Schattenblick Druckausgabe

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MA-Verlag
Elektronische Zeitung Schattenblick
Mittwoch, 22. April 2015
SOZIALWISSENSCHAFTEN
Die andere Türkei - das Schlimmste verhindern ...
Krieg um die Köpfe - Ducken,
warten, Daten sammeln ...
Demokratiebewegung in der Türkei auf dem Weg ins Parlament
Resilienz ­ Chiffre sozialer
Kapitulation
Vortrag am 7. März 2015 an der
Freien Universität Berlin
Pressekonferenz der Initiative zur Unterstützung der Demokratischen Partei
der Völker (HDP) in Hamburg­Altona am 12. April 2015
"Krieg um die Köpfe - Der Diskurs
der Verantwortungsübernahme"
Kongreß der Neuen Gesellschaft für
Psychologie vom 5. bis 8. März 2015
in Berlin ... (Seite 7)
POLITIK / REDAKTION
Holt China Pakistan aus der
wirtschaftlichen Misere?
Gigantisches
Investitionspaket
bringt Islamabad und Peking näher
(SB) ­ Der zweitägige Staatsbesuch
Xi Jinpings am 20. und 21. April in
Pakistan - die erste Auslandsreise des
chinesischen Präsidenten in diesem
Jahr - wird als Meilenstein in die
Geschichtsbücher eingehen. Bereits
im Vorfeld verwendeten die
internationalen Medien den Begriff
historisch - und das zu Recht.
Während Xis Aufenthalt in
Islamabad sollen ... (Seite 12)
SPORT / BOXEN
An Terence Crawford scheiden
sich die Geister
(SB) - An Terence Crawford scheiden
sich die Geister. Der Verband der USamerikanischen Boxjournalisten
(Boxing Writers Association of
America) war so begeistert von den
Künsten des damaligen ... (S. 21)
Pressekonferenz im Büro der Altona­
er Linkspartei mit Yavuz Fersoglu,
Cansu Özdemir und Metin Kaya
(v.l.n.r.)
Foto: © 2015 by Schattenblick
(SB) ­ Am 7.
Juni 2015 könnte die
HDP Geschichte schreiben. An diesem Tag finden in der Türkei Parlamentswahlen statt, bei denen diese
Partei zum ersten Mal in der gesamten Republik antritt. Was es damit auf sich hat und warum gerade
dieser Urnengang in dem NATOPartnerstaat und engen Verbündeten von EU und USA von zukunftsweisender Relevanz sein könnte,
wird hierzulande vielen Menschen
so wenig vertraut sein wie das Parteienkürzel HDP. Für die hier lebenden Staatsangehörigen der Türkei, ob nun türkischer oder kurdischer Volkszugehörigkeit, stellt
sich dies natürlich vollkommen anders dar, verknüpft sich doch für
nicht wenige unter ihnen gerade mit
dieser Partei und ihrem möglichen
Wahlerfolg die Hoffnung auf eine
grundlegende Verbesserung der
Lage in der Türkei - was keineswegs nur die Lebensverhältnisse
des kurdischen Bevölkerungsteils
betrifft, sondern ganz generell die
demokratischen und sozialen Verhältnisse, um die es alles andere als
zum besten bestellt ist.
Elektronische Zeitung Schattenblick
Für all diejenigen, die der türkischen
Sprache nicht mächtig sind, sei vorab erläutert, daß HDP die Abkürzung
für Halklarin Demokratik Partisi ist,
was zu deutsch Demokratische Partei der Völker bedeutet. Der Name ist
Programm. Hervorgegangen 2012
aus dem Demokratischen Kongreß
der Völker (Halklarin Demokratik
Kongresi) ist diese Partei ihrer Satzung zufolge mit dem Ziel angetreten, eine demokratische Volksherrschaft zu errichten und allen in der
Türkei lebenden Menschen ein Dasein in Würde und ohne Repression,
Ausbeutung und Diskriminierung zu
ermöglichen. Aus diesen Gründen ist
es naheliegend und folgerichtig, daß
sie, auch wenn ihre Wurzeln fraglos
in der kurdischen Bewegung zu verorten sind, weder eine explizit "türkische" noch eine "kurdische" Partei
sein will, sondern alle Menschen
gleichermaßen anspricht und gerade
auch die Angehörigen von Minderheiten einbeziehen will, die - aus
welchen Gründen auch immer - in
der türkischen Gesellschaft bislang
an den Rand gedrängt, von den politischen Gestaltungsprozessen ferngehalten und allzu häufig massivster
Repression ausgesetzt waren.
Zur Parteigeschichte wäre noch zu
ergänzen, daß die HDP als Dachpartei aufgefaßt werden könnte, in der
sich die kurdische Partei des Friedens und der Demokratie (Baris ve
Demokrasi Partisi - BDP) sowie
kleinere Gruppierungen und Parteien aus dem linken Spektrum zusammengefunden haben. Prominente
Abgeordnete der BDP wechselten im
Oktober 2013 zur HDP, die im jetzigen Parlament bereits über 29 Mandate verfügt. Da die neue Partei sich
nicht nur an ihren Erklärungen, sondern auch an ihren Taten messen lassen will, wird sehr viel Wert auf die
innerparteiliche Umsetzung ihrer demokratischen Grundsätze gelegt.
Dies schlägt sich beispielsweise in
dem strikten Prinzip des Ko-Vorsitzes nieder, womit gemeint ist, daß alle Parteiämter mit einer Frau und einem Mann besetzt werden müssen.
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Ihre erklärte Absicht, bislang parlamentarisch ausgegrenzte Gruppierungen und Bewegungen zu berücksichtigen, machte sich in den Wahlergebnissen auf dem Parteitag vom
27. Oktober 2013 bemerkbar, als
Vertreterinnen und Vertreter der Gezi-Park-Bewegung ebenso in den
Parteivorstand gewählt wurden wie
Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten, der Gewerkschaften wie auch der Frauen-, Homosexuellen-, Schwulen- und Lesben- und Umweltbewegung.
Die HDP könnte zum Stolperstein
für undemokratische Neugestaltungspläne werden
Auch wenn die HDP als erfrischend
neue gesellschaftliche Kraft verstanden werden kann, die die Gesellschaft der heutigen Türkei weitaus
besser repräsentiert und abbildet, als
es den traditionellen Parteien wohl je
möglich wäre, bliebe noch zu klären,
warum gerade ihr möglicher Einzug
ins Parlament für die gesamte Türkei, die weitere Entwicklung in der
Region des Nahen und Mittleren
Ostens und sogar die internationalen
Beziehungen wichtig werden könnte. Daß der derzeitige Präsident der
Türkei, Recep Tayyip Erdogan von
der als islamisch-konservativ geltenden AKP, in den westlichen Führungsstaaten nicht unbedingt wohlgelitten ist, darf nicht zu einer Verwechslung führen. Die von ihm repräsentierten politischen Kräfte des
Landes, mögen sie auch in innerstaatliche Auseinandersetzungen mit
den kemalistischen Eliten oder auch
der Fetullah-Gülen-Bewegung verstrickt sein, dürften bestenfalls bereit
sein, die Rolle eines Aktivpostens
westlicher Stellvertreterpolitik in der
gesamten Region des Nahen und
Mittleren Ostens gegen eine Neuauflage türkischer Großmachtspläne
einzutauschen.
Hälfte des vorigen Jahrhunderts je
gestört haben, so wenig hätten sie
wohl dagegen einzuwenden, wenn
deren politische Grundpositionierung, sprich die Mitgliedschaft in
der NATO sowie die Festlegung auf
eine strikt neoliberale Wirtschaftspolitik, mit härtesten Bandagen
durchgesetzt wird, sollten die oppositionellen Kräfte, die sich innerhalb wie auch außerhalb des Parlaments formieren, einen Reife- und
Entwicklungsgrad erreichen, der es
ihnen ermöglicht, die Machtfrage
zu stellen und zu ihren Gunsten von
den Wahlberechtigten beantworten
zu lassen. In diesem Zusammenhang sollte nicht vergessen werden,
daß die türkische Verfassung, auch
wenn 2010 einige Anpassungen
vorgenommen wurden, von den
Putschgenerälen 1980 bestimmt
wurde und noch heute Prinzipien
und Regelungen enthält, die einem
Demokratie-Echttest kaum standhalten können.
Ein markantes Beispiel ist die 10Prozent-Hürde des türkischen
Wahlsystems. Ist die bundesdeutsche 5-Prozent-Klausel, die aus einem historischen Kontext - Stichwort Weimar - heraus begründet
wird, schon nicht gerade ein Ausbund an demokratischer Freigeistigkeit, weil sie es nahezu verunmöglicht, randständige Positionen in die
parlamentarischen Prozesse einzubringen, was diesen wiederum erst
die Möglichkeit eröffnen würde, im
Rahmen der Politikgestaltung ihre
potentielle Überzeugungskraft zu
entwickeln und unter Beweis zu
stellen, kommt eine 10-ProzentHürde einem Vorschlaghammer
gleich, der jeder Veränderung parlamentarischer Kräfteverhältnisse
schon im Ansatz entgegenwirkt. In
der Türkei ist es sogar so, daß die für
die Parteien, die an der 10-ProzentHürde scheitern, abgegebenen
Stimmen der stärksten Partei zugeschlagen werden, womit der Wille
So wenig, wie sich die westlichen der Wählerinnen und Wähler, die sie
Demokratien an den Militärput- abgegeben haben, aufs fundamenschen in der Türkei in der zweiten talste mißachtet wird.
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Mi, 22. April 2015
Elektronische Zeitung Schattenblick
Der 10­Prozent­Hürde den Kampf
angesagt ­ die Tür zum Informati­
onsbüro der HDP steht nicht nur am
Eröffnungstag offen...
Foto: © 2015 by Schattenblick
Das neue türkische Sicherheitsgesetz gibt einen Vorgeschmack auf
Erdogans Zukunftspläne
Die bevorstehenden Parlamentswahlen weisen einen weiteren, höchst
prekären Aspekt auf. Ergodan will
die parlamentarische Verfaßtheit der
türkischen Republik mehr noch als
bisher zurückschrauben und durch
ein Präsidialsystem ersetzen, in dem
alle Fäden der Macht auf ihn zulaufen bzw. zugeschnitten sind, während dem Parlament ein nur noch
marginaler Einfluß bleibt. Von einem
Aufschrei der Empörung ist aus den
westlichen Hauptstädten nichts zu
vernehmen angesichts dieser drohenden massiven Rückentwicklung
in Sachen Demokratie. Im Deutschlandfunk wurde am 30. März anläßlich des Berlin-Besuches des HDPVorsitzenden Selahattin Demirtas
berichtet, daß der türkische Staatspräsident ein präsidiales System einführen wolle, was nur die Demokratische Partei der Völker (HDP) verhindern könne. [1]
Mi, 22. April 2015
Einen Vorgeschmack dessen, was der
türkischen Gesellschaft blühen würde, sollte Erdogan am 7. Juni mit seiner AKP eine Mehrheit erlangen, die
es ihm ermöglichen würde, die Verfassung zu ändern, lieferte das neue
Sicherheitsgesetz. Die Kritikerinnen
und Kritiker Erdogans sprechen von
einem Schritt in den Polizeistaat. In
der Nacht zum 19. Februar waren im
Parlament bei der Debatte über dieses Gesetz, die unter Ausschluß von
Presse und Öffentlichkeit geführt
wurde, fünf oppositionelle Abgeordnete kemalistischer, sozialistischer
und pro-kurdischer Parteien von
Mitgliedern der Regierungspartei
AKP zum Teil krankenhausreif geschlagen worden. Die Oppositionellen hatten alle parlamentarischen
Mittel eingesetzt gegen die Verabschiedung dieses Gesetzes. Nach
Angaben des CHP-Abgeordneten
Mahmut Tanal hatte die Prügelei damit begonnen, daß mehrere AKPMandatsträger aufAbgeordnete der
HDP losgingen. Gegenüber der türkischen Zeitung Hürriyet erklärte der
HDP-Abgeordnete Ertugrul Kürkcü:
"Die AKP-Abgeordneten haben
einen Vorgeschmack dessen geliefert, wozu sie die Polizeikräfte einzusetzen gedenken, wenn sie es
schaffen sollten, dieses Gesetz
durchzubringen." [2]
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Die (parlamentarischen) Proteste
waren vergebens, das umstrittene Sicherheitsgesetz ist Anfang April mit
der Unterschrift Erdogans in Kraft
getreten. Massenversammlungen
wie bei den landesweiten Gezi-ParkProtesten im Sommer 2013 können
jetzt im Ansatz verhindert werden.
Die Befugnisse der Polizei bei Festnahmen und Hausdurchsuchungen
wurden erheblich erweitert, bei Demonstrationen können sogar Schußwaffen eingesetzt werden. Die Provinzgouverneure können Kundgebungen nach ihrem Gutdünken verbieten und den Ausnahmezustand
verhängen. Allen, die dann dennoch
auf die Straße gehen, drohen allein
deshalb hohe Haftstrafen. Ohne Hinzuziehung eines Ermittlungsrichters
können Demonstranten bis zu 48
Stunden inhaftiert werden, wodurch
nach Ansicht der Kritikerinnen und
Kritiker der rechtsstaatliche Schutz
vor Folter und Mißhandlungen mehr
noch als bisher ausgehöhlt wird.
Praktische Solidarität ­ Kontakt­ und
Informationsbüro der HDP bei der
Partei DIE LINKE.Altona
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Sieht die AKP ihre absolute Mehrheit schwinden?
Wie in Telepolis am 13. April berichtet, würde die AKP jüngeren Umfragen zufolge unter 40 Prozent kommen, während die Oppositionsparteien leichte Zuwächse zu verzeichnen haben. Die kemalistische CHP
würde demnach auf 25 bis 30 Prozent kommen, der rechtsnationalistischen MHP werden zwischen 12 und
18 Prozent vorausgesagt. Für die
HDP gilt als fraglich, ob sie die 10Seite 3
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Prozent-Hürde wird nehmen können.
[3] Daß die HDP bei den Kommunalwahlen im vergangenen Jahr im
landesweiten Durchschnitt nur auf
2,1 Prozent kam, steht ihrem Potential, deutlich mehr Wählerinnen und
Wähler anzusprechen, weil sie eine
glaubwürdige Alternative zum bisherigen Politik-Betrieb offeriert, keineswegs entgegen. Dies bewahrheitete sich bereits bei der Präsidentschaftswahl im August 2014, als der
HDP-Vorsitzende Selahattin Demirtas 9,8 Prozent erzielte. Gegenüber
der Deutschen Welle erklärte der Politologe Behlül Özkan von der Marmara-Universität in Istanbul: "Schon
von seiner Sprache her ist Demirtas
ganz anders als die älteren Politiker,
er hat es geschafft, Wähler auch im
(nicht-kurdischen) Westen der Türkei anzusprechen". [4]
Inzwischen scheint die "Schicksalswahl" vom 7. Juni in der Türkei ihre
Schatten voraus zu werfen. Die illegalisierte Kurdische Arbeiterpartei
(PKK) will, wie es in einer aktuellen
Erklärung des Hauptquartiers der
Volksverteidigungskräfte (HPG)
hieß, ungeachtet der jüngsten Provokationen der türkischen Armee an
dem seit zwei Jahren geltenden Waffenstillstand festhalten und auf weitere Angriffe seitens der Armee nur
mit Maßnahmen zur Selbstverteidigung reagieren. [5] Was war geschehen? Einem Bericht der jungen Welt
zufolge sollen am 11. April auf dem
Tendürek-Berg in der Provinz Agri
bei einer Armeeoperation nach Angaben der HPG fünf Soldaten, ein
Guerillakämpfer und ein Zivilist ums
Leben gekommen sein. Wie es hieß,
hätten noch mehr Soldaten einer
15köpfigen Militäreinheit getötet
werden können, wenn sich nicht
Dorfbewohner zu ihrem Schutz zwischen die Fronten gestellt hätten.
