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MA-Verlag
POLITIK / REDAKTION
Kurdischer Aufbruch Gesichter des Kapitals ... (1)
Kolonialistische Herrschaft ­ unab­
gegolten und unterschätzt
Die kapitalistische Moderne heraus­
fordern II ­ Konferenz an der Univer­
sität Hamburg, 3. bis 5. April 2015
Elektronische Zeitung Schattenblick
Freitag, 22. Mai 2015
Brasilien: Korruption bei Megaprojekten schädigt
Image der Rousseff-Regierung
IPS­Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS­Tagesdienst vom 21. Mai 2015
von Mario Osava
"Die kapitalistische Moderne sezieren" - um Alternativen zur herrschenden Gesellschafts- und Verwertungsordnung zu entwickeln, bedarf es zunächst einer gründlichen
Analyse ihrer materiellen und historischen Voraussetzungen ... (Seite 4)
IPS / Kooperationspartner
1 POLITIK - WIRTSCHAFT:
Brasilien - Korruption bei Megaprojekten schädigt Image der RousseffRegierung (IPS)
8 POLITIK - ERNÄHRUNG:
Afrika - Gemüse aus dem Sack, von
Stadtfarmern und Mikrogärtnern (IPS)
10 UMWELT INTERNATIONALES:
Karibik - Luxus-Bauprojekte in Antigua und Barbuda bedrohen Meeresökosysteme (IPS)
SCHACH-SPHINX
Die Zeit mag vergehen ...
Monarchien wurden gestürzt, ganze
Zeitalter gingen in Bausch und Bogen
unter und hinterließen kaum mehr als
verwitterte Ruinen, der Mond wurde
betreten und wieder verlassen, man
hat dem Atom ... (S. 3)
Modell einer Offshore­Ölplattform
Bild: © Mario Osava/IPS
RIO DE JANEIRO (IPS) ­ Industri-
elle Megaprojekte können Regierungen in eine gefährliche Schieflage
bringen. So wirft die Krise des brasilianischen Erdölgiganten 'Petrobras' nicht nur ein schlechtes Licht
auf den ehemaligen linken Staatspräsidenten Luiz Inácio Lula da Silva
(2003-2011), sondern bringt auch
seine Nachfolgerin, die ebenfalls der
Arbeiterpartei PT zugehörige Dilma
Rousseff, in arge Bedrängnis.
Im Jahr 2014 räumte das Unternehmen ein, im Zusammenhang
mit Korruption 6,2 Milliarden
Real (2,1 Milliarden US-Dollar)
abgeschrieben zu haben, hinzu
kamen Verluste in Höhe von 44,6
Milliarden Real aufgrund überbewerteter Raffinerien und anderer Vermögenswerte. Das ganze
Ausmaß der Verluste wird wohl
nicht bekannt werden. Wohl steht
fest, dass Petrobras auf internationaler Ebene an Glaubwürdigkeit verloren hat. Das Firmenimage ist lädiert.
Elektronische Zeitung Schattenblick
Die Aussagen der im Zusammenhang mit der Operation 'Lava-jato'
('Autowäsche') beschuldigten Personen sowie die Ermittlungen von
Staatsanwaltschaft und Polizei haben
zu der Erkenntnis geführt, dass die
im Zeitraum 2004 bis 2012 geflossenen Schmiergelder etwa drei Prozent
des Wertes der Verträge mit 27 Unternehmen ausgemacht haben. Der
größte finanzielle Schaden wurde offensichtlich durch unzulängliche
Entscheidungen, schlechte Planung
und Missmanagement verursacht.
In Brasilien hat der Bestechungsskandal reichlich Staub aufgewirbelt,
und die Folgen sind nach wie vor unüberschaubar. Zwei Drittel der Einbußen der Vermögenswerte konzentrierten sich auf die beiden größten
Petrobras-Projekte: auf die fast fertiggestellte Raffinerie 'Abreu e Lima'
im Nordosten und den Petrochemischen Komplex (COMPERJ) in Rio
de Janeiro. In beiden Fällen waren
die Bauarbeiten während der Amtszeit Lulas begonnen worden.
Petrobras informierte die Investoren
darüber, dass COMPERJ, ein Megaprojekt im Wert von 21,6 Milliarden
Dollar, im vergangenen Jahr seine als
unprofitabel geltende PetrochemieSparte abgestoßen hatte. Die Raffinerie produziert inzwischen täglich
nur noch 165.000 Barrel Erdöl. Für
das unterfinanzierte Unternehmen
wird es nun schwierig werden, Investitionen in Millionenhöhe für die
Fertigstellung der Raffinerie aufzubringen, die bereits zu 82 Prozent
steht. Sollte das Projekt unvollendet
bleiben, wären die Verluste noch höher.
Massenentlassungen und Verarmung
Die Folgen dieses Debakels sind bereits sichtbar. Tausende Arbeiter
wurden entlassen. Am Standort des
Industriekomplexes in Itaboraí, etwa
60 Kilometer von Rio entfernt,
nimmt der wirtschaftliche und soziaSeite 2
le Niedergang seinen Lauf. Die Lagerung bereits angeschaffter Maschinen, die nicht mehr gebraucht werden, verschlingt jährlich Millionen
Dollar.
Die Petrobras-Krise hängt auch mit
dem Verfall der internationalen Ölpreise und mit den jahrelang in Brasilien bereitgestellten Treibstoffsubventionen zusammen, durch die die
Preise künstlich niedrig gehalten
wurden, um die Inflation zu kontrollieren. In Gefahr ist nun auch die
Schiffsindustrie, die expandiert war,
um die Nachfrage der Ölfirmen zu
befriedigen. Schätzungen zufolge
werden die Werften bis zu 40.000
Arbeiter entlassen müssen, sollte die
Krise anhalten.
nicht kosteneffizient genug verworfen. Zu dem Zeitpunkt waren bereits
fast 900.000 Dollar in den Erwerb
von Bauland gesteckt worden. Das
Desaster der Ölindustrie macht nach
wie vor Schlagzeilen, da vier Raffinerien sowie Dutzende Werften und
große Bauunternehmen in den Skandal verwickelt waren. Diese Dienstleister werden beschuldigt, an Petrobras Schmiergelder gezahlt zu haben.
Auch bei anderen Großvorhaben in
den Bereichen Energie und Logistik
ist es zu erheblichen Verzögerungen
gekommen. Megaprojekte schossen
in dem größten Staat Lateinamerikas
wie Pilze aus dem Boden, als die
Wirtschaftsentwicklung während der
acht Amtsjahre Lulas hohe Zuwächse generierten. Ein Wachstumsbeschleunigungsprogramm der Regierung gab zusätzliche Anreize. Der
großangelegte Bau von Schienenstrecken, Häfen, Straßen und Kraftwerken sowie die Erzeugung von
Biotreibstoffen stellten die Produktionskapazitäten Brasiliens weiter auf
den Prüfstand.
