ alt er auch sein Inverses. ker ϕ ist ein Normalteiler: Zu zeigen ist f¨ ur jedes g ∈ G : g ker ϕ = (ker ϕ) g. Diese Gleichung ist durch Rechtsmultiplikation mit g−1 ¨ aquivalent zu g ker ϕ g−1 = ker ϕ. Dies wird in zwei Schritten gezeigt: (c1) g ker ϕ g−1 ⊆ ker ϕ: F¨ ur k ∈ ker ϕ gilt ϕ(g ◦ k ◦ g−1 ) = ϕ(g) ∗ ϕ(k) ∗ ϕ(g−1 ) = ϕ(g) ∗ eH ∗ (ϕ(g))−1 = eH . (c2) ker ϕ ⊆ g ker ϕ g−1 : (c1) ker ϕ = (g−1 ◦ g) ker ϕ (g−1 ◦ g) = g−1 ◦ (g ker ϕ g−1 ) ◦ g ⊆ g ker ϕ g−1 (d) Wegen ϕ(g1 ) ∗ ϕ(g2 ) = ϕ(g1 ◦ g2 ) ist bil ϕ abgeschlossen. Als Teilmenge von H gilt die Assoziativit¨ at. (a) liefert das neutrale Element in bil ϕ, (b) die inversen Elemente. ⋄ Satz 10.21 (Faktorisierung) F¨ ur einen Gruppenhomomorphismus ϕ : (G, ◦) → (H, ∗) ist die induzierte Abbildung ϕ¯ : G/ker ϕ → H g ker ϕ 7→ ϕ(g) ein injektiver Gruppenhomomorphismus. 80 III Algebra Beweis: (a) ϕ¯ ist wohldefiniert: g1 ker ϕ = g2 ker ϕ g1 ◦ g2−1 ∈ ker ϕ → → ϕ(g1 ) = ϕ(g2 ) → eH = ϕ(g1 ◦ g2−1 ) = ϕ(g1 ) ∗ ϕ(g2 )−1 (b) ϕ¯ ist injektiv: ϕ(g1 ) = ϕ(g2 ) → ϕ(g1 ◦ g2−1 ) = eH (R, +) → (R× , ·) r 7→ er → g1 ker ϕ = g2 ker ϕ ⋄ Beispiel 10.22 (a) exp := hat den Kern {0}: (a1) exp(r + s) = er+s = er · es = exp(r) · exp(s). (a2) 1 = exp(r) = er (b) expe2π j := ⇐⇒ r = 0. (R, +) → (C× , ·) r 7→ e2πr j hat den Kern Z. (b1) expe2π j (r + s) = e2π j(r+s) = e2π j r · e2π j s = expe2π j (r) · expe2π j (s). (b2) 1 = expe2π j (r) = e2π j r (c) det := ⇐⇒ (GL(n, R), ·) → (R× , ·) A 7 → det(A) r ∈ Z. hat den Kern SL(n, R)3 : (c1) det(A · B) = det(A) · det(B) nach dam Multiplikationssatz [26, 3.7, Seite 21]. ⇐⇒ A ∈ SL(n, R). (c2) det(A) = 1 (d) F¨ ur ein Element g einer Gruppe G ist der Kern der Abbildung expg := (Z, +) → G n 7→ gn eine Untergruppe von Z, also {0} oder nZ, wobei n die kleinste positive ganze Zahl mit gn = e ist4 . In der Gruppe S3 (s. 10.5) haben die Spiegelungen Ordnung 2 und die Drehungen um 120◦ und 240◦ Ordnung 3. 10.D Zyklische Gruppen Definition 10.23 (Ordnung eines Gruppenelements) F¨ ur ein Element g einer Gruppe G setzen wir die Ordnung von g ∞ ∀n ∈ N : gn 6= e |g| := n n = min{m ∈ N | gm = e} Satz 10.24 F¨ ur g ∈ G gelten (a) Die Abbildung Z/|g|Z → G n + |g|Z 7→ gn (b) < g >:= {gn | n ∈ Z} ≤ G. (c) In endlichen Gruppen gilt |g| |G|. 3 4 ist injektiv. Spezielle lineare Gruppe: Matrizen mit Determinante 1. Zur Notation g n siehe 10.28 10 Gruppen 81 Beweis: (a) Wegen ker(expg ) = |g|Z folgt dies aus 10.21. (b) < g >= bil(expg ) ist nach 10.20(d) eine Untergruppe. (c) |g| = | < g > | |G| nach dem Satz von Lagrange 10.13. Definition 10.25 (Zyklische Gruppe) Eine Gruppe G heißt zyklisch, wenn sie ein Element g enth¨ alt, das die ganze Gruppe erzeugt: G =< g >. Beispiel 10.26 (a) Z =< 1 >, Z/n Z =< 1 + nZ > als additive Gruppe. (b) Z× =< −1 > als multiplikative Gruppe. (c) (Q, +) ist nicht zyklisch. ⋄ Aufgabe 10.27 Ein Gruppe von Primzahlordnung ist zyklisch. Bemerkung 10.28 Es ist u upfungszeichen ◦“ zu unterdr¨ ucken und statt g ◦ h“ ¨ blich, das Verkn¨ ” ” einfach gh“ zu schreiben. Ferner bedeutet, wie bei der Multiplikation, gn = g ◦ g ◦ g . . . ◦ g . Dies ” | {z } n Faktoren ist die multiplikative Notation einer Gruppe und ihrer Verkn¨ upfung. Der weitere Text unterliegt dieser Konvention. Zum Abschluss dieses Paragrafen wird eine f¨ ur die Untersuchung der Galoisfelder wichtige Aussage bewiesen. Ich beginne mit einem vorbereitenden Hilfssatz zur Ordnung einer Verkn¨ upfung von zwei Elementen. Ist g ∈ G ein beliebiges Element ungleich e, so zeigt, 1 = |e| = |gg−1 | < |g| , dass die Ordnung auch kleiner werden kann. In besonderen F¨ allen ist sie aber auch gleich dem Produkt der Ordnungen: Hilfssatz 10.29 F¨ ur zwei Elemente a und b einer abelschen Gruppe G gelten: (a) |ab| kgV(|a|, |b|) (b) ggT(|a|, |b|) = 1 =⇒ |ab| = |a| |b|: Die Ordnung einer Verkn¨ upfung von Elementen teilerfremder Ordnung ist gleich dem Produkt der Ordnungen dieser Elemente. (c) ∃c ∈ G : |c| = kgV(|a|, |b|). Beweis: (a) Da kgV(|a|, |b|) ist ein Vielfaches von |a| und von |b| ist, gilt (ab)kgV(|a|,|b|) = akgV(|a|,|b|)bkgV(|a|,|b|) = ee = e . (b) Nach (a) ist n := |ab| ein Teiler von kgV(|a|, |b|) und damit von |a||b|. Es gibt also nat¨ urliche Zahlen r, s mit n = |ab| = r · s , r |a| , s |b| und damit gilt f¨ ur geeignete t, u ∈ N |a| = rt |b| = su . Aus e = (ab)n = an bn folgt a−n = bn und da ein Element und sein Inverses dieselbe Ordnung haben, erhalten wir: anu = b−rsu = b−r|b| = e =⇒ |a| nu =⇒ |a| n bnt = a−rst = a−s|a| = e =⇒ |b| nt =⇒ |b| n 82 III Algebra Die jeweils letzte Implikation nutzt, dass |a| und u, bzw. |b| und t teilerfremd sind. Dies folgt aus der Teilerfremdheit von |a| und |b|. Insgesamt gilt damit |a| |b| n = |ab| ≤ kgV(|a|, |b|) ≤ |a| |b| , so dass u ¨ berall Gleichheit steht. (c) F¨ ur diesen Beweis muss die Primfaktorzerlegung der Ordnungen herangezogen werden. Mit m¨ oglichen Exponenten null seien n n n Y Y Y max(αi , βi ) |a| = pαi i und |b| = pβi i und damit kgV(|a|, |b|) = pi . i=1 i=1 i=1 Nach (b) gen¨ ugt es zu zeigen, dass es Elemente ci der Ordnung haben dann teilerfremde Ordnung. max(αi , βi ) pi gibt, denn diese F¨ ur ein gew¨ ahltes i ∈ {1, . . . , n} sei ohne Einschr¨ ankung αi ≥ βi , also max(αi , βi ) = αi . Dann hat Qn ci := a j=1 j6=i α pj j Ordnung pαi i . Satz 10.30 In einer abelschen Gruppe ist die Ordnung jedes Elements ein Teiler der maximalen Ordnung eines Elements. Beweis: ([30, 4.8]) Sei G eine abelsche Gruppe, m = max{|g| | g ∈ G} und a ∈ G mit |a| = m. F¨ ur ein beliebiges Element g ∈ G der Gruppe gibt es nach 10.29(c) ein Element b der Ordnung kgV(m, |g|). Damit erhalten wir kgV(m, |g|) = |b| ≤ m ≤ kgV(m, |g|) Dies bedeutet |g| m. und damit m = kgV(m, |g|) . ⋄ Zusatz 10.31 Hat in einer abelschen Gruppe jede Gleichung xn = e h¨ ochsten n L¨ osungen, so ist diese Gruppe zyklisch. Beweis: Nach 10.30 sei g ∈ G das Element maximaler Ordnung m. Dann l¨ost jedes Element der Gruppe die Gleichung xm = e, sie hat also |G| L¨ osungen. Insgesamt gilt mit 10.13 m = |g| |G| ≤ m, so dass u ⋄ ¨ berall Gleichheit gilt. Insbesondere ist < g >= G zyklisch. Beispiel 10.32 (a) In der Gruppe S3 (s. 10.5) gibt es Elemente der Ordnung 3 (D120◦ , D240◦ ) und Elemente der Ordnung 2 (SA , SB , SC ), aber keine Element der Ordnung 6. Ferner gilt in S3 nach Abb. 10.2, S. 76 SA ◦ D120◦ = SB und SA ◦ SB = D120◦ . Im ersten Fall ist hat das Produkt zweier Elemente der Ordnungen 2 und 3 die Ordnung 2, im zweiten Fall hat das Produkt zweier Elemente der Ordnung 2 die Ordnung 3. Diese Beispiel Zeigen, dass Aussagen dieses Abschnitts zu abelschen Gruppen nicht allgemein f¨ ur Gruppen gelten. (b) Eine n-te Einheitswurzel ist eine komplexe Zahl, deren n-te Potenz eins ergibt. Die Menge der n-ten Einheitswurzeln ist multiplikativ abgeschlossen. Mit der Multiplikation bildet sie eine Untergruppe von (C× , ·). Die n-ten Einheitswurzeln sind genau die L¨ osungen der Gleichung z n = 1 oder die Nullstellen von p(z) = z n − 1 in C. Damit gibt es h¨ ochsten n n-te Einheitswurzeln und nach 10.31 ist 2π j 2π n diese Gruppe zyklisch. Sie wird von der primitiven n-ten Einheitswurzel e = cos n + j sin 2π erzeugt. n 11 Euklidische Ringe 83 § 11 Euklidische Ringe Literatur: L¨uneburg [30] 11.A Kommutative Ringe mit Eins Ein Ring erlaubt zwei Verkn¨ upfungen eine Addition und einer Multiplikation. Definition 11.1 (Ring) Eine Menge R mit einer Addition + und einer Multiplikation · heißt (kommutativer) Ring (mit Eins) (R, +, ·), falls 1. (R, +) ist eine kommutative Gruppe: (1.1) (1.2) (1.3) (1.4) (1.5) ∀m, n ∈ R : m + n ∈ R ∀m, n, o ∈ R : (m + n) + o = m + (n + o) ∃0 ∈ R ∀m ∈ R : 0 + m = m ∀m ∈ R ∃n ∈ R : m + n = 0 ∀m, n ∈ R : m + n = n + m (R ist abgeschlossen unter +) (+ ist assoziativ) (neutrales Element: Nullelement) (inverses El.: negativer Wert: n := −m) (+ ist kommutativ) 2. (R, ·) ist eine (kommutative) Halbgruppe mit neutralem Element: (2.1) (2.2) (2.3) (2.4) ∀m, n ∈ R : m · n ∈ R ∀m, n, o ∈ R : (m · n) · o = m · (n · o) ∃1 ∈ R ∀m ∈ R : 1 · m = m ∀m, n ∈ R : m · n = n · m (R ist abgeschlossen unter ·) ( · ist assoziativ) (neutrales Element: Einselement) ( · ist kommutativ) 3. Die Multiplikation ist distributiv u ¨ber der Addition: (3.1) ∀m, n, o ∈ R : m · (n + o) = m · n + m · o (· ist distributiv u ¨ber +) Das neutrale Element der Addition heißt Null(-element) und wird mit 0 bezeichnet, das neutrale Element der Multiplikation heißt Eins(-element) und wird mit 1 bezeichnet. Die Menge aller invertierbaren Elemente (Elemente mit einer Inversen) wird mit R× bezeichnet. Definition 11.2 (K¨ orper) Ein kommutativer Ring mit Eins (K, +, ·) heißt K¨ orper, falls er zus¨ atzlich multiplikative Inverse hat: (inverses Element: reziproker Wert: n := m−1 ) (2.5) ∀m ∈ K\{0} ∃n ∈ K : m · n = 1 Ich fasse einige grundlegende Eigenschaften in allen Ringen in einem Satz zusammen: Satz 11.3 F¨ ur alle a ∈ R gelten (a) 0 · a = 0 , (b) (−1) · a = −a . Beweis: (1.4) (1.3) (a) 0 · a = (0 + 0) · a = 0 · a + 0 · a ⇒ 0=0·a Die Implikation folgt durch Addition von −(0 · a) auf beiden Seiten (b) Zu zeigen ist a + (−1) · a = 0 : (2.3) (3.1) (1.4) a + (−1) · a = 1 · a + (−1) · a = (1 + (−1)) · a = 0 · a = 0 ⋄ Beispiel 11.4 R bezeichne einen kommutativen Ring mit Eins. (a) Jeder K¨ orper ist ein Ring. Damit sind Q, R, C K¨ orper und kommutative Ringe mit 1. (b) F¨ ur einen Ring R mit Eins ist die Menge aller Polynome R[x] mit der u ¨ blichen Polynomaddition und Polynommultiplikation wieder ein Ring mit Eins, aber kein K¨ orper, selbst wenn 1 R ein K¨ orper ist: x ist kein Polynom. 84 III Algebra (c) Die Menge aller Potenzreihen R[[x]] ist ein Ring mit Eins mit der u ¨ blichen Addition und Multiplikation von Potenzreihen. (d) F¨ ur einen K¨ orper K ist die Menge aller formalen Laurentreihen K{x} nach Satz 7.3 ein K¨ orper. (e) der Ring M (n, R) aller Matrizen des Grades n u ¨ ber dem kommutativen Ring R mit Eins mit der u ¨ blichen Addition und Multiplikation von Matrizen ist ein nicht-kommutativer Ring mit Eins: 0 1 0 0 · 0 0 0 1 = 0 1 0 0 und 0 0 0 1 · 0 1 0 0 = 0 0 0 0 Wichtige Teilmengen eines Rings sind Ideale: Definition 11.5 (Ideal) Eine Teilmenge I eines Rings R (I ⊆ R ) heißt Ideal, falls (a) ∀a, b ∈ I : a + b ∈ I (I ist abgeschlossen unter der Addition.) (b) ∀a ∈ I ∀r ∈ R : r·a ∈ I (I ist abgeschlossen unter R-Multiplikation.) Definition 11.6 R sei ein kommutativer Ring mit Eins. (a) F¨ ur jedes a ∈ R ist aR = {ar | r ∈ R} die Menge aller Vielfachen von a. Sie heißen Hauptideale und sind nach 11.7(c) Ideale. (b) Die Menge R× aller (multiplikativ) invertierbaren Elemente in R ist nach 11.7(e) multiplikativ abgeschlossen und enth¨ alt das Einselement. Sie ist damit eine Gruppe und heißt Einheitengruppe. In einem kommutativen Ring ist sie abelsch. Satz 11.7 F¨ ur ein Ideal I des Rings R mit Eins gelten: (a) a ∈ I ⇒ (b) aR ⊆ bR − a∈I ⇐⇒ a ∈ bR ⇐⇒ ∃r ∈ R : a = rb ⇐⇒ b|a. (c) Jede Vielfachmenge aR = {ar | r ∈ R} ist ein Ideal. (d) Gilt aR = R, so hat a ein inverses Element in R und ist eine Einheit. (e) R× ist multiplikativ abgeschlossen. (f ) u ∈ R ist Einheit, genau dann wenn uR = R. Beweis: (a) a ∈ I ⇒ − a = (−1) · a (b) Da R ein Ring mit Eins ist, gilt dies offensichtlich. (c) • F¨ ur r1 , r2 ∈ R ist ar1 + ar2 = a(r1 + r2 ) ∈ aR . • F¨ ur r1 , r2 ∈ R ist r1 ar2 = a(r1 r2 ) ∈ aR . (d) Aus R ⊆ aR folgt 1 ∈ aR. Damit gibt es ein Element b ∈ R mit ab = 1, das zu a inverse Element. (e) F¨ ur a, b ∈ R× gilt (ab)R = a(bR) = aR = R . Folglich liegt auch ab in R× . (f) Wegen (d) bleibt zu zeigen, dass f¨ ur eine Einheit u ∈ R auch uR = R gilt. Es R ⊆ uR zu zeigen: Es gibt v ∈ R mit uv = 1. Hieraus folgt f¨ ur ein r ∈ R sofort r = 1 · r = u · vr ∈ uR . ⋄ Zusatz 11.8 Ein kommutativer Ring mit 1 ohne echte Ideale (außer Nullideal und ganzem Ring) ist ein K¨ orper. 11 Euklidische Ringe 85 Beweis: F¨ur ein Element a 6= 0 des Rings R ist aR ein Ideal ungleich dem Nullideal. Folglich ⋄ gilt aR = R und a ist invertierbar nach 11.7(d). Satz 11.9 (Faktorring) F¨ ur ein Ideal I ⊆ R eine kommutativen Rings ist R/I = {r + I | r ∈ R(R, I)} mit • (r1 + I) + (r2 + I) := (r1 + r2 ) + I • (r1 + I) · (r2 + I) := (r1 r2 ) + I ein Ring, er heißt Faktorring R/I . Hat R eine Eins, so auch R/I . Beweis: (a) Addition und Multiplikation sind wohldefiniert: F¨ ur r1 + I = s1 + I ∧ r2 + I = s2 + I gelten: • (r1 + r2 ) + I = r1 + (r2 + I) = r1 + (s2 + I) = (r1 + I) + s2 = (s1 + I) + s2 = (s1 + s2 ) + I • Zu zeigen ist (r1 r2 + I) = (s1 s2 + I), also r1 r2 − s1 s2 ∈ I: Aus r1 − s1 ∈ I und r2 − s2 ∈ I folgt (r1 − s1 )r2 + (r2 − s2 )s1 ∈ I und damit r1 r2 −s1 r2 + r2 s1 −s2 s1 ∈ I . | {z } =0 (b) Abgeschlossenheit, Assoziativit¨ at und Distributivit¨ at folgen direkt aus der Ringeigenschaft von (R, +, ·). (c) Das neutrale Element (bez¨ uglich der Addition, also das Nullelement) ist I. ⋄ (d) Zu r + I ist das negative (additiv inverse) Element (−r) + I. 11.B Ringhomomorphismus und Faktorisierung Definition 11.10 (Ringhomomorphismus und Kern) (a) Eine Abbildung ψ : R1 7→ R2 zwischen den Ringen R1 und R2 heißt Ringhomomorphismus, wenn sie verkn¨ upfungstreu ist: ∀r, s ∈ R1 : ψ(r + s) = ψ(r) + ψ(s) ∀r, s ∈ R1 : ψ(r · s) = ψ(r) · ψ(s) (b) ker ψ = {r ∈ R1 | ψ(r) = 0} ist das Urbild des neutralen Elements und heißt Kern des Ringhomomorphismus ψ. Homomorphe Ringe sind ¨ ahnlich, es spielt keine Rolle, ob in R1 oder R2 addiert oder multipliziert wird. Dies veranschaulicht man durch ein kommutatives Diagramm, siehe Abb. 11.1. ψ×ψ R1 × R1 + + ❄ ψ R1 (a) Z → Q a 7→ a Es gilt der Satz 11.12 ker ψ ist ein Ideal. (b) ❄ ✲ R2 Abb. 11.1: Kommutatives Diagramm Beispiel 11.11 Als einfache Beispiele betrachte ich die Einbettungen ✲ R2 × R2 Z → Z[x] a 7→ a 86 III Algebra Beweis: F¨ur k1 , k2 ∈ ker ψ und r ∈ R1 gelten ψ(k1 + k2 ) = ψ(k1 ) + ψ(k2 ) = 0 + 0 = 0 ψ(r · k1 ) = ψ(r) · ψ(k1 ) = ψ(r) · 0 = 0 ⋄ Satz 11.13 (Faktorisierung) F¨ ur einen Ringhomomorphismus ϕ : R1 → R2 ist die induzierte Abbildung ϕ¯ : R1/ker ϕ → R2 r + ker ϕ 7→ ϕ(r) ein injektiver Ringhomomorphismus. Beweis: (a) ϕ¯ ist wohldefiniert: r1 + ker ϕ = r2 + ker ϕ → r1 − r2 ∈ ker ϕ → 02 = ϕ(r1 − r2 ) = ϕ(r1 ) − ϕ(r2 ) → ϕ(r1 ) = ϕ(r2 ) (b) ϕ¯ ist injektiv: ϕ(r1 ) = ϕ(r2 ) → ϕ(r1 − r2 ) = 02 → r1 + ker ϕ = r2 + ker ϕ → r1 − r2 ∈ ker ϕ ⋄ Beispiel 11.14 Der Ringhomomorphismus ϕ= R[x] → C r ∈ R 7→ r x 7→ j ist surjektiv. Sein Kern enth¨ alt (x2 + 1)R[x] . Wir zeigen im n¨ achsten Abschnitt die Gleichheit 2 ker ϕ = (x + 1)R[x] . 