Nach Einschätzung des Vorsitzenden
der Partei der Demokratischen Regionen (DBP) [6], Kamuran Yüksek,
habe die AKP-Regierung geplant, zu
Wahlkampfzwecken die Leichname
der 15 Soldaten in verschiedene
Seite 4
Städte des Landes zu schicken. Sie
seien in den Tod geschickt worden,
so der Vorwurf. Auf einer Wahlkundgebung in Istanbul sprach der HDPVorsitzende Selahattin Demirtas von
einer geplanten Täuschungsoperation: "Sie haben 15 Soldaten im
Kampfgebiet in Agri zurückgelassen, acht davon verwundet. Die Soldaten sollten dort sterben, damit die
Stimmen der AKP bei der Wahl ansteigen." Die Verwundeten seien von
HDP- und DBP-Mitgliedern gerettet
worden. [5] Gründe und damit ein
Motiv, gerade die HDP im Vorfeld
Metin Kaya
der Parlamentswahlen in Mißkredit
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zu bringen, dürfte es aus Sicht der
AKP genug geben, räumte doch vor
kurzem sogar ihr Vizepremier Bülent angehörigkeit aufforderte, ihre StimArinc ein, daß elf bis zwölf Prozent me der HDP zu geben. [7] In vielen
Städten kommt es auch auf lokaler
für die HDP möglich seien.
Partei-Ebene zu SolidaritätsbekunNicht nur in der Türkei, auch im Aus- dungen für die HDP. In Hamburg
land, so auch in der Bundesrepublik beispielsweise wurde am Sonntag,
Deutschland, bewegt die bevorste- dem 12. April, bei der Partei DIE
hende Parlamentswahl die Gemüter. LINKE.Altona [8] ein Kontakt- und
Ob sich die politischen Verhältnisse Informationsbüro der Demokratinach dem 7. Juni, sollte Erdogan die schen Partei der Völker (HDP) eröfffür seine undemokratischen "neue net. Anläßlich dessen stellten sich
Türkei"-Pläne erforderliche absolute auf einer Pressekonferenz Metin KaMehrheit erzielen, noch weiter ver- ya vom Bezirksverband Altona der
schlechtern oder die Demokratiebe- Linkspartei, die Bürgerschaftsabgewegung in der Türkei mit der HDP ordnete der Partei Die Linke Cansu
ein parlamentarisches Standbein eta- Özdemir und Yavuz Fersoglu, Spreblieren kann, das es ihr ermöglicht, cher des Deutsch-Kurdischen Kulden bevorstehenden Rechtsruck zu turvereins, den Fragen der vielen Inverhindern und die Frage nach einem teressierten und Medienvertretenfundamentalen Politikwechsel sowie den, die Metin Kaya im Namen des
der politischen Lösung des soge- Bezirksvorstandes und -verbands
nannten Kurdenproblems auf die seiner Partei willkommen geheißen
Agenda zu setzen, ist für viele demo- hatte.
kratische Parteien und OrganisatioIn seinen einführenden Worten ernen von großem Interesse.
klärte der Linkspolitiker, daß sich die
HDP zum ersten Mal in ihrer GeWahlkampfunterstützung für die schichte türkeiweit zur Wahl stelle.
Sie umfasse alle nationalen und reliHDP in Deutschland
giösen Minderheiten, die es in der
In der Bundesrepublik hat der Partei- Türkei gibt, ebenso wie weitere
vorstand der Linken mit seinem Be- Gruppierungen, die sich bislang im
schluß vom 28. und 29. März 2015 Parlament nicht vertreten fühlen und
bereits ein unmißverständliches Zei- es auch nicht sind. Die Altonaer
chen gesetzt, indem er seine politi- Linkspartei möchte ihren Teil dazu
sche Unterstützung für den Wahl- beitragen, daß die HDP die 10-Prokampf der HDP erklärte und die Par- zent-Hürde schafft, weil das System
teimitglieder mit türkischer Staats- in der Türkei undemokratisch sei und
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Mi, 22. April 2015
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aus der Zeit des faschistischen Putsches von 1980 stamme. Das bedeute zum Beispiel, daß, wenn eine Partei die 10 Prozent nicht schafft, die
an sie abgegebenen Stimmen und die
Mandate an die Partei mit den meisten Stimmen übergeben werden.
Ob die übrigen Parteien ihre Stimmenzahlen erhöhen würden oder
nicht, sei nicht so entscheidend wie
die Frage, ob die HDP ins Parlament
kommt oder nicht. Ihre Präsenz dort
würde voraussichtlich dazu führen,
daß die jetzige Regierungspartei
nicht alleine regieren und ihre auf
Repression gerichtete Politik nicht
mehr so einfach durchsetzen könne,
weil es dagegen erheblichen Widerstand geben würde. Aus diesen
Gründen haben sich in Hamburg wie
auch an vielen anderen Orten in ganz
Europa, wie Metin Kaya betonte, Initiativen aus ganz verschiedenen demokratischen Organisationen gebildet, die sich mit der HDP politisch
verbunden fühlen und ihre Bemühungen um einen Wahlerfolg unterstützen.
Cansu Özdemir
Foto: © 2015 by Schattenblick
Die Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Cansu Özdemir erläuterte in
ihrer anschließenden Ansprache die
politischen Beweggründe ihrer Partei, die HDP - wie zuvor schon die
griechische Syriza - im Wahlkampf
zu unterstützen. Die Partei Die LinMi, 22. April 2015
ke verstehe sich selbst auch als eine
linke, emanzipatorische und antikapitalistische Partei, was sie mit der
HDP vereine. Die HDP sei keine
klassische Partei des etablierten Systems, sondern eine Bewegung in der
Türkei und in Kurdistan, die sich in
den vergangenen Jahren sehr deutlich und konsequent dafür eingesetzt
habe, alle ethnischen, religiösen und
sonstigen Interessengruppen wie
beispielsweise auch die verschiedenen transsexuellen Gruppierungen
einzubeziehen. In der Kandidatenund Kandidatinnen-Liste der HDP
spiegele sich die gesamte Vielfalt der
Türkei wider, sie enthalte Angehörige der klassischen türkischen Linken
ebenso wie Repräsentantinnen und
Repräsentanten der Aramäer, Armenier und weiterer Minderheiten.
Sie alle stünden einer patriarchalkonservativen Regierung gegenüber,
die keinen Wert auf emanzipatorische Schritte nach vorn lege. Durch
den IS-Terror im Irak und in Syrien
hätten viele Kandidatinnen und Kandidaten ethnischer und religiöser
Minderheiten großes Leid erfahren,
was sie jetzt dazu bewogen habe,
sich stark in der Demokratiebewegung zu engagieren. Mit der HDP im
Parlament könne es zu einer Demokratisierung des gesamten Systems
kommen, der AKP drohe dann der
Verlust ihrer Parlamentsmehrheit. Je
stärker die HDP im Parlament, aber
auch auf den Straßen vertreten sei,
umso mehr bestehe für die gesamte
Türkei wie auch für Kurdistan die
Möglichkeit eines grundlegenden
Demokratisierungsprozesses.
Ein weiterer Grund, auch hier in
Deutschland den Wahlkampf der
HDP zu unterstützen, sei, wie Cansu
Özdemir erläuterte, die katastrophale Situation der Frauen in der Türkei.
Die türkische Justiz mache, wenn
Frauen sexuellen Mißbrauch erfahren haben, die Opfer zu Tätern. An
den Strukturen des türkischen Staates könne man deutlich sehen, daß
die Türkei kein frauenfreundlicher
Staat ist. Frauenhäuser werden verwww.schattenblick.de
nachlässigt, auf allen politischen
Ebenen gäbe es für Frauen kaum die
Möglichkeit politischer Mitwirkung.
Die HDP stelle demgegenüber eine
klare Alternative dar durch ein Modell, das es ermöglicht, daß Frauen
auf allen Ebenen vertreten sind und
politisch mitwirken können. Innerhalb der Partei werde dies durch das
Prinzip der Ko-Strukturen sowie eine 40-Prozent-Frauenquote gewährleistet.
Aus all diesen Gründen habe die
Partei Die Linke erklärt, die HDP zu
unterstützen. Von Hamburg aus sei
wie auch aus anderen deutschen
Städten geplant, mit einer Delegation zur Wahlbeobachtung während
der Wahl in Kurdistan präsent zu
sein, ist doch davon auszugehen, daß
es wieder zu Wahlbetrug kommen
könnte. Die linke Bürgerschaftsabgeordnete erwähnte abschließend die
jüngsten Angriffe des türkischen Militärs. So war am Tag zuvor ein HDPMitglied in der Provinz Agri erschossen worden, weil es sich als lebendes Schutzschild den Schüssen
entgegengestellt hatte mit dem Ziel,
den Friedensprozeß zwischen der
kurdischen Bewegung und dem türkischen Staat zu schützen.
Zusammenfassend erklärte Cansu
Özdemir, daß die HDP für eine demokratische und friedliche Lösung
der kurdischen Frage und auch der
anderen Demokratieprobleme der
Türkei stehe. Das Büro der Altonaer
Linkspartei sei von nun an eine Anlaufstelle [8], um von hier aus die
Wahlkampfbemühungen der HDP zu
unterstützen. Hier können sich Interessierte und Unterstützerinnen und
Unterstützer treffen, diskutieren und
Vorschläge unterbreiten, hier können
sich Wahlberechtigte konkret darüber informieren, wo und wie sie ihre Stimme abgeben können, wovon
gleich am Eröffnungstag rege Gebrauch gemacht wurde. So wurde
darüber informiert, daß ab dem 8.
Mai in Deutschland an allen türkischen Konsulaten, aber auch überall
beim Zoll zum Beispiel an FlughäSeite 5
Elektronische Zeitung Schattenblick
fen unter Vorlage des Ausweises ge- entgegen anderslautender Vereinbawählt werden könne.
rungen mit den europäischen Staaten
keine offizielle Wahlbeobachtung
Ein Besucher, der bereits zweimal geben werde, weil die türkische Reals Wahlbeobachter in der Türkei ge- gierung dies nicht akzeptiere. Wie
wesen war, fragte, wie denn gesi- schon bei früheren Wahlen werde es
chert sei, daß es bei der Stimmabga- von seiner Partei eine ehrenamtlich
be hier in Deutschland nicht zu tätige Delegation geben, die an beWahlfälschungen oder -behinderun- stimmten Orten die Wahlen beobachgen kommen könne. Daraufhin er- ten und auf schriftlichen, mündliläuterte Yavuz Fersoglu, der Spre- chen und audivisuellen Wegen ggf.
cher des Deutsch-Kurdischen Kul- Beweismaterial sichern wird, um es
turvereins, daß es dazu Gespräche internationalen Stellen zur Verfümit dem Konsulat gegeben habe. Es gung stellen zu können. Dies sei
wurde vereinbart, daß die versiegel- zwar keine offiziell tätige Delegatiten Urnen dort täglich bereitgehalten on, doch hätte bei früheren Initiatiwerden. Eine deutsche Sicherheits- ven dieser Art bereits die Erfahrung
firma bewahre sie dann nachts auf gemacht werden können, daß allein
und stelle sie tagsüber wieder hin. die Anwesenheit ausländischer BeAm 31. Mai werden die Stimmen obachterinnen und Beobachter eine
dann hier in Deutschland ausgezählt gewisse einschränkende Wirkung
in Anwesenheit von Wahlmännern nicht verfehle.
und -frauen aller Parteien, die auch
während des gesamten Wahlprozes- Der Schattenblick wird angesichts
ses anwesend sind. Die Ergebnisse der vielfach an einen Wahlerfolg der
der Stimmauszählung werden proto- HDP geknüpften parlamentarischen
kolliert und von den Parteivertretern Chance einer Demokratisierung des
und -vertreterinnen unterschrieben, NATO-Partners Türkei die Berichtbevor die Stimmen in die Türkei erstattung über die Bemühungen, in
überführt werden. Er hoffe sehr, so und von Deutschland aus ihren
Fersoglu, daß auf diese Weise sicher- Wahlkampf zu unterstützen wie hier
gestellt werden könne, daß das de- von der Partei Die Linke in Hammokratisch ablaufe.
burg-Altona und das in ihren Räumen eröffnete Kontakt- und Informationsbüro der HDP [8] durch Interviews mit Cansu Özdemir, Metin
Kaya und Yavuz Fersoglu fortsetzen.
Anmerkungen:
[1] http://www.deutschlandfunk.de/selahattin-demirtas-erdogans-einziger-gegner.1773.de.html?dram:article_id=315666
Yavuz Fersoglu
Foto: © 2015 by Schattenblick
[2] https://www.jungewelt.de/2015/02-19/015.php
[3] http://www.heise.de/tp/artikel/44/44633/
Das Thema Wahlfälschung wurde
während der Debatte wiederholt auf- [4] http://www.dw.de/kurdenparteigegriffen. Ein Mitglied der Partei kostet-erdogan-wählerstimmen/aDie Linke wies darauf hin, daß es 18360134
Seite 6
www.schattenblick.de
[5] http://www.jungewelt.de/2015/04-14/007.php
[6] Die kurdische Partei "Baris ve Demokrasi Partisi" (BDP - Partei des
Friedens und der Demokratie) ist assoziiertes Mitglied der Sozialistischen
Internationale sowie der Sozialdemokratischen Partei Europas. Im Juli
2014 änderte sie auf ihrem dritten
Parteikongreß ihren Namen in "Demokratik Bölgeler Partisi" (DBP Partei der Demokratischen Regionen).
[7] http://www.die-linke.de/partei/organe/parteivorstand/parteivorstand-2014-2016/beschluesse/unterstuetzung-der-hdp/
[8] Das Kontakt- und Informationsbüro der Demokratischen Partei der
Völker - HDP (Halklarin Demokratik Partisi) befindet sich im Parteibüro DIE LINKE.Altona, Am Felde 2,
22765 Hamburg und ist täglich auch am Wochenende - von 12.00 bis
18.00 Uhr geöffnet.
http://www.schattenblick.de/
infopool/politik/report/
prbe0191.html
SCHACH - SPHINX
Ausdruck künstlerischen
Feuers
Die schnöde Jagd nach dem
Gewinn, wie eine Migräne empfinden
sie feingeschliffenere Geister. Und die
heutige Zeit ist in der Tat eine einzige
Hetzpartie. Auf den Turnieren schlagen die Rivalen fast mit den Köpfen
zusammen, so emsig beugen sie sich
über die Bretter, daß ihnen ja nicht der
geringste Vorteil entgehe. Rastlose
Gedanken schaffen gereizte Eingeweide. Und wer immer nur Feuer
küßt, verbrennt sich nicht nur die Lippen, sondern auch Haar und Haut. Jedenfalls fühlte sich der Prager Meister
Lubomir Kavalek wie ein einsamer
(SB) ­
Mi, 22. April 2015
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Wahrheitssucher inmitten trostloser
Wüsten: "Schach muß man zum Vergnügen spielen. Wenn du für Geld
spielst oder für Ranglistenpunkte,
macht es keinen Spaß." Um geistige
Enge zu vermeiden, hatte der talentierte Großmeister und WeltmeisterSekundant in seiner Heimatstadt vor
Zeiten Dichterlesungen abgehalten.
