Kapitel 3

4
Die Prinzipien der Funktionalanalysis
4.1 Der Satz von Baire und das Prinzip der gleichm¨
aßigen Beschr¨
anktheit Sei X ein
topologischer Raum und A ⊂ X. A heißt nirgends dicht, wenn A keine inneren Punkte enth¨
alt. A
heißt mager (oder von erster Kategorie), wenn A sich als abz¨ahlbare Vereinigung nirgends dichter
Mengen darstellen l¨
asst. Eine nichtmagere Menge heißt auch von zweiter Kategorie.
c
F¨
ur eine nirgends dichte Menge A ist das Komplement A dicht in X. Denn andernfalls g¨
abe
es eine offene Menge U ⊂ A, was der Definition der nirgends dichten Menge widerspricht.
Teilmengen magerer Mengen sind mager. Die abz¨ahlbare Vereinigung magerer Mengen ist ebenfalls mager. Der Satz von Baire besagt, dass ein vollst¨andiger metrischer Raum nichtmager ist.
Durch Verneinung und/oder Komplementbildung gibt es mehrere Versionen.
Satz 4.1 (Baire) In einem vollst¨
andigen metrischen Raum ist der Durchschnitt von abz¨
ahlbar
vielen offenen und dichten Mengen dicht.
Korollar 4.2 Ein vollst¨
andiger metrischer Raum ist nichtmager (als Teilmenge von sich selbst).
Korollar 4.3 Sei X ein vollst¨
andiger metrischer Raum und seien Ak abz¨
ahlbar viele abgeschlossene
Teilmengen von X. Wenn ∪k Ak eine offene Kugel enth¨
alt, so gibt es ein k, so dass Ak eine offene
Kugel enth¨
alt.
Beweis: Sei (Ak )k∈N eine Folge von offenen und dichten Mengen des vollst¨andigen metrischen
Raums X. Sei Bε0 (x0 ) eine beliebige offene Kugel von X. Die Menge Bε0 /2 (x0 ) ∩ A1 ist offen und
dicht in Bε0 /2 (x0 ) und enth¨
alt demnach eine weitere offene Kugel Bε1 (x1 ) mit 0 < ε1 < ε0 /2. Durch
Fortsetzung dieser Konstruktion erhalten wir eine Folge von offenen Kugeln mit
1
εk < εk−1 .
2
Die Mittelpunkte xk dieser Kugeln bilden eine Cauchy-Folge und wegen der Vollst¨andigkeit von X
gilt xk → x. F¨
ur l > k folgt
Bεk (xk ) ⊂ Bεk−1 (xk−1 ) ∩ Ak ,
1
1
d(xk , x) ≤ d(xk , xl ) + d(xl , x) ≤ εk + d(xl , x) → εk ,
2
2
also x ∈ Bεk (xk ) und daher auch x ∈ Ak . Damit ist x ∈ Bε0 (x0 ) und x ∈ ∩k Ak . Da Bε0 (x0 ) beliebig
gew¨ahlt war, ist ∩k Ak dicht in X.
Das Korollar 4.2 beweist man durch Komplementbildung. Sei {Ek }k∈N eine Familie von nirgends
c
dichten Teilmengen von X. Die Mengen Ak = Ek sind offen und dicht in X. Da der Durchschnitt
der Ak nach dem Satz von Baire dicht in X liegt, kann die Vereinigung der Ek nicht mit dem
ganzen Raum u
¨bereinstimmen.
F¨
ur das Korollar 4.3 verwenden wir eine Folgerung aus dem Beweis des letzten Korollars: Die
abz¨ahlbare Vereinigung nirgends dichter Mengen enth¨alt keine inneren Punkte. Dies ist gerade der
indirekte Beweis von Korollar 4.3.
Da die Vereinigung magerer Mengen mager ist, muss nach Korollar 4.2 im vollst¨andigen metrischen
Raum das Komplement einer mageren Menge nichtmager sein.
Beispiel 4.4 [Gleichm¨
aßige Beschr¨
anktheit stetiger Funktionen] Sei H ⊂ C([0, 1]) punktweise beschr¨ankt, zu jedem x ∈ [0, 1] soll es also ein Kx geben mit |u(x)| ≤ Kx f¨
ur alle u ∈ H.
