80 8 Lineare Abbildungen In diesem Kapitel untersuchen wir lineare Abbildungen von Rn nach Rm wie zum Beispiel Spiegelungen, Drehungen, Streckungen und Orthogonalprojektionen in R2 und R3 . Man nennt eine Abbildung linear, wenn man sie durch eine Matrix darstellen kann. Die Komposition (d.h. Verkn¨ upfung) von zwei linearen Abbildungen kann dadurch einfach berechnet werden. Weiter k¨onnen an der Matrix einer linearen Abbildung die wichtigsten Eigenschaften der Abbildung abgelesen werden. 8.1 Definition und Beispiele Im letzten Semester haben wir reelle Funktionen (d.h. Funktionen von R nach R) betrachtet. Nun kann man nicht nur Zahlen aus R, sondern auch Punkten in R2 , R3 oder allgemein Rn eine reelle Zahl zuordnen. Zum Beispiel Eine Funktion f : Rn −→ R nennt man reellwertige Funktion von n reellen Variablen. Seien nun f1 , . . . , fm reellwertige Funktionen von n reellen Variablen, das heisst w1 = f1 (x1 , . . . , xn ) w2 = f2 (x1 , . . . , xn ) .. . wm = fm (x1 , . . . , xn ) . Durch diese Gleichungen wird jedem Punkt (x1 , . . . , xn ) in Rn genau ein Punkt (w1 , . . . , wm ) in Rm zugeordnet. Wir erhalten damit eine Abbildung T : Rn −→ Rm durch T (x1 , . . . , xn ) = (w1 , . . . , wm ) . Der Buchstabe T steht f¨ ur Transformation, denn Abbildungen von Rn nach Rm werden auch Transformationen genannt. Beispiel Die Gleichungen w1 = x1 + x2 w2 = 3x1 x2 w3 = x21 − x22 definieren eine Abbildung T : R2 −→ R3 durch T (x1 , x2 ) = (x1 + x2 , 3x1 x2 , x21 − x22 ) . 81 −→ Fasst man n-Tupel nicht als Punkte P in Rn sondern als Ortsvektoren ~x =OP in Rn auf, dann erhalten wir eine Abbildung, welche Vektoren in Rn auf Vektoren in Rm abbildet. Tats¨ achlich werden wir Elemente aus Rn und Rm stets als Vektoren betrachten, da wir ja mit der Struktur dieser R¨ aume als Vektorr¨aume vertraut sind und insbesondere n lineare Abbildungen den R auf einen Vektorraum in Rm abbilden. Die Funktionsvorschrift T (x1 , . . . , xn ) = (w1 , . . . , wm ) bedeutet in diesem Fall also, dass der Vektor ~x in Rn mit den Komponenten x1 , . . . , xn auf den Vektor w ~ in Rm mit den Komponenten w1 , . . . , wm abgebildet wird. Oft beschreiben wir die Abbildung direkt mit Vektoren: T (~x) = w. ~ Definition Eine Abbildung T : Rn −→ Rm definiert durch T (x1 , . . . , xn ) = (w1 , . . . , wm ) heisst linear, wenn w1 = a11 x1 + a12 x2 + · · · + a1n xn w2 = a21 x1 + a22 x2 + · · · + a2n xn .. .. . . wm = am1 x1 + am2 x2 + · · · + amn xn f¨ ur reelle Zahlen aij (1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n). Das heisst, alle Variablen x1 , . . . , xn kommen in den Komponentenfunktionen w1 , . . . , wm linear (d.h. zur ersten Potenz oder gar nicht) vor. Dieses Gleichungssystem kann man als Matrixmultiplikation ausdr¨ ucken a11 a12 · · · a1n x1 w1 a21 a22 · · · a2n .. . . = .. .. .. .. . . . wm xn am1 am2 · · · amn das heisst T (~x) = w ~ = [T ]~x wobei [T ] = (aij ) die sogenannte Darstellungsmatrix der linearen Abbildung T ist. Die Eintr¨ age der Darstellungsmatrix h¨ angen von der Wahl der Basen von Rn und Rm ab. Wir w¨ ahlen vorerst stets die Standardbasen; die Darstellungsmatrix nennt man in diesem Fall auch Standardmatrix von T . Beispiele 1. T : R3 −→ R3 , T (x1 , x2 , x3 ) = (x1 + x2 − x3 , 2x1 − 3x3 , 5x2 ) 82 2. T : R2 −→ R3 , T (x1 , x2 ) = (x1 + 2x2 , x1 , 0) 3. T : R2 −→ R2 , T (x1 , x2 ) = (x21 + x2 , 3x1 ) 4. T : R3 −→ R2 , T (x1 , x2 , x3 ) = (x1 + x2 + 4x3 , 1) Eine Abbildung T : Rn −→ Rm ist also linear, wenn es eine m × n-Matrix A gibt (n¨ amlich A = [T ]), so dass T (~x) = A~x. Insbesondere gilt T (~0) = A~0 = ~0 in Rm . Bei einer linearen Abbildung gilt stets, dass ~0 in Rn auf ~0 in Rm abgebildet wird. Lineare Abbildungen werden also durch Matrizen beschrieben. Umgekehrt beschreibt jede Matrix eine lineare Abbildung. Ist A eine m × n-Matrix, so definiert diese eine lineare Abbildung T : Rn −→ Rm durch T (~x) = A~x. Beispiel Die Matrix A= 1 2 3 0 definiert eine lineare Abbildung T : R2 −→ R2 durch 1 2 x1 + 2x2 x1 T (~x) = A~x = = . 3 0 3x1 x2 Was ist also zum Beispiel das Bild des Vektors ~x = ( 75 ) unter T ? 83 Beispiele von linearen Abbildungen von R2 nach R2 Die wichtigsten linearen Abbildungen von R2 nach R2 kennen Sie aus der Schule: Spiegelungen, Projektionen, Drehungen und Streckungen. 1. Spiegelung an der y-Achse T −→ 2. Spiegelung an der Geraden y = x T −→ 3. Orthogonalprojektion auf die x-Achse T −→ 4. Drehung um den Winkel ϕ um den Ursprung T −→ Es gilt (Herleitung sp¨ ater) T (x, y) = (x cos ϕ − y sin ϕ, x sin ϕ + y cos ϕ) . 84 5. Streckung um den Faktor k mit dem Ursprung als Streckzentrum T −→ Spezialf¨alle: 1 0 • k = 1: T = Id Identit¨ at, T (x, y) = (x, y), [T ] = 0 1 0 0 • k = 0: T = 0 Nullabbildung, T (x, y) = (0, 0), [T ] = 0 0 Komposition von linearen Abbildungen Seien T1 : Rn −→ Rk und T2 : Rk −→ Rm zwei lineare Abbildungen. F¨ ur ~x in Rn ist T1 (~x) k m ein Vektor in R , dessen Bild unter T2 ein Vektor T2 (T1 (~x)) in R ist. Die Verkn¨ upfung von n m T1 und T2 ist also eine Abbildung von R nach R , die Komposition von T2 mit T1 genannt und mit T2 ◦ T1 bezeichnet wird (vgl. letztes Semester, Kapitel 1); das heisst (T2 ◦ T1 )(~x) = T2 (T1 (~x)) f¨ ur alle ~x in Rn . Die Komposition T2 ◦ T1 ist wieder linear, denn sie kann als Matrixmultiplikation beschrieben werden. Es gilt folglich [T2 ◦ T1 ] = [T2 ][T1 ] . Die Reihenfolge der beiden Matrizen auf der rechten Seite ist dabei wichtig. Beispiel Sei T1 : R2 −→ R2 die Spiegelung an der Geraden y = x und T2 : R2 −→ R2 die Orthogonalprojektion auf die y-Achse. Man bestimme die Komposition T2 ◦ T1 . 85 8.2 Eigenschaften Eine lineare Abbildung von Rn nach Rm hat die Eigenschaft, dass sie mit den Vektorraumstrukturen von Rn und Rm vertr¨ aglich ist; das heisst, es spielt keine Rolle, ob zwei Vektoren in Rn zuerst addiert und danach abgebildet werden oder ob sie zuerst abgebildet und danach ihre Bilder in Rm addiert werden (entsprechend f¨ ur die skalare Multiplikation). Satz 8.1 Eine Abbildung T von Rn nach Rm ist genau dann linear, wenn f¨ ur alle ~x, ~y in Rn und k in R die folgenden zwei Linearit¨ atsbedingungen gelten: (1) T (~x + ~y ) = T (~x) + T (~y ) (2) T (k ~x) = k T (~x) Insbesondere ist das Bild des Vektorraums Rn unter einer linearen Abbildung stets wieder ein Vektorraum in Rm . Warum gilt der Satz 8.1 ? Nun, ist T eine lineare Abbildung, dann kann man mit Hilfe der Distributivgesetze f¨ ur Matrizen leicht nachpr¨ ufen, dass T die Linearit¨atsbedingungen (1) und (2) erf¨ ullt. Umgekehrt, ist T eine Abbildung von Rn nach Rm , welche die Linearit¨atsbedingungen (1) und (2) aus Satz 8.1 erf¨ ullt, dann gilt T (~x) = A~x f¨ ur die Matrix A, deren Spalten die Bilder (unter T ) der Basisvektoren e~1 , . . . , e~n von Rn sind, das heisst f¨ ur A = ( T (e~1 ) · · · T (e~n ) ) . Die Abbildung T l¨ asst sich also als Matrixmultiplikation schreiben und ist deshalb linear. Damit gilt insbesondere die folgende wichtige Tatsache. Satz 8.2 Sei T eine lineare Abbildung von Rn nach Rm . Dann stehen in den Spalten der Darstellungsmatrix [T ] die Bilder der Basisvektoren e~1 , . . . , e~n von Rn . Beispiel Sei T : R2 −→ R2 die Spiegelung an der y-Achse. Der Satz 8.2 ist vor allem dann praktisch, wenn eine lineare Abbildung geometrisch beschrieben ist und die Abbildungsvorschrift T (~x) = w ~ nicht bekannt ist. Bestimmt man die Bilder der Basisvektoren, dann ist die Abbildung eindeutig beschrieben. 86 Beispiele 1. Sei T : R2 −→ R2 die Drehung um den Winkel ϕ um den Ursprung. 2. Sei T : R3 −→ R3 die Drehung um den Winkel ϕ um die x-Achse. 8.3 Basiswechsel Tats¨ achlich gilt Satz 8.2 nicht nur f¨ ur die Standardbasis e~1 , . . . , e~n von Rn , sondern f¨ ur jede beliebige Basis B = {u~1 , . . . , u~n } von Rn . Ist T : Rn −→ Rn eine lineare Abbildung, dann erh¨ alt man die Darstellungsmatrix [T ]B von T bez¨ uglich der Basis B, indem man die Bilder der Basisvektoren u~1 , . . . , u~n in die Spalten der Matrix schreibt. Beispiel Sei T : R2 −→ R2 die Spiegelung an der Geraden g mit dem Richtungsvektor ~u1 = √ 3 1 . 87 Bez¨ uglich der Standardbasis w¨ are die Darstellungsmatrix [T ] von T gegeben durch √ ! [T ] = 1 √2 3 2 3 2 − 21 . Im Gegensatz zur Matrix [T ] ist die Darstellungsmatrix [T ]B sofort erkennbar als Matrix einer Spiegelung. Zudem l¨ asst es sich mit Diagonalmatrizen sehr leicht rechnen. Aus diesen Gr¨ unden ist ein Basiswechsel manchmal sinnvoll. Tats¨ achlich gibt es eine (algebraische) Beziehung zwischen den Matrizen [T ]B und [T ]. Wir schreiben die Basisvektoren der Basis B als Spalten in eine 2 × 2-Matrix. Eine u ¨bliche −1 Bezeichnung dieser Matrix ist P (tats¨ achlich ist diese Matrix invertierbar, da die Spalten linear unabh¨angig sind). Wir setzen also √ 3 √ −1 −1 . P = ( ~u1 ~u2 ) = 1 3 Damit ist P = (P −1 −1 ) 1 = 4 √ 3 √1 −1 3 und es gilt [T ]B = P [T ] P −1 Die Matrix P −1 beschreibt dabei den Basiswechsel von der Basis B zur Standardbasis und die Matrix P beschreibt den Basiswechsel von der Standardbasis zur Basis B. Satz 8.3 Sei T : Rn −→ Rn eine lineare Abbildung und B eine beliebige Basis von Rn . Dann gilt [T ]B = P [T ] P −1 wobei in den Spalten von P −1 die Basisvektoren von B stehen. Die Kunst ist nun, eine Basis B zu finden, so dass die Matrix [T ]B diagonal ist. Dies ist tats¨ achlich “nur” ein Handwerk, welches wir im n¨ achsten Kapitel erlernen. Man muss die sogenannten Eigenwerte und Eigenvektoren der Matrix [T ] berechnen. Lineare Abbildungen zwischen allgemeinen Vektorr¨ aumen In der Literatur werden lineare Abbildungen oft direkt durch die Linearit¨atsbedingungen von Satz 8.1 definiert. Dies