Als dann sowjetische Panzer den
Traum eines ganzen Volkes zunichte
machten und der Prager Frühling unter der Gewalt der Waffen erstickt
wurde, emigrierte Kavalek zunächst
nach Deutschland und zwei Jahre später in die USA. Seinen Idealen hat er
jedoch auch in der Fremde nie abgeschworen. Überzeugt davon, daß die
Seele des Schachspiels in der Mannigfaltigkeit, nie jedoch im Kommerz
liegt, widmet sich der studierte Journalist auch gelegentlich dem Schmieden von kleinen Versen. Schachkünstler, so Kavalek, sind Menschen mit
einmal einen gehaltvollen Film an.
Wie ein Ausdruck künstlerischen
Feuers sind auch seine Partien. Im
heutigen Rätsel der Sphinx gelang
ihm mit den weißen Steinen gegen
seinen Kontrahenten Nepomniaschtschi eine fein abgestufte Opfer-Gewinnkombination. Kannst du sie aus
dem Gestein meißeln, Wanderer?
Auflösung letztes Sphinx­Rätsel:
Jemelin - Nepomniaschtschi
St. Petersburg 1997
dem ausuferndem Bedürfnis, sich auf
vielen Gebieten des Geistigen zu verwirklichen. Aus dem Schach ein Spezifikum zu machen, wäre für ihn wie
"Lebendigbegrabensein". Auch der
russische Meister Jemelin besucht
gern Dichterlesungen, Literaturkreise,
Theaterstücke oder sieht sich auch
Meister Vadasz hatte seine Streitmacht eng um den schwarzen König
zusammengezogen. Zum Abschluß
gab es dann einen rechten Kanonenschlag mit 1.Df7-g8+! Kh8xg8 2.f6f7+ nebst Matt. Eine Miniatur von
überzeugender Kraft!
http://www.schattenblick.de/
infopool/schach/schach/
sph05451.html
SOZIALWISSENSCHAFTEN / REPORT / BERICHT
Krieg um die Köpfe - Ducken, warten, Daten sammeln ...
Resilienz ­ Chiffre sozialer Kapitulation
Vortrag am 7. März 2015 an der Freien Universität Berlin
"Krieg um die Köpfe - Der Diskurs der Verantwortungsübernahme"
Kongreß der Neuen Gesellschaft für Psychologie vom 5. bis 8. März 2015 in Berlin
(SB) ­ "Gelobt sei, was hart macht!"
was Friedrich Nietzsche einst mit der
Forderung, jetzt müsse "das Mildeste
an dir noch zum Härtesten werden",
denn wer "sich stets viel geschont hat,
der kränkelt zuletzt an seiner vielen
Schonung", zur Maxime erfolgreichen
Überlebens erhob, warfschon vor 130
Jahren einen fahlen Lichtschein aufdie
Verabsolutierung des ökonomischen
Nutzens im Neoliberalismus. "Ich lobe das Land nicht, wo Butter und Honig - fließt!" hieß es im nächsten Satz
dieses Zitats aus dem epochalen Werk
"Also sprach Zarathustra", und nichts
Mi, 22. April 2015
anderes verkünden die sozialdarwinistischen Vordenker einer Welt, deren
knapper werdende Ressourcen durch
die Einspeisung in ihren vermeintlich
lohnendsten Verwertungszweck zählbar gemacht werden.
Auch wenn es heute niemand mehr
so direkt in einer vom NS-Regime
kontaminierten Sprache sagen will,
ist der Imperativ der Abhärtung allgegenwärtig. Ihm wird beim Eisenstemmen in den Fitness-Studios der
Republik ebenso gehuldigt wie bei
der Bundeswehr, wo der "archaische
www.schattenblick.de
Kämpfer" analog zum leistungsoptimierten Wettbewerber auf dem
Markt der Lohnarbeit Maß aller erfolgversprechenden Dinge ist. Nicht
viel besser sieht es in den Sozialwissenschaften aus, wo das in den
1950er Jahren in die Psychologie
eingeführte Konzept der Resilienz
Furore macht. Der ursprünglich aus
der Physik stammende und aus Lateinisch "resilire" für "Abprallen,
Abfedern" entwickelte Begriff bezeichnet im weitesten Sinne die Entwicklung von Fähigkeiten zur Krisenbewältigung aus einer Situation
Seite 7
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der Belastung heraus, was im besten
Fall mit konkreten Lerneffekten einhergehen soll. Dem ursprünglichen
Wortsinn gemäß wird auch von der
Fähigkeit, eine Störung abzufedern,
gesprochen, von einem System flexibler Stabilität, das in der Lage ist,
äußeren Einflüssen im Sinne des Eigenerhalts dadurch zu entsprechen,
daß die ursprüngliche Ausgangslage
wiederhergestellt wird.
Die Ausgangslage als solche wird in
diesem Konzept jedoch nicht in Frage gestellt. Welche Defizite und Krisen die Menschen auch immer umtreiben, bei der Entwicklung von Resilienz geht es allein darum, mit diesen Herausforderungen auf optimale
Weise zurechtzukommen. Somit handelt es sich um eine zutiefst positivistische und affirmative Strategie,
setzt sie doch die grundsätzliche Akzeptanz von Mißständen voraus, anstatt die Frage zu stellen und zu entwickeln, wie zu verhindern wäre, daß
Menschen überhaupt erst in eine lebensbedrohliche Schieflage geraten.
Zweifellos wirft die unmittelbare
Problembewältigung technische Fragen aller Art auf und verlangt nach
konkreten Antworten auf diese. Die
Verallgemeinerung situativer Analysen und Schlußfolgerungen zu einem
abstrakten Konzept sozialstrategischer Ermächtigung trägt jedoch dazu bei, administrative Lösungen zu
legitimieren, die die Funktionseliten
in Staat und Gesellschaft aus der Verantwortung entlassen, für eine Welt
zu kämpfen, in der Solidarität mit
Mensch und Natur an die Stelle einer
im Kern sozialdarwinistisch bestimmten Resilienz tritt. Letzeres ergibt sich aus der Funktionslogik kapitalistischer Vergesellschaftung,
bleibt diese doch stets dem abstrakten Nutzen einer Kapitalverwertung
verpflichtet, demgegenüber individuelle Notlagen auf eine Weise rechenschaftspflichtig gemacht werden, die
selbst die erstrebenswerte Qualität
selbstbestimmten Handelns als "eigenverantwortliches" Kompensieren
gesellschaftlicher Mißstände ins Reaktionäre kehrt.
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Thomas Gebauer
Foto: © 2015 by Schattenblick
Eigenverantwortlich unterwerfen ...
Für den Referenten nimmt sich das
Konzept der Resilienz wie ein neuer
Stern am Himmel nicht nur der Erziehungswissenschaften und der
Psychologie, sondern auch der Organisationsberatung, der Entwicklungszusammenarbeit und sogar der
Sicherheitspolitik aus. Wie er anhand
der umfassenden Präsenz des Begriffs im Internet darlegt, hat er fast
den Charakter eines Allheilmittels
für die Bewältigung der Krisen und
Probleme in der heutigen Welt angenommen. Nicht von ungefähr sei
diese Entwicklung in die neoliberale
Hegemonie eingebettet, deren Stoßrichtung, gesellschaftliche Verantwortung in die Sphäre des Privaten
abzudrängen, das Konzept Resilienz
aufs paßförmigste entspricht. Die
Behauptung, die Bundesrepublik
müsse mehr sicherheitspolitische
Verantwortung übernehmen, liege
auf der gleichen Linie einer zunehmenden Verantwortungslosigkeit im
Sozialen und stehe daher nicht im
Widerspruch zur Forderung nach
mehr Eigenverantwortung, denn beides sei Ausdruck einer Politik, die
sich voll und ganz der herrschenden
kapitalistischen Ökonomie ausgeliefert hat.
Die neoliberale Zurichtung des Menschen auf "Eigenverantwortung" ist
auch das Stichwort für den Psychologen Thomas Gebauer, der als Geschäftsführer der sozialmedizinischen Hilfs- und Menschenrechtsorganisation medico international über
umfassende Kenntnisse in der Praxis
staatlichen wie zivilgesellschaftlichen Krisenmanagements verfügt.
Auf dem diesjährigen Kongreß der
Neuen Gesellschaft für Psychologie
(NGfP) zum Thema "Krieg um die
Köpfe - Der Diskurs der 'Verantwortungsübernahme'" analysierte Gebauer in seinem Vortrag über "Resilienz im neoliberalen Diskurs der
'Eigenverantwortung' aus der Sicht
einer Hilfsorganisation" den Verfall
des Prinzips gesellschaftlicher Verantwortung im Sinne ihrer Rückbindung an informelle soziale Strukturen wie Familien oder Nachbarschaften. Da sich an diese keine Rechtsansprüche richten lassen, konstatiert
Gebauer die Entwicklung eines völlig neuen Staatsverständnisses, das
sich von der gesellschaftlichen Auf- Mit einem Blick auf die humanitäre
gabe, die Menschenrechte zu ver- Krise in Griechenland spricht Gewirklichen, immer weiter entferne. bauer von einem System sozialpoliwww.schattenblick.de
Mi, 22. April 2015
Elektronische Zeitung Schattenblick
tischer Verantwortungslosigkeit, das
sich zu seiner Rechtfertigung mehr
und mehr auch des Resilienzkonzepts bediene. Um dies zu dokumentieren, präsentiert der Referent einige Beispiele aus dem großen Angebot an kommerziellen ResilienzTrainingsprogrammen. Sie versprechen dem einzelnen Menschen oder
Berufstätigen etwa, als "persönlicher
Schutzschild gegen Streß und Burnout" zu dienen oder "das Geheimnis der sogenannten Stehaufmenschen" zu lüften, "die selbst aus
schwierigen Situationen und Niederlagen noch gestärkt hervorgehen".
Was auf dem in Krisenzeiten besonders boomenden Markt der Lebenshilfeangebote wohlfeil ist, ist auch
der Politik nicht zu teuer, wie das Erste Resilienz-Forum der EU-Kommission 2014 in Brüssel zeigte. Als
vorbildliches Beispiel für die Selbsthilfe, die Menschen in Abwesenheit
staatlicher Zuständigkeit ergreifen
müßten, wurde dort eine in küstennahen Dörfern Bangladeschs getroffene Maßnahme zur Abwehr von
Flutschäden geschildert. Die Bevölkerung habe von der Hühner- auf die
Entenzucht umgestellt. Nur weil Enten schwimmen können, müsse das
für die von Überflutungen betroffenen Menschen kein Trost sein, so der
Referent.
Von besonderem Interesse für die
Absicht der NGfP-Konferenz, die
Militarisierung der Gesellschaft nicht
kritiklos hinzunehmen, ist das seit
2008 laufende Comprehensive Soldier and Family Fitness Program der
US Army. Es soll einer Million Soldatinnen und Soldaten dazu verhelfen, traumatische Erlebnisse positiv
anzunehmen, um sie für persönliche
Reifeprozesse und damit zur Stärkung ihrer Resilienz einzusetzen. Dadurch, daß negative Gefühle affirmativ umgedeutet werden, soll schließlich eine unbezwingbare Armee von
immenser Kampfkraft entstehen.
silienz von einem Bereich der Wissenschaft auf einen anderen die Gefahr in sich birgt, komplexe Zusammenhänge auf unsachgemäße Weise
zu vereinfachen. Das könne auch der
Grund für die Entuferung der Anwendung dieses Konzepts sein, dessen ursprünglichen Ansatz in Psychotherapie und Pädagogik, die gesunden seelischen Kräfte von Menschen zu stärken, er durchaus für begrüßenswert hält. Problematisch sei
allerdings die Reduktion des Begriffs
auf eine individuelle Bewältigungskompetenz. Wenn von einer Art immunisierender Persönlichkeitseigenschaft ausgegangen werde, die es lediglich zu wecken und zu trainieren
gelte, sei es eben nicht mehr erforderlich, gesellschaftliche Mißstände
zu kritisieren, um Menschen vor ihren negativen Auswirkungen zu
schützen.
Er begrüße durchaus den Ansatz, das
Augenmerk weniger auf Erziehungsdefizite und mehr aufdie Ressourcen
zu richten, die Menschen für eine gute Entwicklung brauchten. Dies vermeide eine mögliche Stigmatisierung und fördere die Entwicklung
von Autonomie, Selbstverantwortung und Kompetenz. Dieses Vorgehen laufe aber gleichzeitig Gefahr,
die Beseitigung sozialer Mißstände
nicht mehr über die Aufstockung ohnehin überlasteter öffentlicher Budgets zu vollziehen, sondern an die
Förderung von Ressourcen zu delegieren, über die der Mensch von
Haus aus verfüge. Dabei könnten die
Voraussetzungen für positive gesellschaftliche Entwicklungen wie ein
gut ausgestattetes Bildungssystem,
individuelle Anerkennung und soziale Gleichheit aus dem Blick geraten.
Indem der Resilienzansatz auch anhand vieler Publikationen aus dem
Bereich der Lebenshilfe- und Ratgeberliteratur Antworten auf Probleme
zu geben scheine, die mit Ängsten
und negativen Gefühlen aller Art besetzt sind, adressiere er im Grunde
Gebauer vermutet, daß die Übertra- das wachsende Unbehagen an den
gung eines Begriffs wie den der Re- gesellschaftlichen Verhältnissen. Die
Mi, 22. April 2015
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Ambivalenz des Resilienzkonzepts, so
Gebauer, bestehe darin, daß es auf dieses Unbehagen antworte und zugleich
die Verhältnisse, die es hervorrufen,
nähre. Während die großen Freiheitsund Glücksversprechen der Moderne
für eine wachsende Zahl von Menschen notwendig unerfüllt blieben,
würden alle, auch die privaten Bereiche des Lebens, einer von Marktwirtschaft und Verwaltung vorgegebenen
Zweckrationalität unterworfen. Was
Jürgen Habermas als Kolonisierung
der Lebenswelt beschrieb, sei seiner
Ansicht nach auch der Grund für das
wachsende Unbehagen.
Wo sich der Homo sapiens in einen
Homo oeconomicus verwandelt, der
seine Interessen, seine Beziehungen
und sein Verhalten an betriebswirtschaftlichen Überlegungen ausrichtet, wo das unternehmerische Selbst
den Menschen auf sein ökonomisches Kalkül reduziere, da verliere er
seine emotionale Verankerung. Weder gebe es heute noch jene soziale
Sicherheit, aus der heraus sich das
eigene Leben angstfrei in die Hand
nehmen läßt, noch können die einzelnen die strukturellen Vorgaben der
Marktwirtschaft und Verwaltung, innerhalb derer sie als Unternehmer in
eigener Sache tätig werden sollen,
wirksam beeinflussen.
All das löse Angst aus, die abgewehrt
werden müsse und auf Entschädigung dränge. Neben dem rastlosen
Konsum fetischisierter Ware verspreche die Suche nach Identität, für
die es aber kaum noch feste Bezugspunkte gebe, Entlastung. Aus dieser
Suche resultiere ein eher flackerndes
Bewußtsein, dessen inneres Gesetz
die Unruhe selbst ist. Eben diese Unruhe sei hochgradig systemkonform,
so Gebauer. Das Gefühl einer inneren Getriebenheit korrespondiere
perfekt mit der Allgewalt eines
Marktes, dessen flüchtige Bilderwelt
eine ebenso flüchtige, aber permanente Bewegung erfordere. Unter
diesen Umständen könne es nicht
verwundern, daß sich Erschöpfung
und Depression breit machten.
Seite 9
Elektronische Zeitung Schattenblick
Was geschieht nun in einer Welt, in
der die Menschen an der Vergeblichkeit unerreichbarer Ideale scheitern, sich ihre Verlust- und Versagensängste zu einem niederdrückenden Lebensgefühl verdichten und sie sich in narzistische Allmachtsphantasien flüchten? Im
Ausschalten von Skrupeln und der
Identifikation mit dem gesellschaftlich propagierten Ideal des Siegertyps verortet Gebauer die Schnittstelle zu einem Prototyp von Resilienz, der die Chance zur Selbstfindung auch in noch so traumatischen
Erfahrungen erkennen und nutzen
kann. Jener Charakterpanzer, dessen
therapeutisches Aufbrechen Wilhelm Reich zum Mittel psychischer
Gesundung erhob, werde in vielen
der heutigen Resilienzprogramme
im Gegenteil regelrecht aufgebaut.