11.C Euklidischer Ring Definition 11.15 (Nullteiler) Ist das Produkt zweier Ringelemente a, b ∈ R\{0} null, so heißen diese Nullteiler. Beispiel 11.16 (a) Die beiden Matrizen in Beispiel 11.4(d) sind Nullteiler in M (2, R). (b) Ist n ∈ N keine Primzahl, so kann n = rs als Produkt zweier Zahlen r, s ∈ {2, . . . , n − 1} geschrieben werden. Dann ist (r + nZ) · (s + nZ) = (rs + nZ) = nZ = ¯ 0 in Z/n Z. Die ganzen Zahlen haben keine Nullteiler, ¨ ahnliche Ringe sollen allgemein weiter untersucht werden: Definition 11.17 (Integrit¨ atsbereich) Ein kommutativer Ringe mit Eins ohne Nullteiler heißt Integrit¨ atsbereich. Die ganzen Zahlen erlauben ein Ordnung, einen Gr¨ oßenvergleich ihrer Elemente. Auch diese Idee wird verallgemeinert: Definition 11.18 (Euklidischer5 Ring) Ein Integrit¨ atsbereich heißt euklidischer Ring, wenn es eine Funktion d : R\{0} → N0 = N ∪ {0} gibt mit (a) ∀r, s ∈ R\{0} : d(rs) ≥ max{d(r), d(s)} (b) ∀r, s ∈ R\{0}∃u, v ∈ R : r = us + v ∧ (v = 0 ∨ d(v) < d(s)) 11 Euklidische Ringe 87 Diese Funktion heißt euklidische Norm oder euklidischer Betrag. Beispiel 11.19 (a) Z mit d(z) = |z| ist ein euklidischer Ring. (b) F¨ ur einen K¨ orper K ist K[x] mit d(p(x)) = grad p ein euklidischer Ring. Durch Polynomdivision werden u und v aus 11.18(b) berechnet. Satz 11.20 In einem euklidischen Ring R gelten: (a) Jedes Ideal I ist ein Hauptideal I = 0R = {0} oder I = aR mit d(a) = min{d(b) | b ∈ I\{0}}. Damit ist jeder euklidische Ring ein Hauptidealring. (b) F¨ ur a, b ∈ R gelten aR + bR = ggT(a, b)R und (c) aR ∩ bR = kgV(a, b)R ∃u, v ∈ R : au + bv = ggT (a, b) Beweis: (a) Offensichtlich gilt aR ⊆ I. F¨ ur b ∈ I gibt es nach 11.18(b) u, v ∈ R mit b = ua + v und d(v) < d(a) ∨ v = 0. Wegen v = b − au ∈ I kann d(v) < d(a) nicht sein. Folglich gilt v = 0 und damit b = au ∈ I. (b) a und b sind Vielfache von ggT(a, b), daher ist nach 11.7(b) aR + bR ⊆ ggT(a, b)R. Umgekehrt ist nach (b) aR+bR = cR ein Hauptideal mit c|a und c|b. Hieraus folgt c| ggT(a, b) und damit ggT(a, b)R ⊆ cR = aR + bR. Der Zusatz ist wegen 1 ∈ R offensichtlich. Die Berechnung von u und v kann mit Hilfe des euklidischen Algorithmus erfolgen. (c) Wegen a| kgV(a, b) und b| kgV(a, b) folgt kgV(a, b)R ⊆ aR ∩ bR =: cR. Aus der letzten Gleichheit folgt a|c und b|c und damit kgV(a, b)|c und cR ⊆ kgV(a, b)R. ⋄ Beispiel 11.21 In Z gilt ggT (21, 98) = 7 . Folglich ist 21Z + 98Z = 7Z und es gibt ganze Zahlen u und v mit der Eigenschaft 7 = 21u + 98v . Die Berechnung von u und v kann mit dem erweiterten Euklidischen Algorithmus durchgef¨ uhrt werden: Hier wird zun¨ achst der gr¨ oßte gemeinsam Teile durch sukzessive Division mit Rest bestimmt. R¨ uckw¨ artsrechnen liefert dann u und v: 98 = 4 · 21 + 14 → 14 = 98 + 21 · (−4) 21 = 1 · 14 + 7 → 7 = 21 + 14 · (−1) 14 = 2·7+0 Ist der Rest gleich 0, so endet das Verfahren. Der gr¨ oßte gemeinsame Teiler ist der Rest der vorletzten Zeile, also 7. Die R¨ uckw¨artsrechnung liefert 7 = 21 + 14 · (−1) = 21 + (98 + (−4) · 21)(−1) = 21 · (1 + 4) + 98 · (−1) = 21 · 5 + 98 · (−1) . Diese Zerlegung ist nicht eindeutig. Mit folgt 294 = kgV(21, 98) = 21 · 14 = 98 · 3 7 = 21 · 5 + 98 · (−1) + 21 · 14 − 98 · 3 = 21 · 19 + 98 · (−4) . Satz 11.22 In einem euklidischen Ring R sind folgende Aussagen a ¨quivalent: (a) u ist eine Einheit (∃˜ u : u˜ u = 1 oder ¨ aquivalent uR = R). (b) ∀a ∈ R\{0} : d(ua) = d(a) (c) d(u) = d(1) (d) ∃a ∈ R\{0} : d(ua) = d(a) 5 Euklid von Alexandria, gr. Mathematiker, ca. 365 - ca. 300 v. Chr. 88 III Algebra Beweis: (a) ⇒ (b): d(a) ≤ d(au) ≤ d(au˜ u) = d(a·1) = d(a) (b) ⇒ (c): Setze a = 1. (c) ⇒ (d): W¨ ahle a = 1. (d) ⇒ (a): Nach 11.20(a) ist uaR = aR. Damit gibt es ein v ∈ R mit a = auv. Wegen a 6= 0 ist uv = 1 und damit u eine Einheit. ⋄ Definition 11.23 Zwei Elemente a, b ∈ R heißen teilerfremd, falls ggT(a, b) = 1 oder nach 11.20(b) aR + bR = R gilt. Satz 11.24 F¨ ur Elemente a, b, c eines euklidischen Rings, wobei a und b teilerfremd sind, folgt aus a|bc auch a|c. Beweis: Da a und b teilerfremd sind gibt es u, v ∈ R mit 1 = au + bv. Aus dieser mit c multiplizierten Gleichung c = c · 1 = cau + cbv folgt a|bcv + cau und damit a|c . ⋄ Definition 11.25 (Primelement) Ein Element p eines euklidischen Rings R heißt Primelement, falls aus einer Faktorisierung p = ab folgt, dass a oder b eine Einheit ist. Satz 11.26 F¨ ur eine Element p eines euklidischen Rings R sind a ¨quivalent: (a) p ist Primelement. (b) pR ist ein maximales Ideal. (c) R/pR ist kommutativer Ring mit Eins ohne nicht-trviale (oder echte) Ideale6 . (d) R/pR ist K¨ orper. Beweis: (a) ⇒ (b): pR ⊆ aR → a|p → ∃b ∈ R : p = ab. Es gibt zwei F¨ alle: – a ist Einheit: aR = R. – b ist Einheit: aR = abR = pR. (b) ⇒ (c): Ist I ein Ideal in R/pR, so bezeichne J := ϕ−1 (I) das Urbild von I unter dem Homomorphismus ϕ : R→ R/pR : r 7→ r + pR. Dann ist J ein Ideal mit I = J /pR. Wegen J = pR oder J = R hat R/pR keine echten Ideale. (c) ⇒ (d): Dies folgt aus Zusatz 11.8. (d) ⇒ (a): Aus p = ab folgt a|p und pR ⊆ aR. Da ein K¨ orper keine echten Ideale besitzt, gibt es zwei F¨ alle: – aR = R: a ist Einheit. – aR = pR = abR: In diesem Fall gibt es ein u ∈ R mit a = abu, woraus wegen 0 = a(1 − bu) und a 6= 0 sofort 1 = bu folgt, so dass b eine Einheit ist. Damit folgt aus p = ab, dass a oder b eine Einheit ist und p ist eine Primelement. Bemerkung 11.27 F¨ ur k, n ∈ Z gelten: (a) F¨ ur ggT(k, n) = 1 ist k + nZ eine Einheit in Z/n Z. (b) F¨ ur ggT(k, n) = r > 1 ist k + nZ ein Nullteiler in Z/n Z. (c) Z/n Z ist genau dann ein K¨ orper, wenn n eine Primzahl ist. 6 Keine Ideale außer{0} und R 11 Euklidische Ringe 89 Beweis: Die Beweise werden mit Hilfe von 11.20(b) gef¨uhrt. (a) Aus 1 = ku + nv folgt ku − 1 ∈ nZ, also ist (k + nZ) · (u + nZ) = 1 + nZ. (b) Aus r = ku + nv und rw = n mit 0 < w < n folgen w + nZ 6= nZ und (k + nZ) · (uw + nZ) = kuw + nZ = (rw − nvw) + nZ = n(1 − vw) + nZ = nZ . (c) Alle Elemente außer Null sind nach (a) und (b) Einheiten oder Nullteiler. Nur f¨ ur n prim sind alle Elemente außer Null Einheiten. ⋄ 11.D Polynomring Primelemente eines Polynomrings heißen irreduzible Polynome. Der Polynomring K[x] u ¨ ber einen K¨ orper K ist nach 11.19(b) ein euklidischer Ring, es gilt also nach 11.26 der Satz 11.28 F¨ ur ein Polynom f ∈ K[x] eines Polynomrings u orper sind ¨ aquivalent: ¨ber einem K¨ (a) f ist irreduzibel. (b) f K[x] ist ein maximales Ideal. (c) K[x]/f K[x] ist K¨ orper. Satz 11.29 Der Polynomring u orper besitzt unendlich viele irreduzible Polynome. ¨ber einem K¨ Beweis: Der Beweis wird nach Euklid indirekt gef¨uhrt: Angenommen, es g¨abe nur endlich viele irreduzible Polynome p1 , . . . , pn . Dann gilt f¨ ur eines dieser Polynome, sagen wir pj ! n Y pj pk + 1 . k=1 Hieraus folgt pj n Y pk k=1 ! +1− n Y pk k=1 ! =1, ⋄ ein Widerspruch! Beispiel 11.30 Der Ringhomomorphismus in 11.14 ist surjektiv und hat den Kern (x2 + 1)R[x] . Nach 11.13 gilt ker ϕ = R[x]/(x2 + 1)R[x] ∼ = R[j] = C . R[x]/(x2 + 1)R[x] hat die R-Basis {1 + (x2 + 1)R[x], x + (x2 + 1)R[x]}, die auf {1, j} abgebildet wird. Satz 11.31 Ist K ein K¨ orper und f irreduzibel in K[x] des Grades n, so gelten (a) K → 1 7→ K[x]/f K[x] 1 + f K[x] ist eine Einbettung. (b) {x0 = 1+f K[x], x+f K[x], x2 +f K[x], . . . , xn−1 +f K[x]} ist eine u angige ¨ber K linear unabh¨ Menge, sie ist eine K-Basis von K[x]/f K[x] . (c) dimK K[x]/f K[x] = n . 90 III Algebra Beweis: (a) Dies ist offensichtlich. (b) Ist diese Menge linear abh¨ angig, dann gibt es a0 , . . . , an−1 ∈ K mit n−1 X woraus f ai xi folgt. Ein Gradvergleich liefert einen Widerspruch! n−1 X i=0 ai xi ∈ f K[x] , i=0 Aufgrund des euklidischen Algorithmus kann jedes Polynom g ∈ K[x] mit Rest durch f geteilt werden: Es gibt Polynome q, r ∈ K[x] mit g(x) = q(x)f (x) + r(x) mit r = 0 ∨ grad r < grad f . Damit kann g +f K[x] = r +f K[x] u ¨ ber {x0 = 1+f K[x], x+f K[x], x2 +f K[x], . . . , xn−1 + f K[x]} linear kombiniert werden. (c) Dies folgt aus (b). ⋄ 12 Galoisk¨ orper 91 § 12 Galoisk¨ orper Literatur: L¨uneburg [30] Ziel dieses Paragrafen ist die Beschreibung aller endlichen K¨ orper. Alle endlichen K¨ orper sind K¨ orpererweiterungen ihres Primk¨ orpers (s. unten). Daher untersuchen wir zun¨ achst K¨ orpererweiterungen. Die Bestimmung der Automorphismengruppen stellt die Verbindung zur Gruppentheorie her. Mit diesen beiden Techniken k¨ onnen die endlichen K¨ orper klassifiziert werden. Die Ergebnisse der Untersuchung dieser K¨ orper werden in der Nachrichtentechnik angewandt. 12.A Ko ¨rpererweiterung Definition und Satz 12.1 (Charakteristik) F¨ ur einen K¨ orper K hat die Abbildung Z → K ϕ : a 7→ 1 + . . . + 1 | {z } a Summanden nach 11.26 oder 11.27 den Kern ker ϕ = pZ f¨ ur eine Primzahl p oder ker ϕ = {0}, denn der Faktorring darf keine Nullteiler enthalten. Die Charakteristik des K¨ orpers K wird festgelegt durch p ker ϕ = Z/p Z char K = . 0 ker ϕ = {0} Hat K Primzahlcharakteristik, so bettet die Faktorisierung von ϕ nach 11.13 Z/p Z in K ein und es gilt p · 1 = |1 + .{z . . + 1} = 0. p Summanden Der Primk¨ orper des K¨ orper K ist der kleinste in K enthaltene K¨ orper. Dieser ist isomorph zu Z/p Z f¨ ur char K = p und zu Q f¨ ur char K = 0 . Definition 12.2 K ⊆ L sei eine K¨ orpererweiterung und f ∈ K[x]. l ∈ L heißt Nullstelle von f , wenn f (l) = 0 gilt. Gilt f (x) = (x − l)m · g(x) mit g(l) 6= 0, so heißt m die Vielfachheit von l als Nullstelle von f . Eine K¨ orpererweiterung wird auch durch L|K bezeichnet. Wenn im Weiteren keine Angaben gemacht werden, ist K immer ein Teilk¨ orper des K¨orpers L. Satz 12.3 F¨ ur eine Nullstelle l ∈ L des Polynoms f ∈ K[x] gelten: (a) (x − l)|f in L[x]. (b) f hat h¨ ochstens grad f Nullstellen in L. Beweis: (a) Mit der euklidischen Norm grad kann f nach 11.C in L[x] zerlegt werden: f = (x − l) · g + h mit grad h < 1 ∨ h = 0 . Aus 0 = f (l) = 0 · g(l) + h folgt h = 0. (b) Jede Nullstelle von f in L außer l ist eine Nullstellen von g ∈ L[x]. Wegen grad g < grad f folgt die Aussage aus der Tatsache, dass g ∈ L[x] h¨ ochstens grad g = grad f − 1 Nullstellen hat. Definition 12.4 (Dimension) F¨ ur L|K ist L ein K-Verktorraum und die Dimension [L : K] = dimK L kann angegeben werden. Die Dimension wird auch Grad der K¨ orpererweiterung genannt. Die K¨ orpererweiterung L|K heißt endlich, wenn diese Dimension endlich ist. Satz 12.5 F¨ ur K¨ orpererweiterungen M|L und L|K gilt [M : K] = [M : L] · [L : K]. 92 III Algebra Beweis: Ist [L : K] = r und [M : L] = s und ist BL = {l1 , . . . , lr } eine K-Basis von L und BM = {m1 , . . . , ms } eine L-Basis von M , so ist B = {li mj | i = 1, . . . , r ; s = 1, . . . , s} eine K-Basis von M : • Jedes Element von M kann u achst kann jedes Ele¨ ber B linear kombiniert werden: Zun¨ ment u ¨ ber ML mit Koeffizienten aus L, dann kann jeder Koeffizient aus L u ¨ ber BL linear kombiniert werden. • Die Elemente in B sind K-linear unabh¨ angig: Aus ! r s s r XX X X 0= kij li mj = kij li mj i=1 j=1 j=1 i=1 folgt, weil BM eine L-Basis von M ist, dass r X ∀j = 1, . . . , s : kij li = 0 i=1 gilt. Da BL eine K-Basis von L ist, folgt hieraus ∀j = 1, . . . , s ∀i = 1, . . . , r : kij = 0 . Satz 12.6 Ist K ein K¨ orper und f ∈ K[x] ein Polynom, so gibt es einen K¨ orper L, der K und alle Nullstellen von f enth¨ alt. Beweis: Der Beweis wird durch Induktion nach grad f gef¨uhrt: IA: ist grad f = 1, also f (x) = x − a f¨ ur ein a ∈ K, so liegt die Nullstelle bereits in K. IS: Ist grad f = n > 1 und g ein irreduzibler Faktor von f , so kann K nach 11.31 in den K¨ orper ¨ M = K[x]/gK[x] ein, der die Nullstelle a = x + gK[x] enth¨ alt, eingebettet werden. Uber M kann der Linearfaktor (x − a) abgespalten werden, so dass der Grad des Produkts h aller Nicht-Linearfaktoren von f kleiner grad f ist. Nach der Induktionsvoraussetzung gibt es damit zu M einen K¨ orper L, der alle Nullstellen von g und damit alle Nullstellen von f enth¨ alt. ⋄ Beispiel 12.7 Wie sieht ein K¨ orper K mit 4 Elementen aus? Er ist ein K¨ orper der Charakteristik 2 und der Dimension 2 u orper Z/p Z. Seine Additions- und Multiplikationstafel sind ¨ ber dem Primk¨ ¨ durch folgende Uberlegungen eindeutig festgelegt: (a) ∀k ∈ K : k + 0 = k ∧ k · 0 = 0 ∧ k · 1 = 1 f¨ ur k 6= 0. (b) ∀k ∈ K : k + k = 0 (c) a · a kann nicht a sein, durch Multiplikation mit a−1 w¨ urde a = 1 folgen: a · a = a → a = a · a · a−1 = a · a−1 = 1 a·a kann auch nicht 1 sein, dann g¨ abe es drei L¨ osungen der Gleichung x2 = 1: 0, 1, a1. Somit muss a·a = b sein. Die restlichen Felder der Multiplikationstafel ergeben sich aus der Eindeutigkeit der L¨ osung jeder Gleichung c · x = d, c, d 6= 0: In jeder Zeile und Spalte außer jeweils der ersten muss jedes Element genau einmal vorkommen. Damit ist die Multiplikationstafel vollst¨ andig und eindeutig festgelegt. (d) a + 1 kann nicht a sein, sonst w¨ urde 0 = 1 gelten. Damit ist a + 1 = b. Der Rest der Additionstafel ergibt sich wieder durch die Eindeutigkeit. + 0 1 a b 0 0 1 a b 1 1 0 b a a a b 0 1 b b a 1 0 · 0 1 a b 0 0 0 0 0 1 0 1 a b a 0 a b 1 b 0 b 1 a Aus a2 + a + 1 = b + b = 0 folgt, dass K durch die Nullstellen des u ¨ ber Z/p Z irreduziblen Polynoms (es hat keine Nullstellen in Z/p Z) erzeugt wird. Folglich gilt K = Z/p Z[x]/(x2 + x + 1) Z/p Z[x] . ⋄ 12 Galoisk¨ orper 12.B 93 Galoisk¨ orper Alle endlichen K¨ orper beinhalten einen Galoisk¨ orper Zp = Z/p Z mit p Elementen. Wir betrachten jetzt K¨ orpererweiterungen L|K dieser K¨ orper K = Zp und fassen einige Eigenschaften zusammen: Satz 12.8 F¨ ur eine K¨ orpererweiterung des Grades n, also [L : K] = n, gelten: (a) |L| = |K|n = pn (b) Jede Untergruppe der Einheitengruppe ist zyklisch. (c) ∀ l ∈ L\{0} : lp n −1 n = 1 und ∀ l ∈ L : lp = l . (d) ∃f ∈ K[x] : grad f = n ∧ L ∼ = K[x]/f K[x] Beweis: (a) Anzahl der m¨ oglichen Linearkombinationen u ¨ ber der Basis mit n Elementen ist pn . (b) Jede Gleichung xn = 1 hat in einem K¨ orper h¨ ochstens n L¨ osungen. Damit gilt die Aussage nach 10.31. (c) Dies folgt direkt aus der Tatsache, dass L× ein Gruppe der Ordnung pn − 1 ist. (d) Sei L× =< a >= {ak | i = 1, . . . , pn − 1}. ϕ= K[x] → L g 7→ g(a) ist ein surjektiver Ringhomomorphismus: ∀l ∈ L : x − (a − l) 7→ a − (a − l) = l . Sein Kern ist nach 11.12, 11.20 und 11.28 ein Hauptideal eines irreduziblen Polynoms ist: ker ϕ = f K[x]. Nach 11.31 gilt die Aussage des Satzes. ⋄ Definition und Satz 12.9 (Automorphismengruppe) Mit der Komposition ist Aut(L) = {ϕ : L → L | ϕ ist K¨ orperautomorphismus} eine Gruppe. Mit |L| = pr gelten (a) σ : L → L a 7→ ap (b) |σ| = r, ∈ Aut(L) , (c) Aut(L) =< σ >, also | Aut(L)| = r. Beweis: (a) Offensichtlich gilt σ(ab) = σ(a)σ(b). p! p F¨ ur 0 < k < p gilt = . Der Nenner enth¨ alt die Primzahl p nicht, folglich k!