Der Industriezweig erlebte in Brasilien nach einer erneut hohen Nachfrage nach Bohrinseln und anderen
Gerätschaften zur Erdölförderung
einen Aufschwung. Damals schickte
sich Petrobras an, im Atlantik unter
zwei Kilometer dicken Salzschichten
lagernde Ölvorkommen ('pre-salt oil
reserves') zu fördern. Die Raffinerie
Abreu e Lima, die 230.000 Barrel
täglich weiterverarbeiten kann, nahm Jahrelange Verzögerungen
Ende 2014 die Arbeit auf. Doch
überstiegen die Projektkosten den Die meisten Projekte bleiben jedoch
Voranschlag um das Achtfache.
mehrere Jahre hinter ihrem Zeitplan
zurück. Die Umleitung des Flusses
Das hat unter anderem damit zu tun, São Francisco durch ein 700 Kilodass eine geplante Partnerschaft mit meter langes Netz aus Kanälen,
dem staatlichen venezolanischen Öl- Aquädukten, Tunneln und Rohren
unternehmen PDVSA, die Lula mit sowie der Bau von Staudämmen zur
seinem inzwischen verstorbenen Erhöhung der Wassergewinnung im
Amtskollegen Hugo Chávez (1999- semiariden Nordosten sollten eigent2013) vereinbart hatte, nicht so ver- lich schon 2010, am Ende von Lulas
lief wie vorgesehen. So hielt PDVSA zweiter Amtszeit, fertiggestellt sein.
seine Zusage, 40 Prozent der Bauko- Inzwischen haben sich die Kosten
sten zu finanzieren, nicht ein. Auf- bereits verdoppelt. Dabei ist noch
grund des Abkommens waren jedoch nicht einmal sichergestellt, dass der
teure Maschinen angeschafft wor- kleinere der beiden großen Kanäle
den, die für die Verarbeitung des in bis Ende dieses Jahres in Betrieb geVenezuela geförderten Schweröls er- nommen werden kann. Auch private
forderlich sind.
Projekte wie der Bau von Eisenbahnlinien im Nordosten sind zeitPläne für den Bau von zwei weiteren lich in Verzug geraten. Proteste indiRaffinerien in den nordostbrasiliani- gener Gemeinschaften und der Umschen Bundesstaaten Ceará und Ma- weltbehörden sowie Streiks führen
ranhão wurden von Petrobras als zu weiteren Verzögerungen.
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Fr, 22. Mai 2015
Elektronische Zeitung Schattenblick
SCHACH - SPHINX
Die Zeit mag vergehen ...
(SB) ­ Monarchien wurden gestürzt,
Das Wasserkraftwerk 'Santo Antô­
nio' im nordwestbrasilianischen
Bundesstaat Rondônia 2010 wäh­
rend der Bauphase
Bild: © Mario Osava/IPS
Die Welle von Megaprojekten in
den vergangenen zehn Jahren erklärt sich dadurch, dass in Lateinamerika im Allgemeinen und in
Brasilien im Besonderen in den
1980er und 1990er Jahren zu wenig
in die Infrastruktur investiert wurde. Ab 1980 baute Brasilien keine
Ölraffinerien mehr. Die erfolgreiche Vermarktung von Ethanol als
Benzin-Alternative ließ in der Folgezeit dafür auch keine Notwendigkeit mehr erkennen. Das Land exportierte Benzin und führte Diesel
ein. Erst als sich die Zahl der Autos
im Land und der industrielle Ölverbrauch rasant erhöhten, wurde der
Bau neuer Raffinerien dringend erforderlich.
Die Rückkehr des Wirtschaftswachstums während Lulas Regierungszeit machte umso deutlicher,
wo die Defizite lagen und wie wichtig es war, die verlorene Zeit aufzuholen. Wunschdenken verleitet Planer oft dazu, eine Vielzahl von Megaprojekten anzugehen. Die Konsequenzen, zu denen auch eine grassierende Korruption gehört, liegen
längst auf der Hand. Die politischen
Folgen für die Rousseff-Regierung
und die Arbeiterpartei lassen um die
Stabilität des lateinamerikanischen
Giganten fürchten.
(Ende/IPS/ck/21.05.2015)
Links:
http://www.ipsnews.net/2015/05/megaprojectscan-destroy-reputations-in-brazil/
http://www.ipsnoticias.net/2015/05/los-megaproyectospueden-sepultar-reputaciones-enbrasil/
1984 wurden die letzten großen Wasserkraftwerke eingeweiht: Itaipú an © IPS-Inter Press Service Deutschder Grenze zu Paraguay und Tucuruí land GmbH
im nördlichen Amazonasregenwald.
2001, als der damalige Präsident Fer- Quelle:
nando Henrique Cardoso (1995- IPS-Tagesdienst vom 21. Mai 2015
2003) Maßnahmen zur Stromrationierung über einen Zeitraum von
http://www.schattenblick.de/
acht Monaten in Kraft setzte, brach
infopool/politik/wirtsch/
eine Energiekrise aus.
pwi00259.html
Fr, 22. Mai 2015
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ganze Zeitalter gingen in Bausch
und Bogen unter und hinterließen
kaum mehr als verwitterte Ruinen,
der Mond wurde betreten und wieder verlassen, man hat dem Atom
seine gutbehüteten Geheimnisse
entrissen, es gespalten oder zusammengeschweißt mit seinesgleichen,
und das alles in nur wenigen Jahrzehnten. Bedenkt man, daß das europäische Schach im großen und
ganzen bis auf unsere Tage so erhalten geblieben ist, wie es die Renaissance schuf, so kommt man um
den leisen Vorwurf nicht umhin,
daß das Schachspiel von seiner inneren Verfassung her durch und
durch konservativ ist. Mehr noch:
Es hat seine royalistischen Züge nie
verleugnet, weswegen es infolge
der zahlreichen Menschheitsrevolutionen nicht weniger als angefeindet wurde. Über das christliche Zufeldeziehen ist schon mehrfach berichtet worden, auch daß im Nationalkonvent nach der Erstürmung
der Bastille tatsächlich darüber diskutiert worden ist, die Figur des
Königs auch auf dem Brett zu degradieren. Heftige Kontroversen
gab es nach der Russischen Revolution. Aus ideologischen Gründen
erwog Lenin nicht nur, den König
zu proletarisieren, auch die Königin
geriet ins Speerfeuer des antizaristischen Umbruchs. Viel Worte
braucht man über Khomenis Versuch, das Schachspiel wegen seiner
Namenswurzel Shah gänzlich zu
verbieten, nicht zu verlieren. Und
doch, allen Zuwiderstrebungen zum
Trotz behielt das Schachspiel seine
Existenzberechtigung. Es läßt sich
mit geringen Abstrichen sogar die
Behauptung aufstellen, daß das
Schach vermutlich das letzte Relikt
vordemokratischer Feudalsysteme
darstellt. Die Zeit mag vergehen,
unsere Leidenschaften bleiben bestehen. Denn das Schach war schlau
Seite 3
Elektronische Zeitung Schattenblick
genug gewesen, die Worte unseres
Dichterkönigs Goethe fest in sein
Herz zu schließen: "Mit den Irrtümern der Zeit ist schwer sich abzufinden; widerstrebt man ihnen, so
steht man allein; läßt man sich davon befangen, so hat man weder
Ehre noch Freude davon." Viel
Freude an seiner Partie hatte jedenfalls Meister Bhend. Mit den
schwarzen Steinen überraschte er
im heutigen Rätsel der Sphinx sein
Gegenüber mit einer wahrhaft beherzten Siegeskombination. Auf
Ehre, Wanderer, kannst du sie finden?