Gebauer will dies nicht jeder pädagogischen oder therapeutischen
Praxis, die sich auf Resilienz bezieht, unterstellen. Ihm geht es vielmehr darum, deutlich zu machen,
wie das Konzept der Resilienz im
Kontext der neoliberalen Transformation von Gesellschaftlichkeit
mißbraucht wird. Die Idee, man
könne traumatischen Erfahrungen
über Resilienztraining präventiv begegnen, sei längst der militärischen
Ideologie entsprungen und in das
allgemeine Leben vorgedrungen.
Nicht mehr die Gestaltung menschenwürdiger Existenzvoraussetzungen sei das Ziel vieler Resilienzprogramme, sondern die Anpassung
der Menschen an eine mehr und
mehr versagende Welt durch Selbstoptimierung und den Aufbau von
Schutzschildern. Wer dazu nicht bereit sei, werde zu entsprechenden
Lektionen genötigt, erklärt der Referent unter Verweis auf moderne
Ansätze im Umgang mit schwer erziehbaren Kindern, aber auch der
ganz normalen Pädagogik.
Damit kam Gebauer auf einen entscheidenden Punkt im Diskurs der
Eigenverantwortung zu sprechen,
nämlich die Bezichtigung des MenSeite 10
schen, an seiner Misere selbst
schuld zu sein. In der Boulevardpresse gelten Armut, Bildungsferne,
aber auch die Unzufriedenheit mit
dem eigenen Leben längst als
selbstverschuldet. Die Menschen
hätten es schlicht versäumt, sich ihren Möglichkeiten gemäß durchzusetzen. Dieser massenwirksam verbreiteten Ansicht sei allerdings entgegenzuhalten, daß der Appell zur
Eigenverantwortung gerade zu einem Zeitpunkt aufkam, als sämtliche Entwicklungschancen dazu systematisch unterhöhlt wurden. Gegen mehr Selbstbestimmung sei aus
emanzipatorischer Sicht nichts einzuwenden, so Gebauer in Richtung
eines Publikums, das einmal mit der
Forderung nach Autonomie auf die
Straße gegangen ist. Durch die Kolonisierung der Lebenswelt sei diese Forderung jedoch gegen sich
selbst gewandt worden. Die Zurückweisung staatlicher Gängelung habe sozusagen in eine Form repressiver Emanzipation, die für viele
Menschen quasi nichts anderes
brachte, als vogelfrei zu werden,
umgeschlagen.
Resilienz sei mithin zu einer Art
Schlüsselwort für die heutigen Verhältnisse geworden, das auch in den
globalen Bemühungen um Krisenbewältigung, Katastrophenschutz
und Entwicklungszusammenarbeit
eine zentrale Rolle spiele. Da Politik kaum noch über ein reaktives
Krisenmanagement hinausreiche,
gelte Resilienz als zweckmäßigste
Waffe gegen die herrschende Krisendynamik. Während Vorsorgemaßnahmen und Nothilfe selbstverständlich geleistet werden müssen,
wäre es jedoch absurd, wenn daraus
die Legitimation erwachse, nichts
mehr gegen die Ursachen von sozialen und ökologischen Krisen tun zu
müssen. So blieben die Bedingungen sozialer Katastrophen wie die
Zerstörung traditioneller Lebensräume durch global agierende
Agrar- und Rohstoffkonzerne unreguliert, um anstelle dessen mit Hilfe des Aufbaus lokaler Bewältiwww.schattenblick.de
gungskapazitäten die Folgen einer
ungebremsten Zerstörungspraxis
besser abfedern zu können.
Auch in der globalen Finanz- und
Wirtschaftspolitik werde stark auf
Resilienz gesetzt, weil so unter vermeintlich geringem Einsatz von
Geld und Material große Erfolge etwa bei der Armutsbekämpfung erzielt werden könnten. Es sei nur ein
wenig Training notwendig, vielleicht hier und da ein paar Ratschläge und Motivationshilfen, so die
Ansicht der Funktionäre einer Global Governance, die den Anspruch,
Krisenbewältigung im demokratischen Sinne von unten zu vollziehen, längst zugunsten der ihnen vertrauten, unternehmerischem Denken
entlehnten Managementprinzipien
aufgegeben haben. Wenn dieses
Vorgehen immer wieder in sozialen
Krisen wie zum Beispiel in Griechenland resultiert, wie Gebauer
kritisch anmerkt, dann, so könnte
man schlußfolgern, tritt erst recht
Handlungsbedarf im Sinne zu erzeugender Resilienz ein.
Schließlich ging der Referent noch
auf die Anwendung des Resilienzbegriffs in der Sicherheitspolitik
ein. Seit den Anschlägen des 11.
September 2001 sei er fester Bestandteil aller sicherheitspolitischen
Strategien geworden. So werde in
der National Strategy for Homeland
Security in den USA von der kritischen Infrastruktur des Landes, dem
Zugang zu Schlüsselressourcen, der
Stabilität des politischen Systems
bis zu mentalen Einstellungen der
Bevölkerung alles unter dem Stichwort der Resilienz diskutiert. Man
geht davon aus, daß die heutigen
Verhältnisse extrem störanfällig und
eigentlich nicht mehr zu kontrollieren seien. Indem sie Krisen fast
zwangsläufig produzierten, greife
man zur Resilienz als einer Art
nachgelagerten Sicherheit. Wenn jedoch alle davon ausgingen, daß die
Katastrophe unvermeidbar sei, ob es
sich nun um Klimawandel, Terroranschläge, Kriege, Seuchen oder
Hunger handle, dann tendiere ResiMi, 22. April 2015
Elektronische Zeitung Schattenblick
lienz dazu, die Vorstellung, daß es
anders sein könnte, als letzte noch
verbliebene Sphäre von Freiheit zu
kolonisieren.
Für besonders bemerkenswert hält
Gebauer die Tatsache, daß im Resilienzdiskurs der Bezug auf staatliche
Institutionen durch die Anrufung informeller Gemeinschaften wie Familien, Nachbarschaften oder Kommunen ersetzt werde. Staatliche Institutionen flankierten dann vielleicht
noch wirtschafts- oder sicherheitspolitische Interessen, setzten sich aber
nicht mehr für die Gewährleistung
sozialer Rechtsansprüche ein. Diese
würden an gesellschaftliche Subsysteme delegiert, die Menschen zwar
hilfreich zur Seite stehen könnten,
aber letztlich nicht rechenschaftspflichtig seien. Daher schwinge in
der Betonung von Resilienz ein komplett neues Staatsverständnis mit, das
sich von der Idee der in öffentlicher
Verantwortung zu realisierenden und
schützenswerten Menschenrechte
immer weiter entferne und letztlich
jenen Gesellschaftsvertrag aufkündige, auf den sich die Subjekte moderner Staaten bislang verständigt hätten.
So erweise sich Resilienz als eine Art
Knotenpunkt zwischen deregulierter
Ökonomie und einem bourgeoisen
Staatsverständnis, das nur noch den
Rahmen für die Verteidigung von Besitzständen und Privilegien zu sichern habe. Psychologisch gesehen
versöhne Resilienz den Menschen
mit Verhältnissen, die in ihrer krisenhaften Entwicklung auch zu wachsender sozialer Ungleichheit führen.
Das zentrale Problem dieser Konzeption von menschlicher Widerstandskraft bestehe daher darin, daß sie sich
zwar an widrigen Verhältnissen entzünde, schlußendlich jedoch zur Stabilisierung ebenjener Verhältnisse
beitrage, gegen die man Sturm laufen
müßte. An das Publikum, das seinen
Vortrag mit langanhaltendem Beifall
quittierte, appellierte Thomas Gebauer, einem solchen Widerstandsbegriff
zu widerstehen.
Mi, 22. April 2015
Plädoyer für unbescheidenen
Widerstand
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zwischen der technischen Produktivkraftentwicklung und den immer weniger Schritt haltenden Produktionsverhältnissen auftun.
Resilienz vom Kopf auf die Füße
stellen
Die Bruchlinien zu kitten, die den Homo oeconomicus seit Beginn der offen
Es ist unschwer nachzuvollziehen, daß zutage tretenden Krise des Kapitals
die im sozialwissenschaftlichen Kon- durchziehen, ist Ausdruck eines Krizept der Resilienz propagierte Wider- senmanagements, das nicht nur vom
standsfähigkeit in einem einander aus- Verfall des Wertwachstums getrieben
schließenden Verhältnis zu jeder Form wird, sondern den Widerstand gegen
sozialen Widerstands steht, der die die neofeudale Aneignung der Welt
Gültigkeit herrschender Verhältnisse ständig in Schach halten muß. Die von
grundsätzlich in Frage stellt. Eben die- Gebauer beschriebene Kolonisierung
ser ist das größte Hindernis arbeits- der Lebenswelt und Zerstörung des
und sozialstrategischer Innovationen, Strebens nach der Überwindung herrwie derzeit mit dem Schlagwort "In- schender Verhältnisse durchzusetzen
dustrie 4.0" beworben. Wo der Zugriff gelingt am wirksamsten durch das
auf noch unerschlossene Reserven Schüren einer Überlebenskonkurrenz,
mehrwertproduzierender Arbeit im- die jeden zum Feind des anderen
mer entschiedener unter Ausschöp- macht. Dazu ist es erforderlich, die in
fung aller Mittel technisch-wissen- der Resilienzdebatte aufgezeigten
schaftlicher Intelligenz vorangetrieben Herausforderungen vollständig von
wird, da forciert die Resilienzfor- ihrer sozialen und gesellschaftlichen
schung die Verwandlung des Men- Genese zu lösen. Wo der Klimawanschen in Humankapital durch die Ad- del die Lebensvoraussetzungen für
aption seiner Arbeitskraft an ihm Mensch und Natur zerstört, wo die Arfremde und widrige Bedingungen. beit dem Interesse an KapitalakkumuLängst zerrieben zwischen den Mehr- lation unterliegt, wo Menschen die Infachanforderungen des Multitasking dividuation zum Marktsubjekt als opder digitalisierten Arbeitswelt, von timale Erfüllung ihres Wunsches nach
Angst vor dem sozialen Absturz ge- Teilhaberschaft verstehen, besetzt der
trieben und seinen persönlichen Be- abstrakte Nutzen des Überlebens den
ziehungen durch sozialdarwinistische Platz aller anderen Fragen.
Konkurrenz entfremdet, ist das Marktsubjekt selbst zu einem Schlachtfeld Diese dahingehend zu entwickeln,
jener Gegensätze verkommen, die sich daß die Möglichkeit, nicht allein zu
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sein und solidarisch zu handeln, jedes Erfolgsstreben und Vorteilsdenken aus dem Feld schlägt, könnte als
Antithese zur Ausbildung resilienter
Fähigkeiten verstanden werden.
Schwäche nicht als Überlebensnachteil zu fürchten und mit aggressiver
Härte zu bekämpfen, sondern gerade
dafür einzutreten, daß ihr der Vorrang bei der Bewältigung lebensbedrohlicher Katastrophen gegeben
wird, bringt eine Handlungsfreiheit
hervor, die sich aus gutem Grund
nicht in Euro und Cent beziffern läßt.
Ihr liegt die Bedingungslosigkeit eines Widerstands zugrunde, der die
vollständige Unterwerfung des Menschen unter den abstrakten Nutzen
ihm fremder Interessen vielleicht
noch verhindern kann.
Anmerkung:
[1] http://www.ngfp.de/
Bisherige Beiträge zur NGfP­Konfe­
renz in Berlin im Schattenblick unter
www.schattenblick.de → INFO­
POOL → SOZIALWISSENSCHAF­
TEN → REPORT:
BERICHT/029: Krieg um die Köpfe
- auf die Füße stellen ... (SB)
BERICHT/030: Krieg um die Köpfe
- Miles legalitus ... (SB)
INTERVIEW/024: Krieg um die
Köpfe - teile und kriege ...
Dr. Moshe Zuckermann im Gespräch
(SB)
INTERVIEW/025: Krieg um die
Köpfe - Angriff ausgeschlossen ...
Prof. Dr. Klaus-Jürgen Bruder im
Gespräch (SB)
INTERVIEW/027: Krieg um die
Köpfe - Rückwärts voran ...
Dr. Peer Heinelt im Gespräch (SB)
INTERVIEW/028: Krieg um die
Köpfe - Rückwärtsgang, nur schneller ...
Dr. Friedrich Voßkühler im Gespräch
(SB)
INTERVIEW/029: Krieg um die
Köpfe - Nibelungentreue ...
Jürgen Rose im Gespräch (SB)
INTERVIEW/030: Krieg um die
Köpfe - Zum Menschen zurück ...
Christiane Reymann im Gespräch
(SB)
INTERVIEW/031: Krieg um die
Köpfe - Renaissance der Gewaltpsychiatrie ...
Dr. Almuth Bruder-Bezzel im Gespräch (SB)
INTERVIEW/032: Krieg um die Köpfe - Frieden schaffen ohne Waffen ...
Mechthild Klingenburg-Vogel im
Gespräch (SB)
http://www.schattenblick.de/
infopool/sozial/report/
sorb0031.html
POLITIK / REDAKTION / ASIEN
Holt China Pakistan aus der wirtschaftlichen Misere?
Gigantisches Investitionspaket bringt Islamabad und Peking näher
(SB) ­ Der zweitägige Staatsbesuch
Xi Jinpings am 20. und 21. April in
Pakistan - die erste Auslandsreise
des chinesischen Präsidenten in diesem Jahr - wird als Meilenstein in
die Geschichtsbücher eingehen. Bereits im Vorfeld verwendeten die internationalen Medien den Begriff
historisch - und das zu Recht. Während Xis Aufenthalt in Islamabad
sollen die Verträge über ein gigantisches, 45 Milliarden Dollar schweres, chinesisches Investitionsprogramm in Pakistan paraphiert werden (zum Vergleich: Seit seiner
Gründung im Jahr 1948 hat Pakistan
von den USA Wirtschaftshilfen in
einer Gesamthöhe von rund 50 Milliarden Dollar erhalten). Mit dem
Mammutprojekt will China der
kränkelnden Wirtschaft des langjähSeite 12
rigen Verbündeten Auftrieb verleihen, Pakistan dadurch politisch stabilisieren und den Einfluß Pekings
am Persischen Golf stärken. Mit der
Hilfe der Volksrepublik hofft die
Regierung in Islamabad, den chronischen Strommangel, unter dem
nicht nur viele pakistanische Betriebe, sondern die Menschen im Alltagsleben leiden, zu beheben und
das Land in eine ernstzunehmende
regionale Wirtschaftsmacht zu verwandeln.
Im Mittelpunkt der Pläne für eine
verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit der beiden Himalaya-Anrainerstaaten steht der China-Pakistan Economic Corridor (CPEC), der
den Tiefseehafen Gwadar in der unterentwickelten pakistanischen Prowww.schattenblick.de
vinz Belutschistan am Arabischen
Meer mit der Stadt Kaschgar in der
Autonomieregion Xinjiang im Westen Chinas verbinden soll. Der
3.000 Kilometer lange Korridor, der
bis 2030 fertiggestellt sein soll, sieht
Öl- und Gaspipelines sowie Straßen
und Bahnverbindungen vor. Hinzu
kommen wichtige Teilprojekte wie
der Ausbau Gwadars zu einer Freihandelszone à la Singapur, die Modernisierung des Karakorum
Highway, der seit 1978 existierenden
höchstgelegenen Fernstraße der Welt
zwischen Kaschgar und Abbottabad,
damit sie ganzjährig befahrbar wird,
der Ausbau des 1.264 Kilometer langen Indus Highway zwischen der
Hafenmetropole Karatschi und Peschawar, Hauptstadt der Provinz
Khyber Pakhtunkhwa an der Grenze
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Elektronische Zeitung Schattenblick
zu Afghanistan, die Verlegung einer
Glaskabelverbindung zwischen Rawalpindi und Kaschgar sowie eine Modernisierung des öffentlichen Nahverkehrs
mit Schnellbussen und U-Bahn in den
Städten Faisalbad, Gujranwala, Karatschi, Lahore, Multan und Rawalpindi.