(p − k)! k p ist durch p teilbar und damit 0 in L. Nach dem Binomialsatz gilt damit k p X p k p−k σ(a + b) = (a + b) = a b = ap + bp = σ(a) + σ(b) . k k=0 pr r (b) Aus a = a folgen σ = id und damit |σ| r . p Aus σ |σ| (a) = id(a) = a folgt, dass xp |σ| − x pr Nullstellen hat. Also ist r ≤ |σ|. (c) Seien L× =< a >, K = Z/p Z = Zp und f ∈ K[x] irreduzibel mit f (a) = 0. Sei β ∈ Aut(L). (c1) Da jeder K¨ orperautomorphismus die Eins fest l¨ asst, wirkt er auf dem Primk¨ orper idenp tisch. Damit gelten β|K = id und σ|K = id, also k = k f¨ ur alle k ∈ K. (c2) Polynome in K[x] sind invariant unter Aut(L), woraus 0 = β(f (a)) = f (β(a)) folgt, so dass mit a auch β(a) eine Nullstelle von f ist. 94 III Algebra (c3) {σ k (a) | k = 0, . . . , r − 1} sind Nullstellen von f . (c4) Aus σ k (a) = σ l (a) folgt, dass σ k−l (a) = a und damit σ k−l = id ist. Damit sind alle Nullstellen {σ k (a) | k = 0, . . . , r − 1} verschieden und dies ist genau die Nullstellenmenge von f . (c5) Hieraus folgt σ k (a) = β(a) f¨ ur ein k ∈ {0, . . . , r − 1} und damit β = σ k . ⋄ Satz 12.10 F¨ ur Zp ≤ K ≤ L mit |K| = pr und |L| = ps folgt r|s . Beweis: Mit [L : K] = n gilt ps = (pr )n = prn . ⋄ Das n¨ achste Ziel ist der Hauptsatz von Moore, der die Eindeutigkeit eines K¨ orpers mit gegebenen Primzahlpotenzordnung pn formuliert und beweist. Dieser Beweis benutzt zwei wichtige Ideen: n Diese K¨orper werden als Nullstellenmenge des Polynoms xp − x beschrieben. Ferner erlauben die Nullstellen in verschiedenen K¨ orpern eines u orper irreduziblen Polynoms zwischen ¨ ber einem Grundk¨ diesen K¨ orpern Automorphismen zu definieren. Den ersten Schritt f¨ ur den Beweis des Hauptsatzes, die Existenz eines K¨ orpers mit pn Elementen, bereite ich mit einem Hilfssatz vor: Hilfssatz 12.11 n (a) Die Menge der Nullstellen L des Polynoms xp − x in einem K¨ orper M der Charakteristik p ist ein K¨ orper. n p (b) x − x hat keine doppelte Nullstelle. Beweis: (a) F¨ ur a, b ∈ L gelten n n n • (a + b)p = ap + bp = a + b , n n n • (ab)p = ap bp = ab , n n • (−a)p = −ap = −a , p n n −1 • a−1 = ap = a−1 . n n (b) Die Ableitung von xp − x ist pn xp −1 − 1 = −1 6= 0. ⋄ Satz 12.12 Es gibt einen K¨ orper mit pn Elementen. n Beweis: F¨ur das Polynom xp − x ∈ K gibt es nach 12.6 eine K¨orpererweiterung, die alle seine Nullstellen enth¨ alt. Diese Nullstellen sind nach 12.11 alle verschieden und bilden einen K¨ orper. ⋄ orper K ≤ L mit |K| = pr und [L : K] = Satz 12.13 F¨ ur |L| = ps und r|s gibt es genau einen K¨ s r =: n. Beweis: Aus p xp nr rn r − 1 = (p − 1) · l mit l = n−1 X prk (vgl. [25, 3.20, Seite 16]) folgt k=0 l−1 r X nr r r − x = x xp −1 − 1 = x x(p −1)·l − 1 = x xp −1 − 1 x(p −1)k k=0 = r r xp − x l−1 X x(p r −1)k . k=0 s Damit ist xp − x ein Teiler von xp − x . nr L besteht aus genau den Nullstellen von xp − x , darunter wegen des eben Gezeigten auch r die pr Nullstellen von xp − x . Diese Nullstellenmenge sei K, sie ist aufgrund des Hilfssatzes ein Teilk¨ orper. ⋄ Hauptsatz 12.14 (Moore7 , 1893) Endliche K¨ orper gleicher Ordnung sind isomorph. 7 Eliakim Hastings Moore, US-am. Mathematiker, 1862-1932 12 Galoisk¨ orper 95 Beweis: Seien L und M K¨orper der Charakteristik p und der Ordnung pn . Dann gibt es nach 12.8 ein irreduzibles Polynom f ∈ Zp [x] mit L ∼ = Zp [x]/f Zp [x] und ein Element l ∈ L mit f (l) = 0. n n Da f irreduzibel ist, teilt f das Polynom xp − x oder ggT(f, xp − x) = 1. Im letzten Fall gibt n es nach 11.20(b) Polynome u, v ∈ Zp [x] mit 1 = f (x)u(x) + xp − x v(x) . In diese Gleichung setzen wir l ein und erhalten mit n 1 = f (l)u(l) + lp − l v(l) = 0 · u(l) + 0 · v(l) = 0 n einen Widerspruch. Damit ist f ein Teiler von xp − x . n xp − x zerf¨ allt in M in Linearfaktoren, somit auch f , so dass f eine Nullstelle b in M hat, mit der ein Ringhomomorphismus α: Zp [x] → M g 7→ g(b) definieren wird, dessen Kern f enth¨ alt. Es gilt f Zp [x] ≤ ker(α) < Zp [x] . Die Ungleichheit folgt aus α(x) = b 6= 0. f ist irreduzibel, f ker(α) ein maximales Ideal, so dass ker(α) = f Zp [x] gilt und der Beweisabschluss L∼ = Zp [x]/f Zp [x] = Zp [x]/ker(α) ∼ =M ⋄ folgt. 12.C Lateinisch-griechische Quadrate (Euler-Quadrate) Lateinisch-griechische Quadrate oder Euler8 -Quadrate sind quadratische Muster (Schachbrettmuster) der Gr¨ oße n × n, die mit Tupeln (aij , bij ) von Zahlen 1, . . . , n belegt sind, so dass in jeder Zeile und jeder Spalte die Zahlen 1, . . . , n als erste Komponente und als zweite Komponente genau einmal vorkommen. Eine andere Darstellung, die den Namen lateinisch-griechische Quadrate erkl¨ art, setzt in die erste Komponente lateinische Buchstaben und in die zweite griechische Buchstaben. Dann m¨ ussen in jeder Spalte und in jeder Zeile alle n lateinischen und griechischen Buchstaben genau einmal auftreten. Es gibt offensichtlich kein Euler-Quadrat der Gr¨ oße 2, aber welche der Gr¨ oße 3, 4 und 5: Beispiel 12.15 (Kleine Euler-Quadrate) In der Darstellung dieser Beispiele benutze ich Zahlen und Buchstaben: 1a 2? 2b 1? 1a 2c 3b 2b 3a 1c 3c 1b 2a 1a 3d 4b 2c 2b 4c 3a 1d 3c 1b 2d 4a 4d 2a 1c 3b 1a 2e 3d 4c 5b 2b 3a 4e 5d 1c 3c 4b 5a 1e 2d 4d 5c 1b 2a 3e 5e 1d 2c 3b 4a Der Aufbau der Euler-Quadrate der Gr¨ oße 3 und 5 folgen demselben Muster: Die Zahlen laufen in den Zeilen und Spalten zyklisch aufsteigend, die Buchstaben verlaufen in den Zeilen zyklisch aufsteigend und in den Spalten absteigend. Dieses Muster f¨ uhrt f¨ ur alle ungeraden Gr¨ oßen zum Erfolg, s. Satz 12.16. Satz 12.16 Ist n ungerade, so gibt es ein Euler-Quadrat der Gr¨ oße n × n. 8 Leonhard Euler, schweizer Mathematiker(Berlin, St. Petersburg), 1707 (Basel) - 1783 (St. Petersburg) 96 III Algebra Beweis: Definieren wir in Z/n Z, also modulo n aij ≡ i + j(n) und bij ≡ i − j(n) so folgt aus (aij , bij ) = (akl , bkl ) sofort i+j ≡k+l und i−j ≡ k−l . Addition liefert 2i ≡ 2k. Da 2 in Z/n Z bei ungeradem n eine Einheit ist, folgt i = k. Analog liefert die Subtraktion der beiden Gleichungen 2j ≡ 2l und damit j = l. ⋄ Da mit dem direkten Produkt aus zwei Euler-Quadraten wieder ein Euler-Quadrat gebildet werden kann, gibt es f¨ ur alle ungeraden und alle durch vier teilbaren nat¨ urlichen Zahlen EulerQuadrate: Hilfssatz 12.17 (Direktes Produkt von Euler-Quadraten) Gibt es Euler-Quadrate der Gr¨ oße n und m, so auch der Gr¨ oße n · m. Der Beweis wird durch ein Beispiel veranschaulicht, dass auf alle Zahlen n und m u ¨ bertragbar ist. F¨ ur n = 3 und m = 4 teilen wir die 12 Zahlen und Buchstaben nach dem Euler-Quadrat der Gr¨ oße 3 auf 1 2 3 4, a b c d 5 6 7 8, i j k l 9 10 11 12, e f g h 5 6 7 8, e f g h 9 10 11 12, a b c d 1 2 3 4, i j k l 9 10 11 12, i j k l 1 2 3 4, e f g h 5 6 7 8, a b c d und bilden in jedem Feld ein Euler-Quadrat der Gr¨ oße 4 mit den angegebenen Zahlen und Buchstaben. ⋄ ur alle ungeraden Mit 12.15 (n = 4), 12.16 und 12.17 folgt sofort, dass es Euler-Quadrate f¨ Zahlen und alle geraden Zahlen mit geraden Zweierpotenzanteilen (n = 2k · m mit geradem k und ungeradem m) gibt. F¨ ur Zahlen mit ungeraden Zweierpotenzanteilen k ≥ 3, die also durch 8 teilbar sind, hilft ein Argument mit endlichen K¨ orpern : Satz 12.18 ([41]) Ist a das erzeugende Element der multiplikativen Gruppe eines K¨ orpers der m ur verschiedene r (also n > 2) Ordnung n = p mit den Elementen {b1 , . . . , bn }, so bilden Tupel f¨ (r) aij = ar bi + bj (r = 1, . . . , n − 1) ein Euler-Quadrat. (s) (r) (s) Beweis: Sind r und s verschieden, so folgen aus a(r) = akl , akl die Gleichungen ij , aij ar bi + bj = ar bk + bl und as bi + bj = as bk + bl . (12.1) Die Differenz der beiden Gleichungen liefert (ar − as ) bi = (ar − as ) bk . Da ar und as verschieden sind, m¨ ussen bi und bk gleich sein und aus jeder der beiden Gleichungen (12.1) folgt bj = bl . Damit sind i = k und j = l. ⋄ Dieser Satz kann f¨ ur n = 2 nicht benutzt werden, da die multiplikative Gruppe von Z/2Z nur ein Element besitzt, das Einselement. Die Ergebnisse der letzten S¨ atze und des Hilfssatzes lassen sich zusammenfassen: Satz 12.19 Es gibt Euler-Quadrate f¨ ur alle ungeraden und durch 4 teilbaren nat¨ urlichen Zahlen. 12 Galoisk¨ orper 97 Beweis: F¨ur n = 1 gilt er offensichtlich, f¨ur alle anderen F¨alle folgt er aus 12.16, 12.17 und ⋄ 12.18. Euler vermutete dieses Ergebnis 1782, insbesondere dass es f¨ ur gerade und nicht durch 4 teilbare Zahlen keine Euler-Quadrate g¨ abe. Er formulierte es f¨ ur n = 6 in seinem ber¨ uhmten Problem der 36 Offiziere: Kann man 36 Offiziere aus sechs Regimentern mit je sechs Dienstgraden so in 6 Reihen aufstellen, dass in jeder Reihe und jeder Spalte jedes Regiment und jeder Grad genau einmal vertreten ist. Tarry best¨ atigte 1900, dass es f¨ ur n = 6 kein Euler-Quadrat gibt, aber Bose, Shrikhande und Parker wiesen 1959 die Existenz von Euler-Quadraten f¨ ur gr¨ oßere, nicht durch 4 teilbare geraden Zahlen nach, s. [41]. 98 III Algebra § 13 Lineare Kodes 13.A Kodes Literatur: [20] gibt eine umfassende Einf¨uhrung in die Kodierungstheorie, [41] kurze. ¨ Uber dem Alphabet GF(pm ) betrachten wir W¨ orter der L¨ ange n, also n-Tupel im n-dimensionalen m m Vektorraum Hn (p ) u ¨ ber GF(p ). Dieser Vektorraum wird auch als Hamming-Raum9 bezeichnet. mn Er hat p Elemente. Ein Kode K ist eine Teilmenge eines Hammingraums: K ⊂ Hn (pm ). Kodew¨ orter (Elemente von ¨ ¨ K) bilden die bei einer Ubertragung zu u ¨ bermittelnden Inhalte. Aufgrund von Ubertragungsfehlern kann jedes Element des Hammingraums empfangen werden. Welche Eigenschaften muss der Kode ¨ haben, damit Ubertragungsfehler erkannt oder sogar behoben werden k¨ onnen? Dies werden wir in heir untersuchen. Satz 13.1 Auf Hn wird durch d(~v , w) ~ := |{i ∈ [1, n]vi 6= wi }| eine Metrik, der Hamming-Abstand definiert d(~v , w) ~ bezeichnet die Anzahl der unterschiedlichen Komponenten der beiden Vektoren. Beweis: Die Axiome einer Metrik m¨ussen nachgewiesen werden: F¨ur alle ~u, ~v , w ~ ∈ Hn gelten (a) (b) (c) d(~v , ~v ) ≥ 0 d(~v , ~v ) = 0 ⇐⇒ ~v = ~0 d(~v , w) ~ = d(w, ~ ~v ) (d) d(~u, w) ~ ≤ d(~u, ~v ) + d(~v , w) ~ Nur der letzte Punkt ist vielleicht nicht sofort klar: Jede zwischen ~u und wunterschiedliche ~ Komponente muss auch zwischen ~u und ~v oder ~v und w ~ verschieden sein. ⋄ Definition und Satz 13.2 F¨ ur einen Kode K ⊂ Hn (pm ) gelten: (a) d := min{d(~k1 , ~k2 ) | k1, k2 ∈ K} ist der Minimalabstand zwischen Kodew¨ ortern. (b) Der Kode K ist e-fehlererkennend, falls ∀~k1 , ~k2 ∈ Kd(~k1 , ~k2 ) ≤ e =⇒ ~k1 = ~k2 . ¨ Aquivalent hierzu sind ∀~k1 , ~k2 ∈ Kd(~k1 , ~k2 ) > e und e < d . (c) Der Kode K ist e-fehlerkorrigierend, falls in jeder e-Umgebung eines Vektors nur ein Kodewort liegt: ∀w ~ ∈ Hn (pm ) |K ∩ Ue (w)| ~ ≤1. d−1 ¨ Aquivalent hierzu ist e < . 2 Wieviele W¨ orter liegen in einer r-Umgebung eines Vektors w? ~ Ein Vektor ~v unterschiedet sich n von w ~ in r Komponenten. Es gibt M¨ oglichkeiten, diese Komponenten zu w¨ ahlen. In jeder r Komponente kann man pm − 1 verschiedene Werte w¨ ahlen. Insgesamt gilt |Ur (w)| ~ = n · (pm − 1)r . r (13.1) Wieviele Kodew¨ orter kann ein Kode mit Minimalabstand d beinhalten? Ein Konstruktion beginnt mit einem Wort w ~ mit d Komponenten verschieden von ~0: K0 = {~0, w} ~ . 9 Richard Hamming, US-am. Mathematiker, 1915-1998 13 Lineare Kodes 99 Sei Kr bereits konstruiert. Dann w¨ ahlen wir ein [ Ud−1 (w) ~ und setzen Kr+1 = Kr ∪ {w} ~ . w ~ ∈ Hn (pm )\ w∈K ~ r Dieser Prozess stoppt, wenn wir keinen weiteren Vektor w ~ finden. Dann gilt d−1 X [ (13.1) n mn m · (pm − 1)i . p = |Hn (p )| = Ud−1 (w) ~ ≤ |K| · |Ud−1 (w)| ~ = |K| · i w∈K i=0 ~ r Hieraus folgt Satz 13.3 (Varshamov, Gilbert) Zu gegebenen Zahlen n, m, d ∈ N mit d ≤ n gibt es einen Kode der L¨ ange n mit minimalem Abstand d mit mindestens pmn d−1 X i=0 n · (pm − 1)i i Kodew¨ ortern. Bemerkung 13.4 Ist dieser Kode e-fehlerkorrigierend, so sind alle e-Umgebungen der Kodew¨ orter disjunkt und es gilt e [ (13.1) X n mn m · (pm − 1)i p = |Hn (p )| ≥ Ue (w) ~ = |K| · i ~ v ∈K woraus |K| ≤ i=0 pmn e X i=0 (13.2) n · (pm − 1)i i folgt. Definition 13.5 Der Kode K ⊂ Hn (pm ) heiß perfekt, falls in (13.2) Gleichheit steht: |K| = pmn e X i=0 13.B (13.3) n · (pm − 1)i i Lineare Kodes Definition 13.6 Bei einem linearen Kode u orter einen Unterraum ¨ber GF (pm ) bilden die Kodew¨ im Hammingraum: K ≤ Hn (pm ) . Das Gewicht g(w) ~ eines Worts w ~ ∈ Hn (pm ) ist die Anzahl der von 0 verschiedenen Komponenten. Diese Kodes heißen auch Hamming-Kodes. Es gilt offensichtlich d(~v , w) ~ = g(~v − w) ~ . Satz 13.7 F¨ ur den Minimalabstand d der Kodew¨ orter gilt d = min{g(~k)| ~k ∈ K} . (13.4) 100 III Algebra Beweis: Wird der Minimalabstand zwischen ~k1 und ~k2 angenommen, so gilt (13.4) d = d(~k1 , ~k2 ) = g(~k1 − ~k2 ) . ⋄ Satz 13.8 (Varshamov, Gilbert) Zu gegebenen Zahlen n, m, d ∈ N mit d ≤ n gibt es einen linearen Kode K der L¨ ange n mit minimalem Abstand d mit mindestens mn p d−1 X n · (pm − 1)i i i=0 Kodew¨ ortern. Zus¨ atzlich gilt wegen K ≤ Hn (pm ) f¨ ur die Gr¨ oße des Kodes |K| = pmr f¨ ur ein r < n. Beweis: Der Kode ur ein w ~ ∈ Hn (pm ) mit g(w) ~ =d D wird E wie in Satz 13.3 iterativ konstruiert: F¨ ~ . Sei Kr bereits konstruiert. Dann w¨ ahlen wir ein setzen wir K0 = ~0, w [ w ~ ∈ Hn (pm )\ Ud−1 (w) ~ und setzen Kr+1 = hKr , w ~i . w∈K ~ r Es muss nachgewiesen werden, dass Kr+1 Minimalabstand d hat: F¨ ur ein ~v aus Kr+1 \Kr gibt es Elemente ~k ∈ Kr und a ∈ GF (pm ) mit ~v = ~k + aw ~ . ~v hat das Gewicht g(~v ) = g(~k + aw) ~ = g(a−1~k + w) ~ = d(−a−1~k, w) ~ ≥d. Dieser Prozess stoppt, wenn wir keinen weiteren Vektor w ~ finden. Dann ist der Koderaum K gleich Kr und es gilt wie in 13.3 d−1 [ X (13.1) n mn m · (pm − 1)i . p = |Hn (p )| = Ud−1 (w) ~ ≤ |K| · |Ud−1 (w)| ~ = |K| · ⋄ i i=0 w∈K ~ Definition 13.9 (Generatormatrix,n Erzeugermatrix) Ist K ein r-dimensionaler Unterraum o u ¨ber GF(pm ), so besitzt er eine Basis ~k1 , . . . , ~kr und G= Hr (pm ) → Hn (pm ) eˆi 7→ Gˆ ei = ~ki ∈ GF(pm )n,r (13.5) ist eine lineare Abbildung, deren Matrix G die Kodew¨ orter der Basis spaltenweise enth¨ alt. G hat den Rang r und wird als Generatormatrix oder Erzeugermatrix bezeichnet. Bemerkung 13.10 Die Spalten der Matrix G bilden eine Basis des Unterraums K der Kodew¨ orter, er ist der Spaltenraum der Matrix G. Satz 13.11 F¨ ur Matrizen G ∈ GF(pm )n,r und H ∈ GF(pm )n,n−r vollen Rangs sind ¨ aquivalent: (a) H T G = 0 (b) bil G = ker H T (c) bil H = ker GT Beweis: (a) ⇒ (b): Aus H T G~a = ~0 folgt G~a ∈ ker H T . Damit gilt bil G ⊆ ker H T , Gleichheit folgt durch einen Dimensionsvergleich: dim ker H T = n − (n − r) = r und bil G = r . (b) ⇒ (a): Dies gilt offensichtlich. ¨ (a) ⇔ (c): Wegen H T G = 0 ⇔ GT H = (H T G)T = 0 folgt dies aus der Aquivalenz (a) ⇔ (b). ⋄ Definition und Satz 13.12 (Pru ¨ fmatrix, Kontrollmatrix) ur eine Erzeugermatrix G ∈ GF(pm )n,r eines linearen (a) Eine Matrix H ∈ GF(pm )n,n−r , die f¨ Kodes K die Eigenschaften in Satz 13.3 erf¨ ullt, heißt Pr¨ ufmatrix oder Kontrollmatrix. Es T T gelten dann H G = 0 und K = ker H = bil G. 13 Lineare Kodes 101 Abb. 13.1: Erzeugen linearer Kodes (b) F¨ ur Matrizen G ∈ GF(pm )n,r und H ∈ GF(pm )n,n−r mit H T G = 0 vollen Ranges ist K = ker H T ein r-dimensionaler linearer Kode der L¨ ange n. Verfahren 13.13 (Konstruktion eines Kodes) Sei H ∈ GF(pm )n,n−r eine Matrix vollen Rangs n − r. Wir wenden das Gauß-Verfahren auf die Matrix H T an und erhalten mit H ′ = EH T F = (Idn−r , A) ∈ GF(pm )n−r,n • E ∈ GF(pm )n−r,n−r beinhaltet die Zeilenmanipulationen einschließlich eventuell ben¨ otigter Zeilentausche, • F ∈ GF(pm )n,n beinhaltet eventuell ben¨ otigte Spaltentausche, sind diese nicht notwendig, so gilt F = Idn , • A ∈ GF(pm )n−r,r . −A −A Mit = ∈ GF(pm )n,r gilt H ′ G′ = EH T F · G′ = (Idn−r , A) · = −A + A = 0 . Da Idr Idr E invertierbar ist, gilt auch H T F G = 0 , so dass die Matrix G′ G := F G′ als Generatormatrix (a) und damit alle Eigenschaften des Satzes 13.11 erf¨ ullt. H ist eine korrespondierende Pr¨ ufmatrix. Der Koderaum K = G · Hr hat die Dimension r. Beispiel 13.14 ([42]) Abb. 13.2 enth¨ alt ein Beispiel f¨ ur diese Konstruktion mit H ∈ GF(2)7,3 und G ∈ GF(2)7,4 . Damit enth¨ alt der Kode 24 = 16 Elemente, wovon der Nullvektor in der Regel nicht genutzt wird. In Abb. 13.2 ã5 wird der Raum H4 (2) erzeugt, in ã6 der Koderaum. Das kleinste Gewicht der Kodew¨ orter (außer ~0) ist 3, damit ist er 1-fehlerkorrigierend. Eine Auswertung der Formel 13.3 zeigt, dass der Kode perfekt ist10 : 21·7 1 X i=0 10 7 · (2 − 1)i i s. Satz 13.15. = 27 = 16 = |K| . 