Gast - Bhend
Schweiz 1987
Auflösung des letzten
Sphinx­Rätsels:
POLITIK / REDAKTION / BERICHT
Kurdischer Aufbruch - Gesichter des Kapitals ... (1)
Kolonialistische Herrschaft ­ unabgegolten und unterschätzt
Die kapitalistische Moderne herausfordern II ­ Konferenz
an der Universität Hamburg, 3. bis 5. April 2015
"Die kapitalistische Moderne sezieren" - um Alternativen zur herrschenden Gesellschafts- und Verwertungsordnung zu entwickeln, bedarf
es zunächst einer gründlichen Analyse ihrer materiellen und historischen Voraussetzungen. Dies stand
auf der zweiten Konferenz des Networks For An Alternative Quest am
Anfang des umfangreichen dreitägigen Programms. Um dem Anspruch,
gesellschaftliche Alternativen im
Rahmen des demokratischen Konföderalismus aufzubauen, waren wie
schon bei der ersten Konferenz vor
drei Jahren zahlreiche Gäste aus aller Welt geladen.
In der ersten Session trug Radha
D'Souza diesem Vorhaben ausdrücklich aus der Sicht der Länder des Südens Rechnung. Mit der an der University of Westminster in London
lehrenden Rechtswissenschaftlerin
saß eine aus Indien stammende Aktivistin auf dem Podium, die eine dezidierte Position gegen den Kolonialismus als integralen Bestandteil des
Kapitalismus vertritt. Bildet der
Klassenkampf die innere Dimension
des Kapitalismus, so steht die kolonialistische Expansion für seine äußere Sphäre. Es gebe keinen Kapitalismus ohne Kolonialismus, in welcher Form auch immer er auftrete,
erklärte die Referentin kategorisch.
listischen Debatte mehr Gewicht zu
verleihen. Wer ihren englischsprachigen Ausführungen folgte, begriff
bald, daß die Referentin keine Vertreterin jener Funktionseliten ist, die
es sich im Elfenbeinturm akademischer Institutionen so bequem gemacht haben, daß sie Gefahr laufen,
die konkreten materiellen Gewaltverhältnisse, denen das Gros der
Menschen ausgesetzt ist, aus den
Augen zu verlieren.
Dies geht auch aus der Bewunderung
hervor, die sie für den berühmten
Vordenker des Antikolonialismus,
Frantz Fanon, hegt. In einem Interview [1] berichtete sie 2013 davon,
wie sie den inzwischen, wenn nicht
rundheraus als "Prophet der Gewalt"
geschmähten, so doch im Cultural
Turn der Sozialwissenschaften identitätspolitisch zu einem "cool guy"
transformierten Verfasser des antikolonialistischen Manifests "Die
Verdammten dieser Erde" in seiner
urspünglichen Wirkmächtigkeit wiederentdeckte. Wo die als monopolistischer Verfügungsanspruch moderner Exekutivmacht höchst widersprüchliche Gewaltfrage bei der Rezeption staatstragender Denker wie
Machiavelli oder Hobbes als solche
affirmativ legitimiert wird, wurde sie
bei Fanon ihrer antikolonialistischen
Bestimmung enthoben und der Entsorgung durch eine kulturwissenschaftliche Rezeption preisgegeben,
die sich darin als Instrument geschichtspolitischer Umdeutung erweist.
Garry Kasparow ließ sich von dem
plumpen Annäherungsversuch des
schwarzen Turms nicht beirren,
vielmehr nutzte er dessen Erscheinen nach 1...Tf8-c8, um mittels
2.Dc5xc8+! Le6xc8 3.Tb1-b8 Sh6g8 4.Tb8xc8 De7-a7 5.Kg1-h2
Da7-e7 6.Tc8-e8 seinen Gegner
Jussupow zur Kapitulation zu zwingen. Auch 3...g7-g6 wäre ein Schlag
ins Wasser gewesen wegen
4.Tb8xc8+ Kh8-g7 5.Tc8-c7!
Radha D'Souza wandte sich im AuDe7xc7 6.Sd6-e8+#
dimax der Universität Hamburg an
ein Publikum, das zumindest teilweihttp://www.schattenblick.de/
se die Sicht der europäischen Metroinfopool/schach/schach/
polengesellschaften verinnerlicht
sph05481.html
hat, und ermahnte es, dem Problem Radha D'Souza verweist demgegendes Kolonialismus in der antikapita- über auf das für den global entgrenzSeite 4
www.schattenblick.de
Fr, 22. Mai 2015
Elektronische Zeitung Schattenblick
ten Kapitalismus unverändert gültige Problem einer mit Gewaltmitteln
durchgesetzten Ordnung von oben
und unten. Wo Sklavenhandel,
Landraub, die Ausbeutung natürlicher Ressourcen und menschlicher
Arbeit eine physische, soziale, ökonomische, kulturelle und emotionale Totalität kolonialistischer Unterdrückung hervorbrachten, blieb den
davon betroffenen Menschen nicht
viel mehr, als sich mit den entsprechend zerstörerischen Folgen für ihr
Leben in ihr Schicksal zu fügen
oder individuell wie kollektiv gewaltsam dagegen aufzubegehren.