Bei all diesen Teilprojekten werden
chinesische Bauunternehmen eine führende Rolle spielen.
Bei seiner Wahl zum pakistanischen
Premierminister 2013 hatte Nawaz
Sharif von der Pakistanischen Moslemliga seinen Landsleuten eine Lösung des Stromproblems versprochen.
Durch das CPEC könnte Sharif sein
Versprechen einlösen. Im Rahmen des
Projekts haben sich die Chinesen bereiterklärt, an der Errichtung und Finanzierung einer ganzen Reihe neuer
Kraftwerke in Pakistan mitzuwirken.
Mit einem Investionsvolumen von
15,5 Milliarden Dollar in neue Kohle, Solar-, Wasser- und Windkraftwerke
sollen bis 2018 zusätzliche 10.300
Megawatt Strom in das nationale
Elektrizitätsnetzwerk eingespeist werden. In den darauffolgenden Jahren
soll die Stromproduktion in Pakistan
für 18,3 Milliarden Dollar um weitere
6.600 MW erhöht werden. Insgesamt
würde sich die Stromerzeugung in Pakistan damit verdoppeln. Symbolträchtig war daher auch die Ankündigung anläßlich der Rede Xis am 21.
April vor beiden Häusern des pakistanischen Parlaments, das Gebäude solle mit chinesischen Solarzellen ausgestattet und dadurch demnächst die erste Volksversammlung der Erde sein,
deren Strombedarfallein mit Sonnenenergie gedeckt wird.
Die Stärkung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Pakistan und
China läuft auf eine Neuausrichtung
der Außenpolitik Islamabads hinaus.
Damit entzieht sich Pakistan allmählich dem Einfluß der USA und SaudiArabiens. AufDrängen Washingtons
und Riads diente Pakistan in den achtziger und neunziger Jahren des 20.
Jahrhunderts als Aufmarsch- und
Rückzugsgebiet für die Mudschaheddin und die paschtunischen Taliban,
Mi, 22. April 2015
die in Afghanistan gegen die Sowjetarmee beziehungsweise gegen die
Nordallianz kämpften. Infolge des
Einmarsches der Streitkräfte der USA
und ihrer Verbündeten 2001 in Afghanistan, der die Taliban-Regierung stürzen und die Jagd aufAl Kaida eröffnen sollte, wurde der Dschihadismus
nach Pakistan reimportiert. Der
Kampfgegen die pakistanischen Taliban hat bisher rund 20.000 Pakistanern
das Leben gekostet. Darüber hinaus
haben die zahlreichen von den Saudis
finanzierten religiösen Schulen zu einer Stärkung des sunnitischen Fundamentalismus geführt, weswegen Christen, Schiiten, Ahmadis und Sufis immer häufiger Opfer salafistischer
Überfälle und Anschläge werden.
Durch eine verstärkte Orientierung an
China hofft Pakistan von dessen Entwicklungsmodell profitieren und
mehr gesellschaftlichen Frieden
schaffen zu können. Damit kehrt Pakistan dem blutigen sunnitisch-schiitischen Konflikt, den die autokratische Monarchie Saudi-Arabiens aus
innen- und außenpolitischen Gründen
im Irak, in Syrien und im Jemen
schürt, den Rücken. Als die saudische
Luftwaffe am 25. März ihre bis heute
anhaltenden Angriffe auf die HuthiRebellen im Jemen startete, nannte
das Außenministerium in Riad voreilig Pakistan als eines der Länder, das
aktiv an der multinationalen Operation Entscheidender Sturm teilnimmt.
Prompt kam aus Islamabad das Dementi.
Statt dessen sprach sich die pakistanische Regierung anläßlich des Besuchs
des iranischen Außenministers Javad
Zarif in Islamabad am 9. Mai für eine
Feuerpause und Friedensgespräche
aus. Am selben Tag meldete das Wall
Street Journal, der staatliche chinesische Ölkonzern China National Petroleum Corporation (CNPC) werde für
zwei Milliarden Dollar die Gaspipeline, die ursprünglich Pakistan und Indien mit Erdgas aus dem schiitischen
Iran versorgen sollte, jedoch bislang
aber am Widerstand der USA gescheitert war, fertigstellen. Statt nach Indiwww.schattenblick.de
en soll die Energietrasse nun über Pakistan nach China führen. Islamabad
verdient an den Transitgebühren und
bekommt auch iranisches Gas geliefert. Am 10. April hat das Parlament
in Islamabad mit großer Mehrheit beschlossen, keine pakistanischen Truppen zur Unterstützung der Saudis bei
deren Jemen-Feldzug zu entsenden.
Über die pakistanische Positionierung
in der Jemen-Krise soll Saudi-Arabien, das in den achtziger und neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts das
pakistanische Atombombenprogramm maßgeblich finanziert und
Nawaz Sharif lange Zeit politisches
Asyl gewährt hat, nachdem er 1999
als Premierminister von General Pervez Musharraf gestürzt worden war,
sehr verärgert sein. Die nachträgliche
Entsendung mehrerer pakistanischer
Kriegsschiffe, um das vom UN-Sicherheitsrat über den Jemen verhängte Waffenembargo durchzusetzen,
dürfte das Königshaus in Riad nicht
milde stimmen. Für Pakistan und dessen rund 188 Millionen Einwohner,
von denen etwa 20 Prozent der schiitischen Minderheit angehören, ist die
Entscheidung, sich nicht in Riads
Konfrontation mit Teheran hineinziehen zu lassen, dennoch richtig.
Schon einmal war es beim Thema
Sunniten und Schiiten zu Differenzen zwischen Riad und Islamabad
gekommen. 1982 hatte Pakistan
12.000 Soldaten nach Saudi-Arabien
entsandt, die das Königreich gegen
eventuelle Vergeltungsmaßnahmen
Teherans wegen der Unterstützung
Riads für die Regierung Saddam
Husseins im Iran-Irak-Krieg schützen sollten. Als die Behörden in Riad
1987 von der pakistanischen Armeeführung die Namen aller in SaudiArabien stationierten pakistanischen
Offiziere schiitischen Glaubens verlangte, hatte sich Islamabad dem
verweigert und das komplette Truppenkontingent abgezogen.
http://www.schattenblick.de/
infopool/politik/redakt/
asie­823.html
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POLITIK / REDAKTION / AFRIKA
Westsahara 40 Jahre Kolonie Marokkos - fortgesetzte Repressionen gegen Saharauis
Kolonialismus aktuell ­ Marokko hält unverdrossen Westsahara besetzt
(SB) ­ Seit 40
Jahren hält Marokko
große Teile der Westsahara besetzt,
das Land gilt als die letzte Kolonie
Afrikas. Aus diesem Grund ist Marokko als einziger Staat des Kontinents auch nicht der 2002 geschaffenen Afrikanischen Union beigetreten. Sinnbild des von dem Maghrebstaat mal brutal, mal subtil verwirklichten Prinzips des Teilens und
Herrschens ist der 2700 Kilometer
lange, mit Tretminen und Stacheldraht bestückte und von Soldaten bewachte Grenzwall namens Berm
zwischen dem besetzten und dem
von der saharauischen Befreiungsbewegung Polisario Front kontrollierten, an Algerien und Mauretanien
grenzenden Gebiet.
Seit die Polisario Front, die im Unterschied zu Marokko ein egalitäres
Gesellschaftsmodell betreibt, 1991
die Waffen niedergelegt hat, damit in
Westsahara eine Volksabstimmung
über die Zukunft des Landes abgehalten wird, hat sich an der politischen Lage des Landes nichts geändert. Mit allen Mitteln der Kunst, seine Herrschaft zu befestigen, lenkt
das Königreich die Entwicklung seiner Kolonie. So wie vor vier Jahrzehnten zunächst Soldaten die Kontrolle übernahmen, als sich Spanien
1975 aus dem Land zurückzog, wird
die Vorherrschaft Marokkos auch
heute noch durch einen entwickelten
Sicherheitsapparat zutiefst befestigt.
Aber eben nicht nur dadurch. Noch
als Westsahara "Spanisch-Sahara"
hieß, ließ der Maghrebstaat beim
"Grünen Marsch" zwischen Ende
Oktober und Anfang November, abgesehen von zunächst 30.000 Soldaten, auch 350.000 Zivilisten von
Südmarokko aus in die Westsahara
einmarschieren. Seit Beginn der BeSeite 14
setzung, an der von 1976 bis 1979
Mauretanien beteiligt war, hat Marokko gezielt Bürger seines Landes
zur Besiedlung der Westsahara angelockt und so die Bevölkerungszusammensetzung in seinem Interesse
beeinflußt.
Oppositionelle wurden und werden
entweder ins Gefängnis geworfen
oder aber still und leise umgebracht.
Wie viele der "Verschwundenen"
von den marokkanischen Sicherheitskräften über dem Meer abgeworfen oder in der Wüste verscharrt
wurden, ist nicht bekannt. Vor zwei
Jahren wurden jedenfalls bei der
Wüstenstadt Amgala die Knochen
von acht Saharauis im Sand entdeckt.
Da Spanien nach internationalem
Recht noch immer die Jurisdiktion
über dieses Gebiet hat, wird der Vorfall von der spanischen Gerichtsbarkeit behandelt.
Volk der Saharauis stammt und sogar
eine Führungsposition bei der Polisario Front eingenommen hatte, bevor er die Seiten wechselte. Yahdih
Bouchaab sei "der mächtigste Mann
der Westsahara". Der frühere Botschafter Marokkos in Schweden ist
somit Stellvertreter des marokkanischen Königs in der Provinz El
Aaiún. Vom Volk der Saharauis sind
auch der Bürgermeister von El Aaiún
und der Gouverneur der Region
Smara. [2]
Die Kultur der Saharauis wird systematisch unterdrückt. Auch das gehört zum Arsenal der Methoden, mit
denen Marokko versucht, die Annexion unumkehrbar zu machen. Das
Hinauszögern des Referendums ist
dabei eine der entscheidenden Maßnahmen. Marokko spielt auf Zeit,
denn Zeit spielt den Besatzern in die
Hände. Ein Teil der Saharauis ist
längst in die marokkanische GesellDer spanische Untersuchungsrichter schaft integriert, jeder von ihnen hätPablo Ruz hat sogar noch mehr ge- te persönlich einiges zu verlieren,
tan, indem er die mutmaßlichen sollte sich der Konflikt verschärfen.
Menschenrechtsverletzungen Marokkos zwischen den Jahren 1975 bis Daß ganz dicht unterhalb der Ober1992 untersucht und detailreich be- fläche der schönen, heilen Welt, die
schrieben hat. In seinem abschlie- der Staat vorgaukelt, ein finsterer
ßenden Bericht wirft Ruz elf hoch- Abgrund lauert, in den jeder hineinrangigen Vertretern Marokkos Mord, geraten kann, der in irgendeiner
Folter und die Bombardierung von Weise an dem Grundwiderspruch
Dörfern mit Napalm vor, berichtete rührt, daß Marokko definitiv eine
der Deutschlandfunk am 13. April; Besatzungsmacht ist und die Sahagegen sieben der Beschuldigten sei- rauis keine Fremdherrschaft akzepen internationale Haftbefehle ausge- tieren, wird in einem aktuellen Bestellt worden. [1]
richt zu Menschenrechtsverletzungen deutlich, den der norwegische
Gut angepaßte Saharauis werden von Students' and Academics' InternatioMarokko geschickt in die Verwal- nal Assistance Fund (SAIH) aus Antungsstrukturen eingebunden und laß des 40. Jahrestags der Besatzung
bekleiden teils hochrangige Positio- herausgegeben hat. [3]
nen. So berichtete Mounia Meiborg
für SWR2, daß der Wali - Gouver- Datiert auf den 13. April werden in
neur - der Provinz El Aaiún vom dem Report "Acting with Impunity.
www.schattenblick.de
Mi, 22. April 2015
Elektronische Zeitung Schattenblick
Morocco's Human Rights Violations
in Western Sahara and the Silence of
the International Community" Menschenrechtsverletzungen aufgeführt,
die von marokkanischen Sicherheitskräften zwischen April 2014 und
April 2015 in Westsahara begangen
wurden. Auch bleibt nicht unerwähnt, daß Marokko ebenfalls wegen der bereits betriebenen oder geplanten Ausbeutung von Rohstoffen
(Phosphor, Erdöl, Fische) in der
Westsahara gegen das Völkerrecht
verstößt.
Nicht zuletzt wird in dem Bericht,
wie der Titel schon verrät, auf das
"Schweigen der internationalen Gemeinschaft" hinsichtlich der Repressionen gegen die Saharauis aufmerksam gemacht. Damit richtet sich der
Vorwurf unter anderem gegen die
UN-Mission MINURSO, die das Referendum vorbereiten soll und aufgrund des UN-Sicherheitsratsmitglieds Frankreich, das ein Verbündeter Marokkos ist, nicht mit dem
Mandat ausgestattet wurde, Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. So besteht nun seit vielen
Jahren die Situation, daß Blauhelmsoldaten Mord, Vergewaltigung, Folter und andere Menschenrechtsverletzungen seitens Marokkos an Saharauis mitbekommen, aber nicht dokumentieren und schon gar nicht
verhindern. Die Initiative SAIH
schließt sich der Forderung des Robert F. Kennedy Center for Justice &
Human Rights an, das Mandat der
MINURSO zu erweitern, damit die
Blauhelme zumindest die staatlichen
Übergriffe auf die Saharauis erfassen. [4]
Gestützt unter anderem auf aktuelle
Berichte von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International
und Human Rights Watch aus diesem
Jahr listet der norwegische Report
256 verschiedene Fälle von gut dokumentierten Menschenrechtsverletzungen auf, die allein in dem Zeitraum zwischen dem 1. April 2014
und dem 1. März 2015 begangen
wurden.
Mi, 22. April 2015
Die Liste läßt sich fortsetzen. Vor wenigen Tagen verurteilte das Robert F.
Kennedy Center die jüngsten Übergriffe der marokkanischen Polizei auf
die saharauische Menschenrechtlerin
Aminatou Haidar und andere, die zuvor an einer friedlichen Demonstration in der westsaharischen Stadt El
Aaiún teilgenommen hatten. Kerry
Kennedy, Direktor des RFK-Centers,
berichtete, daß UN-Mitarbeiter selbst
zu den Opfern zählten, als die marokkanische Polizei und deren Unterstützungskräfte am 14. April das Haus
von Aminatou Haidar rund zwei
Stunden lang mit Steinen bewarfen,
dabei schwere Schäden anrichteten
und auch einen Gast verletzten. Zudem wurden je ein Fahrzeug der UN
und der Menschenrechtsorganisation
CODESA, deren Vorsitzende Haidar
ist, beschädigt. [5]
verletzungen in der Westsahara zu
sprechen ...