1+7 102 III Algebra 1 1 1 0 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 1 0 0 1 îHû(4 3ÒÅ(5 1 1 2Ò¡1),¡1 1 1 1Ò¡0),[1℄3 3Ò4Ù1 îHSû2Í2Ø1 1 Gausst H 1 0 0 0 1 1 1 0 1 0 1 1 0 1 0 0 1 1 1 1 0 Aû(ÙÒHS)Õ[2℄HS îGûA,[1℄(r r)Ò(1+rû2¾ÒA)Ù1 0 1 1 1 1 1 0 1 1 1 1 0 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 ÒHrû,ØÊ.,/4ÒÚ0 1 16 Økodeû2Í(ÚG)+.«¡Hr 0 1 1 0 1 0 0 1 0 1 1 0 1 0 0 1 0 1 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 0 1 0 1 0 0 1 1 1 1 0 0 1 1 0 0 0 0 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 1 1 0 0 0 0 1 1 1 1 0 0 0 0 1 1 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 Abb. 13.2: Kode-Beispiel mit ã1 ã2 ã3 ã4 ã5 ã6 APL Satz 13.15 ([42]) Ist H ∈ GF(pm )n,n−r eine Pr¨ ufmatrix und m := max{k ∈ N | Jede Menge von k Zeilen in H ist linear unabh¨ angig} , so gilt f¨ ur den kleinsten Abstand d der Kodew¨ orter d = m + 1 . Beweis: Mit der Menge der Kodew¨orter K folgt m + 1 ≤ d: Es gibt ein Kodewort ~k ∈ K mit dem Gewicht d = g(~k). Aus H T ~k = ~0 folgt die Existenz von d linear abh¨ angigen Spalten in H T , also d linear abh¨ angigen Zeilen in H. m + 1 ≥ d: m ist maximal, also gibt es m + 1 linear abh¨ angige Zeilen von H oder Spalten von T ~ ~ H . Damit gibt es einen Vektor k mit g(k) = m + 1 und H T ~k = ~0, also ~k ∈ K. ⋄ F¨ ur die Matrix H in Abb. 13.2 gilt m = 2; die Zeilen 1, 4 und 5 sind linear abh¨ angig. Damit ist das minimale Gewicht eines Kodeworts 3. Satz 13.16 F¨ ur einen Hamming-Kode, in dessen Pr¨ ufmatrix H ∈ GF(pm )n,n−r keine Zeile ein Vielfaches einer anderen ist, gelten: pm·(n−r) − 1 pm − 1 (b) Der Kode ist perfekt. (a) n = Beweis: (a) Wie groß kann n werden? Außer dem Nullvektor gibt es pm·(n−r) −1 Vektoren der Dimension n − r, jeweils pm − 1 k¨ onnen aus einem erzeugt werden. Damit gilt pm·(n−r) − 1 . pm − 1 Aufgrund der Konstruktion der Hamming-Kodes gilt Gleichheit. n≤ (13.6) 13 Lineare Kodes 103 (b) Der Kode ist nach Satz 13.15 1-fehlerkorrigierend. Eine Auswertung der Formel 13.3 ergibt pmn 1 X i=0 = n · (pm − 1)i i pmn 1 + n · (pm − 1) (13.6) = pm(n−r) = |K| . ⋄ Ohne Beweis wird eine teilweise Umkehrung angegeben: Satz 13.17 Ein perfekter, 1-fehlerkorrigierender linearer Kode ist ein Hamming-Kode. Abschließend wird das vorgehen zur Fehlerkorrektur besprochen: Verfahren 13.18 (Fehlerkorrektur) Sei K ≤ Hn (pm ) ein linearer Kode des Gewichts d und d−1 Fehlerkorrektur 2 mit der Pr¨ ufmatrix H ∈ GF(pm )n,n−r und ~v1 , . . . , ~vn−r ∈ Hn (pm ) sei ein Nebenklassenvertretersystem kleinsten Gewichts f¨ ur K. Die Menge {H T ~vi | i = 1, . . . , n − r} ist die Menge der Syndrome von H. Das Kodewort ~k sei als Wort w ~ = ~k + ~s ∈ Hn (pm ) , ~k ∈ K , g(s) ≤ e ~ = H T ~vi das Syndrom von w ~ und mit maximal e Fehlern u ¨bermittelt. Dann ist H T w ~h ∈ K . w ~ = ~vi + ~h mit Aus w ~ = ~vi + ~h = ~k + ~s folgt ~s = w ~ − ~k ∈ ~vi + K . Damit ist g(~vi ) ≤ g(s) ≤ e und wegen w ~ = ~k + ~s = ~vi + ~h ∈ Ue (~k) ∩ Ue (~h) = ∅ erhalten wir ~k = ~h = w ~ − ~vi . f¨ ur ~k 6= ~h Dieses vorgehen demonstrieren wir mit Beispiel 13.14: Beispiel 13.19 Der Koderaum G · H4 (2) in 13.14 hat die Dimension 4. In Abb. 13.3 ã1-6 werden die Pr¨ ufmatrix H, die Generatormatrix G un der Koderaum wie in 13.14 festgelegt. Die weiteren APL-Zeilen: • • • • • • ã5 erzeugt alle Elemente des Vektorraum H4 (2), ã6 alle Kodew¨orter als dessen Bilder unter G. ã7 erzeugt alle Elemente des Vektorraum H7 (2) ã8 packt die Kodew¨orter als erste Nebenklasse ã9-15: die weiteren Nebenklassen werden erzeugt, in dem jeweils die Nebenklasse des ersten nicht in einer Nebenklasse enthaltenen Elements hinzugef¨ ugt wird. Ausgegeben wird jeweils die Gesamtzahl der in einer Nebenklasse enthaltenden Elemente. ã16: jede Nebenklasse wird nach Gewicht geordnet, so dass das erste Element jeder Nebenklassen kleinstes Gewicht hat. ã17 berechnet die Syndrome. • ã18: Ein Wort wird empfangen • ã19: Das zugeh¨ orende Kodewort wird berechnet. Hierzu wird wie in obigem Verfahren an• gegeben, das Syndrom des empfangenen Worts und dessen Nebenklasse bestimmt. der gewichtsminimale Nebenklassenvertreter dieser Nebenklasse wird von w subtrahiert. 104 III Algebra 16 16 128 16 32 48 64 80 96 112 128 Hû(4 3ÒÅ(5 1 1 2Ò¡1),¡1 1 1 1Ò¡0),[1℄3 3Ò4Ù1 HSû2Í2Ø1 1 Gausst H Aû(ÙÒHS)Õ[2℄HS GûA,[1℄(r r)Ò(1+rû2¾ÒA)Ù1 ÒHrû,ØÊ.,/4ÒÚ0 1 ã ã ã ã ã 1 2 3 4 5 Òkodeû2Í(ÚG)+.«¡Hr ã 6 ÒHnû,ØÊ.,/7ÒÚ0 1 ã 7 ÒØ,/nkû,Úkode ã 8 ÒØ,/nkûnk,Ú2Íkode+1¾Hn~Ø,/nk ã 9 ÒØ,/nkûnk,Ú2Íkode+1¾Hn~Ø,/nk ã10 ÒØ,/nkûnk,Ú2Íkode+1¾Hn~Ø,/nk ã11 ÒØ,/nkûnk,Ú2Íkode+1¾Hn~Ø,/nk ã12 ÒØ,/nkûnk,Ú2Íkode+1¾Hn~Ø,/nk ã13 ÒØ,/nkûnk,Ú2Íkode+1¾Hn~Ø,/nk ã14 ÒØ,/nkûnk,Ú2Íkode+1¾Hn~Ø,/nk ã15 nkû(Ú¡è¡+/¡¡nk)¾¡nk ã16 ,syndromû(ÚH)+.«¡Ù¡nk ã17 0 0 0 0 0 1 0 1 0 0 1 1 1 0 0 1 0 1 1 1 0 1 1 1 ,wû0,6Ò1 0 1 1 1 1 1 1 2Íw-Ù(syndromÉÚ2Í(H)+.«w)Ønk 1 1 1 1 1 1 1 Abb. 13.3: Fehlerkorrektur mit ã18 ã19 APL Anhang: Integraltransformationen A1 Fourierreihen A1.A N¨ aherung kleinsten Fehlerquadrats durch trigonometrische Polynome Literatur: B¨ohme [8], Brauch [9], Stingl [50], Bajpai [4], Spiegel [49] Taylorpolynome bieten die beste N¨ aherung in der N¨ ahe des Entwicklungspunkts. Sie sind besonders geeignet f¨ ur lokale N¨ aherungen und damit f¨ ur differentielle Ans¨ atze. Sie approximieren in der Regel global unzureichend, sie liefern keine Approximation durch eine Funktion, die im gesamten Definitionsbereich nahe an der gegebenen Funktion liegt. Ziel A1.1 Wir suchen eine Methode zur globalen Ann¨ aherung einer gegebenen Funktion durch einfache Funktionen. Zun¨ achst muss der Begriff ann¨ ahern“ pr¨ azisiert werden, wir ben¨ otigen ein ” Maß f¨ ur den Abstand“ von Funktionen. ” Wir werden den Abstand des Funktionswerts von seiner N¨ aherung betrachten und diese Abst¨ ande, genauer ihre Quadrate, aufsummieren, kontinuierlich also integrieren. Der quadratischer Fehler Z e(f ) := (N (f (x)) − f (x))2 dx soll m¨ oglichst klein sein. Zwei unterschiedliche Situationen werden untersucht: In diesem Paragraphen betrachten wir periodische Funktionen, im n¨ achsten nicht-periodische Funktionen. Beispiel A1.2 (T-periodische Funktionen) Beispiele f¨ ur Funktionen f mit der Eigenschaft ∀x ∈ R : f (x + T ) = f (x) : (a) konstante Funktion f0 (x) = 1 (b) Die Sinus- und die Kosinus-Funktion sind 2π -periodisch, folglich sind 2π 2π cos x und sin x T-periodisch. T T ω := 2π/T = π/P heißt Kreisfrequenz und ist bei zeitabh¨ angigen Funktionen die Winkelgeschwindigkeit. (c) cos( 2kπx/T ) = cos(kωx) und sin( 2kπx/T ) = sin(kωx) sind T/k -periodisch und erf¨ ullen obige Eigenschaft ebenfalls. n a0 X (d) Fn (x) = + ak cos(kωx) + bk sin(kωx) 2 k=1 heißt trigonometrisches Polynom des Grades n. Es ist T-periodisch, da jeder Summand die obige Eigenschaft erf¨ ullt und f¨ ur sin(ωx) und cos(ωx) T minimal mit dieser Eigenschaft ist. 105 106 Anhang: Integraltransformationen (e) Wir bezeichnen, angepasst an die u ¨ berwiegende Literatur, mit T die Periode und mit P die halbe Periode. Bewusst wurde der konstante Term mit a0/2 anstatt mit a0 bezeichnet. Dies ergibt im Weiteren g¨ unstigere Formeln. Beispiel A1.3 (Harmonische Analyse) Die harmonische Analyse stellt sich die Aufgabe, die an einer periodischen Funktion beteiligten Frequenzen und die zugeh¨ origen Amplituden zu ermitteln. sin(ωt), cos(ωt) beschreiben die Grundschwingung, sin(kωt), cos(kωt) f¨ ur k > 1 die Modulation ¨ oder Uberlagerungen 3 Die gezeichnete Schwingung beinhaltet 3 Frequenzen: f (t) = sin(ωt) + 12 sin(3ωt) + 10 sin(5ωt) 1 mit ω = 2 π. Die Grundschwingung ist also sin(ωt) mit der Amplitude 1, die restlichen Schwingungen ¨ sind Uberlagerungen. ¨ Abb. A1.1: Uberlagerte Schwingung Abb. A1.2: Harmonische Analyse Satz A1.4 (Mathematisierung) Gegeben ist die T-periodische Funktion f (x). Gesucht ist das trigonometrische Polynom n-ten Grades n a0 X + Fn (x) = ak cos(kωx) + bk sin(kωx) 2 k=1 mit der Eigenschaft, Z T Z 2 (f (x) − Fn (x)) dx = e := 0 A1.B P −P (f (x) − Fn (x))2 dx ist minimal. Orthogonalit¨ atsrelationen und Fourierkoeffizienten Zur Vorbereitung der Berechnung der Koeffizienten des trigonometrischen Polynoms werden trigonometrische Integrale berechnet. Der Begriff Orthogonalit¨ at“ wird erst am Ende dieses Paragra” phen erkl¨ art. Satz A1.5 (Orthogonalit¨ atsrelationen) F¨ ur k, l ∈ N gelten Z T Z T 2kπx sin(kωx) dx = sin dx = 0 (a) T 0 0 Z T Z T 2kπx cos(kωx) dx = cos dx = 0 T 0 0 (b) Z T 0 Z T 0 2 sin (kωx) dx = cos2 (kωx) dx = x sin(2kωx) T T − = =P 2 4kω 2 0 T x sin(2kωx) T + = =P 2 4kω 2 0 A1 Fourierreihen Z (c) T sin(kωx) cos(lωx) dx = 0 0 Z (d) Z 107 T sin(kωx) sin(lωx) = 0 f¨ ur k 6= l cos(kωx) cos(lωx) = 0 f¨ ur k 6= l 0 T 0 Beweis: (a), (b) sind offensichtlich, da u ¨ber eine volle Periode integriert wird. (c) sin(kωx) cos(lωx) ist als Produkt einer geraden und einer ungerade Funktion eine ungerade Funktion mit Mittelwert 0. Ihr Integral u ¨ber eine volle Periode ist daher 0. (d) Die Additionss¨ atze f¨ ur trigonometrische Funktionen liefern: cos((k − l)ωx) cos((k + l)ωx) cos((k − l)ωx) cos((k − l)ωx) (1) (2) (1) + (2) (1) − (2) = cos(kωx) cos(lωx) + sin(kωx) sin(lωx) = cos(kωx) cos(lωx) − sin(kωx) sin(lω) + cos((k + l)ωx) = 2 cos(kωx) cos(lωx) − cos((k + l)ωx) = 2 sin(kωx) sin(lωx) Damit folgen f¨ ur k 6= l Z T Z Z 1 T 1 T sin(kx) sin(lωx) dx = cos((k − l)ωx) dx − cos((k + l)ωx) = 0 2 0 2 0 0 und Z T 0 1 cos(kx) cos(lωx) dx = 2 Z T 0 1 cos((k − l)ωx) dx + 2 Z T cos((k + l)ωx) = 0 0 L¨ osung A1.6 Wir suchen ein Minimum, also m¨ ussen die partiellen Ableitungen nach den Parametern a0 , . . . und b1 , . . . gleich Null sein. Bei der Berechnung der partiellen Ableitungen muss beachtet werden, dass die Variable nach der differenziert wird, verschieden von der Integrationsvariablen ist. Ist der Integrand stetig oder hat er nur endlich viele Unstetigkeitsstellen, so d¨ urfen Integration und partielles Differenzieren vertauscht werden. (a) 0 = = = = A1.5 = Z T Z T ∂(f (x) − Fn (x))2 ∂e ∂ 2 = (f (x) − Fn (x)) dx = ∂a0 a0 0 ∂ao 0 Z T −1 2(f (x) − Fn (x)) dx 2 0 Z T n a0 X −f (x) + + (ak cos(kωx) + bk sin(kωx)) dx 2 0 k=1 Z T Z T Z T Z T n X a0 − f (x) dx + dx + ak cos(kωx) dx + bk sin(kωx) dx 2 0 0 0 0 k=1 Z T n X a0 − f (x) dx + T+ (ak · 0 + bk · 0) . 2 0 k=1 Folglich ist 2 a0 = T und (b) a0/2 Z 0 T 1 f (x) dx = P Z 0 T 1 f (x) dx = P ist der Mittelwert der Funktion. Z P −P f (x) dx, 108 Anhang: Integraltransformationen 0 Z T Z T ∂e ∂ ∂(f (x) − Fn (x))2 2 = (f (x) − Fn (x)) dx = ∂ai ∂ai 0 ∂ai 0 Z T Z T −∂Fn (x) 2(f (x) − Fn (x)) dx = 2(f (x) − Fn (x))(− cos(iωx)) dx ∂ai 0 0 Z T Z T a0 cos(iωx) dx −2 f (x) cos(iωx) dx + 2 2 0 0 Z T Z T n X +2 ak cos(kωx) cos(iωx) dx + bk sin(kωx) cos(iωx) dx = = = A1.5 −2 = A1.5 −2 = Folglich ist 1 ai = P (c) Analog folgt Z P 0 Z 0 f (x) cos(iωx) dx + 2 · 0 + 2ai 0 Z 0 k=1 T T Z T cos2 (iωx) dx 0 f (x) cos(iωx) dx + 2ai P . 0 1 f (x) cos(iωx) dx = P Z P f (x) cos(iωx) dx −P Z T ∂e 0= = −2 f (x) sin(iωx) dx + 2bi P ∂bi 0 und damit Z Z 1 T 1 P bi = f (x) sin(iωx) dx = f (x) sin(iωx) dx. P 0 P −P Zusammenfassend definieren wir Definition A1.7 (Fourierkoeffizienten, -polynom, -reihe) Die Koeffizienten Z Z 1 T 1 P f (x) dx = f (x) dx (a) a0 = P 0 P −P Z Z 1 T 1 P (b) ak = f (x) cos(kωx) dx = f (x) cos(kωx) dx f¨ ur k≥1 P 0 P −P Z Z 1 T 1 P (c) bk = f (x) sin(kωx) dx = f (x) sin(kωx) dx f¨ ur k≥1 P 0 P −P heißen Fourierkoeffizienten der Funktion f. 11 Das Fourierpolynom n a0 X Fn (x) = + ak cos(kωx) + bk sin(kωx) 2 k=1 des Grades n der Funktion f ist, im Sinne kleinster Fehlerquadrate, die beste Approximation durch trigonometrische Polynome des Grades n f¨ ur die Funktion f. Ihre Fourierreihe ist ∞ a0 X F∞ (x) = + ak cos(kωx) + bk sin(kωx). 