Für D'Souza handelte es sich dabei
um intuitive Reaktionen auf Mißstände, die der gezielt dagegen vorgehende Freiheitskämpfer beenden
wollte. Darin sieht sie einen grundsätzlichen Unterschied zwischen
der Gewalt der Kolonialherren und
des gegen sie gerichteten Versuchs
ihrer revolutionären Überwindung:
"Der Widerstandskämpfer richtet
sich gegen die ausübende Gewalt in
der Hoffnung, sie für immer zu be­
enden. Revolutionäre Gewalt stellt
die Menschlichkeit im mißbrauch­
ten und gefolterten Individuum wie­
der her. Der Akt des Widerstands
bringt ihm die Würde und die
Selbstgewißheit, die die Gewalt des
Unterdrückers zerstört haben, zu­
rück." [2]
Was etwa für den antifaschistischen
Widerstand in den von Wehrmacht
und SS besetzten Staaten als selbstverständliche Tugend betrachtet
wird, läßt sich aus Sicht der Erben
des europäischen Kolonialismus
offensichtlich nicht eins zu eins auf
den antikolonialistischen Widerstand übertragen. Die Rechtswissenschaften meiden Fanon, bedauert Radha D'Souza und prognostiziert, daß der Tag, an dem die juristischen Seminare den antikolonialistischen Vordenker in ihr Curriculum aufnehmen, den Beginn einer
Zeit markiert, in der das Ziel einer
gewaltfreien Welt ernsthaft verfolgt
wird.
Fr, 22. Mai 2015
Shops getreten, betrieben von transnationalen Unternehmen, die sich die
Natur, Kultur und Arbeit der Länder
des Südens aneigneten.
Radha D'Souza
Foto: © 2015 by Schattenblick
Abstrakte Verfügungsgewalt,
konkrete Zerstörung
In ihrem "Industrialism: Law,
Science and Imperialism" überschriebenen Vortrag stellte Radha
D'Souza einige Ausschlußkriterien
für die Entwicklung alternativer Gesellschaftsmodelle oder Lebensformen vor, die sich aus der historischen
Zurichtung der Länder des Südens
auf eine Ver- und Entsorgungsperipherie der hochproduktiven Metropolengesellschaften Westeuropas
und Nordamerikas folgerichtig ergeben. So habe sich die Moderne in den
Ländern des Südens, die die Referentin als Gesellschaften der "Dritten
Welt" bezeichnet, nicht aufgrund innerer Widerspruchslagen entwickelt,
sondern sei ihnen von den Kolonialmächten aufoktroyiert worden. Unabhängig davon, wie Kolonialismus
und Imperialismus in Erscheinung
traten, sei jegliche Modernisierung
durch sie verordnet worden, woraus
sich ein fundamentaler Unterschied
zu den Modernisierungsprozessen in
den Gesellschaften Europas ergebe.
Den Unterschied zwischen der Ersten und Dritten Welt in Rechnung
zu stellen sei eine zentrale Voraussetzung für jegliche Überlegung in
Richtung auf gesellschaftliche Alternativen, bekräftigte die Referentin
angesichts der tiefen Spaltungen und
Brüche, die aus der verordneten Modernisierung der Produktions- und
Lebensweisen und der dadurch erfolgten Verdrängung traditioneller
Formen der Arbeit und des Wissens
in den Gesellschaften des Südens
hervorgingen. Ihre Kritik entzündet
sich insbesondere an der bereitwilligen Übernahme von Ideen und
Theorien der westeuropäischen und
nordamerikanischen Geistesgeschichte, die nicht ohne weiteres auf
die ganz anders formierten Verhältnisse der Länder des Südens zu übertragen seien.
Selbstbestimmung sei die Voraussetzung für eine soziale, ökonomische
und kulturelle Entwicklung, die den
Menschen gerecht wird. Machten sie
sich allerdings daran, eigene Wege
im Umgang mit ihrer natürlichen
Umgebung, mit ihren kulturellen
Traditionen und ihren sozialen Bedingungen einzuschlagen, seien sie
unausweichlich mit der militärischen
Aggression der mächtigsten kapitalistischen Staaten konfrontiert. So
ständen die Bevölkerungen der Länder des Südens gleich zwei Herausforderungen gegenüber - die inneren
Widersprüche gegen die Interessen
ihrer eigenen Oligarchien und Eliten
aufzulösen und dies auch noch gegen
Während dort der Klassenantagonis- den kolonialistischen und imperialimus die Rolle des prozessierenden stischen Übergriff von außen zu verWiderspruchs einnahm, der die ge- teidigen.
sellschaftliche Entwicklung vorantreibt, habe der europäische Indu- Daß dieser mitunter die Gestalt der
strialismus die gesamte kolonisierte Demokratisierung annimmt, ändert
Welt mit Ausbeutung und Unter- nichts an seiner destruktiven Gewalt,
drückung überzogen. An die Stelle so Radha D'Souza in Hinsicht aufdie
der Sklaven und Tagelöhner seien Dekolonisierung des eigenen Lanheute Arbeitsmigration und Sweat des. Die blutige Teilung Indiens hawww.schattenblick.de
Seite 5
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be gezeigt, worin die Etablierung einer angeblich verantwortungsvoll
handelnden Regierung nach dem
Vorbild der Kolonialmacht resultiere, habe diese doch ein Wahlrecht
durchgesetzt, daß die Menschen auf
der Basis unterschiedlicher Religionen von vornherein gegeneinander
aufgebracht habe. Für die Referentin
stellt sich die Teilung Indiens als eine frühe Form der humanitären Intervention dar. Auch wenn man es
damals noch nicht so bezeichnete, so
fühlt sich Radha D'Souza bei der blutigen Demokratisierung des Nahen
und Mittleren Ostens in jüngster Zeit
an die Ereignisse vor fast 70 Jahren
erinnert.
durchaus lokale Lösungen für die
Versorgung mit Wasser und Strom,
wie Radha D'Souza auf Nachfrage
unter Verweis auf die People's
Science Movements [3] erläuterte. In
diesen sozialen Bewegungen verfolgen Aktivistinnen und Aktivisten wie
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Absicht, das technische
Wissen, das die innovative Dynamik
kapitalistischer Produktivität antreibt, auf seine sozialökologische
Verträglichkeit zurückzubinden und
seinen wirtschaftlichen Ertrag zum
Nutzen der Bevölkerung einzusetzen. Das Ziel, nachhaltige Formen
der Produktion zu entwickeln, wird
auch durch die Reaktivierung traditioneller Formen der technischen BeDemokratie und Industrialismus sei- wältigung von Versorgungsprobleen auch deshalb miteinander unver- men, die ohne extensive Naturzereinbar, weil großdimensionierte Pro- störung auskommen, verfolgt.