Anmerkungen:
[1] http://www.deutschlandfunk.de/westsahara-voelkermordprozess-gegen-marokkanischeex.795.de.html?dram:article_id=316888
[2] http://www.swr.de//id=13071000/property=download/nid=660374/1msam5a/swr2wissen-20140513.pdf
[3] http://saih.no/assets/docs/ActingWith-Impunity-Western-Sahara-report.pdf
[4] tinyurl.com/okw7kta
Passender hätte es zum 40. Jahrestag [5] tinyurl.com/q7r9j3j
der Besatzung nicht kommen können: Man hatte sich bei Haidar ver- http://www.schattenblick.de/info­
sammelt, um über Menschenrechts- pool/politik/redakt/afka2120.html
POLITIK / FAKTEN / SICHERHEIT
Pazifik: Atomare Gefahr noch nicht gebannt
IPS­Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS­Tagesdienst vom 20. April 2015
Ein Gastbeitrag von Shailendra Singh*
Suva, Fidschi­Inseln, 20. April
(IPS/IDN**) ­ Prominente Atomwaf-
(NPT) ist ein historisch wichtiges
Abkommen. Er soll die Verbreitung
von Kernwaffen und Kernwaffentechnologien verhindern und die Zusammenarbeit bei der friedlichen
Nutzung der Kernenergie fördern.
fengegner pazifischer Inselstaaten haben im Vorfeld der Revisionskonferenz der Vertragsstaaten des Atomwaffensperrvertrags, die vom 27.
April bis 22. Mai in New York stattfindet, ihren Wunsch nach einer Wie- Mit Ausnahme von Palau war unter
derbelebung der einst starken regiona- den 148 NPT-Vertragsstaaten, die zu
len Abrüstungsbewegung bekundet. den jährlichen Vorbereitungstreffen
für die NPT-Revisionskonferenz zuDer Atomwaffensperrvertrag bezie- sammenkommen, kein anderer pazifihungsweise der Vertrag über die scher Inselstaat zu finden. Und dies,
Nichtverbreitung von Kernwaffen obwohl der pazifische Raum einen
www.schattenblick.de
Seite 15
Elektronische Zeitung Schattenblick
immens wichtigen Beitrag zu den Bemühungen der Bewegung für nukleare
Abrüstung gespielt hat, wie die Internationale Kampagne zur Abschaffung
von Atomwaffen (ICAN) betont.
onsgruppe, dem 'Pacific Concerns
Resource Centre' (PCRC), dass die
'Nuklearisierung' nach wie vor eine
Bedrohung darstelle. "Die Gefahr ist
nicht gebannt", betont er. "Wir müssen nach wie vor mit den Gefahren
Auf dem Höhepunkt des US-sowje- der atomaren Hinterlassenschaft und
tischen Rüstungswettlaufs hatten nuklearer Aktivitäten leben."
Mitglieder des Südpazifikforums das
Südapazifische Abkommen für eine Mit atomarer Hinterlassenschaft
atomwaffenfreie Zone (SPNFZ) un- meint er die Atomtests, die die eheterzeichnet und ratifiziert. Darüber maligen Kolonialmächte USA,
hinaus stimmen pazifische Regie- Großbritannien und Frankreich im
rungen regelmäßig auf UN- und an- Pazifikraum von 1946 bis 1996
deren internationalen Abrüstungs- durchgeführt haben. Sie zündeten
konferenzen für Resolutionen zur zusammengenommen mehr als 300
Ächtung von Atomwaffen.
solcher unterirdischer oder oberirdischer Sprengsätze. Fast 70 Jahre späDie bevorstehende NPT-Konferenz ter hat die Weigerung dieser Atomwird nach Mitteln und Wegen su- mächte, sich zu ihrer Verantwortung
chen, um eine größere Einbindung zu bekennen und die Opfer zu entder Zivilgesellschaft in die Bemü- schädigen, bei den pazifischen Inselhungen um eine Stärkung der NPT- bewohnern das Gefühl, Unrecht erAuflagen und eine Bildungspolitik litten zu haben, weiter vertieft.
zugunsten der Abrüstung zu erreichen. Doch wird mit einer geringen Im Februar hatte die Regierung der
Teilnahme der zivilgesellschaftli- Fidschi-Inseln 24 überlebenden fichen Organisationen aus dem Pazifi- dschianischen Soldaten, die sich zur
kraum gerechnet.
Zeit der britischen Atomtests Ende
der 1950er Jahre auf Christmas IsWie Emele Duituturaga, Leiterin der land, dem heutigen Kiribati, aufhielVereinigung der zivilgesellschaftli- ten, finanzielle Hilfe zugesagt. Dazu
chen Organisationen der pazifischen meinte der fidschianische MinisterInseln (PIANGO), erläutert, ist kei- präsident Frank Bainimarama: "Wir
nes ihrer nationalen Verbindungsbü- sind es diesen Männern schuldig, dass
ros auf der diesjährigen NPT-Revisi- ihnen geholfen wird. Wir können
onskonferenz vertreten. Auch weiß nicht darauf warten, dass britische
sie von keinen anderen pazifischen Politiker oder Bürokraten bereit dazu
Nichtregierungsorganisationen
sind. Wir müssen unsere Geschichte
(NGOs), die die Region auf der Ver- von diesem Pesthauch befreien."
anstaltung vertreten.
In einem jüngsten Artikel hat der
Präsident der Marshall-Inseln, ChriPazifische NGOs auf NPT-Revisi- stopher J. Loeak, den hartherzigen
onskonferenz abwesend
Umgang der USA mit seinem Land
zu Papier gebracht. Der Beitrag erDie Abwesenheit pazifischer NGOs schien in der 2014 von ICAN vervon einer Veranstaltung dieser Grö- breiteten Publikation 'Banning
ßenordnung ist einer von etlichen Nuclear Weapons: A Pacific perspecHinweisen darauf, dass der Rückhalt tive' ('Atomwaffen ächten: Eine pafür die Bemühungen um nukleare zifische Perspektive'). Darin berichAbrüstung in der Region abnimmt. tete er, dass sein Land neben dem
'Bravo'-Test, dessen Sprengkraft um
Dazu meint Stanley Simpson, ein das 1.000-Fache höher als die Hirosehemaliger Vizedirektor der inzwi- hima-Bombe war, 17 weiteren
schen eingestellten regionalen Akti- Atomtests ausgesetzt war, die fast 80
Seite 16
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Prozent aller von den USA überirdisch durchgeführten Atomtests ausmachten.
Französisch-Polynesien hat mit der
französischen Regierung ähnlich
schlechte Erfahrungen gemacht. Die
Franzosen führten auf den Atollen
Moruroa und Fangataufa 193 unterirdische und oberirdische Atomtests
durch. Die ICAN-Publikation schildert den Fall eines polynesischen
Maohi-Arbeiters am Testzentrum
nach einem überirdisch durchgeführten Atomtest im September 1966
auf Moruroa. Dieser Mann gehörte
zu denjenigen, die aufgefordert worden, die Trümmer nach der Detonation zu beseitigen. Wie er berichtete,
wurde ihm gesagt, "dass es in Ordnung ist, dort rüberzugehen".
David Robie, einem Professor für
Journalismus der AUT-Universität in
Auckland in Neuseeland, zufolge ist
die pazifische Anti-Atomwaffen-Bewegung aus Zorn über Länder wie
Großbritannien, Frankreich und die
USA entstanden, die fragilen pazifischen Staaten als Versuchskaninchen
für ihre Tests zu missbrauchen, anstatt diese auf ihren eigenem Territorien durchzuführen.
Robie, der sich als unabhängiger
Journalist Fragen der atomaren Abrüstung widmet, hatte 1986 das Buch
'Eyes of Fire' ('Feueraugen') über die
Bombardierung des GreenpeaceSchiffes 'Rainbow Warrior' durch
französische Staatsterroristen geschrieben. "Die Arroganz des Nordens hat die Menschen im Pazifik
wahrlich empört", sagt er und erinnert an die damaligen Proteste der
Pazifikbewohner gegen die französische Kolonialmacht, die 1996 den
Stopp der Atomtests erzwangen.
Von der atomaren zur Klimagefahr
Seither haben die Anti-Atomtest-Organisationen ihre Tätigkeiten ganz
oder teilweise eingestellt, andere
sind zum Kampf gegen den KlimaMi, 22. April 2015
Elektronische Zeitung Schattenblick
wandel übergegangen. "In den
1980er Jahren machte das Wort
'Atomflüchtlinge' die Runde", betont
Robie. "Heute spricht man von 'Klimaflüchtlingen'."
vorstehenden NPT-Revisionskonferenz, auf der wichtige Fragen der
atomaren Abrüstung besprochen
werden, werden sie leider nicht präsent sein. (Ende/IPS/kb/2015)
Die Fidschianische Anti-NuklearGruppe (FANG), die in den 1980er
Jahren an vorderster Front gegen
Atomtests stand, ist nicht länger aktiv. Die Gruppe hatte sich sowohl
den französischen Tests aufTahiti als
auch der Laisser-faire-Haltung der
Regierung der Fidschi-Inseln widersetzt, atomangetriebenen oder mit
Atomwaffen bestückten Schiffen die
Einfahrt in die Häfen zu erlauben.
Das PCRC, das als Sekretariat der
Bewegung für einen nuklearfreien
und unabhängigen Pazifikraum
(NFIP) fungierte, stellte damals
ebenfalls seine Operationen ein.
* Shailendra Singh ist Koordinatorin © IPS-Inter Press Service Deutschund Dozentin im Fachbereich Spra- land GmbH
che, Kunst und Medien der Fakultät
der Künste, Rechtswissenschaften Quelle:
und Bildung an der Südpazifischen IPS-Tagesdienst vom 20. April 2015
Universität in Suva, der Hauptstadt
der Fidschi-Inseln.
http://www.schattenblick.de/
Wie Duituturaga von PIANGO bestätigt, wurde die atomare Frage mit
der Schließung von PCRC ad acta
gelegt. Doch wie sie versichert, ist
die nukleare Gefahr noch längst
nicht gebannt. "Atomwaffen sind für
uns alle - direkt oder indirekt - eine
wirkliche Gefahr."
Afrika: Pariser Ausstellung feiert ivorische
'Meisterskulpturen' Ethnische Kunst international hoch gehandelt
** IDN-InDepthNews ist Kooperationspartner von IPS Deutschland
Link:
http://www.indepthnews.info/index.php/global-issues/2350-nucleartesting-legacy-haunts-pacific-islandcountries
infopool/politik/fakten/
pfsic162.html
KUNST / FAKTEN / BERICHT
IPS­Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS­Tagesdienst vom 20. April 2015
von A. D. McKenzie
Atomare Gefahr nach wie vor real
Paris, 20. April (IPS) ­ Es ist ein be-
kanntes Phänomen, dass nur wenige
kunstinteressierte Europäer einen
afrikanischen Bildhauer aus dem 19.
oder dem frühen 20. Jahrhundert mit
Namen kennen. Das Pariser Musée
du Quai Branly will diese Wissenslücken nun mit einer bis zum 26. Juni laufenden Ausstellung schließen.
Auch nach Ansicht von Robie ist die
Pazifikregion weiter atomar gefährdet - durch die fortgesetzte Kontaminierung seit Durchführung der regionalen Atomtests, den Fallout des
Atommeilers im japanischen Fukushima, die US-chinesische Rivalität
und im Hinblick auf Spekulationen
über die chinesischen Pläne für Taiwan, das von Peking als 'abtrünnige
Provinz' betrachtet wird.
Simpson zufolge würde es dem Pazifikraum gut zu Gesicht stehen, Teil
der internationalen Abrüstungsbewegung zu werden. "Die Pazifikinselbewohner reagieren sehr emotional auf Fragen im Zusammenhang
mit der nuklearen Bedrohung. Sie
könnten die internationale Bewegung erheblich stärken." Auf der beMi, 22. April 2015
Skulptur von Kuakudili, die in der
Ausstellung 'Die Meister der
Skulptur aus Côte d'Ivoire' im Musée
du Quai Branly in Paris zu sehen ist
Bild: © A. D. McKenzie/IPS
www.schattenblick.de
Im Rahmen der Schau 'Die Meister
der Skulptur aus Côte d'Ivoire' sind
nahezu 330 historische und zeitgenössische Kunstwerke und Artefakte ausgestellt. Die Ausstellung zollt
dem bemerkenswerten Können dieser Bildhauer Tribut, die in ihrer
Heimat als Meister ihres Fachs verehrt werden.
Der Zeitpunkt ist klug gewählt, denn
der Markt für traditionelle Kunst aus
Afrika boomt und die Werke erzieSeite 17
Elektronische Zeitung Schattenblick
len Rekordpreise. Zugleich wird darüber diskutiert, ob Kunstwerke, die
das Kulturerbe der Region widerspiegeln, nach Afrika 'zurückgeführt'
werden sollten.
Handlungen stehen. Dabei werden
diese Werke von Persönlichkeiten
geschaffen, die großes künstlerisches
Können zeigen", betonen die Kuratoren.
Côte d'Ivoire gehörte zu den wichtigKunst aus Afrika soll überall ge- sten Zentren afrikanischen Kunstzeigt werden
schaffens. Die Ausstellung lädt dazu
ein, die 'Meister' aus unterschiedli"Kunst hat kein Heimatland", meint chen ethnischen Gruppen zu entdazu Eberhard Fischer, der Kurator decken.
der Pariser Ausstellung. Der deutsche Ethnologe leitete von 1973 bis Die Museumsbesucher erfahren et1998 das Museum Rietberg in Zü- wa von Sra ('der Schöpfer'), der von
rich. "Die Interessen eines Künstlers etwa 1880 bis 1955 lebte und laut
müssen nicht unbedingt mit denen den Ausstellungsorganisatoren zu
seines Landes übereinstimmen. Mu- den bekanntesten Bildhauern aus
seen sind gegenüber den Künstlern dem Westen seines Landes zählt. Er
verantwortlich und sollten sie auf die schuf "Prestigeobjekte und Masken
richtige Weise würdigen." Fischer für Stammesführer der Dan und Maplädiert dafür, Kunst unabhängig von no in Liberia und für ranghohe Mitihrem Herkunftsland überall auf der glieder der Dan und We-GemeinWelt zu zeigen. "Schließlich leben schaft in Côte d'Ivoire." Sra war bewir im 21. Jahrhundert", sagt er.
kannt für seine Frauenfiguren und
Mutter-Kind-Darstellungen. Sein
Die Ausstellung in Paris ist laut Fi- Zeitgenosse Uopié aus dem Nordwescher auch deshalb so besonders, sten von Côte d'Ivoire machte sich
weil sie die Urheber der Meisterwer- vor allem mit seinen lächelnden
ke bekanntmacht. Denn oftmals wer- Masken in Afrika einen Namen.
den Kunstwerke aus außereuropäischen Regionen als 'Stammeskunst'
präsentiert, deren Schöpfer anonym
bleiben. "Ich dagegen will diese
Meister auf ein Podest stellen", so
Fischer. "Sie hatten nie denselben
Status wie westliche Künstler, und es
ist an der Zeit, dass ihr individuelles
Können in den Vordergrund gerückt
wird."
Zentraler Platz in der Kunstgeschichte
In ihren Anmerkungen zu der Ausstellung erklären Fischer und der KoKurator Lorenz Homburger, dass
"die afrikanische Skulptur einen zentralen Platz in der Kunstgeschichte
einnimmt". Mit der Identifizierung
traditioneller Künstler verschaffe
man ihnen Anerkennung. "Im Westen wird zu oft davon ausgegangen,
dass afrikanische Kunstobjekte nur
im Zusammenhang mit rituellen
Seite 18
Infotafel zum ivorischen Künstler
Kuakudili
Bild: © A. D. McKenzie/IPS
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In der Nähe der Kunstwerke befinden sich Tafeln, die die Identität des
jeweiligen Künstlers und seine
wichtigsten Charakteristika preisgeben. Tompieme war demnach ein
"kleiner, eher athletischer und fröhlicher Mann", ebenso erfolgreich als
Bauer wie als Sänger und Musiker.