Um einzusehen, dass hieraus nicht die gleichm¨aßige Beschr¨anktheit
von H folgt, setzen wir f¨
ur beliebiges x0 ∈ (0, 1] und gen¨
ugend großes k

0
f¨
ur 0 ≤ x ≤ x0 − 2/k und x ≥ x0 ,



k
f¨
ur x = x0 − 1/k,
uk (x) =



stw. linear sonst.
0
23
x0
1
Diese Funktionenmenge ist offenbar punktweise, aber nicht gleichm¨aßig beschr¨ankt. Da solche Beispiele f¨
ur verschiedene x0 miteinander kombiniert werden k¨onnen, ist das folgende Resultat eine
¨
Uberraschung:
Satz Ist die Menge H ⊂ C([0, 1]) punktweise beschr¨
ankt, so gibt es ein nichtleeres offenes Intervall
I ⊂ [0, 1], auf dem H gleichm¨
aßig beschr¨
ankt ist, es gibt also eine Konstante K mit |u(x)| ≤ K f¨
ur
alle x ∈ I und alle u ∈ H.
Beweis: Die Mengen
Ak = {x ∈ [0, 1] : |u(x)| ≤ k f¨
ur alle u ∈ H}
sind wegen der Stetigkeit der Funktionen u abgeschlossen und es gilt wegen der punktweisen Beschr¨anktheit ∪k Ak = [0, 1]. Nach Korollar 4.3 gibt es ein offenes Intervall I mit I ⊂ Ak f¨
ur ein k.
F¨
ur lineare Abbildungen liefert dieses Beispiel noch mehr:
Satz 4.5 (Prinzip der gleichm¨
aßigen Beschr¨
anktheit, Satz von Banach-Steinhaus)
Seien X, Y Banach-R¨
aume und die Menge H ⊂ L(X, Y ) sei punktweise beschr¨
ankt, also
kT xkY ≤ Kx f¨
ur alle T ∈ H. Dann ist die Menge H gleichm¨
aßig beschr¨
ankt,
kT kX→Y ≤ K
f¨
ur alle T ∈ H.
Beweis: Setze Ak = {x ∈ X : kT xkY ≤ k f¨
ur alle T ∈ H}. Da x 7→ T x 7→ kT xkY f¨
ur jedes T
stetig ist, ist {x ∈ X : kT xk ≤ k} abgeschlossen und Ak als Durchschnitt dieser Mengen ebenfalls.
Es ist X = ∪k Ak , weil H punktweise beschr¨ankt ist. Nach Korollar 4.3 gibt es eine offene Kugel
mit B2d (x0 ) ⊂ Ak f¨
ur ein k ∈ , also kT xkY ≤ k f¨
ur alle x ∈ B2d (x0 ) und alle T ∈ H. Dann gilt
f¨
ur kxk = 1
N
kT xkY =
≤
daher kT kX→Y ≤
1
1
kT (dx)kY = kT (dx + x0 − x0 )kY
d
d
1
1
k k
kT (dx + x0 )kY + kT x0 kY ≤ + ,
d
d
d d
2k
d .
Korollar 4.6 Seien X, Y Banach-R¨
aume und die Folge (Tk ) in L(X, Y ) sei punktweise konvergent,
also Tk x → T x f¨
ur alle x ∈ X. Dann ist auch T ∈ L(X, Y ).
Beweis: Die Linearit¨
at von T folgt bereits aus der punktweisen Konvergenz (siehe Beweis von
Satz 3.6). Da die Tk insbesondere punktweise beschr¨ankt sind, folgt aus dem Prinzip der gleichm¨
aßigem Beschr¨
anktheit kTk kX→Y ≤ K, daher kT xkY = lim kTk xkY ≤ KkxkX .
4.2 Das Prinzip der offenen Abbildung Wir hatten eine Abbildung offen genannt, wenn
offene Mengen auf offene Mengen abgebildet werden.
Satz 4.7 (Prinzip der offenen Abbildung, Satz vom inversen Operator) Seien
X, Y
Banach-R¨
aume und T ∈ L(X, Y ) sei surjektiv. Dann ist T offen. Demnach ist die Inverse T −1
stetig, wenn T bijektiv ist.