duktionsverläufe auf der Basis weltweiter Arbeitsteilung im Wider- Den in urbanen Zentren lebenden
spruch zur notwendigen Einbindung Aktivistinnen und Aktivisten der Andemokratischer Willensbildung in tistaudammbewegung, die den Wiüberschaubare soziale Verhältnisse derstand lokaler Bevölkerungen gestehe. Industrialismus beruhe auf der gen Umweltzerstörung und VertreiExpansion der Maßstäbe, was stets bung unterstützen, wird oft vorgehalin den Versuch gemündet sei, Pro- ten, bedenkenlos den Komfort der
duktion, Distribution und Konsum städtischen Versorgung mit Elektrider lokalen, regionalen und nationa- zität und Wasser in Anspruch zu nehlen Ebene zu entheben und global men, ohne dies auch der Landbevölentufern zu lassen. Das wiederum kerung zu ermöglichen. Dies habe
setze die umfassende Aneignung von das People's Science Movement daArbeit und Ressourcen, die Etablierung komplexer bürokratischer Apparate und professioneller Streitkräfte zur Kontrolle dieser Entwicklung
voraus. Hinzu käme die Einführung
von Rechtsmechanismen und -institutionen, die von der Offenheit zwischenmenschlicher Konfliktbewältigung abstrahierten, indem sie sich
technologiegestützter und formalrechtlich strukturierter Formen der
Mediation bedienten.
Dies ermögliche auch industrielle
Großprojekte wie den Bau von Staudämmen in Indien, die im Interesse
globaler Investoren, internationaler
Organisationen und zentralisierter
Staatsapparate die Enteignung und
Vertreibung von Millionen Menschen bewirken. Dabei gebe es
Seite 6
zu veranlaßt, sich dem traditionellen
Wasserversorgungssystem Indiens
zuzuwenden, das für das Problem eines trockenen subtropischen Landes,
nur mit drei Monaten Regen im Jahr
auskommen zu müssen, längst technische Lösungen der Aufbewahrung
von Wasser entwickelt hatte.
Als einige dieser traditionellen Systeme der Wasserversorgung für den
menschlichen Gebrauch und die Bewässerung der Felder errichtet und
zudem für die Stromerzeugung eingesetzt wurden, rief das die indische
Regierung auf den Plan. Sie bestand
darauf, daß die Wasserversorgung
eine zentralstaatliche Aufgabe sei,
und weigerte sich, die gesetzlichen
Grundlagen für Systeme der lokalen
Selbstversorgung zu schaffen. Später wurde die nationale Stromversorgung privaten Investoren überlassen,
ohne daß die Regierung ein Problem
damit hatte, die dafür erforderlichen
Gesetze zu beschließen.
Dies sei nur nur ein Beispiel der vielen Probleme, auf die soziale Bewegungen wie das People's Science
Movement stoßen, wenn sie der
schlichten Tatsache, die spezifischen
Bedingungen des jeweiligen Ortes in
den Mittelpunkt der Entwicklung
von Versorgungs- und Bewirtschaf-
Die Botschaft fällt auf fruchtbaren Boden
Foto: © 2015 by Schattenblick
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Fr, 22. Mai 2015
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hin habe sich der Industrialismus
des 19. Jahrhunderts zum Militarismus des 20. Jahrhunderts transformiert, sei das Militär doch seit dem
letzten Weltkrieg die zentrale Triebkraft wissenschaftlicher und technologischer Innovation. Das gelte
auch für die Sozialwissenschaften,
für die wissenschaftliche Erforschung betrieblicher und gesellschaftlicher Organisation, für die
Technologien des Managements,
der Kybernetik und Kommunikation. Zwischen den Bürokratien der
Unternehmen, des Staates, des
Rechts und der Wissenserzeugung
hätten sich zahlreiche Drehtüren
geöffnet, was allerdings nur dann,
wenn es an die Oberfläche der MeWissen dekolonisieren, Mensch dien gelange, als Skandal empfunden werde.
und Natur regenerieren
tungssystemen zu stellen, Rechnung
tragen. Tatsächlich seien die Systeme der Wasserversorgung in Britannien, wo es das ganze Jahr regnet,
und Indiens, wo lange Phasen der
Dürre vorherrschen, nicht zu vergleichen, so Radha D'Souza. Auch das
sei ein Grund dafür, daß sich die Fragestellungen, mit denen die Wissenschaften befaßt sind, ändern müßten.
In Indien jedenfalls habe man erleben müssen, wie die Regierungstechniken des Kolonialismus das lokale Wissen über die Natur, die Menschen und die Gesellschaft zerstörten, um die eigene Doktrin zur alternativlosen Wahrheit zu erheben.
Überall in der Dritten Welt habe man
leidvoll erfahren, wie der Prozeß der
Dekolonisierung in der Übernahme
des Vermächtnisses der Kolonialmächte endete. Man habe geglaubt,
man könne Kapitalismus praktizieren, ohne dabei kolonialistisch zu
agieren, und habe so neue Abhängigkeitsverhältnisse und Zerstörungsprozesse hervorgebracht. Im Unterschied zu den antikolonialistischen
Bewegungen des letzten Jahrhunderts hätten die Vertreibungen, die
durch industrielle und infrastrukturelle Großprojekte in Gang gesetzt
wurden, keinen in seiner Größe und
Wirksamkeit vergleichbaren Widerstand hervorgerufen.
Dies alles richte sich gegen die demokratische Ermächtigung von unten, beruhe diese doch auf räumlichen Verhältnissen, die eine enge
Verbindung von Menschen, Kulturen
und Arbeitsverhältnissen ermöglichen. Während Ortsgebundenheit für
die Regeneration der Natur, der Gesellschaft und des Lebens stehe, mache die Ideologie des industriellen
Militarismus Front gegen Mensch,
Kultur und Natur. Wirkliche Demokratie bedürfe anderer Formen von
Wissenschaft und Rechtsprechung
als die des Industrialismus, der die
Natur erforscht, um sie profitträchtig
in Produktion, Distribution und Konsumption einspeisen zu können.
Es mache eben keinen Unterschied,
ob die umfassende Aneignung von
Arbeit und Natur unter liberalem,
sozialistischen oder nationalistischen Vorzeichen erfolge. Die
Kommodifizierung von Arbeit und
Natur setze voraus, daß der Faden
zu den lokalen Erfordernissen ihrer
Erbringung und Entstehung durchschnitten wird. Eine produktive Kooperation von Mensch und Natur
könne nur unter den materiellen Bedingungen des jeweiligen Ortes entstehen, nicht in der abstrakten Welt
bürokratischer Institutionen. Ohne-
Von daher sei es äußerst problematisch, Modernisierung und Demokratisierung in eins zu setzen. Zahlreiche Organisationen in der Dritten
Welt hätten die Unvereinbarkeit von
expansionistischem Industrialismus
und demokratischer Entwicklung erkannt, doch wie könne man diese
beiden Konzepte wieder voneinander entkoppeln? Radha D'Souza beantwortet diese Frage mit einer Kritik an der europäischen Aufklärung.