Si war ein Jäger und Jugendtrainer,
der jahrzehntelang Jungen beschnitt
und seine Schüler Holzschnitzen
lehrte. Tame, der von etwa 1900 bis
1965 lebte, wird als "gutaussehender
junger Mann" beschrieben, "ein erfolgreicher Ringer und Liebhaber
vieler Frauen". Sein Onkel Uopié
brachte ihm das Schnitzen bei.
Inspirationsgeber für Picasso und
Braque
Dem deutschen Kunstsammler Hans
Himmelheber, Fischers Stiefvater, ist
es zu verdanken, dass der Ausstellung ein Foto von Kuakudili zur Verfügung steht. Der Anthropologe hatte den ivorischen Künstler 1933 getroffen. Auf dem Bild ist ein schlanker, ernst blickender Mann zu sehen.
Kuakudili schnitzte Masken für Tänzer in Nachbardörfern und für Angehörige seines Volkes. In
seinem Werk sind die Charakteristika erkennbar, die
weltbekannte Künstler wie
Picasso, Braque und andere Vertreter des Kubismus
inspiriert hatten.
Holzmasken und andere
Objekte afrikanischer
Künstler sind zurzeit auf
dem
internationalen
Kunstmarkt stark gefragt,
vor allem in Paris, New
York und Brüssel. Jean
Fritts, im Auktionshaus
Sotheby's verantwortlich
für afrikanische und ozeanische Kunst, erklärt, dass
sich die Preise für Kunst
aus Afrika in den vergangenen zehn
Jahren verdoppelt hätten. "Seit 1999
hat es ein enormes Wachstum gegeMi, 22. April 2015
Elektronische Zeitung Schattenblick
ben", sagt sie. "Teils ist dies darauf
zurückzuführen, dass afrikanische
Kunst auf breiterer Ebene wertgeschätzt wird." Eine afrikanische
Maske wurde bei Sotheby's kürzlich
für 3,5 Millionen Euro versteigert.
UMWELT / INTERNATIONALES / KATASTROPHEN
Chile:
Gefahr durch Giftschlamm in Abraumbecken
Viele Objekte gehen in arabische
Länder
IPS­Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS­Tagesdienst vom 21. April 2015
Händler berichten zudem, dass einige der ersten Sammler dieser Kunst
inzwischen verstorben sind und ihre
Erben die Objekte verkaufen. Viele
Stücke kamen in den Zeiten der belgischen Kolonialherrschaft in Afrika
nach Europa. Museen und private
Sammler kaufen nun Skulpturen an,
die offenbar auf "ehrlichem Wege"
erworben wurden. Laut Fritts kommt
etwa ein Viertel der Käufer aus dem
arabischen Raum. Einige der von ihnen gekauften Werke seien für den
Louvre in Abu Dhabi und das Nationalmuseum in Katar bestimmt, die
2016 eröffnet werden sollen.
von Marianela Jarroud
Fischer hat kein Problem damit,
wenn eine Ausstellung wie die im
Musée du Quai Branly dazu beiträgt,
den materiellen Wert der Kunstwerke zu steigern. "Viele dieser Stücke
werden als Antiquitäten verkauft.
Das halte ich für falsch", sagt er.
"Warum sollte afrikanische Kunst
nicht ebenso hohe Preise erzielen
wie westliche Werke?"
(Ende/IPS/ck/2015)
Ein vom Bergbauunternehmen 'Sali Hochschild' verlassenes Abraumbecken,
aus dem nach einem Sturm giftige Rückstände ausgetreten sind, die den Fluss
Copiapó und ein Viertel der nordchilenischen Stadt Copiapó verseuchten
Bild: © Mit freundlicher Genehmigung von Relaves.org
Santiago, 21. April (IPS) ­ Mensch
und Natur im Umfeld chilenischer
Bergbauaktivitäten sind der ständigen Gefahr ausgesetzt, sich mit
Schwermetallen und anderen toxischen Rückständen zu vergiften.
Denn die Auffangbecken, in denen
der bedenkliche Abraum gelagert
Link:
http://www.ipsnews.net/2015/04/gi- wird, können lecken, überlaufen oder
gar brechen.
ving-african-artists-their-names/
© IPS-Inter Press Service Deutsch- Die Kontaminierung mit Schwermetallen sei schon vor dem verheeland GmbH
renden Wirbelsturm und den Überschwemmungen in der AtacamaQuelle:
IPS-Tagesdienst vom 20. April 2015 Region im März eine Realität gewesen, berichtet Henry Jurgens,
Gründer der Nichtregierungsorganisation 'Relaves' ('Tailings'). Doch
http://www.schattenblick.de/
habe das Unglück mit zwei Dutinfopool/kunst/fakten/
zend Toten und Vermissten sowie
kfber187.html
tausenden Obdachlosen diese ReaMi, 22. April 2015
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lität auf krasseste Weise sichtbar
gemacht.
Anfang April hatte Relaves Bodenproben aus verschiedenen Teilen der
Atacama-Region entnommen und
ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass
offensichtlich giftiger Abraum in die
Umwelt gelangt war. Von Seiten des
staatlichen Nationalen Dienstes für
Geologie und Bergbau (Sernageomin) heißt es hingegen, dass die
Schlammbecken, die toxischen Abraum enthalten, in einem guten Zustand seien.
Die Atacama-Wüste, das heißeste
Trockengebiet der Welt, war der
Hauptschauplatz der regionalen
Überschwemmungen vom 23. bis
24. März in der Nähe von Copiapó,
der Hauptstadt der gleichnamigen
Region rund 800 Kilometer nördlich
Seite 19
Elektronische Zeitung Schattenblick
von Santiago. Hier finden sich zahlreiche Abraumbecken. An beiden
Tagen entsprachen die niedergehenden Wassermassen einem Viertel der
Niederschlagsmenge, die in der Region in einem Jahr fällt.
Schwermetalle
Experten halten es für wahrscheinlich,
dass die heftigen Regenfälle die
Schwermetalle aus verlassenen Abraumbecken in die Umwelt gespült
haben. Tailings sind die aus Wasser,
Chemikalien und Schwermetallen wie
Zyanid, Arsen, Zink und Quecksilber
bestehenden Rückstände der Erzproduktion. Arsen ist farb-, geruchs- und
geschmacklos, was es für Menschen
schwierig macht, das Gift etwa bei der Staubige Außenansicht von 'El Teniente', der größten Kupfermine der Welt,
Wasseraufnahme zu identifizieren. 150 Kilometer von der chilenischen Hauptstadt Santiago entfernt in den An­
Experten warnen vor Haut-, Lungen- den gelegen
und Blasenkrebs, wenn Menschen Bild: © Marianela Jarroud/IPS
über einen längeren Zeitraum arsennegativen Folgen, für die wir alle am größtem Kupferproduzenten. Das
belastetes Wasser trinken.
Ende bezahlen müssen", warnt er.
Unternehmen gehört den Luksics, der
landesweit reichsten Familie.
Seinen Wohlstand verdankt Chile
Am
27.
Februar
2010
wurde
Chile
dem Kupfer. Allein 2014 wurden in
dem 17,5 Millionen Einwohner zäh- von einem Erdbeben erschüttert, das El Mauro bedeutet in der Sprache der
lenden Land 5,7 Milliarden Tonnen zum Bruch eines verlassenen Tai- indigenen Diaguita 'der Ort, an dem
des Metalls produziert. Das entsprach lingbeckens führte. Eine vierköpfige das Wasser aus dem Boden sprudelt'.
31,2 Prozent der globalen Kupferher- Familie wurde unter den Schlamm- Es liegt acht Kilometer flussaufwärts
stellung. Doch für jede Tonne Fein- massen begraben. Die Opfer hatten von Caimanes. Das sieben Kilomekupfer fallen in Chile 100 Tonnen auf einer Farm in der Nähe der Stadt ter lange Abraumbecken, umgeben
Abraum an, der irgendwo sicher ge- Pencahue gearbeitet, auf der Jurgens von einer 270 Meter hohen Mauer,
lagert werden muss. In dem südame- mit seiner Familie sechs Jahre lang ist die größte Chemieabfalllagerstätrikanischen Land gibt es nach offizi- lebte. "Erst ab diesem Zeitpunkt te Lateinamerikas. Es hat die Artenellen Zahlen 449 solcher Abraum- wurde uns bewusst, welchen Gefah- vielfalt der Region empfindlich gebecken. Doch Raimundo Gómez, ein ren wir dort ausgesetzt waren", sagt stört und das von der Stadtbevölkeweiterer Relaves-Mitarbeiter, spricht er. "Die Menschen haben meist kei- rung genutzte Wasser verseucht.
von einer unvollständigen Inventar- ne Ahnung. Oft trinken sie verseuchliste. "Sernageomin schätzt die Zahl tes Wasser. Von den zuständigen
allein in der Atacama-Wüste auf 90", Stellen werden sie nicht gewarnt. Unzulässige Höchstwerte
Das ist zynisch und traurig."
sagt er. "Das ist sehr viel."
Die bisher wichtigste Untersuchung
Auch
wenn
gern
beteuert
wird,
dass
über die Wasserverschmutzung
Gómez zufolge fehlt es an zuverlässidie
größten
Gefahren
von
verlassedurch Abraumbecken stammt aus
gen Informationen. Die lokalen Gemeinschaften hätten in der Regel kei- nen Abraumhalden ausgehen, können dem Jahr 2011. Darin wies Andrei
ne Ahnung, ob sie in der Nähe solcher sich auch die nach wie vor genutzten Tchernitchin, Wissenschaftler an der
giftigen Auffangbecken lebten. Auch Schlammbecken als extrem gefähr- Universität von Chile, in einer Vielseien sie sich der damit einhergehen- lich herausstellen. Das war der Fall zahl von Flüssen hohe Schwermeden Gefahren für Gesundheit, Böden in Caimanes gewesen, einer 1.000 tallkonzentrationen nach. "An der
und Gewässer gar nicht bewusst. "Wir Einwohner zählenden Stadt in der Brücke von Caimanes lag der Eisenhören immer nur von den guten Sei- Nähe des El-Mauro-Tailingbeckens gehalt um 50 Prozent über dem zuten des Kupferbergbaus, nicht von den von 'Los Pelambres', Chiles sechst- lässigen Oberwert, und der ManganSeite 20
www.schattenblick.de
Mi, 22. April 2015
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gehalt war fast doppelt so hoch wie für die Gefahren entwickeln, die
in Trinkwasser erlaubt", berichtet er. durch die riesige Zahl der landesweiten Abraumbecken entstehen."
Im Jahr 2012 kehrte Tchernitchin zu- (Ende/IPS/kb/2015)
rück, um eine zweite Untersuchung
vorzunehmen. In einem Teich wenige Zentimeter oberhalb eines Mora- Links:
stes fand er Mangankonzentrationen, http://www.ipsnoticidie wieder weit über den internatio- as.net/2015/04/relaves-minerosnal akzeptierten Werten lagen. "Der amenazan-a-poblaciones-chilenas/
Grenzwert liegt bei 100 Mikrogramm http://www.ipsnews.net/2015/04/taiMangan pro Liter. Wir fanden 9.477 lings-ponds-threaten-chilean-comMikrogramm", sagt der Wissen- munities/
schaftler. "Auch der Eisenwert lag
um 30 Prozent oberhalb des Limits." © IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Sollte nichts gegen die hohen Schadstoffbelastungen unternommen wer- Quelle:
den, müsse mit gravierenden Ge- IPS-Tagesdienst vom 21. April 2015
sundheitsschäden gerechnet werde.
"Mangan in hoher Konzentration
http://www.schattenblick.de/
greift das zentrale Nervensystem an.
infopool/umwelt/internat/
Die Folgen können Psychosen, Paruika0113.html
kinson und Demenz sein", erläutert
Tchernitchin.
Am 6. März hat ein Lokalgericht die
im Dezember 2008 eingereichte Klage des Komitees vom Schutz von
Caimanes angenommen und die Entfernung des Abraumbeckens angeordnet. Das Bergbauunternehmen
ging in Berufung, und eine Entscheidung wird in Kürze erwartet.
Jurgens und Gómez machen sich für
ein neues Tailing-Gesetz stark, dass
die Behörden zwingt, sich mit dem
Problem der Abraumbecken zu befassen. Es gelte festzustellen, wie
viele solcher Gifthalden es landesweit gebe, wie viele verlassen und
welche Chemikalien darin enthalten
seien. "Wir brauchen zum einen
strikte Bestimmungen, zum anderen
informierte Bürger. An beiden fehlt
es uns", sagt Gómez. "Es ist paradox,
sich einerseits als Bergbauland zu
präsentieren, das ständig über seine
Kupferexporte spricht, andererseits
jedoch die dadurch anfallenden
Rückstände totzuschweigen."
SPORT / BOXEN
Nichts übertrifft den
Vorgeschmack
Vorschau auf ausgewählte
Profikämpfe der kommenden
Wochen
4. April: Adonis Stevenson gegen
Sakio Bika
bis
12. Juni: Marco Huck gegen
Krzysztof Glowacki
http://www.schattenblick.de/
infopool/sport/boxen/
sbxm1673.html
SPORT / BOXEN / MELDUNG
An Terence Crawford scheiden sich die Geister
Auf Anhieb neuer WBO­Champion im Halbweltergewicht
- An Terence Crawford scheiden sich die Geister. Der Verband der
US-amerikanischen Boxjournalisten
(Boxing Writers Association of
America) war so begeistert von den
Künsten des damaligen WBO-Weltmeisters im Leichtgewicht, daß er
ihn zum "Boxer des Jahres 2014"
kürte. Damit schloß sich die schreibende Zunft dem Votum von ESPN.com an, wo die Wahl bereits im
Dezember auf Crawford gefallen
war. Eine andere Auffassung vertraten die Fachjournalisten der renommierten Webseite
Boxingnews24.com, die den Kasachen Gennadi Golowkin favorisierten.
(SB)
Gamboa unterhaltsam gewesen, was
aber vor allem an dem Kubaner gelegen habe. Hingegen seien die Siege über Ricky Burns und Raymundo
Beltran unglaublich langweilig ausgefallen, da Crawford fortgesetzt mit
dem Jab und gelegentlichen Kontern
arbeite, bis er seinen Vorsprung sicher nach Hause geboxt habe. Demgegenüber sei Golowkin ein ungleich attraktiverer Boxer, der bei
seinen spektakulären Auftritten seit
sechs Jahren sämtliche Gegner vorzeitig besiegt habe.
Inzwischen ist Terence Crawford ins
Halbweltergewicht aufgestiegen, wo
er aufAnhieb einen Kampf um den
"Wir müssen uns endlich mit den ne- Wie sie zur Begründung anführten, vakanten WBO-Titel gegen die
gativen Aspekten des Bergbaus aus- sei im vergangenen Jahr lediglich Nummer fünf der Rangliste, Thomas
einandersetzen und ein Bewusstsein Crawfords Kampf gegen Yuriorkis Dulorme, bekam. In diesem vom
Mi, 22. April 2015
www.schattenblick.de
Seite 21
Elektronische Zeitung Schattenblick
Sender HBO übertragenen Duell,
das in der University ofTexas in Arlington über die Bühne ging, setzte
sich der 27jährige Favorit aus Omaha, Nebraska, nach drei Niederschlägen in der sechsten Runde vorzeitig gegen den zwei Jahre jüngeren Puertoricaner durch. Während
Crawford damit in 26 Profikämpfen
ungeschlagen blieb, stehen für Dulorme nunmehr 22 Siege und zwei
Niederlagen zu Buche.
Wieder waren die Meinungen zutiefst geteilt, wie die Darbietung Terence Crawfords einzuschätzen sei.