hat den Vorteil, dass man sich nicht auf Abbildungen von Rn nach Rm beschr¨ anken muss. Man geht von zwei (reellen) Vektorr¨aumen V und W aus und nennt eine Abbildung T : V −→ W linear, wenn gilt (1) T (u + v) = T (u) + T (v) (2) T (k v) = k T (v) f¨ ur alle u, v ∈ V und k ∈ R. 88 Beispiele 1. Sei V = {ax2 + bx + c | a, b, c ∈ R} die Menge aller Polynome vom Grad ≤ 2. Wir haben im letzten Semester (Kapitel 10, Seite 145) gesehen, dass V ein Vektorraum ist. Sei nun T : V −→ V definiert durch T (p) = p′ , das heisst, T (ax2 +bx+c) = 2ax+b (man leitet das Polynom p = p(x) nach x ab). Dies ist eine lineare Abbildung, denn f¨ ur Polynome p1 , p2 ∈ V und k ∈ R gilt mit den Ableitungsregeln T (p1 + p2 ) = (p1 + p2 )′ = p′1 + p′2 = T (p1 ) + T (p2 ) T (kp1 ) = (kp1 )′ = kp′1 = kT (p1 ) 2. Sei V die Menge aller 2 × 2-Matrizen und W = R. Wir betrachten T : V −→ W definiert durch T (A) = det(A) f¨ ur A ∈ V . Dies ist keine lineare Abbildung, da im Allgemeinen gilt T (A + B) = det(A + B) 6= det(A) + det(B) = T (A) + T (B) . W¨ahlt man je eine Basis f¨ ur V und W , dann kann man die lineare Abbildung T : V −→ W durch eine (reelle) m × n-Matrix beschreiben, wobei m = dim(W ) und n = dim(V ). Betrachten wir den Spezialfall W = V . Wir w¨ ahlen also eine Basis B von V . Nach Satz 8.2 (leicht angepasst), stehen dann in den Spalten der Darstellungsmatrix [T ]B die Koordinaten der Bilder der Basisvektoren. Beispiel Betrachten wir das 1. Beispiel oben mit V = {ax2 + bx + c | a, b, c ∈ R}. Eine Basis f¨ ur V ist 2 B = {x , x, 1}. Nun bestimmen wir die (Koordinaten der) Bilder der Basisvektoren: Die Matrix [T ]B beschreibt nun die Abbildung T im folgenden Sinn. Sei beispielsweise p(x) = 3x2 − 2x + 5. Der Koordinatenvektor von p bzgl. der Basis B ist 3 dann ~v = −2 . Dann ist der Koordinatenvektor von T (p) gegeben durch 5 Wir erhalten also 89 8.4 Bedeutung der Determinante einer Darstellungsmatrix An der Determinante der Darstellungsmatrix einer linearen Abbildung T : Rn −→ Rn (bzw. T : V −→ V ) k¨onnen gewisse Eigenschaften von T abgelesen werden. Umkehrbare lineare Abbildungen Eine lineare Abbildung T : Rn −→ Rn ist umkehrbar (d.h. bijektiv), wenn es eine lineare Abbildung T −1 : Rn −→ Rn gibt, so dass T ◦ T −1 = T −1 ◦ T = Id die Identit¨ at ist (vgl. letztes Semester, Kapitel 1). F¨ ur die Darstellungsmatrizen (bzgl. der Standardbasis oder einer anderen Basis) folgt [T ][T −1 ] = [T −1 ][T ] = E (wobei E die Einheitsmatrix bezeichnet). Das heisst, [T ] ist invertierbar und [T −1 ] = [T ]−1 . In Worten: Die Darstellungsmatrix der Umkehrabbildung T −1 ist die Inverse [T ]−1 der Darstellungsmatrix [T ] von T . Ist umgekehrt T : Rn −→ Rn eine lineare Transformation und [T ] invertierbar, dann ist T umkehrbar und T −1 ist definiert durch T −1 (~x) = [T ]−1 ~x f¨ ur alle ~x in Rn . Es gilt also T umkehrbar ⇐⇒ [T ] invertierbar . Mit Satz 9.5 (b), Seite 142, vom letzten Semester erhalten wir den folgenden Satz. Satz 8.4 Sei T : Rn −→ Rn linear. Dann gilt T umkehrbar ⇐⇒ det([T ]) 6= 0 . Wegen Satz 8.3 ist die Standardmatrix [T ] invertierbar, genau dann wenn die Darstellungsmatrix [T ]B zu jeder anderen Basis B invertierbar ist. Der Satz 8.4 gilt also auch f¨ ur [T ]B anstelle von [T ]. Beispiele 1. Sei T : R2 −→ R2 die Orthogonalprojektion auf die x-Achse. 