Deren spezifische Entstehungsbedingungen machten diese geistesgeschichtliche Tradition ungeeignet
Fr, 22. Mai 2015
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dafür, auf ganz anders gestaltete
Länder und Kulturen übertragbar zu
sein. Mehr als 500 Jahre Aufklärung
hätten die menschliche Zivilisation
an den Rand ihrer Existenz manövriert und die Menschen zu einem
Leben unter permanenter Unsicherheit verurteilt. Die expandierenden
Dimensionen der Produktion, Distribution und Konsumption hätten
dementsprechend anwachsende Zerstörungsprozesse hervorgebracht,
wozu auch die Verabsolutierung des
Vertragsrechts im Neoliberalismus
beitrug, so die Rechtswissenschaftlerin.
Heute könne alles Objekt eines Vertrages werden, was sich besonders
verheerend auswirke, wenn supranationale Organisationen wie die Weltbank oder der IWF den Ländern des
Südens diktierten, welche verfassungsmäßigen und gesetzlichen Veränderungen sie zu übernehmen hätten. Die Denker der Aufklärung hätten das Vertragsrecht aufgrund seines
freiwilligen Charakters auf eine metaphysische Ebene gehoben und damit die übernatürliche Quelle des
Rechts in der Theologie angezapft,
so die allerdings nicht zur Erheiterung bestimmte Pointe der Referentin. Radha D'Souza wirft die rhetorische Frage auf, was wohl freiwillig
daran wäre, wenn eine arme Frau in
einem Drittweltland als Leihmutter
für ein europäisches Paar fungiert
oder ein armer Mann seine Niere einem reichen Empfänger spendet,
weil er sonst nichts mehr zu verkaufen hat.
Im Kampf gegen den Feudalismus
hätten die Denker der Aufklärung
auch gegen die Verbindung des
Menschen zum konkreten Ort und im
Widerstand gegen den Klerus gegen
die Schutzwürdigkeit der Natur rebelliert, die ihnen als gottgegeben
erschien. Der Imperialismus habe jedoch die feudalistischen Machtstrukturen der Dritten Welt in ihrer
Gesamtheit kooptiert, so daß Feudalismus und Imperialismus sich auf
gegenseitige Weise verstärkten.
Seite 7
Elektronische Zeitung Schattenblick
Mithin könne nicht erstaunen, daß
die nationalen Befreiungskämpfe
dieser Ära keine neuen Wissenschaften und kein neues Rechtsverständnis hervorgebracht haben. Indem die Befreiungsbewegungen die
wissenschaftlichen und konstitutionellen Werkzeuge der Kolonialherren in der irrtümlichen Vorstellung
übernahmen, dadurch das Wohlergehen der Bevölkerung zu sichern,
öffneten sie dem Neokolonialismus
und schließlich dem Neoliberalismus Tür und Tor. Auch die sozialistischen Revolutionen hätten die
positivistischen Wissenschafts- und
Rechtssysteme der Aufklärung
übernommen, ohne zu berücksichtigen, daß sich der Sozialismus
nicht auf den Grundlagen des Kapitalismus und Selbstbestimmung
nicht auf den Grundlagen des Imperialismus errichten lassen. Wer über
gesellschaftliche Alternativen nachdenke, dem stelle sich die Aufgabe,
die Voraussetzungen der herrschenden politischen Ökonomie wirksam
in Frage zu stellen, um die gleichen
Fehler nicht noch einmal zu wiederholen.
Für südasiatische Gesellschaften sei
der demokratische Konföderalismus Abdullah Öcalans nichts Neues, erklärt Radha D'Souza anschließend in der Diskussion, sondern
quasi der Naturzustand. Indien sei
der zentralisierte Staat kolonialistisch aufoktroyiert worden, was
auch zu Lasten sogenannter Dorfrepubliken, also selbstorganisierter
und selbstversorgender Dorfgemeinschaften, gegangen sei. Ob
diese sich einer zentralstaatlichen
Kontrolle entziehen können oder in
künftigen Verteilungskämpfen bürokratisch verwalteten Apparaten,
die die Ziele der Politik mit Hilfe
des staatlichen Gewaltmonopols
durchsetzen, unterworfen werden,
ist nicht zuletzt eine Frage der
Emanzipation von allen Formen administrativer Fremdbestimmung.
(wird fortgesetzt)
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Audimax der Universität Hamburg
Foto: © 2015 by Schattenblick
Anmerkungen:
Fanon-reflections.pdf&rct=j&q=&esrc=s&sa=U&ei=LrRdVbyQGIX8ygPtz4HoCA&ved=0CBQQFjAA&usg=AFQjCNEV9XkpaFOXqYNVDqq3Sp4a0Uso2Q
[1] http://www.interfacejournal.net/wordpress/wp-content/uploads/2013/05/Issue-5_1-full- [3] http://www.unm.edu/~varPdF.pdf
ma/print/EPW_Science%2520Movements.pdf
[2] http://www.google.de/url?url=http://www.interfacehttp://www.schattenblick.de/
journal.net/wordpress/wp-coninfopool/politik/report/
tent/uploads/2013/05/Interface-5-1prbe0192.html
POLITIK / ERNÄHRUNG / INTERNATIONAL
Afrika: Gemüse aus dem Sack Von Stadtfarmern und Mikrogärtnern
IPS­Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS­Tagesdienst vom 20. Mai 2015
von Miriam Gathigah und Lisa Vives
NAIROBI/NEW YORK (IPS) ­ In
Afrika werden bis zum Jahr 2050
aller Voraussicht nach 58 Prozent
der Bevölkerung - 1,26 Milliarden Menschen - in Städten leben.
Diese Menschenmassen zu ernähren, ist eine ständig wachsende Herausforderung. Inzwischen
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betreiben Millionen städtische
Arme erfolgreich verschiedene
Formen der urbanen Landwirtschaft, um ihr Überleben zu sichern.
In der größten Armensiedlung
Afrikas, dem Kibera-Slum in der
Fr, 22. Mai 2015
Elektronische Zeitung Schattenblick
Durchschnittsfamilie nur 50 bis 100
Dollar im Monat zur Verfügung stehen", meint der Wirtschaftswissenschaftler Arthur Kimani.
Courtney Gallaher ist Assistenzprofessorin an der 'Michigan State University'. Sie forscht über Nahrungssysteme und nachhaltige Landwirtschaft. Ihren Untersuchungen zufolge geben die meisten Haushalte im
Kibera-Slum 50 bis 75 Prozent ihrer
Einkommen für Nahrungsmittel aus.