Während ihn die Kommentatoren
des Senders HBO während des gesamten Kampfs in den höchsten Tönen lobten, waren andere Experten
der Auffassung, er habe die ersten
fünf Runden klar gegen den überraschend stark auftretenden Kontrahenten verloren. Der Puertoricaner
sei nicht nur schneller gewesen,
sondern habe auch eine deutlich höhere Schlagwirkung an den Tag gelegt.
Erst in der sechsten Runde wendete sich das Blatt, als der bis dahin
ungewöhnlich zurückhaltende Favorit mit einer Links-Rechts-Kombination zum Kopf durchkam, die
seinen Gegner straucheln ließ. Nach
einer weiteren Rechten landete Dulorme auf den Brettern, worauf er
nur mühsam wieder auf die Beine
kam. Kaum war der Kampf freigegeben, als Crawford nachsetzte und
einen zweiten Niederschlag herbeiführte. Dulorme kam auch diesmal
wieder hoch und wollte sich klammernd über die Zeit retten, was Crawford jedoch mit zwei weiteren
Volltreffern zunichte machte, die
seinen Gegner endgültig geschlagen zu Boden schickten.
In einer ersten Stellungnahme nach
seinem Erfolg erweckte Terence
Crawford den Eindruck, jederzeit
alles unter Kontrolle gehabt und eine erstklassige Vorstellung gegeben
zu haben. Wie er erklärte, habe ihn
sein Trainer angewiesen, den GegSeite 22
ner in den ersten fünf Runden lediglich zu touchieren, um ihn die Überlegenheit spüren zu lassen. Im sechsten Durchgang habe er dann freie
Hand bekommen, volle Schlagwirkung zu entfalten, und dies sofort
umgesetzt. Er fühle sich auch in
dieser Gewichtsklasse sehr stark
und bereit zu tun, was immer ihm
beliebe. Ob Crawford tatsächlich
eine taktische Marschroute konsequent umgesetzt hat, die Ausdruck
seiner Überlegenheit war, oder vielmehr im Nachhinein seine augenscheinliche Zurückhaltung in den
ersten fünf Runden schönreden
wollte, blieb nach dieser Erklärung
offen.
motions assoziiert, deren Präsident
Oscar de la Hoya vielleicht weniger
geneigt sein könnte, einem Kampf
gegen Crawford zuzustimmen. Wer
indessen die außergewöhnliche
Schlacht zwischen dem Argentinier
und dem Russen verfolgt hat, die
am selben Abend in Carson, Kalifornien, ausgetragen wurde, kann
Terence Crawford nur dringend abraten, mit einem der beiden in den
Ring zu steigen.
Als die anwesenden Journalisten
von Terence Crawford wissen wollten, gegen wen er als nächstes
kämpfen wolle, drehte er sich fragend zu Bob Arum um und erklärte, diese Entscheidung überlasse er
seinem Promoter und dem Manager. Da Prowodnikow von Freddie
Roach trainiert wird, der gute Beziehungen zu Top Rank unterhält,
wäre ein Kampf gegen den Russen
wohl eher möglich. Hingegen ist
Matthysse mit den Golden Boy Pro-
der Nachrichtenagentur sind Themen der menschenwürdigen und
nachhaltigen Entwicklung, der
Völkerverständigung sowie der
internationalen Zusammen-arbeit
für eine 'faire Globalisierung'.
Anmerkung:
[1] http://www.boxingnews24.com/2015/04/crawford-stopsdulorme-but-looks-vulnerable/#Nicht wenige Zuschauer und Kom- more-191117
mentatoren feierten Crawford als
außergewöhnlichen Könner, der in
http://www.schattenblick.de/
aller Ruhe an seinem Gegner Maß
infopool/sport/boxen/
genommen und ihn dann kurzersbxm1689.html
hand erledigt habe. Skeptische
Stimmen beharrten hingegen darauf, daß er schlichtweg langsamer
als Dulorme gewesen sei und geraume Zeit nicht ernsthaft angegriffen
habe, weil er offensichtlich die
Schläge des Puertoricaners fürchtete. Vor allem aber kritisierte man die
Entscheidung des Verbands WBO,
Crawford einen nicht allzu gefähr- IPS-Inter Press Service
lichen Gegner vorzusetzen, der die- Deutschland GmbH
sen Titelkampf nicht verdient habe.
Kooperationspartner
So blieb dem Aufsteiger aus dem
von Schattenblick
Leichtgewicht erspart, zunächst geIPS-Inter Press Service Deutschgen Lucas Matthysse oder Ruslan
land GmbH berichtet seit 30 JahProwodnikow anzutreten, die in der
ren über die Belange der MenWBO-Rangliste vor Dulorme plaschen in Afrika, Asien, Lateinziert sind. [1]
amerika und Nahost. Schwerpunkt
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IPS-Inter Press Service
Deutschland GmbH
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Telefon: 030 / 54 81 45 31,
Fax: 030 / 54 82 26 25
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Internet: www.ipsnews.de
Mi, 22. April 2015
Elektronische Zeitung Schattenblick
MUSIK / VERANSTALTUNGEN / BLUES und FOLKLORE
Kulturcafé Komm du ­ Mai 2015
Max Wolff / Blues, Folk und Americana nach der guten alten Schule!
Konzert am Donnerstag, den 28. Mai 2015, 20:00 bis 22:00 Uhr im Kulturcafé Komm du
Eintritt frei
Das Konzert im Kulturcafé Komm
du beginnt um 20:00 Uhr.
Platzreservierungen per
Telefon: 040 / 57 22 89 52 oder
E-Mail: [email protected]
das Musikmachen liebt und das Auftreten nicht lassen kann. Mit mehr als
4000 Gigs seit 1980 ist er als Solist
oder im Duo mit Schlagzeug oder
Mundharmonika ständig unterwegs.
Das Komm du lädt ein zu einem Kon­
zert am 28.05.2015 um 20.00 Uhr:
Max Wolff Folk, Blues und Americana
... nach guter alter Schule! Wie Ry
Cooder oder Eric Clapton es machen
würden, träten sie mit Gitarre und
Bottleneck-slide vor kleinem Publikum auf. Schöne Stücke von Cash,
Clapton und Creedence, bis ganz zurück zu den Roots und den alten
Songs von Leadbelly, Robert Johnson, Muddy Waters, Skip James,
Blind Willie Johnson und vielen anderen. Exzellent gespielt ohne Tricks
- the real Deal. Der Sänger und Gitarrist Max Wolff kommt aus Dänemark und ist seit über 25 Jahren als
Profi auf den Landstraßen in seinem
Heimatland, in Norwegen und in
Deutschland unterwegs. Mehr als
4000 Gigs hat er bislang gespielt. Ein
Künstler, der das Musikmachen lebt.
Mi, 22. April 2015
Max Wolff ­ Folk, Blues und Ameri­
cana nach der guten alten Schule!
Fotos: © by Beate Grams
Max Wolff
Max Wolff kommt aus Dänemark,
lebt als Sänger und Gitarrist, und ist
seit 1988 als Profi ständig auf den
Landstraßen in Dänemark, Deutschland und Norwegen unterwegs. Höhepunkt seiner Karriere war bisher
die Nominierung bei dem "Danish
Music Award - Folk 2004". Dort
wurde seine CD "I'm Bonafide" zum
Blues Album des Jahres ernannt.
Max Wolff ­ Sein Album "got you on
my mind" erschien im Jahr 2008.
Foto: © by Max Wolff
Max Wolff spielt Musik zum MitmaEr ist ein Künstler, der den alten chen, zum Tanzen oder ganz einfach
Sound und die alte Technik gern hat, nur zum Genießen ...
www.schattenblick.de
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Elektronische Zeitung Schattenblick
Weitere Informationen:
http://www.reverbnation.com/maxwolff
Zum Anschauen:
Max Wolffsolo - The White Man's Blues
https://www.youtube.com/watch?
feature=player_embedded&v=QysWdB9a3tw
Max Wolff - Hagges Musikpub,
August 2011
https://www.youtube.com/watch?v=INY_J5LOlnY
MUSIK / VERANSTALTUNGEN / LIEDER
Kulturcafé Komm du ­ Mai 2015
Friedrich & Wiesenhütter
Anspruchsvolle Lyrik und virtuose Gitarre aus Berlin-Köpenik
Konzert am Freitag, den 29. Mai 2015,
20:00 bis 22:00 Uhr im Kulturcafé Komm du
Eintritt frei
Das Kulturcafé Komm du
in Hamburg-Harburg:
Das Komm du ist ein kleines Kaffeehaus mit einer großen Bühne und regelmäßigen Kulturveranstaltungen.
Neben einem vielfältigen Angebot an
Kaffeespezialitäten, selbstgemachten
Kuchen und täglich wechselndem Mittagstisch bietet es die Möglichkeit zu
Begegnung und Diskussion, Spiele sowie ein Literatur- und Zeitungsangebot. Regelmäßig zwei- bis dreimal pro
Woche finden kulturelle Events mit Live-Musik, Liedern & Lyrik, Lesungen,
Vorträgen, Theater, Kleinkunst- und
Tanzperformances sowie Ausstellungen statt.
Das Komm du ist geöffnet von Mo.
bis Fr. 7:30 bis 17:00 Uhr, Sa.von
9:00 bis 17:00 Uhr und an Eventabenden open end.
Näheres unter:
http://www.komm-du.de
http://www.facebook.com/KommDu
Kontakt:
Kulturcafé Komm du
Buxtehuder Straße 13
21073 Hamburg
E-Mail: [email protected]
Telefon: 040 / 57 22 89 52
Komm du­Eventmanagement:
Telefon: 04837/90 26 98
E-Mail: [email protected]
http://www.schattenblick.de/info­
pool/musik/veranst/folk1175.html
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http://www.schattenblick.de/infopool/musik/veranst/lied1650.html
www.schattenblick.de
Mi, 22. April 2015
Elektronische Zeitung Schattenblick
Das Komm du lädt ein zu einem Kon­
zert am Freitag, den 29.05.2015,
20.00 bis 22.00 Uhr:
Friedrich & Wiesenhütter
Vom Leben geschriebene Texte
und virtuose Gitarrenmusik aus
Berlin
Friedrich & Wiesenhütter: Liebeslied
https://www.youtuMatthias Wiesenhütter war von 2003 be.com/watch?v=UQi5g2czZcs
bis 2012 der musikalische Kopf bei
"twelve strings", dem in Deutschland
mit über 100 Konzerten im Jahr meist Das Kulturcafé Komm du
gebuchten Gitarrenduo. Seine Kon- in Hamburg-Harburg:
zertreisen führten ihn ins europäische
Das Komm du ist ein kleines KaffeeAusland und nach Mexico.
haus mit einer großen Bühne und reIm Jahr 2012 lernte er Dirk Friedrich, gelmäßigen Kulturveranstaltungen.
der mit seinem Bruder Sven Friedrich Neben einem vielfältigen Angebot an
in Berlin seit Jahren eine feste Größe Kaffeespezialitäten, selbstgemachin der Liedermacherszene ist, bei den ten Kuchen und täglich wechselnStudioaufnahmen zu seiner ersten So- dem Mittagstisch bietet es die Möglo CD (D. Friedrich: "Zimmer 5") lichkeit zu Begegnung und Diskuskennen. Beide touren seitdem als sion, Spiele sowie ein Literatur- und
"Friedrich & Wiesenhütter" durch die Zeitungsangebot. Regelmäßig zweibis dreimal pro Woche finden kultuRepublik.
relle Events mit Live-Musik, Liedern
Ihre erste gemeinsame CD "Alles auf & Lyrik, Lesungen, Vorträgen, TheaAnfang" wurde im Jahr 2014 veröf- ter, Kleinkunst- und Tanzperformances sowie Ausstellungen statt.
fentlicht.
Über die Musiker:
Zwei "Alltags-Poeten", die ihren
Weg jenseits und fernab von allen
Trends gehen. Mit komödiantischem
Berliner Charme und musikalischer
Leichtigkeit nehmen Dirk Friedrich
und Matthias Wiesenhütter ihre Zuhörer mit auf eine Reise zwischen
Spaß und Gefühl, Melancholie und
Sarkasmus, um die Widrigkeiten des
Lebens mit Seitenblick und Augenzwinkern zu betrachten. Mit ihrem
kurzweiligen Programm zeigen sie,
daß sie zu den interessanten und
spannenden deutschsprachigen Projekten in der Konzertszene gehören.
Im Komm du stellen Friedrich &
Wiesenhütter ihre aktuelle CD "Al- Weitere Informationen:
les aufAnfang" vor.
Friedrich & Wiesenhütter - Homepage:
http://www.friedrichundwiesenhütter.de
Das Konzert im Kulturcafé Komm Zum Reinhören und Anschauen:
du beginnt um 20:00 Uhr.
Friedrich & Wiesenhütter am 14.04.2012
Platzreservierungen per
im kunsthofgohlis in Dresden
Telefon: 040 / 57 22 89 52 oder
https://www.youtuE-Mail: [email protected]
be.com/watch?v=MFSIzB92a80
Das Komm du ist geöffnet:
Mo. bis Fr. 7:30 bis 17:00 Uhr,
Samstag von 9:00 bis 17:00 Uhr und
an Eventabenden open end.
Näheres unter:
http://www.komm-du.de
http://www.facebook.com/KommDu
Kontakt:
Kulturcafé Komm du
Buxtehuder Straße 13
21073 Hamburg
E-Mail: [email protected]
Telefon: 040 / 57 22 89 52
Komm du­Eventmanagement:
Telefon: 04837/90 26 98
E-Mail: [email protected]
Das Kulturcafé Komm du lädt ein ...
Zwei "Alltags­Poeten":
das Liedermacher­Duo 'Friedrich & Wiesenhütter' aus Berlin
Foto: © by Friedrich & Wiesenhütter
Mi, 22. April 2015
www.schattenblick.de
Die aktuellen Monatsprogramme des
Kulturcafé Komm du mit Lesungen,
Konzerten, Vorträgen, Kleinkunst,
Theater und wechselnden Ausstellungen finden Sie im Schattenblick
unter: Schattenblick → Infopool →
Bildung und Kultur → Veranstaltungen → Treff
http://www.schattenblick.de/infopool/bildkult/ip_bildkult_veranst_treff.shtml
Seite 25
Elektronische Zeitung Schattenblick
______I n h a l t________________________________Ausgabe 1440 / Mittwoch, den 22. April 2015_______
POLITIK - REPORT
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MUSIK - VERANSTALTUNGEN
DIENSTE - WETTER
Die andere Türkei - das Schlimmste verhindern ...
Ausdruck künstlerischen Feuers
Krieg um die Köpfe - Ducken, warten, Daten sammeln ...
Holt China Pakistan aus der wirtschaftlichen Misere?
Westsahara 40 Jahre Kolonie Marokkos - fortgesetzte Repressionen gegen Saharauis
Pazifik - Atomare Gefahr noch nicht gebannt (IPS)
Afrika - Pariser Ausstellung feiert ivorische Skulpturenkunst (IPS)
Chile - Gefahr durch Giftschlamm in Abraumbecken (IPS)
An Terence Crawford scheiden sich die Geister
Friedrich & Wiesenhütter ... Liedermacher-Duo aus Berlin, Komm du, 29.5.2015
Max Wolff ... Blues, Folk und Americana im Kulturcafé Komm du, 28.5.2015
Und morgen, den 22. April 2015
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DIENSTE / WETTER / AUSSICHTEN
Und morgen, den 22. April 2015
+++ Vorhersage für den 22.04.2015 bis zum 23.04.2015 +++
Ein Witterwetterzeigefinger
droht morgens noch den Wiesen,
doch siegt der Sonnenschein als Ringer
und Jean-Luc wird zum Riesen.
© 2014 by Schattenblick
IMPRESSUM
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