2 k=1 A1.C Konvergenzbedingung und Beispiele Wir wenden uns jetzt der Frage der punktweisen Konvergenz zu: (a) F¨ ur welche x konvergiert lim Fn (x)? n→∞ 11 Die Formel (b) schließt mit k = 0 wegen cos(0ωx) = 1 die Formel (a) ein. k = 0 in der Formel (c) liefert b0 = 0, dies wird sp¨ ater bei der komplexen Darstellung mit benutzt. A1 Fourierreihen 109 (b) Gilt im Konvergenzfall lim Fn (x) = f (x)? n→∞ Satz A1.8 (Dirichlet-Bedingung) Die Funktion f (x) sei T-periodisch und bis auf endlich viele Stellen im Intervall [0, T ] definiert, beschr¨ ankt und stetig differenzierbar. Dann gilt 1 lim Fn (x) = (f (x+ ) + f (x− )) . n→∞ 2 − Hierbei sind f (x ) = y→x lim f (y) und f (x+ ) = y→x lim f (y) der linksseitige und rechtsseitige Grenzwert. y<x y>x Ist f stetig in x, so gilt insbesondere lim Fn (x) = f (x). n→∞ Formal lautet die Voraussetzung: ∃N ⊂ [0, T ] : |N | < ∞ ∧ f ist beschr¨ ankt und stetig differenzierbar. [0, T ]\N Die konstante Funktion und die Kosinusfunktionen sind gerade, die Sinusfunktionen ist ungerade. Folglich gilt nach A1.6: Satz A1.9 (Symmetrische Funktionen) (a) f ist gerade (b) f ist ungerade ⇐⇒ ∀ k ∈ N : bk = 0 ⇐⇒ ∀ k ∈ N0 : ak = 0 ⋄ Beispiel A1.10 [9, S. 424] Wir betrachten die S¨ agezahnfunktion, die auf dem Intervall [0, 2p] durch f (x) = a(1 − x/p) definiert ist und außerhalb dieses Intervalls 2p-periodische fortgesetzt wird, s. Abb. A1.3 Diese Funktion ist ungerade, folglich m¨ ussen nur die Fourierkoeffizienten bk berechnet werden: Z 2p Z Z 1 ax kπx a 2p kπx a 2p kπx bk = a− sin dx = sin dx − 2 x sin dx p 0 p p p 0 p p 0 p 2p kπx kπx sin x cos p p a a sin(2kπ) 2p cos(2kπ) = 0 − 2 2 − − 0 + 0 = − 2 2 − kπ kπ p p kπ kπ p p p = − 2 a 2p 0− p2 kπ 0 = p 2a . kπ Damit kann das Fourierpolynom aufgestellt werden: n X 2a Fn (x) = sin(kωx) . kπ k=1 ¨ Die Fourierpolynome des Grades 2, 5 und 10 sind in Abb. A1.4 dargestellt. Typisch ist das Uberschwingen der Fourierpolynome an Knick- und Unstetigkeitsstellen. In der numerischen Berechnung werden die beiden Koeffizienten zum h¨ ochsten Grad deswegen halbiert. Abb. A1.3: S¨agezahnfunktion Abb. A1.4: Fourierpolynome des Grades 2, 5 und 10 der S¨agezahnfunktion 110 Anhang: Integraltransformationen L¨ osung mit Derive: / k pi x \ C (x, k, p) := COS |--------| " Definitionen" \ p / / k pi x \ 2: S (x, k, p) := SIN |--------| \ p / / 2 p 2 p 2 p \ | 1 / 1 / 1 / | 3: FK (y, k, p) := |--- / y dx, --- / y C (x, k, p) dx, --- / y S (x, k, p) dx| \ p 0 p 0 p 0 / 2 p / 2 p 2 p ~ 1 / n | 1 / 1 / ~ 4: FP (x, y, n, p) := ----- / y dx + SUM |--- / y C (x, k, p) dx C (x, k, p) + --- / y S (x, ~ 2 p 0 k=1 \ p 0 p 0 ~ ~ \ ~ | ~k, p) dx S (x, k, p)| ~ / a x 5: f (x, a, p) := a - ----- " zu analysierende Funktion" p 6: FK (f (x, a, p), k, p) / a COS (2 pi k) a SIN (2 pi k) a a COS (2 pi k) a SIN (2 pi k) a \ |0, - ---------------- - ---------------- + --------, ---------------- - ---------------- + ------| 7: | 2 2 pi k 2 2 pi k 2 2 pi k | \ pi k pi k pi k / / a 1 a 0 a a 1 a 0 a \ |0, - -------- - ------ + --------, ------ - -------- + ------| 8: | 2 2 pi k 2 2 pi k 2 2 pi k | \ pi k pi k pi k / / 2 a \ 9: |0, 0, ------| " Fourierkoeffizienten" \ pi k / 10: FP (x, f (x, a, p), n, p) " Fourierpolynom" // / pi k x \ \ ~ / pi k x \ / pi k x \ || COS |--------| | ~ SIN |--------| COS (2 pi k) SIN |--------| || n \ p / | n ~ n \ p / n \ p / a ||SUM ----------------| - SUM -~ 11: a SUM ----------------------------- + a SUM ---------------||k=1 2 | k=1 ~ k=1 k k=1 k \\ k / ~ -------------------------------------------------------------- + ----------------------------------~ pi 2~ pi ~ ~ / pi k x \ \ ~COS |--------| COS (2 pi k) | ~ \ p / | ~----------------------------| ~ 2 | ~ k / ~-----------------------------~ ~ 1: 12: 13: 14: 15: 16: / pi k x \ SIN |--------| n \ p / 2 a SUM ---------------k=1 k -------------------------pi / pi k x \ SIN |--------| n \ p / 2 a SUM ---------------k=1 k fp (x, a, n, p) := -------------------------- " pi / pi \ fp |x, ----, 6, pi| " \ 2 / / pi \ fp |x, ----, 10, pi| " \ 2 / / pi \ f |x, ----, pi| CHI (0, x, 2 pi) " \ 2 / Fourierpolynom" Fourierpolynom des Grades 6" Fourierpolynom des Grades 10" Funktion in [0, pi]" Gleichungen 8: und 11: erh¨ alt man nach manueller Unterst¨ utzung durch die Festlegungen cos(2πk) = 1 und sin(2πk) = 0. ⋄ F¨ ur die L¨ osung des n¨ achsten Beispiels ben¨ otigen wir die Definition A1.11 (Kongruenz) a ≡ b (m) ⇐⇒ m|b − a ( m teilt b − a ganzzahlig) A1 Fourierreihen ⇐⇒ 111 a und b haben bei Division durch m denselben Rest. Der Rest wird immer im Intervall [0, m − 1] oder [1, m] angegeben. Sprechweise: a kongruent b modulo m. Es gelten also zum Beispiel 3 ≡ 5 (2), 5 ≡ 25 (10), π ≡ 3π (2π). Beispiel A1.12 Wir betrachten die Funktion e1−x x ∈ (1, 3) = e1−x χ1,3 (x), f (x) = 0 x ∈ (0, 1) ∪ (3, 4) die 4-periodisch auf R fortgesetzt wird, s. Abb. A1.5. Mit T = 4, P = 2 und ω = π/2 und den Integralen Z eax (a cos(bx) + b sin(bx)) eax sin(bx) dx = und a2 + b2 Z eax (a sin(bx) − b cos(bx)) eax sin(bx) dx = a2 + b2 werden die Fourierkoeffizienten berechnet: 3 Z 1 3 1−x − e1−x − e−2 + e0 1 − e−2 = , a0 = e dx = = 2 1 2 1 2 2 Z Z 1 3 1−x e 3 −x ak = e cos(kωx) dx = e cos(kωx) dx 2 1 2 1 3 e e−x (kω sin(kωx) − cos(kωx)) = 2 1 + (kω)2 1 = = = = e (e−3 (kω sin(kω3) − cos(kω3) − e−1 (kω sin(kω) − cos(kω))) 2 1 + (kω)2 ! kπ 3kπ 3kπ sin − cos 2 kπ kπ kπ 2 2 2 − sin + cos 2 2 4 + (kπ) e 2 2 2 ! 3kπ kπ sin 3kπ − 2 cos 1 kπ kπ 2 2 + 2 cos − kπ sin 4 + (kπ)2 e2 2 2 −kπ(1 + e2 ) k ≡ 1 (4) 2 2 − 2e k ≡ 2 (4) 1 f¨ ur . 4 + (kπ)2 e2 k ≡ 3 (4) kπ(1 + e2 ) −2 + 2 e2 k ≡ 4 (4) Analog wird berechnet: Z Z 1 3 1−x e 3 −x bk = e sin(kωx) dx = e sin(kωx) dx 2 1 2 1 3 e e−x (− sin(kωx) − kω cos(kωx)) = 2 1 + (kω)2 1 ! 3kπ −2 sin 2 − kπ cos 3kπ 1 kπ kπ 2 = + 2 sin + kπ cos 2 2 4 + (kπ) e 2 2 2 k ≡ 1 (4) 2(1 + e ) 2 kπ(1 − e ) k ≡ 2 (4) 1 f¨ ur = . 2) 4 + (kπ)2 e2 −2(1 + e k ≡ 3 (4) −kπ(1 − e2 ) k ≡ 4 (4) Abb. A1.6 enth¨ alt die Fourierpolynome des Grades 2, 5 und 10. 112 Anhang: Integraltransformationen Abb. A1.5: Exponentialfunktion Abb. A1.6: Fourierpolynome des Grades 2, 5 und 10 der Exponentialfunktion L¨ osung mit Derive: 1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: / k pi x \ C (x, k, p) := COS |--------| " Definitionen" \ p / / k pi x \ S (x, k, p) := SIN |--------| \ p / / 2 p 2 p 2 p \ | 1 / 1 / 1 / | FK (y, k, p) := |--- / y dx, --- / y C (x, k, p) dx, --- / y S (x, k, p) dx| \ p 0 p 0 p 0 / 2 p / 2 p 2 p ~ 1 / n | 1 / 1 / ~ FP (x, y, n, p) := ----- / y dx + SUM |--- / y C (x, k, p) dx C (x, k, p) + --- / y S (x, ~ 2 p 0 k=1 \ p 0 p 0 ~ ~ \ ~ | ~k, p) dx S (x, k, p)| ~ / 1 - x f (x) := CHI (1, x, 3) #e " zu analysierende Funktion" FK (f (x), k, 2) / -2 / / 3 pi k \ / 3 pi k \\ / pi k \ / pi k ~ | -2 #e |pi k SIN |--------| - 2 COS |--------|| 2 COS |------| - pi k SIN |------~ | 1 #e \ \ 2 / \ 2 // \ 2 / \ 2 ~ |--- - ------, ----------------------------------------------- + ----------------------------------~ | 2 2 2 2 2 2 ~ \ pi k + 4 pi k + 4 ~ ~\ / pi k \ / pi k \ -2 / / 3 pi k \ / 3 pi k \\ \ ~| pi k COS |------| + 2 SIN |------| #e |pi k COS |--------| + 2 SIN |--------|| | ~/ \ 2 / \ 2 / \ \ 2 / \ 2 // | ~--, ------------------------------------ - -----------------------------------------------| ~ 2 2 2 2 | ~ pi k + 4 pi k + 4 / FP (x, f (x), n, 2) / // / pi k x \ / 3 pi k \ \ / pi k x \ / 3~ | || k SIN |--------| COS |--------| | k COS |--------| SIN |--~ -2 | || n \ 2 / \ 2 / | n \ 2 / \ ~ #e |4 pi ||SUM ---------------------------------| - SUM -------------------------~ | ||k=1 2 2 | k=1 2 2 ~ \ \\ pi k + 4 / pi k + 4 ~ fp (x, n) := - ------------------------------------------------------------------------------------~ ~ ~ ~ pi k \ \ / pi k x \ / 3 pi k \ / pi k x \ / 3 pi k \ \ ~ ~------| | COS |--------| COS |--------| SIN |--------| SIN |--------| | ~ ~ 2 / | n \ 2 / \ 2 / n \ 2 / \ 2 / | ~ ~--------| + 8 SUM ------------------------------- + 8 SUM ------------------------------- + 1| ~ ~ | k=1 2 2 k=1 2 2 | ~ ~ / pi k + 4 pi k + 4 / ~ ~----------------------------------------------------------------------------------------------- + p~ ~ 4 ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ ~ // / pi k x \ / pi k \ \ / pi k x \ / pi k \ \ / pi k~ ~ || k SIN |--------| COS |------| | k COS |--------| SIN |------| | COS |-----~ ~ || n \ 2 / \ 2 / | n \ 2 / \ 2 / | n \ 2~ ~i ||SUM -------------------------------| - SUM -------------------------------| + 2 SUM -----------~ ~ ||k=1 2 2 | k=1 2 2 | k=1 ~ ~ \\ pi k + 4 / pi k + 4 / p~ ~ ~ ~ ~ x \ / pi k \ / pi k x \ / pi k \ ~---| COS |------| SIN |--------| SIN |------| ~ / \ 2 / n \ 2 / \ 2 / 1 ~------------------ + 2 SUM ----------------------------- + --~ 2 2 k=1 2 2 4 A1 Fourierreihen 10: 113 ~i k + 4 fp (x, 4) pi k + 4 -2 / 3 pi x \ -2 / 3 pi x ~ -2 3 pi #e COS |--------| 2 #e SIN |--------~ #e COS (2 pi x) pi #e SIN (2 pi x) \ 2 / \ 2 ~ 11: - ------------------- - ---------------------- + -------------------------- - ---------------------~ 2 2 2 2 ~ 2 (4 pi + 1) 4 pi + 1 9 pi + 4 9 pi + 4 ~ ~\ -2 / pi x \ -2 / pi x \ ~ ~| -2 -2 pi #e COS |------| 2 #e SIN |------| ~ ~/ #e COS (pi x) pi #e SIN (pi x) \ 2 / \ 2 / #~ ~-- + ----------------- + -------------------- - ---------------------- + --------------------- - --~ ~ 2 2 2 2 ~ ~ 2 (pi + 1) 2 (pi + 1) pi + 4 pi + 4 ~ ~ / 3 pi x \ / 3 pi x \ ~ ~ -2 3 pi COS |--------| 2 SIN |--------| ~ ~e COS (2 pi x) pi SIN (2 pi x) \ 2 / \ 2 / COS (pi~ ~---- + --------------- + ----------------- + --------------------- - ------------------ - ---------~ ~ 4 2 2 2 2 2 ~ ~ 2 (4 pi + 1) 4 pi + 1 9 pi + 4 9 pi + 4 2 (pi +~ ~ / pi x \ / pi x \ ~ pi COS |------| 2 SIN |------| ~ x) pi SIN (pi x) \ 2 / \ 2 / 1 ~---- - --------------- - ----------------- + ---------------- + --~ 2 2 2 4 ~ 1) 2 (pi + 1) pi + 4 pi + 4 12: fp (x, 10) -2 A1.D Amplituden und Phasenspektrum Sinus- und Kosinusfunktion mit gleicher Frequenz k¨ onnen zu einer Sinusfunktion mit einer Phase zusammengefasst werden, vgl. [25, 22.11, Seite 129] Aus ak cos(kωx) + bk sin(kωx) = Ak sin(kωx + ϕk ) = AK cos(kωx) sin(ϕk ) + Ak sin(kωx) cos(ϕk ). folgen durch Koeffizientenvergleich ak = AK sin(ϕk ) und bk = Ak cos(ϕk ) . Damit sind Ak = k(bk , ak )T k und ϕk = arg(bk , ak ) die Polarkoordinaten des ebenen Vektors (bk , ak )T ; Ak also dessen Betrag und ϕk dessen Argumentwinkel. Es gelten also q ak Ak = a2k + b2k und tan(ϕk ) = , ϕk ∈ [0, 2π] bk Das Fourierpolynom kann somit umgeschrieben. Satz A1.13 (Amplitude und Phasenverschiebung) Mit der Amplitude Ak und der Phase ϕk der harmonische Anteile lautet die Fourierreihe n a0 X Fn (x) = + Ak sin(kωx + ϕk ) 2 k=1 Die Phasenverschiebungen sind −ϕk . Die Werte der Amplituden Abb. A1.7: Amplituden und kω Phasen nennt man diskrete Spektren. Die Amplituden und die Phasen sind in Abb. A1.7 veranschaulicht. A1.E Komplexe Berechnung Aus ej x = cos(x) + j sin(x) und e− j x = cos(x) − j sin(x) folgen durch Addition und Subtraktion cos(x) = ej x + e− j x 2 und sin(x) = ej x − e− j x . 2j 114 Anhang: Integraltransformationen Dies wird in die Fourierreihe eingesetzt: F∞ (x) = = = ∞ a0 X (ak cos(kωx) + bk sin(kωx)) + 2 k=1 ∞ a0 X ej kωx + e− j kωx ej kωx − e− j kωx + ak + bk 2 2 2j k=1 ∞ a0 j 0ωx X ak − j bk j kωx ak + j bk − j kωx + + = e e e 2 2 2 k=1 ∞ X ck ej kωx k=−∞ Die Fourierreihe hat in ihrer komplexen Darstellung eine besonders einfache Form: Satz A1.14 (Komplexe Formulierung der Fourierreihe) Mit b0 = 0 heißen ak − j bk und 2 komplexe Fourierkoeffizienten. ck = F∞ (x) = ∞ X c−k = ak + j bk = ck 2 k≥0 f¨ ur ck ej kωx (A1.1) (A1.2) k=−∞ ist die komplexe Darstellung der Fourierreihe. Die R¨ uckrechnung erfolgt durch f¨ ur k ≥ 0 durch ak = ck + c−k = 2 Re(ck ) bk = j(ck − c−k ) = −2 Im(ck ) . und (A1.3) Auch die Amplitude kann direkt aus den komplexen Fourierkoeffizienten gewonnen werden: q p p Ak = a2k + b2k = (2 Re(ck ))2 + (2 Im(ck ))2 = 2 Re(ck )2 + Im(ck )2 = 2|ck | (A1.4) Die komplexen Fourierkoeffizienten k¨ onnen in vielen F¨ allen einfacher berechnet werden als die reellen, wie Beispiele weiter unten belegen. Es gelten (a) (b) k=0: k>0: a0 1 c0 = = 2 2P ck = = (c) k<0: ck = = Z P −P 1 f (x) dx = 2P Z P f (x) e− j ω0x dx , −P Z P ak − j bk 1 = f (x)(cos(ωkx) − j sin(ωkx)) dx 2 2P −P Z P 1 f (x) e−jωkx , 2P −P Z P a−k + j b−k 1 = f (x)(cos(−ωkx) + j sin(−ωkx)) dx 2 2P −P Z P 1 f (x) e− j ωkx dx . 2P −P Damit ist der folgende Satz beweisen: Satz A1.15 Die direkte Berechnung der Fourierkoeffizienten erfolgt durch Z P 1 ck = f (x) e− j ωkx dx . 2P −P Damit lautet die Fourierreihe Z P ∞ ∞ Z P X 1 1 X − j ωkx j ωkx − j ωkx F∞ (x) = f (x) e dx e = f (x) e dx ej ωkx . 2P −P 2P −P k=−∞ k=−∞ A1 Fourierreihen 115 Beispiel A1.16 Wir betrachten die 2π-periodische Funktion f (t), die auf dem Intervall (−π, π) definiert ist durch f (t) := sign(t): Mit den Bezeichnungen T = 2π, P = π, ω = π/P = 1 erhalten wir f¨ ur k 6= 0 Z π Z 0 Z π 1 1 1 ck = f (t) e− j kt dt = − e− j kt dt + + e− j kt dt 2π −π 2π −π 2π 0 −1 − j kt 0 1 − j kt π 1 1 j = e e (− e0 + e+ j kπ + e− j kπ − e0 ) + = 2π − j k 2π − j k 2kπ −π 0 0 k gerade j = ((−1)k − 1) = . −2 j kπ k ungerade kπ F¨ ur k = 0 erhalten wir durch direkte Berechnung c0 = 0 und fassen zusammen −2 j X 1 j kt F∞ (t) = . e π k k ungerade Hieraus k¨ onnen nach Gl. A1.2 die reellen Fourierkoeffizienten gewonnen: −2 j −2 j ak = ck + c−k = + = 0, (f ist ungerade Funktion!) kπ −kπ 0 0 k gerade k gerade , = bk = j(ck − c−k ) = −2 j2 − −2 j2 4 k ungerade k ungerade kπ kπ −kπ ∞ X 4 1 4 sin(3t) f (t) = sin((2k + 1)t) = sin(t) + + ... . π 2k + 1 π 3 k=0 f¨ ur alle t ∈ R\πZ. A1.F ⋄ Gliedweises Integrieren und Differenzieren Als Vorbereitung der Anwendung von Fourierreihen in der Analysis betrachten wir das Differenzieren und Integrieren. K¨ onnen diese Operationen gliedweise durchgef¨ uhrt werden? Eine hinreichende Antwort liefert der Verfahren A1.17 (Weierstraßscher M-Test) Ist F∞ (x) = ∞ a0 X + (ak cos(kωx) + bk sin(kωx)) 2 (A1.5) k=1 die Fourierreihe der Funktion f (x) und sind die Reihen ∞ P k=1 ak und ∞ P bk absolut konvergent, so k=1 kann F∞ gliedweise integriert und differenziert werden: Z ∞ X a0 1 (a) f (x) dx = x + (ak sin(kωx) − bk cos(kωx)) + c 2 kω k=1 (b) f ′ (x) = ∞ X kω(−ak sin(kωx) + bk cos(kωx)) k=1 Der erste Term in (a) ist keine trigonometrische Funktion. Damit ist (a) kein trigonometrisches Polynom. ¨ Ofter anwendbar, da klarer in der Voraussetzung, ist das Zusammenfassung A1.18 Gilt Gl. A1.5 und ist f st¨ uckweise stetig, so ist die Fourierreihe gliedweise integrierbar. 116 Anhang: Integraltransformationen A1.G Parsevalsche Gleichung und Reihenauswertung F¨ ur st¨ uckweise stetige Funktionen gilt Z T Z T 2 f (x) dx = f (x)F∞ (x) dx 0 0 = = a0 2 Z T f (x) dx + 0 = P 2 ak k=1 a0 P a0 + 2 a20 ∞ X + Damit ist bewiesen: ∞ X k=1 ∞ X k=1 Z T f (x) cos(kωx) dx + bk 0 (ak P ak + bk P bk ) = P A2k ! Z T f (x) sin(kωx) dx 0 ! ∞ a20 X 2 2 + (ak + bk ) 2 k=1 . Satz A1.19 (Parsevalsche Gleichung) Gilt Gl. A1.5 und ist f st¨ uckweise stetig, so gilt: ! Z T ∞ a20 X 2 f 2 (x) dx = P + Ak . 2 0 k=1 ⋄ Beispiel A1.20 Die Betragsfunktion g(t) = |t| auf (−π, π) hat als Ableitung die Funktion g′ (t) = f (t) aus A1.16. Damit gilt nach A1.17: ∞ 4X 1 g(t) = c − cos((2k + 1)t) π (2k + 1)2 k=0 mit 1 a0 = c= 2 2π Damit wird g(t) = Z π 1 |t| dt = π −π Z π t dt = 0 π π2 = . 2π 2 ∞ π 4X 1 − cos((2k + 1)t) . 