Durch den Verkauf eines Teils des
Gemüses, das sie in den Pflanzsäcken ziehen, können sie zwischen
20 und 30 Dollar monatlich - abzüglich der Bewässerungskosten - dazuverdienen.
Alice Atieno zwischen ihren
Sackbeeten im Kibera­Slum in der
kenianischen Hauptstadt Nairobi
Bild: © Miriam Gathigah/IPS
kenianischen Hauptstadt Nairobi,
hat vor einigen Jahren das 'Gartenim-Sack-Konzept' Einzug gehalten.
Für diese Form der vertikalen Landwirtschaft spricht eine Vielzahl von
Faktoren wie die geringen Produktionskosten und die Möglichkeit,
hohe Erträge auf begrenztem Raum
zu erzielen.
"Ein Sack kostet etwa zwölf Cent,
die Erde höchstens einen Dollar",
rechnet der Kibera-Farmer Peris
Muriuki vor und fügt hinzu: "Für
die meisten von uns ist die Erde kostenlos, weil wir sie uns aus der näheren Umgebung holen."
Die Mikrogärtner brauchen neben
den Säcken und der Erde Dung und
kleine Steine als Bodensatz, die das
überschüssige Wasser drainieren.
Sind die Sack-Beete vorbereitet,
werden die Pflanzensamen oben
und seitlich ins Erdreich gedrückt.
Wenn sie keimen, suchen sich die
Triebe auf dem Weg zur Sonne ihren Weg durch die seitlich in die
Säcke gebohrten Löcher.
Fr, 22. Mai 2015
Erfolgreiche Projekte
Gefördert wird das Prinzip von etlichen Nichtregierungsorganisationen.
Die französischen 'Solidarites International' konnten seit 2008 22.109
Haushalte in den Elendsvierteln Mathare, Kiambiu und Kibera zum
Sackgärtnern mobilisieren, wovon
insgesamt 110.000 Menschen profitieren. Angelaufen war das Unterfangen als Projekt zur Beschäftigung
junger Arbeitsloser im Zusammenhang mit den Unruhen nach den umstrittenen Präsidentschaftswahlen
2007, die landesweit mehr als 1.000
Tote forderten.
Auch Alice Atieno zieht ihr Gemüse
- Kohlköpfe, Spinat, Paprika und
Frühlingszwiebeln - in Säcken. Ihre
sechs Kinder passen auf, dass sie die
Stauden nicht beschädigen. "Sie wissen, was Hunger bedeutet", sagt die
Mutter. "Und sie wissen genau, dass
es diese Pflanzen sind, die sie ernähren."
Nach Angaben des 'Map Kibera
Trust', der sich für die Partizipation
von Slumbewohnern an Entscheidungsprozessen einsetzt, generieren
die Pflanzsäcke ein wöchentliches
Zusatzeinkommen von mindestens
fünf US-Dollar. "Das ist recht viel,
wenn man bedenkt, dass einer
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Zahlen des Landwirtschaftsministeriums von 2010 belegen, dass 30
Prozent der Einwohner Nairobis innerstädtisch und an den Stadträndern
Landwirtschaft betreiben, die meisten von ihnen greifen auf städtische
Abwässer zurück. Die Nahrungsmittelproduktion in Säcken gilt als gesunde Alternative.
Die städtische Landwirtschaft, ob
nun in Säcken oder auf Mikro-Parzellen praktiziert, hat sich längst
afrikaweit durchgesetzt. In Kobaya,
einer Siedlung am Rand der guineischen Hauptstadt Conakry, bewirtschaftet eine Gruppe von Frauen seit
1997 drei Hektar Land. Die Brunnen auf dem Gelände haben sie
selbst gegraben, und die Gartengeräte, die sie benötigen, sowie Säcke
und eine Karre, auf der sie ihr Gemüse zum Markt transportieren,
sind in einem Schuppen untergebracht.
Die Frauenkooperative benutzt keine chemischen Düngemittel, um die
Produktion anzukurbeln. "Unser Gemüse wird natürlich angebaut und
geerntet", versichert Ramata Touré,
die für die Vermarktung der Erzeugnisse zuständig ist. "Mit Hilfe eines
Experten haben wir den Boden so
bearbeitet und aufgeteilt, dass wir
das ganze Jahr über ernten können."
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Elektronische Zeitung Schattenblick
Afrikaweites Phänomen
In Kamerun, Malawi und Ghana
bauen Schätzungen zufolge zwischen 25 und 50 Prozent der urbanen Haushalte Gemüse an. In Malawi verfügen 700.000 Stadtbewohner über Mini-Gärten. In Accra (Ghana) und Freetown (Sierra
Leone) ist die städtische Landwirtschaft inzwischen fester Bestandteil der jeweiligen Stadtentwicklungspläne. In vielen afrikanischen
Ländern wie Burundi und der Demokratischen Republik Kongo
gibt es Schulen, die die Kinder mit
selbst angebauten Agrarerzeugnissen versorgen.
UMWELT / INTERNATIONALES / PROTEST
Karibik: Luxus-Bauprojekte in Antigua und Barbuda
bedrohen Meeresökosysteme
IPS­Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS­Tagesdienst vom 21. Mai 2015
von Desmond Brown
Wie aus einer Untersuchung des
Internationalen Wassermanagement-Instituts (IWMI) hervorgeht,
gehen mindestens 20 Millionen
der 100 Millionen Städter Westafrikas irgendeiner Form von
Landwirtschaft nach. Weltweit
produzieren 800 Millionen Stadtfarmer ein Fünftel der globalen
Nahrungsmittel, heißt es in einer
weiteren IWMI-Studie aus dem
letzten Jahr.
(Ende/IPS/kb/20.05.2015)
Links:
http://www.iwmi.cgiar.org/2014/01/harvesting-citiestapping-the-potential-of-urban-agriculture/
http://www.ipsnews.net/2015/05/kenyans-attack-food-insecurity-withurban-farms-and-sack-gardens/
http://www.ipsnews.net/2013/08/slum-farmers-rise-above-the-sewers/
Auf der Insel Guiana müssen Man­
grovenwälder neuen Straßen weichen
Bild: © Desmond Brown/IPS
GUIANA ISLAND (IPS) ­ Als Gaston
platz und ein Jachthafen auf dem
Programm.
Dass die 2011 in Peking gegründete
'Yida International Investment
Group' damit begonnen hat, die
Mangroven auf der Insel abzuholzen,
hat zu heftigen Protesten von Umweltschützern geführt. In einer Online-Petition forderten sie den Regierungschef auf, das illegale Vorgehen
der Chinesen in dem Meeresschutzgebiet zu verhindern.