2. Sei T : R2 −→ R2 die Drehung um den Ursprung um den Winkel ϕ. 90 Volumen¨ anderung Sei A eine n × n-Matrix. Wir hatten letztes Semester (Kapitel 9, Seite 143) bemerkt, dass | det(A)| gleich dem Volumen des von den Spaltenvektoren von A aufgespannten Parallelepipeds ist. Sei nun n = 2 und A = [T ] die Darstellungsmatrix einer linearen Abbildung T : R2 −→ R2 . Die Standardbasis ~e1 , ~e2 von R2 wird unter T auf die Spaltenvektoren ~v1 , ~v2 von A abgebildet (gem¨ ass Satz 8.2). Der Fl¨acheninhalt des von ~e1 und ~e2 aufgespannten Quadrats ist gleich 1, das von ~v1 und ~v2 aufgespannte Parallelogramm hat den Fl¨acheninhalt | det(A)|. Der Betrag der Determinante ist also ein Mass f¨ ur die durch die Abbildung bewirkte Ver¨ anderung des Fl¨acheninhalts (bzw. Volumen in h¨ oheren Dimensionen). Orientierung von geometrischen Figuren Was passiert eigentlich mit einem Dreieck in R2 unter einer linearen Abbildung von R2 nach R2 ? Nehmen wir beispielsweise das Dreieck mit den Eckpunkten P = (1, 1), Q = (3, 1), R = (4, 3) und die drei linearen Abbildungen definiert durch die Matrizen 2 −1 −1 3 1 0 A= , B= , C= . −1 2 1 −2 0 0 Unter der Abbildung A werden die Eckpunkte P, Q, R auf die Punkte P ′ = (1, 1), Q′ = (5, −1), R′ = (5, 2) abgebildet, unter der Abbildung B auf P ′′ = (2, −1), Q′′ = (0, 1), R′′ = (5, −2) und unter der Abbildung C auf P ′′′ = (1, 0), Q′′′ = (3, 0), R′′′ = (4, 0). y R R’ Q’’ 1 P Q P’ 1 P’’’ Q’’’ x R’’’ Q’ P’’ R’’ Es gilt allgemein, dass unter einer linearen Abbildung T : R2 −→ R2 ein Dreieck auf ein Dreieck abgebildet wird, falls det([T ]) 6= 0. Weiter gilt: det([T ]) > 0 =⇒ die Orientierung des Dreiecks bleibt erhalten det([T ]) < 0 =⇒ die Orientierung des Dreiecks wird umgekehrt Diese Bemerkungen gelten auch f¨ ur andere geometrische Figuren als Dreiecke. 91 Drehungen und Spiegelungen im R2 und R3 Drehungen und Spiegelungen im R2 und R3 sind umkehrbar, also ist die Determinante der Darstellungsmatrix einer Drehung oder Spiegelung ungleich Null. Es gilt weiter, dass Drehungen und Spiegelungen l¨angen- und winkeltreu sind, das heisst Strecken werden auf Strecken gleicher L¨ ange abgebildet und die Winkel (eines Dreiecks beispielsweise) bleiben erhalten. Ist A die Darstellungsmatrix einer Drehung oder Spiegelung in R2 , dann wird das Einheitsquadrat aufgespannt von den Standardbasisvektoren ~e1 , ~e2 also auf ein Quadrat Q der Seitenl¨ ange 1 abgebildet. Es gilt deshalb | det(A)| = Fl¨acheninhalt(Q) = 1 . Analog gilt | det(A)| = 1 auch im R3 . Da eine Drehung orientierungserhaltend und eine Spiegelung orientierungsumkehrend ist, folgt T Drehung T Spiegelung =⇒ det([T ]) = 1 =⇒ det([T ]) = −1 . Durch eine Drehung oder Spiegelung (mit Darstellungsmatrix A) bleibt also die L¨ ange eines beliebigen Vektors ~v in R2 oder R3 unver¨ andert, kA~v k = k~v k . Die L¨ ange eines Vektors kann man mit dem Skalarprodukt ausdr¨ ucken: Es gilt also AT A = E . Satz 8.5 Die Darstellungsmatrix einer Drehung oder Spiegelung im R2 oder R3 bzgl. einer Orthonormalbasis ist orthogonal.
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