2 π (2k + 1)2 k=0 Zur Berechnung von c kann man auch t = π/2 einsetzen. ⋄ Fourierreihen k¨ onnen zur Berechnung von Reihen eingesetzt werden. Dies wird an einigen Beispielen demonstriert: Beispiel A1.21 (Reihenauswertung) ∞ 4X 1 4 sin(3t) (a) f (t) = sin((2k + 1)t) = sin(t) + + ... π 2k + 1 π 3 k=0 4 1 1 1 1 π werten wir an der Stelle t = /2 aus: 1= 1 − + − + . . . liefert π 3 5 7 9 1 1 1 1 π 1 − + − + ... = . 3 5 7 9 4 Die Parsevalsche Gleichung liefert: Z 2π ∞ 42 X 1 16 1 1 1 1 f 2 (x) dx = π 2 = 1 + + + + + . . . . 2π = π (2k + 1)2 π 9 25 49 81 0 k=0 Folglich ist 1+ 1 1 1 1 π2 + + + + ... = . 9 25 49 81 8 A1 Fourierreihen (b) g(t) = 117 ∞ π 4X 1 − cos((2k + 1)t). 2 π (2k + 1)2 k=0 werten wir an der Stelle t = 0 aus: π 4 1 1 1 1 0= − 1+ + + + ... 2 π 9 25 49 81 liefert wie oben π2 1 1 1 1 =1+ + + + ... . 8 9 25 49 81 A1.H ⋄ Fourierpolynom als orthogonale Projektion Im Folgenden wird die Approximation einer Funktion durch ein Fourierpolynom verglichen mit der Ann¨ aherung eines Punktes P im Raum durch einen Punkt in einer Ebene. Hier soll in einer vorgegebenen Ebene E derjenige Punkt gefunden werden, der dem Punkt P am n¨ achsten liegt. Dies ist die orthogonale Projektion de Punktes P in die Ebene E. Zur Berechnung w¨ ahlen wir eine Orthonormalbasis {ˆ e1 , eˆ2 } der Ebene E, die wir zu einer Basis {ˆ e1 , eˆ2 , eˆ3 } des Raumes erg¨ anzen. Der Ortsvektor ~ p zum Punkt P kann u ¨ ber dieser Basis linear kombiniert werden: p~ = p1 eˆ1 + p2 eˆ2 + p3 eˆ3 . Die Komponenten erf¨ ullen h~ p, eˆi i = hp1 eˆ1 , eˆi i + hp2 eˆ2 , eˆi i + hp3 eˆ3 , eˆi i = pi , der Punkt kann somit geschrieben werden in der Form p~ = 3 X k=1 h~ p, eˆi i eˆi . Die Projektion Q des Punktes P in die Ebene E besitzt den Ortsvektor p~E = 2 X k=1 h~ p, eˆi i eˆi , denn die Differenz p~ − p~E = h~ p, eˆ3 i eˆ3 steht senkrecht auf der Ebene. Zur Berechnung der orthogonalen Projektion in eine Ebene ben¨ otigen wir also eine ONB dieser Ebene. Die Vektoren, die diese zu einer ONB des gesamten Raumes erg¨ anzen, werden nicht ben¨ o¨ tigt. Ubertragen wir diese Idee auf die Berechnung der Fourierkoeffizienten, so ben¨ otigen wir eine Orthonormalbasis der Menge aller Fourierpolynome vorgegebener Periode T . Die Betrachtung der Orthogonalit¨ at verlangt ein Skalarprodukt auf der Menge aller T -periodischen Funktionen. Eine wesentliche Hilfe hierbei sind die Orthogonalit¨ atsrelationen A1.5 Wir beginnen mit der Definition des Skalarprodukts und wiederholen die ben¨ otigten Eigenschaften, vgl. [25, 10.12, Seite 54]: Definition und Satz A1.22 Auf der Menge CT der st¨ uckweise stetigen und T-periodischen Funktionen definiert Z T hf, gi := c f (x)g(x) dx 0 f¨ ur f, g ∈ CT ; c ∈ R+ ein Skalarprodukt. Es gelten also ∀f ∈ CT : hf, f i ≥ 0 ∀f ∈ CT : hf, f i = 0 ⇔ f = 0 ∀f, g ∈ CT : hf, gi = hg, f i ∀f, g, h ∈ CT : hf + g, hi = hf, hi + hg, hi ∀f, g ∈ CT ∀r ∈ R : hrf, gi = hf, rgi = r hf, gi p k~ak = h~a, ~ai ist dann der Betrag des Elements. a) b) c) d) e) (Def initheit) (Kommutativit¨ at) (Distributivit¨ at) 118 Anhang: Integraltransformationen Beweis: Wir weisen die einzelnen Eigenschaften nach: hf, f i = c (a) Z T f (x)f (x) dx = c 0 (b) Aus 0 = hf, f i = c (c) klar, (d) Z T 0 hf + g, h i = c Z T 0 f 2 (x) dx ≥ 0 , f 2 (x) dx folgt wegen f 2 (x) ≥ 0 sofort f = 0 , Z T (f (x) + g(x))h(x) dx Z T Z T f (x)h(x) dx + c g(x)h(x) dx = hf, h i + hg, h i , = c 0 0 (e) hrf, g i = c Z 0 T rf (x)g(x) dx = rc 0 Z T 0 f (x)g(x) dx = r hf, g i . ⋄ Die positive Konstante c dient zur Normierung der Funktionen. Sie wird jetzt bestimmt. Aufgrund der Orthogonalit¨ atsrelationen A1.5(a), (c), (d) sind die Funktionen {1, sin(ωkx), cos(ωkx) | k = 1, . . . , n} orthogonal. Sie bilden eine orthogonale Basis des Unterraums aller trigonometrischen Polynome des Grades n. A1.5(b) liefert Z T 2 k sin(ωkx)k = hsin(ωkx), sin(ωkx)i = c sin2 (ωkx) dx = cP, 0 k cos(ωkx)k2 = hcos(ωkx), cos(ωkx)i = c Z T sin2 (ωkx) dx = cP. 0 ahlt werden und wir erhalten als endg¨ ultige Sollen diese Ergebnisse 1 sein, so muss c = 1/P gew¨ Definition f¨ ur das Skalarprodukt: Z 1 T hf, g i := f (x)g(x) dx (f, g ∈ CT ) . P 0 Hiermit gilt wegen T = 2P f¨ ur die konstante Funktion k(t) = k Z T 1 T k2 k2 dx = = 2k2 . kkk2 = hk, ki = P 0 P Diese Funktion soll normiert werden, also kkk2 = 1 erreicht werden. Hierzu muss k = 1/√2 gesetzt werden. Diese Ergebnisse fassen wir zusammen: Definition und Satz A1.23 (a) Auf der Menge CT der st¨ uckweise stetigen und T-periodischen Funktionen definiert Z T 1 hf, g i := f (x)g(x) dx P 0 ein Skalarprodukt, bez¨ uglich dem die Funktionen { 1/√2, sin(ωkx), cos(ωkx) | k = 1, . . .} mit ω = 2π/T und T = 2P orthonormiert sind. √ (b) Die Menge { 1/ 2, sin(ωkx), cos(ωkx) | k = 1, . . . , n} bildet einer Orthonormalbasis der Menge aller trigonometrischen Polynome des Grades n. Bemerkung A1.24 Nach der Vorbemerkung zu A1.22 ist die beste Approximation einer 2P- periodische Funktion f durch ein trigonometrisches Polynom des Grades n damit n X 1 1 √ ,f √ + Fn (x) = hcos(ωkx), f i cos(ωkx) + hsin(ωkx), f i sin(ωkx) 2 2 k=1 Z 11 T = f (x) dx 2P 0 A1 Fourierreihen + = 119 Z n X 1 k=1 n X a0 + 2 P T cos(ωkx)f (x) dx cos(ωkx) 0 1 P Z T sin(ωkx)f (x) dx sin(ωkx) 0 ak cos(ωkx) + bk sin(ωkx). k=1 Dies ist nat¨ urlich genau die in A1.6 gefundene beste Approximation einer Funktion f durch ein trigonometrisches Polynom des Grades n. Bemerkung A1.25 Wichtige Anwendungen des Fourierpolynoms sind die L¨ osung der W¨ armeleitungsgleichung und die L¨ osung der schwingenden Saite. 120 Anhang: Integraltransformationen A2 Fourier-Integral Transformation oder Fourier- Literatur: Stingl [50], Bajpai [4], Brauch [9], Spiegel [49], O’Neil [33] Integraltransformationen werden h¨ aufig zur L¨ osung von Differenzialgleichungen eingesetzt. Die erste zu behandelnde Transformation, die Fourier-Transformation, wird aus komplexen Fourierreihen hergeleitet, wobei immer gr¨ oßere Perioden betrachtet werden und diese schließlich im Grenzu ¨ bergang unendlich groß werden. Wir wiederholen zun¨ achst die Berechnung der komplexen Fourierkoeffizienten aus A1.14: Bemerkung A2.1 (Komplexe Fourierreihe) F¨ ur eine periodische Funktion f : R → R, die die ullt, gilt mit der Periode T = 2P die Gleichung Dirichlet-Bedingung A1.8 erf¨ Z P ∞ X kπ kπ 1 f (t) = ck ej P t mit ck = f (t) e− j P t dt. 2P −P k=−∞ Herleitung A2.2 (Fourier-Integral) Ist die Funktion f : R → R nicht periodisch, so lassen wir die Periode in obiger Formel immer gr¨ oßer werden. Mit kπ (k + 1)π − kπ π ωk := und ∆ω := ωk+1 − ωk = = P P P erhalten wir: Z P Z ∞ ∞ X kπ kπ 1 1 X π P f (t) = f (t) e− j P t dt ej P t = f (t) e− j ωk t dt ej ωk t 2P −P 2π P −P k=−∞ k=−∞ ∞ Z P 1 X − j ωk t = f (t) e dt ej ωk t ∆ω 2π −P k=−∞ Im Grenz¨ ubergang P → ∞ und damit ∆ω → 0 wird ωk zu einer kontinuierlichen Gr¨ oße und aus der Summation eine Integration: Z ∞ Z ∞ 1 − j ωt f (t) = f (t) e dt ej ωt dω 2π −∞ −∞ Dies fassen wir mit der korrekten Voraussetzung zusammen: Definition A2.3 (Fourier-Integral, Fourier-Transformation) Erf¨ ullt die Funktion f :R→ Z ∞ |f (t)| dt , so R auf jedem endlichen Intervall die Dirichlet-Bedingung A1.8 und existiert −∞ gelten: (a) Das Fourier-Integral F (ω) = Z∞ −∞ f (t) e− j ωt dt kann f¨ ur jedes ω ∈ R berechnet werden, die Funktion F : R → C ist also an jeder Stelle ω ∈ R definiert. (b) Die R¨ ucktransformation ist an den Stetigkeitsstellen von f gleich dem Funktionswert f (t) : Z∞ 1 f (t) = F (ω) ej ωt dω . 2π −∞ Mit Hilfe der folgenden Festlegungen kann das Fourier-Integral auch reell formuliert werden. Definition A2.4 Spektralfunktionen: Amplitudenspektrum: Phasenspektrum: a(ω) = A(ω) = Z ∞ −∞ p f (t) cos(ωt) dt , a(ω)2 + b(ω)2 b(ω) = Z ∞ −∞ (s. Abb. A2.1) , ϕ(ω) = arc(F (ω)) = arg(a(ω), −b(ω)) . f (t) sin(ωt) dt, A2 Fourier-Integral oder Fourier-Transformation Aus F (ω) = = Z ∞ − j ωt f (t) e Z−∞ ∞ −∞ dt = Z f (t) cos(ωt) dt − j ∞ f (t)(cos(ωt) − j sin(ωt)) dt −∞ Z ∞ = a(ω) − j b(ω) = A(ω) e 121 f (t) sin(ωt) dt −∞ j ϕ(ω) = A(ω)(cos(ϕ(ω)) + j sin(ϕ(ω))) folgt durch Einsetzen in A2.3 Z ∞ Z ∞ 1 1 j ωt f (t) = F (ω) e dω = (a(ω) − j b(ω))(cos(ωt) + j sin(ωt)) dω 2π −∞ 2π −∞ Z ∞ Z ∞ j 1 a(ω) cos(ωt) + b(ω) sin(ωt) dω + a(ω) sin(ωt) − b(ω) cos(ωt) dω . = 2π −∞ 2π −∞ Die Funktion ist reellwertig, folglich muss ihr Imagin¨ arteil, der zweite Summand, null sein und wir erhalten als Ergebnis eine Formel f¨ ur die R¨ ucktransformation mit rein reellen Termen: Satz A2.5 (Fourier-Integral in reeller Notation) Z ∞ Z ∞ 1 1 f (t) = (a(ω) cos(ωt) + b(ω) sin(ωt)) dω = A(ω) sin(ωt + ϕ(ω)) dω . 2π −∞ 2π −∞ Satz A2.6 Ist f eine ungerade Funktion, so gilt a(ω) = 0. Ist f eine gerade Funktion, so gilt b(ω) = 0. Beweis: Mit der Definition A2.4 und der Substitution t 7→ −t folgt die erste Aussage: a(ω) = Z ∞ f (t) cos(ωt) dt = −∞ Z 0 Z 0 f (t) cos(ωt) dt + −∞ Z ∞ Z ∞ f (−t) cos(ω(−t))(−1) dt + f (t) cos(ωt) dt ∞ 0 Z ∞ Z ∞ = − f (t) cos(ωt) dt + f (t) cos(ωt) dt = 0 = 0 f (t) cos(ωt) dt 0 0 Analog zeigen Sie die zweite Aussage. ⋄ Beispiel A2.7 (Rechteck) Die Fouriertransformierte eines Rechteckimpulsex f (t) = a χ[−b,b] (t) wird berechnet, vgl.[9, S. 433]: Da f eine gerade Funktion ist, folgt b(ω) = 0. Wir berechnen die Spektralfunktion a(ω): Z ∞ Z b b a 2a a(ω) = f (t) cos(ωt) dt = a cos(ωt) dt = sin(ωt) = sin(ωb). ω ω −b −∞ −b Hieraus folgt das Amplitudenspektrum 2a A(ω) = |a(ω)| = | sin(ωb)|. ω Das Phasenspektrum ist konstant null. Die R¨ ucktransformation liefert nach A2.5 Z ∞ Z 1 a ∞ sin(ωb) f (t) = a(ω) cos(ωt) dω = cos(ωt) dω . 2π −∞ π −∞ ω F¨ ur t = 0 erhalten wir eine in der Nachrichtentechnik bedeutende Gleichung Z a ∞ sin(ωb) a= dω, π −∞ ω die wir umstellen k¨ onnen und somit ein in Mathematik 1 [25, 30.7(b), Seite 178] ungel¨ ostes unbestimmtes Integral erhalten: Z∞ −∞ sin(bx) dx = π x ⋄ 122 Anhang: Integraltransformationen Abb. A2.1: Amplitude und Phase Abb. A2.2: Rechteckimpuls Abb. A2.3: Ortskurve Beispiel A2.8 (Abklingender Impuls) Im letzten Beispiel wird die Fourier-Transformation eines abklingenden Pulses f (t) = e−δt χ[0,∞] (t) mit δ > 0 berechnet, vgl. [50, S.551]: Wir berechnen das komplexe Fourier-Integral: Z ∞ Z ∞ −δt − j ωt F (ω) = e χ[0,∞] (t) e dt = e−(δ+j ω)t dt −∞ 0 h it→∞ −1 1 1 δ − jω = − e−(δ+j ω)t = = 2 0 δ + jω δ + jω δ + jω δ + ω2 Wir berechnen das Amplituden- und Phasenspektrum und die Spektralfunktionen: ω 1 A(ω) = √ , ϕ(ω) = arg(δ, −ω) = − arctan (+π) , δ δ2 + ω 2 δ ω und b(ω) = 2 , a(ω) = 2 δ + ω2 δ + ω2 In der komplexen Ebene erh¨ alt man F (ω) durch Inversion der Halbgeraden z(ω) = δ + j ω (ω ≥ 0) als den unteren Halbkreis H( 1/2δ , 0), 1/2δ ). F (ω) kann als Ortskurve in der komplexen Ebene dargestellt werden. = − A3 Laplace-Transformation 123 A3 Laplace-Transformation Literatur: Stingl [50], Bajpai [4], Brauch [9], Spiegel [45], O’Neil [33] A3.A Transformation und Ru ¨ cktransformation Problemstellung A3.1 H¨ aufig treten Funktionen auf, die (a) die Voraussetzung f¨ ur die Fourier-Transformation, die Existenz des Integrals nicht erf¨ ullen und Z ∞ −∞ |f (t)| dt , (b) erst ab einem bestimmten Zeitpunkt“, der in der Regel auf t = 0 festgelegt wird, zu ” betrachten sind: 0 t<0 f (t) = = g(t) χ[0,∞] (t). g(t) t≥0 Um die Integrierbarkeit dieser Funktionen zu erzwingen, werden sie ged¨ ampft, f (t) also durch f (t) e−δt (δ > 0) ersetzt und anschließend Fourier-transformiert: Z ∞ Z ∞ −δt − j ωt F (s) = f (t) e e dt = f (t) e−st dt −∞ −∞ mit s = δ + j ω und δ = Re(s) > 0. Wir definieren zun¨ achst die Funktionen, die wir mit dieser Methode transformieren k¨ onnen. Wir benutzen die in der Laplace-Transformation u ¨ blichen Begriffe, die ihren Ursprung in den Anwendungen haben. Definition A3.2 O= f :R→R Z ∀t < 0 : f (t) = 0 ∧ ∃δ > 0 : ∞ 0 |f (t)| e −δt dt < ∞ heißt Originalraum. Dies ist ein Vektorraum u ¨ber R. Ohne Beweis geben wir den folgenden Satz an, der die Zugeh¨ origkeit zu O f¨ ur bestimmte Funktionen garantiert: Satz A3.3 Erf¨ ullt eine Funktion f : R → R die Voraussetzungen (a) ∀ t < 0 : f (t) = 0 , (b) f ist u ¨berall definiert, (c) In jedem endlichen Intervall hat f nur endlich viele Sprungstellen, (d) ∃M, α ∈ R ∀ t ≥ 0 : |f (t)| ≤ M eαt . Dann geh¨ ort f zum Originalraum O. Definition A3.4 F¨ ur eine Funktion f des Originalraums setzen wir die Laplace-Transformierte Z ∞ L {f (t)} = F (s) = f (t) e−st dt . 0 Die Laplace-Transformierte hat den Definitionsbereich {s ∈ C | Re(s) > 0}. Die Menge aller Laplace-Transformierten heißt Bildraum B von L. 124 Anhang: Integraltransformationen Ich halte die Bezeichnung L {f (t)} f¨ ur ungl¨ ucklich. Erstens ist sie keine Funktion von t, die gesamte Funktion f wird transformiert. Zweitens ist aus dieser Notation nicht ersichtlich, dass die Laplace-Transformierte eine Funktion in Abh¨ angigkeit von s ist. Eine sinnvollere und aussagekr¨ aftigere Bezeichnung w¨ are L {f }(s) oder L(f )(s), denn auch auf Mengenklammern kann man ohne Informationsverlust verzichten. Ziel A3.5 Eine Differenzialgleichung im Originalraum O wird in eine algebraische Gleichung im Bildraum B transformiert. Diese kann einfacher gel¨ ost werden. Die gefundene L¨ osung wird dann r¨ ucktransformiert. Das folgende Diagramm veranschaulicht dieses Vorgehen: Dgl in O L −→ L¨ osung der Dgl L−1 ←− algebraische Gleichung in B ↓ L¨ osung der alg. Gl. in B Die Laplace-Transformation L und ihre R¨ ucktransformation L−1 werden tabellarisch erfasst. Nach der Berechnung der R¨ ucktransformation wenden wir uns den Regeln zum Aufbau dieser Tabellen zu. Die Laplace-Transformation L{f (t)} ist als Fourier-Transformation der Funktion f (t)e−δt gewonnen worden. Aus dieser Definition gewinnen wir die R¨ ucktransformation: L {f (t)} ist die Fourier-Transformation der Funktion f (t)e−δt , also gilt mit s = δ + j ω und ds = j dω nach A2.3(b): Z ∞ Z δ+j ∞ Z δ+j ∞ 1 1 1 −δt j ωt (s−δ)t f (t) e = F (s) e dω = F (s) e ds = F (s) est ds e−δt , 2π −∞ 2π j δ−j ∞ 2π j δ−j ∞ und damit Z δ+j ∞ 1 f (t) = F (s) est ds . 