Brown bei den Wahlen im Juni 2014
die Arbeiterpartei von Antigua und
Barbuda zum Erdrutschsieg führte,
verhieß er dem Karibikstaat eine
glänzende Zukunft als regionales
Wirtschaftszentrum. In den ersten
100 Tagen seiner Amtszeit billigte er
eine Vielzahl privater Investitions© IPS-Inter Press Service Deutsch- projekte in Wert von mehr als drei
Milliarden US-Dollar.
Guiana, das vor der Nordostküste
land GmbH
Antiguas zwischen der Halbinsel
Das mondänste ist das 'Guiana Island Parham und der Insel Crump liegt,
Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 20. Mai 2015 Project' der chinesischen Yida-Grup- ist die viertgrößte Insel des Karibikpe, das die Entwicklung der landes- staates und Habitat des Damhirsches,
weit größten Freihandelszone vor- des Nationaltieres von Antigua und
http://www.schattenblick.de/
sieht. Darüber hinaus stehen ein Barbuda. Sollte in dem Gebiet ein
infopool/politik/ernaehr/
Mehrzweck-Konferenzzentrum, Vil- Jachthafen entstehen, würden Riffe
peri0134.html
lensiedlungen, ein 27-Loch-Golf- und Seegrasbetten zerstört, warnt
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Fr, 22. Mai 2015
Elektronische Zeitung Schattenblick
"fundamentalistische" Haltung vor.
Er räumte ein, dass "manche Tierarten möglicherweise vernichtet werden müssen", wenn die Regierung
ihre Entwicklungsprojekte voranbringe. "Meine Regierung muss
nicht in Umweltschutz unterwiesen
werden", betont er.
Fuller drohte jedoch, dass die Umweltschützer Brown für Gesetzesübertretungen zur Rechenschaft ziehen würden.
(Ende/IPS/ck/20.05.2015)
Link:
http://www.ipsnews.net/2015/05/development-threatens-antiguas-protected-guiana-island/
Eli Fuller, Vorsitzender der Umwelt­
weltorganisation 'Antigua Conser­
vation Society'
Bild: © Desmond Brown/IPS
Tahambey Smith, Vorsitzender der
'Environment Awareness Group'
(EAG). Auch die Sicherheit der Inselbewohner sei dann in Gefahr,
denn die Riffe dienten als natürliche
Puffer gegen hohe Atlantikwellen.
Wichtige Brut- und Laichgebiete gefährdet
Der Erhalt der Natur für kommende
Generationen sei wichtiger als ein
paar neue Arbeitsplätze, so der Umweltaktivist. "Der Wert der Mangroven als Brut- und Laichgebiete für
Fische, Hummer und Schalentiere ist
wissenschaftlich erwiesen. In den
Küstengewässern von Guiana vermehren sich auch Arten, die eigentlich in den Gewässern anderer Karibikinseln wie St. Kitts, St. Maarten
oder Guadeloupe heimisch sind.
Umweltsünden in Antigua, die auch
unsere Nachbarn zu spüren bekommen."
mawandel anpassen, wenn diese Systeme bedroht sind? Sind sie einmal © IPS-Inter Press Service Deutschvernichtet, wird es schwer sein, Re- land GmbH
silienz aufzubauen."
Quelle:
Gerade für die kleinen Inseln habe IPS-Tagesdienst vom 21. Mai 2015
der Klimawandel weitreichende Folhttp://www.schattenblick.de/
gen, so auch Eli Fuller, Vorsitzender
infopool/umwelt/internat/
der 'Antigua Conservation Society'
uipt0097.html
(ACS), die federführend an der Petition für den Erhalt der Natur in Guiana beteiligt ist. Diese macht geltend,
dass die Insel Teil eines gesetzlich
festgelegten Schutzgebietes ist.
"Mangroven-Habitate tragen dazu
bei, die Küstenerosion aufzuhalten,
die durch den Klimawandel verstärkt
wird. Zudem ist mit heftigeren Stürmen, längeren Dürren und schlimmeren Fluten zu rechnen. Mangroven können außerdem Sedimente zurückhalten, die durch starke Niederschläge oder Überschwemmungen
von der Insel fortgeschwemmt werden", so Fuller. Auf diese Weise
könnten Korallen oder Grasbetten
gerettet werden, die durch die Ablagerungen zerstört würden. Wenn die
Riffe geschützt würden, könnten sie
Ruth Spencer, die für das Kleinkre- der durch den Klimawandel verurditprogramm SGB der Globalen sachten Korallenbleiche besser WiUmweltfazilität GEF in Antigua und derstand leisten.
Barbuda tätig ist, rät dringend zu einem Schutz der marinen Ökosyste- Premierminister Brown wirft den
me. "Wie können wir uns dem Kli- Umweltaktivisten hingegen eine
Fr, 22. Mai 2015
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Ein Kampf für die Ewigkeit
Vorschau auf ausgewählte
Profikämpfe der kommenden
Wochen
23. Mai: Andre Dirrell gegen
James DeGale
29. Mai: Amir Khan gegen
Chris Algieri
30. Mai: Kell Brook gegen
Frankie Gavin
6. Juni: Miguel Cotto gegen
Daniel Geale
12. Juni: Marco Huck gegen
Krzysztof Glowacki
20. Juni: Andre Ward gegen
Paul Smith
http://www.schattenblick.de/
infopool/sport/boxen/
sbxm1698.html
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Elektronische Zeitung Schattenblick
______I n h a l t______________________________________Ausgabe 1470 / Freitag, den 22. Mai 2015____
POLITIK - WIRTSCHAFT
SCHACH-SPHINX
POLITIK - REPORT
POLITIK - ERNÄHRUNG
UMWELT - INTERNATIONALES
DIENSTE - WETTER
Brasilien - Korruption bei Megaprojekten schädigt Image der Rousseff-Regierung (IPS)
Die Zeit mag vergehen ...
Kurdischer Aufbruch - Gesichter des Kapitals ... (1)
Afrika - Gemüse aus dem Sack, von Stadtfarmern und Mikrogärtnern (IPS)
Karibik - Luxus-Bauprojekte in Antigua und Barbuda bedrohen Meeresökosysteme (IPS)
Und morgen, den 22. Mai 2015
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DIENSTE / WETTER / AUSSICHTEN
Und morgen, den 22. April 2015
+++ Vorhersage für den 22.05.2015 bis zum 23.05.2015 +++
Langsam fühlt 's sich danach an,
als ob das späte Frühjahr auch
doch noch wärmer werden kann,
schon als Wohltat für Jean-Lucs Bauch.
© 2014 by Schattenblick
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