2π j δ−j ∞ Satz A3.6 (Ru ur alle δ ∈ R, f¨ ur die f (t) e−δt integrierbar ist, erhalten ¨ cktransformation) F¨ wir Wir notieren das Ergebnis in einer anderen Form: Z δ+j ∞ 1 −1 F (s) est ds ( = f (t)) . L {F (s)} = 2π j δ−j ∞ Beispiel A3.7 (Erste Transformationen) Bei allen hier genannten Funktionen ist zu ber¨ ucksichtigen, dass sie null sind f¨ ur t < 0. In einer korrekten Schreibweise m¨ usste ihre Abbildungsvorschrift eigentlich mit χ[0,∞] (t) multiplizieren werden. Z ∞ i∞ 1 1h 1 lim e−st −1 = . (a) L {1} = e−st dt = − e−st =− s 0 s t→∞ s 0 n! n (b) L {t } = n+1 : s Dies beweisen wir durch Induktion nach n. Der Induktionsanfang ist f¨ ur n = 0 in (a) verifiziert. Der Induktionsschritt wird mit Hilfe der partiellen Integration nachgewiesen: Z ∞ Z ∞ 1 n −st ∞ n n−1 −st n n −st L {t } = t e dt = − t e + t e dt 0 s s 0 0 Z ∞ IV n (n − 1)! n n n! = −0 + 0 + tn−1 e−st dt = L tn−1 = = n+1 . n s 0 s s s s (c) F¨ ur Re(a) < Re(s) gilt Z ∞ Z at at −st L e = e e dt = ∞ 1 . s − a 0 0 Die Berechnung weiterer Beispiele vereinfachen wir durch die Formulierung wichtiger Eigenschaften der Laplace-Transformation: e−(s−a)t dt = Satz A3.8 (Linearit¨ at) Die Laplace-Transformation ist eine injektive und lineare Abbildung (linearer Operator). A3 Laplace-Transformation 125 Beweis: Die Injektivit¨at folgt aus der Existenz der R¨ucktransformation: F¨ur zwei Funktionen f1 und f2 folgen aus ihrem gleichen Bild: L {f1 } = L {f2 } ⇒ f1 = L−1 {L {f1 }} = L−1 {L {f2 }} = f2 . Die Linearit¨ at der Laplace-Transformation folgt aus der Linearit¨ at der Integration. F¨ ur Funktionen f1 und f2 und reelle Zahlen c1 und c2 folgen: Z ∞ Z ∞ Z ∞ −st −st L {c1 f1 + c2 f2 } = (c1 f1 (t) + c2 f2 (t)) e dt = c1 f1 (t) e dt + c2 f2 (t) e−st dt 0 0 0 = c1 L{f1 } + c2 L {f2 } ⋄ Beispiel A3.9 ) ( n n n X X i X i! i (a) L ai t = ai L t = ai i+1 s i=0 i=0 i=0 nao (n − 1)! atn−1 a = (b) L−1 n = L−1 s (n − 1)! sn (n − 1)! n o a + bs b a = L−1 2 + L−1 (c) L−1 = at + b 2 s s s at 1 1 1 s+a+s−a s e + e−at = + = = 2 (d) L {cosh(at)} = L 2 2 2 2 s−a s+a 2(s − a ) s − a2 at e − e−at 1 1 1 s+a−s+a a (e) L {sinh(at)} = L = − = = 2 2 2 2 2 s−a s+a 2(s − a ) s − a2 j ωt e + e− j ωt 1 1 1 s (f) L {cos(ωt)} = L = + = 2 2 2 s− jω s + jω s + ω2 j ωt e − e− j ωt 1 1 1 ω (g) L {sin(ωt)} = L = − = 2 2j 2j s − jω s + jω s + ω2 A3.B Spezielle Transformation Die Transformation komplexer Beispiele wird mit Hilfe zweier S¨ atze vorbereitet: ¨ Satz A3.10 (AhnlichkeitsVerschiebungs-, D¨ ampfungssatz) F¨ ur eine Funktion f (t) mit ihrer Laplace-Transformierten F (s) = L{f (t)} gelten: ¨ (a) L {f (at)} = a1 F as f¨ ur a > 0 (Ahnlichkeitssatz) (b) (c) L {f (t − t0 )} = e−st0 F (s) L e−δt f (t) = F (s + δ) f¨ u r t0 > 0 (Verschiebungssatz) (D¨ ampfungssatz) Beweis: Diese Aussagen werden durch Nachrechnen verifiziert: (a) L {f (at)} = Z ∞ f (at) e−st dt (τ = at) = 0 Z ∞ 1 a Z ∞ 0 (τ = t − t0 ) = f (t − t0 ) e−st dt 0 Z ∞ −st0 = e f (τ ) e−sτ dτ , (b) L {f (t − t0 )} = s f (τ ) e−( a )τ dτ Z ∞ f (τ ) e−s(τ +t0 ) dτ −t0 da f (t) = 0 f¨ ur t < 0 . 0 Z n o −δt (c) L e f (t) = ∞ 0 −δt e −st f (t) e dt = Z 0 ∞ f (t) e−(s+δ)t dt . ⋄ 126 Anhang: Integraltransformationen Satz A3.11 (Transformation periodischer Funktionen) F¨ ur eine T-periodische Funktion berechnen wir: Z ∞ ∞ Z (i+1)T X −st L {f (t)} = f (t)e dt = f (t) e−st dt 0 u = t − iT = ∞ Z X i=0 = i=0 T iT f (u + iT ) e−s(u+iT ) du = 0 1 1 − e−sT ∞ X e−isT i=0 Z T !Z T f (u) e−su du 0 f (t) e−st dt . 0 Beispiel A3.12 (a) Der Rechteckimpuls aχ[c,d] (t), s. Abb. A3.1, wird umgeformt zu aχ[c,d] (t) = a(χ[c,∞](t) − χ[d,∞](t)) = a(χ[0,∞] (t − c) − χ[0,∞](t − d)) und mit Hilfe von A3.7(a) und des Verschiebungssatzes transformiert: L aχ[c,d] (t) = a L aχ[0,∞] (t − c) − L aχ[0,∞](t − d) 1 −sc 1 −sd a −sc = a e − e = e − e−sd . s s s (b) Die ged¨ ampfte Kosinusfunktion e−δt cos(ωt) wird mit A3.9(f) und dem D¨ ampfungssatz transformiert: o n s+δ L e−δt cos(ωt) = (s + δ)2 + ω 2 (c) Der obige Satz erlaubt eine weitere Herleitung der Transformation der Sinusfunktion sin(t) mit der Periode T = 2π: −st 2π Z 2π 1 1 e −st L {sin(t)} = sin(t) e dt = (−s sin(t) − cos(t)) 1 − e−2πs 0 1 − e−2πs s2 + 1 0 −2πs −2πs 1 1 1−e 1 e (−1) − 2 (−1) = = 1 − e−2πs s2 + 1 s +1 1 − e−2πs s2 + 1 1 = 2 s +1 Abb. A3.1: Rechteckimpuls A3.C Abb. A3.2: Faltungssubstitution Faltung Welche Originalfunktion geh¨ ort zu einem Produkt im Bildraum? Wir werden diese Frage in den n¨ achsten Schritten beantworten! Z u Satz A3.13 (Produkte von Laplace-Transformierten) Mit h(u) := f (u − v)g(v) dv gel0 ten L {f }(s)L {g}(s) = L {h}(s) und damit L−1 {L {f }L {g}}(t) = h(t) . A3 Laplace-Transformation 127 Beweis: Die beiden Beschreibung der Menge B ist durch Abb. A3.2 veranschaulicht: B = {(u, v) | v ∈ R ∧ u ∈ [v, ∞]} = {(u, v) | u ∈ R ∧ v ∈ [0, u]} Dies werden wir im folgenden Beweis benutzen. Z ∞ Z ∞ −sw L {f }(s)L {g}(s) = f (w) e dw g(v) e−sv dv 0 Z0 ∞ Z ∞ −sw = f (w) e g(v) e−sv dw dv Z0 ∞ Z0 ∞ = f (w) e−s(w+v) g(v) dw dv Z0 ∞ Z0 ∞ = f (u − v) e−su g(v) du dv 0 v Z ∞Z u (A3.1) = f (u − v) e−su g(v) dv du 0 Z0 ∞ Z u = f (u − v)g(v) dv e−su du 0 Z0 ∞ = h(u) e−su du = L {h}(s) (A3.1) (Satz von Fubini) (Substitution u = w + v) ⋄ Diese Herleitung legt die Definition der hier ben¨ otigten Konstruktion der neuen Funktion nahe. Sie ist auch in anderen Gebieten der Mathematik von Bedeutung, worauf wir in dieser Vorlesung aber nicht eingehen. 0 Definition A3.14 (Faltung) F¨ ur integrierbare Funktionen f und g definieren wir die Faltung f ∗ g durch Z t f (t − τ )g(τ ) dτ. f ∗ g (t) = 0 Wir weißen zwei Eigenschaften der Faltung nach: Satz A3.15 (a) Die Faltung ist kommutativ: f ∗ g = g ∗ f . (b) f ∗ 1 ist eine Stammfunktion von f mit einer Nullstelle bei 0. Beweis: (a) f ∗ g (t) = = (b) Z Z t f (t − u)g(u) du = − 0 t 0 Z t 0 f (v)g(t − v) dv (Substitution u = t − v) g(t − v)f (v) dv = g ∗ f (t) f ∗ 1 (t) = 1 ∗ f (t) = Z 0 t 1f (τ ) dτ = Z t f (τ ) dτ 0 ⋄ Wir fassen mit der Definition der Faltung das Ergebnis von A3.13 zusammen: Satz A3.16 (Faltungssatz) F¨ ur Originalfunktionen f und g gilt L {f ∗ g} = L {f } L {g} , f¨ ur Bildfunktionen F und G gilt L−1 {F G} = L−1 {F } ∗ L−1 {G} . ⋄ Beispiel A3.17 Z t 1 eat −1 A3.7 −1 1 1 −1 1 −1 at L = L ∗L = 1∗e = eaτ dτ = ss−a s s−a a 0 Durch eine Probe wird dieses Ergebnis best¨ atigt: at at s−s+a 1 1 L e − L {1} e −1 1 1 s(s−a) s−a − s L = = = = . a a a a ss−a Ein weiteres Beispiel wird mit drei verschiedenen Methoden gel¨ ost: 128 Anhang: Integraltransformationen Beispiel A3.18 Gesucht ist die R¨ ucktransformierte von Y (s) = s2 1 1 = ! + 3s − 4 (s + 4)(s − 1) (a) Partialbruchzerlegung: Aus dem Ansatz 1 A B A(s − 1) + B(s + 4)) = + = Y (s) = (s + 4)(s − 1) s+4 s−1 s2 + 3s − 4 folgt 1 = A(s − 1) + B(s + 4) . Hierin setzen wir ein s=1 : s = −4 : ⇒ 1 = 5B B= 1 5 A = − 15 1 = −5A ⇒ 1 t 1 −4t e − e . 5 5 (b) Quadratische Erg¨ anzung des Nenners: und erhalten als Ergebnis y(x) = 1 (s + 4)(s − 1) = 1 = 2 s + 3s − 4 s+ 1 3 2 2 − 5 2 2 = 5 2 2 5 s+ 3 2− 2 5 2 2 impliziert mit dem D¨ ampfungssatz 5t 5t 2 2 e /2 − e− /2 − 3t/2 1 t 1 −4t 5t 3t y(x) = sinh = e − e · e− /2 = e 5 2 5 2 5 5 (c) Faltung: Z t Z t t 1 −4t t −4(t−τ ) τ −4t e e dτ = e e5τ dτ = e−4t e5τ y(t) = e ∗ e = 5 0 0 0 1 −4t 5t 1 t = e e −1 = e − e−4t 5 5 ⋄ Als weitere Aussage notieren wir die Stammfunktion und Ableitung einer Zun¨ achst betrachten wir jedoch die Transformation einer Ableitung: A3.D Differenziations- und Integrationssatz Satz A3.19 (Integration und Differenziation) Z t L {f } (a) L f (τ ) dτ = L {1 ∗ f } = L {1}L {f } = s 0 Z ∞ ∞ Z ∞ ′ ′ −sτ −sτ = f (τ ) e dτ = f (τ ) e (−s)f (τ ) e−sτ dτ − (b) L f (t) 0 0 0 Z ∞ = −f (0) + s f (τ ) e−sτ dτ = sL {f (t)} − f (0) 0 n−1 n o X (n) n (c) L f (t) = s L {f (t)} − sn−1−i f (i) (0) i=0 Beweis: (c) durch Induktion nach n: F¨ur n = 0 ist dies offensichtlich wahr. Der Induktionsschritt f¨ ur n > 0 folgt aus: n o n o (b) n o L f (n) (t) = L f (n−1) ′ (t) = −f (n−1) (0) + sL f (n−1) (t) ! n−2 X IV = s sn−1 L {f (t)} − sn−2−i f (i) (0) − f (n−1) (0) i=0 = sn L {f (t)} − n−1 X i=0 sn−1−i f (i) (0) ⋄ A3 Laplace-Transformation Zusatz A3.20 (a) L f ′ (t) = sL {f (t)} − f (0) (b) L f ′′ (t) = s2 L {f (t)} − sf (0) − f ′ (0) 129 130 Anhang: Integraltransformationen A4 Laplace-Transformation fu ¨ r lineare Differenzialgleichung mit konstanten Koeffizienten A4.A Transformation h¨ oherer Ableitungen Satz A4.1 (Laplace-Transformation Differenzialgleichung) Eine Differenzialgleichung y (n) + an−1 y (n−1) + an−2 y (n−2) + . . . + a1 y ′ + a0 y = f (x) wird transformiert auf n n n o o o L y (n) + an−1 L y (n−1) + an−2 L y (n−2) + . . . + a1 L y ′ + a0 L {y} = L {f (x)} Wir benutzen die Abk¨ urzung Y := L {y} und formen dies mit Hilfe von A3.19 weiter um: Y n X ai si + i=0 n−1 X i=0 y (i) (0)pi (s) = L {f (x)} mit Polynomen pi (s) des Grades kleiner n. Der Faktor bei Y ist das charakteristische Polynom der Differenzialgleichung. Diese Gleichung ist eine algebraische Gleichung, aus der Y berechnet werden kann: n−1 P (i) L {f (x)} − y (0)pi (s) i=0 Y = n P ai si i=0 Die Nullstellen des charakteristischen Polynoms sind die Polstellen der L¨ osung der Differenzialgleichung im Bildraum. F¨ ur die R¨ uck¨ ubersetzung muss dieser Bruch in Partialbr¨ uche zerlegt werden. Dies wird an einem ersten Beispiel verdeutlicht. Beispiel A4.2 y ′′ + 3y ′ − 4y = e3x Die Differenzialgleichung wird Laplace-transformiert zu 1 s2 Y − y ′ (0) − sy(0) + 3sY − 3y(0) − 4Y = , s−3 umgeformt 1 (s2 + 3s − 4)Y − (y ′ (0) + (s + 3)y(0)) = , s−3 nach Y aufgel¨ ost und f¨ ur die beiden Br¨ uche die Partialbruchzerlegung getrennt durchgef¨ uhrt: ′ y (0) + (s + 3)y(0) 1 Y = + 2 2 (s + 3s − 4) (s − 3)(s + 3s − 4) y ′ (0) + (s + 3)y(0) 1 = + (s + 4)(s − 1) (s + 4)(s − 1)(s − 3) A B C D E + + + + . = s+4 s−1 s+4 s−1 s−3 Multiplikation mit dem jeweiligen Hauptnenner und Z¨ ahlervergleich liefert f¨ ur die Br¨ uche y ′ (0) + (s + 3)y(0) = A(s − 1) + B(s + 4) , 1 = C(s − 1)(s − 3) + D(s + 4)(s − 3) + E(s + 4)(s − 1) . Einsetzen der Nullstellen −4 und 1 des charakteristischen Polynoms ergibt f¨ ur den ersten Bruch s = −4 : y ′ (0) − y(0) s=1 = −5A : y ′ (0) + 4y(0) = 5B ⇒ ⇒ y(0) − y ′ (0) , 5 ′ 4y(0) + y (0) B= . 5 A= A4 Laplace-Transformation f¨ ur lineare Differenzialgleichung 131 Dieselbe Methode liefert f¨ ur den zweiten Bruch s = −4 : 1 = 35C ⇒ C= 1 35 , s=1 : 1 = −10D ⇒ 1 D = − 10 , s=3 : 1 = 14E ⇒ E= 1 14 . Die Laplace-Transformierte der gesuchten L¨ osung ist folglich y(0)−y ′ (0) 5 ′ 4y(0)+y (0) 1 1 1 + 35 − 10 5 Y = + + 14 s+4 s−1 s−3 mit der Originalfunktion aufgrund der Linearit¨ at der Laplace-Transformation ′ y(0) − y (0) 1 4y(0) + y ′ (0) 1 e3x −4x y(x) = + e − ex + . + 5 35 5 10 14 A4.B ⋄ Ru ¨ cku ¨ bersetzung mit Partialbruchzerlegung Nach der Partialbruchzerlegung bleiben Nenner u ¨ brig, die Potenzen von linearen und quadratischen Termen sind. Deren R¨ ucktransformation muss berechnet werden: Satz A4.3 (Ru ¨ cktransformationen gebrochen rationaler Funktionen) tn−1 (n − 1)! n−1 1 1 −1 −at −1 −at t (b) L = e L = e (s + a)n sn (n − 1)! cs +d cs + d −1 (c) L−1 = L s + a 2 + b − a2 s2 + as + b 2 4 (a) L −1 1 sn = = L−1 − at 2 = e at = e− 2 ( s + a2 d − ac c + 2 2 2 s + a2 + ω 2 s + a2 + ω 2 (nach A3.7) (D¨ ampfungssatz, (a)) (quadratische Erg¨ anzung) ) ω= q b− a2 4 d − ac ω s 2 (D¨ ampfungssatz) 2 2 + 2 ω s + ω2 s +ω s 2d − ac ω −1 −1 cL + 2ω L (nach A3.8) s2 + ω 2 s2 + ω 2 L−1 c h i at − ac sin(ωt) = e− 2 c cos(ωt) + 2d2ω Beispiel A4.4 y ′′′ + y ′ = x Wir transformieren diese Differenzialgleichung und l¨ osen nach Y := L {y} auf: 1 Y (s3 + s) − s2 y(0) − sy ′ (0) − y ′′ (0) − y(0) = 2 s liefert s2 y(0) + sy ′ (0) + y ′′ (0) + y(0) + s12 (s2 + 1)y(0) + sy ′ (0) + y ′′ (0) 1 Y = = + 3 2 3 2 s +s s(s + 1) s (s + 1) = y(0) y ′ (0) y ′′ (0) 1 + 2 + + 3 2 2 s s + 1 s(s + 1) s (s + 1) Der erste und zweite Bruch der letzten Gleichung kann sofort r¨ ucktransformiert werden. Der Dritte und Vierte werden mit der Partialbruchzerlegung behandelt: 132 Anhang: Integraltransformationen 3. 1 A Bs + C A(s2 + 1) + (Bs + C)s = + = s(s2 + 1) s s2 + 1 s(s2 + 1) Einsetzen der Nennernullstellen liefert Gleichungen zum Bestimmen der Unbekannten: s=0 : 1=A ⇒ A=1 s = j : 1 = (B j +C) j = −B + j C ⇒ B = −1; C = 0 A B C Ds + E + 2+ 3+ 2 + 1) s s s s +1 2 2 As (s + 1) + Bs(s2 + 1) + C(s2 + 1) + (Ds + E)s3 = s3 (s2 + 1) Einsetzen zun¨ achst der Nennernullstellen, dann weiterer Stellen liefert Gleichungen zum Bestimmen der Unbekannten: 1 4. s3 (s2 = s=0 : 1=C s = j : 1 = (D j +E)(− j) = D − j E s = 1 : 1 = 2A + 2B + 2 + 1 s = −1: 1 = 2A − 2B + 2 + 1 ⇒ ⇒ −2 = 2A + 2B −2 = 2A − 2B Aus den letzten beiden Gleichungen folgen sofort ⇒ C =1 ⇒ A + B = −1 ⇒ ⇒ Diese Ergebnisse setzen wir in die Gleichung wieder ein und erhalten y(0) y ′ (0) y ′′ (0) y ′′ (0)s 1 1 s Y = + 2 + − 2 − + 3+ 2 s s +1 s s +1 s s s +1 y(0) + y ′′ (0) − 1 1 y ′ (0) s(1 − y ′′ (0)) + 3+ 2 − s s s +1 s2 + 1 und erhalten durch R¨ ucktransformation die Originalfunktion x2 + y ′ (0) sin(x) + (1 − y ′′ (0)) cos(x) y(x) = y(0) + y ′′ (0) − 1 + 2 D = 1; E = 0 A − B = −1 A = −1; B = 0 . = (A4.1) Alternativ kann zur R¨ ucktransformation auch der Faltungssatz eingesetzt werden. Dies wird am 3. Summanden demonstriert: 1 1 1 −1 −1 1 −1 1 −1 = L = L ∗L = 1 ∗ sin(x) L s(s2 + 1) s s2 + 1 s s2 + 1 Z x x = 1 sin(u) du = − cos(u) = − cos(x) + 1 0 0 Wir betrachten ein Anfangswertproblem und ein Randwertproblem: (a) y(0) = y ′ (0) = y ′′ (0) = 0 : In diesem Fall lautet die L¨ osung nach Gl. A4.1 2 x y(x) = −1 + + cos(x) 2 π π π (b) y = y′ = 0 , y ′′ =1 : 2 2 2 Wir f¨ uhren andere Parameter ein, berechnen die Ableitungen von Gl. A4.1 x2 y(x) = A + + B sin(x) + C cos(x) 2 y ′ (x) = x + B cos(x) − C sin(x) y ′′ (x) = 1 − B sin(x) − C cos(x) und setzen die Randbedingungen ein: 2 0 = y π2 = A + π8 + B ⇒ 0 = y ′ π2 = π2 − C ⇒ 1 = y ′′ π2 = 1 − B ⇒ A = −B − C= π 2 B=0 π2 8 2 = − π8 (A4.2) A4 Laplace-Transformation f¨ ur lineare Differenzialgleichung 133 Wir setzen alle Ergebnisse in Gl. A4.2 ein: y(x) = − A4.C π 2 x2 π + + cos(x) 8 2 2 ⋄ ¨ Ubertragungsfunktion In einem System der in Abb. A4.1 skizzierten Art wird die Impulsantwort xa in Abh¨ angigkeit von der Impulsfunktion xe oft durch eine Differenzialgleichung (n−1) x(n) (t) + . . . + a1 x˙ a (t) + a0 xa (t) = xe (t) a (t) + an−1 xa mit den Anfangswerten (n−2) xn−1 (0) = . . . = x′a (0) = xa (0) = 0 a (0) = xa beschrieben. Dieses Anfangswertproblem hat eine sehr einfache Laplace-Transformation sn Xa + an−1 sn−1 Xa + . . . + a1 sXa + a0 Xa = Xe mit den Bildfunktionen Xa und Xe der Originalfunktionen xa und xe . In dieser Gleichung kann Xa ausgeklammert werden und mit dem charakteristischen Polynom p(s) der Differenzialgleichung kann geschrieben werden: Xa p(s) = Xe ¨ Definition A4.5 Die Ubertragungsfunktion ist der reziproke Wert des charakteristischen Polynoms: G(s) = Xa 1 = Xe p(s) ⋄ Beispiel A4.6 (Biegelinie eines Balkens) Der in Abb. A4.2 skizzierte homogene Balken der L¨ ange l mit konstantem Querschnitt ist durch eine Linienlast q belastet. Wir berechnen die Biegelinie des Balkens durch die Laplace-Transformation ihrer Differenzialgleichung EIy (IV ) (x) = q(x) , wobei E den Elastizit¨ atsmodul und I das Fl¨ achentr¨ agheitsmoment bezeichnet: Mit Y := L {y(x)} erhalten wir aus der Differenzialgleichung der Biegelinie g y (IV ) (x) = ; y(0) = y ′′ (0) = 0 ; y(l) = y ′′ (l) = 0 EI ihre Laplace-Transformierte q s4 Y − s3 y(0) − s2 y ′ (0) − sy ′′ (0) − y ′′′ (0) = EIs mit der L¨ osung Y (s) = y ′ (0) y ′′′ (0) q c1 c2 q + + = 2+ 4+ s2 s4 EIs5 s s EIs5 ¨ Abb. A4.1: Ubertragungsstrecke Abb. A4.2: Belasteter Balken 134 Anhang: Integraltransformationen mit der allgemeinen L¨ osung f¨ ur die Biegelinie c2 q x4 . y(x) = c1 x + x3 + 6 4!EI Aus den Randbedingungen folgen q 0 = y ′′ (l) = c2 l + 2EI l2 ql4 ql4 ql4 ql4 0 = y(l) = c1 l + c62 l3 + 4!EI = c1 l − 12EI + 24EI = c1 l + 24EI Damit folgt das Ergebnis q q l3 x − 2lx3 + x4 = x(l − x) l2 + lx − x2 . y(x) = 24EI 24EI A4.D ql ⇒ c2 = − 2EI ql3 ⇒ c1 = 24EI ⋄ Systeme linearer Differenzialgleichung Beispiel A4.7 (Systeme linearer Differenzialgleichungen) Wir transformieren das System linearer Differenzialgleichungen y ′′ + 4z ′ + 3y = 0 ; z ′′ + 5y ′ + 2z = 0 ; y(0) = 1 ; y ′ (0) = 0 z(0) = 0 ; z ′ (0) = 0 und erhalten mit den Bildfunktionen Y := L {y} und Z := L {z} die Gleichungen s2 Y − s + 4sZ + 3Y = 0 s2 Z + 5sY − 5 + 2Z = 0 , in denen wir Y und Z ausklammern. s2 + 3 Y + 4sZ = s 5sY + s2 + 2 Z = 5 . Die Cramersche Regel l¨ ost dieses lineare Gleichungssystem: Y (s) = Z(s) = s 4s 2 5 s +2 s2 + 3 s 5s 5 s2 + 3 4s 5s s2 + 2 s2 + 3 4s 5s s2 + 2 = s3 + 2s − 20s s3 − 18s = , s4 + 2s2 + 3s2 + 6 − 20s2 s4 − 15s2 + 6 = 5s2 + 15 − 5s2 15 = 4 . 4 2 2 2 s + 2s + 3s + 6 − 20s s − 15s2 + 6 Wir berechnen die Quadrate der Nullstellen √ √ 15 ± 225 − 24 15 ± 201 4 2 2 s − 15s + 6 = 0 ⇐⇒ s1,2 = = . 2 2 Quadratische Nenner mit Nullstellen k¨ onnen nach A3.9 leicht r¨ ucktransformiert werden: s a L−1 = cosh(at) ; L−1 = sinh(at) . s2 − a2 s2 − a2 (A4.3) (A4.4) Daher ben¨ otigen wir keine vollst¨ andige Partialbruchzerlegung, es gen¨ ugt eine Reduktion auf quadratische Nenner und ggf. deren Potenzen. Wir beginnen mit Y : (as + b) s2 − s22 + (cs + d) s2 − s21 s3 − 18s as + b cs + d Y = 4 = 2 + = s − 15s2 + 6 s − s21 s2 − s22 s2 − s21 s2 − s22 s3 (a + c) + s2 (b + d) + s −as22 − cs21 + −bs22 − ds21 = s2 − s21 s2 − s22 A4 Laplace-Transformation f¨ ur lineare Differenzialgleichung 135 Ein Koeffizientenvergleich liefert s3 : 1 = a+c s2 0 = b+d : ⇒ s1 : −18 = −as22 − cs21 s0 0 = −bs22 − ds21 ⇒ c =1−a (A4.5) d = −b (A4.6) (A4.7) . (A4.8) Einsetzen von Gl. A4.5 und A4.6 in Gl. A4.7 und A4.8 erlaubt, das lineare Gleichungssystem zu l¨ osen: s2 − 18 (A4.7): −18 = −as22 − (1 − a)s21 = a s21 − s22 − s21 ⇒ a = 12 s1 − s22 (A4.8): 0 = −bs22 + bs21 = b(s21 − s22 ) ⇒ b = 0 2 2 2 2 2 s − s − s − 18 s − 18 18 − s2 2 1 c = 1 − 12 = 1 = 2 (A4.6): s1 − s22 s21 − s22 s1 − s22 (A4.5): d = 0 Damit erhalten wir die Bildfunktion und mit Gl. A4.3 und A4.4 die Originalfunktion Y (s) = y(x) = = mit s1 = p s21 − 18 s 18 − s22 s + 2 2 2 s1 − s2 s2 − s1 s21 − s22 s2 − s22 √ √ −21 + 201 21 + 201 √ √ cosh(s1 x) + cosh(s2 x) 2 201 2 201 √ √ −21 + 201 21 + 201 √ √ cosh(s1 x) + cosh(s2 x) 2 201 2 201 √ 15 + 201 √ 2 und s2 = p √ 15 − 201 √ . 2 Analog berechnen wir Z: Z = = (as + b) s2 − s22 + (cs + d) s2 − s21 15 as + b cs + d = 2 + = s4 − 15s2 + 6 s − s21 s2 − s22 s2 − s21 s2 − s22 s3 (a + c) + s2 (b + d) + s −as22 − cs21 + −bs22 − ds21 s2 − s21 s2 − s22 Ein Koeffizientenvergleich liefert s3 : 0 = a+c s2 : 0 = b+d s1 : s0 : 15 = 0 = −as22 − cs21 −bs22 − ds21 ⇒ ⇒ c = −a (A4.9) d = −b (A4.10) (A4.11) (A4.12) Gl. A4.9 und A4.10 werden in Gl. A4.11 und A4.11 eingesetzt und wir erhalten: (A4.11): 0 = −as22 = a s21 − s22 ⇒ a=0 2 2 2 2 (A4.12): 15 = −bs2 + bs1 = b s1 − s2 ⇒ b = s215 −s2 1 (A4.9): 2 c = 0 −15 s21 − s22 Die Bildfunktion ist damit berechnet, aus Gl. A4.3 und A4.4 erhalten wir die Originalfunktion 15 s 15 s 2 1 2− 2 2 2, Z(s) = 2 2 2 2 s1 s1 − s2 s − s1 s2 s1 − s2 s − s2 (A4.10): z(x) = d = 15 15 √ sinh(s1 x) − √ sinh(s2 x) . s1 201 s2 201 ⋄ Literaturverzeichnis ´, M. und P. Meier: Analysis f¨ [1] Andrie ur Ingenieure. VDI-Buch. Springer, Heidelberg, 3. Aufl., 1996. ISBN 3-540-62296-9, FHBib: P940120 111620 (A2), e22.95. ´, M. und P. Meier: Lineare Algebra und Geometrie f¨ [2] Andrie ur Ingenieure. VDI-Buch. Springer, Heidelberg, 3. Aufl., 1996. ISBN 3-540-62294-2, FHBib: P940120 111620(A2), e22.95. [3] Ayrers, F. J.: Differentialgleichungen. Schaum. McGraw-Hill, Hamburg, 1988. ISBN 0-07084372-4, FHBib: 790242 111622. [4] Bajpai, A. C., L. R. Mustoc, and D. Walker: Advanced Engineering Mathematics. John Wiley, Chichester, 2. ed., 1990. ISBN 0-471-92595-0, FHBib: 940118 111340. [5] Bajpai, A. C., L. R. Mustoc, and D. Walker: Engineering Mathematics. John Wiley, Chichester, 2nd ed., 1990. ISBN 0-471-92283-8, FHBib: 940119 111340. 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ISBN 0-534-37388-7, GBP 32.40. ¨ Als Formelsammlung sind [6, 10, 11, 52, 56] geeignet. Zum Wiederholen und Uben bieten sich ¨ die Zusammenfassungen und Ubungsb¨ ucher [3, 34, 46, 49, 48, 45, 47, 29]. an. Erg¨ anzungen und tiefere Einblicke erm¨ oglichen [14, 13, 21, 31, 32, 40, 54]. Hier finden Sie auch fehlende Beweise, die nicht oder nur skizzenhaft in der Vorlesung vorgetragen wurden. F¨ ur die Preise u urlich keine Gew¨ ahr. ¨bernehme ich nat¨ Abbildungsverzeichnis 1.1 1.2 1.3 Auto als Zwei-Massen-Schwinger . . . Das charakteristische Polynom . . . Vertikale Lage der Karosserie (x1 ) und des Rads (x2 ) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 5 9 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 Fl¨ache mit Vektorfeld . . . . Rotation, kartesisch . . . . Zerlegung der Fl¨ache . . . . Elektrisches Feld einer positiv geladenen Kugel Magnetisches Feld eines elektrischen Leiters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 17 17 19 20 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 Obere Halbkugel . . . . . Oberes Ellipsoid . . . . . . Obere Halbkugel, parametrisiert durch Polarkoordinaten Torus mit den Radien 6 und 1 . . . Vektorfeld auf einer Oberfl¨ache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 26 26 26 29 7.1 Die L¨osungen mit 9.1 Berechnung mit 10.1 10.2 10.3 10.4 APL . . . . . . . . . . . . . . . 58 . . . . . . . . . . 73 Kongruenzen gleichseitiges Dreieck . Gruppentafel der Symmetriegruppe S3 Untergruppengraf S3 . . . Kommutatives Diagramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 76 78 79 APL . 11.1 Kommutatives Diagramm 13.1 Erzeugen linearer Kodes 13.2 Kode-Beispiel mit APL 13.3 Fehlerkorrektur mit APL . . . . . . . . . . . . 85 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 102 104 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 106 109 109 112 112 113 ¨ A1.1 Uberlagerte Schwingung . . A1.2 Harmonische Analyse . . . A1.3 S¨agezahnfunktion . . . A1.4 Fourierpolynome des Grades 2, 5 und 10 der A1.5 Exponentialfunktion . . . A1.6 Fourierpolynome des Grades 2, 5 und 10 der A1.7 Amplituden und Phasen . . S¨agezahnfunktion . . . . . . . . . . . A2.1 Amplitude und Phase A2.2 Rechteckimpuls . A2.3 Ortskurve . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 122 122 A3.1 Rechteckimpuls . A3.2 Faltungssubstitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 126 ¨ A4.1 Ubertragungsstrecke A4.2 Belasteter Balken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 133 . . . . Exponentialfunktion 139 Tabellenverzeichnis 1.1 Funktionswerte des charakteristischen Polynoms 140 . . . . . . . 5 Stichwortverzeichnis A D Abbildung konforme, 38 abelsche Gruppe, 75 Abgeschlossenheit, 74 Ableitung komplexe, 38 Additionss¨ atze, 37 Adjunkte, 11 ¨ Ahnlichkeitssatz, 125 ¨ Aquipotenziallinien, 20 σ-Algebra, 63 Amplitude, 113 -nspektrum, 120, 121 Analyse harmonische, 106 analytische Funktion, 52 Antwort Impuls-, 133 Archimedisches Auftriebsgesetz, 31 Assoziativgesetz, 74, 83 Auftriebsgesetz Archimedisches, 31 Automorphismengruppe, 93 Automorphismus K¨ orper-, 93 Differenzialgleichung Cauchy-Riemannsche, 42 Differenzialgleichungen gekoppelte, 1 Dirichlet-Bedingung, 109 diskrete Spektren, 113 Distributivgesetz, 83 Distributivit¨ at, 117 Divergenz, 30, 34 Division mit Rest, 111 Dreieck gleichseitiges, 76 Durchflussmenge, 29 D¨ ampfungsdekrement, 9 D¨ ampfungssatz, 125 B bedingte Wahrscheinlichkeit, 64 Betrag, 117 euklidischer, 87 Bild, 79 -funktionen, 127 -raum, 123 C Cauchy -Riemannsche Differenzialgl., 42 -Riemannsche Differenzialgleichungen, 39 Formel von, 50 Charakteristik, 91 Primzahl-, 91 Cramersche Regel, 134 E ebenes Vektorfeld, 16 effizient, siehe Sch¨ atzfunktion einfach zusammenh¨ angendes Gebiet, 21 Einheit, 55, 84 Einheitengruppe, 84 Einheitswurzel, 82 Eins, 83 -element, 74, 83 Element Eins-, 83 inverses, 74, 83 neutrales, 74, 83 Null-, 83 reziprokes, 74 Ereignisalgebra, 63 Ereignisraum, 63 Ergiebigkeit, 30 erwartungstreu, siehe Sch¨ atzfunktion Erwartungswert, 68 Erzeugermatrix, 100 Euklid -ische Norm, 87 -ischer Betrag, 87 -scher Ring, 87 Euler -Quadrat, 95 141 142 Exponentialabbildung, 80 Exponentialform, 37 F Faktor -gruppe, 78 -ring, 85 Faltung, 127 -ssatz, 127 Federkonstante, 1 Fehler quadratischer, 105 fehlererkennend, 98 fehlerkorrigierend, 98 Feldlinien, 19, 20 Fluss, 29 Fl¨ achenintegral erster Art, 28 zweiter Art, 29 Formel von Cauchy, 50 Fourier -R¨ ucktransformation, 120 -Integral, 120 -Transformation, 120 -koeffizienten, 108 komplexe, 114 -polynom, 108 -reihe, 108 Fundamentalmatrix, 4 Fundamentalsatz der Algebra, 51 Funktion analytische, 52 gerade, 109 harmonische, 51 holomorphe, 49 Impuls-, 133 meromorphe, 55 periodische, 105 symmetrische, 109 ungerade, 109 G Galoisk¨ orper, 93 Gauß Integralsatz von, 31 Gebiet, 21 einfach zusammenh¨ angendes, 21 zusammenh¨ angendes, 21 ged¨ ampfte Kosinusfunktion, 126 gekoppelte Differenzialgleichungen, 1 gelochter Raum, 20 Generatormatrix, 100 gerade Funktion, 109 STICHWORTVERZEICHNIS geschlitzter Raum, 20 geschlossen -es Kurvenintegral, 17 geschlossene Kurve, 17 Gesetz Assoziativ-, 83 Distributiv-, 83 Kommutativ-, 83 Gewicht, 99 gleichseitiges Dreieck, 76 Gleichung Parsevalsche, 116 Gradient, 34 Grenzwert linksseitiger, 109 rechtsseitiger, 109 Grundschwingung, 106 Gruppe, 75 -nhomomorphismus, 79 abelsche, 75 Automorphismen-, 93 Faktor-, 78 Halb-, 75 kommutative, 83 lineare allgemeine, 76 spezielle, 80 symmetrische, 76 zyklische, 81 H Halbgruppe, 75 Hamming -Abstand, 98 -Kode, 99 -Raum, 98 harmonische Analyse, 106 Funktion, 51 Hauptideal, 84 -ring, 87 Hauptteil, 55 Hauptwert des Logarithmus, 38 hebbare Singularit¨ at, 56 holomorphe Funktion, 49 Homomorphismus Gruppen-, 79 Ring-, 85 I Ideal, 84 Haupt-, 84 STICHWORTVERZEICHNIS Impuls -antwort, 133 -funktion, 133 Index, 49, 77 Integral -satz von Gauß, 31 Fourier-, 120 Kurven-, 16 wegeunabh¨ angiges, 21 Integration Romberg-, 60 Integrit¨ atsbereich, 86 inverses Element, 74, 83 irreduzibles Polynom, 89 J Jacobi-Matrix, 41 K Kehrwert, 74 Kern, 79, 85 Kode, 98 fehlererkennend, 98 fehlerkorrigierend, 98 linear, 99 Kombination mit Wiederholung, 66 ohne Wiederholung, 66 Kommutativ -e Gruppe, 83 -er Ring, 83 -gesetz, 83 Kommutativgesetz, 74 Kommutativit¨ at, 117 kompakte Menge, 43 komplexe Ableitung, 38 konform, 40 -e Abbildung, 38 kongruent, 111 Kongruenz, 110 konsistent, siehe Sch¨ atzfunktion Kontrollk¨ orper, 29 Kontrollmatrix, 100 konvex, 23 Kosinusfunktion ged¨ ampfte, 126 Kraftfeld, 16 Kreisfrequenz, 105 Kurve -nintegral, 16 geschlossenes, 17 143 geschlossene, 17 K¨ orper, 83 -automorphismus, 93 -erweiterung, 91 Dimension, 91 endliche, 91 Grad, 91 L Ladung, 28 -sdichte, 28 Laplace -Operator, 32, 34 -Transformation, 123 einer Differenzialgleichung, 130 -Transformierte, 123 latinisch-griechisches Quadrat, 95 Laurent -Reihe, 55 lineare Gruppe allgemeine, 76 spezielle, 80 Linksnebenklasse, 76, 78 -nvertretersystem, 77 linksseitiger Grenzwert, 109 Liouville, 51 Logarithmus des Hauptwert, 38 M Matrix Erzeuger-, 100 Generator-, 100 Kontroll-, 100 Pr¨ uf-, 100 Menge kompakte, 43 meromorphe Funktion, 55 Mittelwert, 68, 107 mittlere Zirkulation, 17 Modulation, 106 modulo, 111 N Nabla-Operator, 33 Nebenklasse, 78 -nvertretersystem, 78 Links-, 76 Rechts-, 76 neutrales Element, 74, 83 Norm euklidische, 87 Normalverteilung, 68 144 Null, 83 -element, 74, 83 -teiler, 86 O Operator Laplace-, 32 Ordnung, 76, 80 Originalraum, 123 Ortskurve, 122 P Parsevalsche Gleichung, 116 perfekt, 99 periodisch, 105 periodische Funktion, 105 Permutation mit Identifikation, 66 Phasen -spektrum, 120, 121 -verschiebung, 113 Polynom, 83 irreduzibles, 89 trigonometrisches, 105 Potenzialfunktion, 19 Primelement, 88 Primk¨ orper, 91, 93 Primzahl -charakteristik, 91 Produktansatz, 9 Pr¨ ufmatrix, 100 Q Quadrat Euler-, 95 latinisch-griechisches, 95 quadratischer Fehler, 105 Quelle, 29, 30 R Raum gelochter, 20 geschlitzter, 20 Rechteckimpuls, 121, 126 Rechtsnebenklasse, 76, 78 -nvertretersystem, 77 rechtsseitiger Grenzwert, 109 Regel Cramersche, 134 von de Moivre, 37 Reihe Laurent-, 55 Residuensatz, 57 Residuum, 55, 57 reziprok, 83 STICHWORTVERZEICHNIS -es Element, 74 Ring, 83 -homomorphismus, 85 euklidischer, 87 Faktor-, 85 Hauptideal-, 87 kummutativer, 83 mit Eins, 83 Romberg-Integration, 60 Rotation, 17, 34 r¨ aumliches Vektorfeld, 16 R¨ ucktransformation Fourier-, 120 S Saite, 119 Schwarz Satz von, 42 Sch¨ atzfunktion, 70 effizient, 70 erwartungstreu, 70 konsistent, 70 Senke, 29, 30 Singularit¨ at hebbare, 56 Skalarprodukt, 117 Spektralfunktion, 120, 122 Spektren diskrete, 113 Standardnormalverteilung, 68 stetige Zufallsvariable, 67 Stichprobe, 67 Stoßd¨ ampfer, 1 Streuung, 68 Str¨ omungslehre, 41 Symmetriegruppe, 76 symmetrische Funktion, 109 symmetrische Gruppe, 76 Syndrom, 103 Systemmatrix, 2 T Taylorpolynom, 105 Torus, 25 Transformation Fourier-, 120 Laplace-, 123 trigonometrisches Polynom, 105 U ¨ Uberlagerungen, 106 ¨ Ubertragungsfunktion, 133 Umlaufzahl, 49 ungerade Funktion, 109 Unterdeterminante, 11 STICHWORTVERZEICHNIS Untergruppe, 76 V Varianz, 68 Variation mit Wiederholung, 66 ohne Wiederholung, 66 Vektorfeld, 16 ebenes, 16 r¨ aumliches, 16 Verkn¨ upfung, 74 abgeschlossene, 74 assoziative, 74 kommutative, 74 mit inversen Elementen, 74 mit neutralem Element, 74 verkn¨ upfungstreu, 79, 85 Verschiebungssatz, 68, 125 Verteilungsfunktion, 67 Vertretersystem Linksnebenklassen-, 77 Rechtsnebenklassen-, 77 Vielfachheit, 91 W Wahrscheinlichkeit -sraum, 64 -sverteilung, 64 bedingte, 64 diskret, 65 gleichverteilt, 65 Wahrscheinlichkeitsdichte, 67 Wahrscheinlichkeitsverteilung, 63 wegeunabh¨ angiges Integral, 21 Weierstraßscher M-Test, 115 Winkelgeschwindigkeit, 105 Wirbelst¨arke, 17 W¨ armeleitungsgleichung, 119 Z Zirkulation, 17 mittlere, 17 Zufallsvariable, 67 stetige, 67 zusammenh¨ angendes Gebiet, 21 zyklische Gruppe, 81 145
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