Beweis: Dies ist letztlich eine nichttriviale Folgerung aus dem Satz von Baire. Der Beweis erfolgt
in mehreren Schritten:
(i) Sei Ua = Ba (0). T (U1 ) enth¨
alt eine offene Kugel.
24
Es gilt X = ∪k Uk . Da T surjektiv und linear ist, folgt
Y = T (X) = ∪k T (Uk ) = ∪k T (Uk ).
alt
Nach Korollar 4.3 gibt es ein l, so dass T (Ul ) eine offene Kugel vom Radius r enth¨alt. Damit enth¨
T (U1 ) eine offene Kugel vom Radius r/l.
ur alle ε > 0.
(ii) 0 ist innerer Punkt von T (Uε ) f¨
Vorausgeschickt sei die Bemerkung, dass der Abschluß einer konvexen Menge A ebenfalls konvex
ist, denn wenn (xk ) und (yk ) Folgen in A sind, so ist auch (txk + (1 − t)yk ), t ∈ [0, 1], eine Folge in
A.
Nach (i) gibt es ein y ∈ X und ein η > 0 mit
kx − ykX < η ⇒ x ∈ T (U1 ).
Da U1 symmetrisch bez¨
uglich des Nullpunkts ist, gilt dies auch mit y ersetzt durch −y. F¨
ur kxk < η
folgt aus x ± y ∈ T (U1 ) und der Konvexit¨at von T (U1 )
1
1
x = (x − y) + (x + y) ∈ T (U1 ),
2
2
daher Bη (0) ⊂ T (U1 ) und Bηε (0) ⊂ T (Uε )
(iii) 0 ist innerer Punkt von T (Uε ).
P
Sei εk > 0 eine beliebige Folge mit ε0 = ∞
ur Uk = Bεk (0) enth¨alt T (Uk ) nach (ii) eine
k=1 εk . F¨
offene Kugel Vk = Bηk (0). Da T stetig ist, gilt limk→∞ ηk = 0. Zu beliebigem y ∈ V0 definiere eine
Folge (xk ) durch
y ∈ V0 ⇒
y ∈ T (U0 )
⇒ ∃x0 ∈ U0 mit ky − T x0 kY < η1 ,
y − T x0 ∈ V1 ⇒ y − T x0 ∈ T (U1 ) ⇒ ∃x1 ∈ U1 mit ky − T x0 − T x1 kY < η2 ,
der k-te Schritt dieser Konstruktion lautet dann
∃xk ∈ Uk mit ky −
k
X
T xi kY < ηk+1 .
i=0
P
P
Die Reihe ∞
ur x = ∞
k=0 xk konvergiert wegen kxk kX < εk . Daher folgt f¨
k=0 xk , dass kxkX < 2ε0
und y = T x. Somit gibt es zu jedem ε0 > 0 ein η0 mit Bη0 (0) ⊂ T (B2ε0 (0)). Damit ist (iii) gezeigt.
(iv) F¨
ur M ⊂ X offen ist T (M ) offen.
Da die Translation ein Hom¨
oomorphismus ist, ist nach (iii) jeder Punkt von T (M ) innerer Punkt.
F¨
ur beliebige Mengen X, Y und T : X → Y heißt
G(T ) = (x, T x) : x ∈ X ⊂ X × Y
der Graph von T. Wenn X und Y Banach-R¨aume sind, so l¨asst sich die Produkttopologie auf X ×Y
durch
k(x, y)kX×Y = kxkX + kykY .
zu einem Banach-Raum normieren. Falls T : X → Y linear, so ist der Graph von T ein Unterraum
von X × Y. Der Satz vom inversen Operator liefert f¨
ur den Graphen von T :
Korollar 4.8 (Satz vom abgeschlossenen Graphen) Seien X, Y Banach-R¨
aume und T :
X → Y eine lineare Abbildung. Dann gilt
T ist stetig
⇔
G(T ) ist abgeschlossen in X × Y.
25
Beweis: ⇒: Sei (xk ) eine Folge in X mit xk → x. Weil T stetig ist, gilt T xk → T x. Wenn also
(xk , T xk ) in X × Y konvergent ist, so geh¨ort der Grenzwert ebenfalls zu G(T ). Damit ist G(T )
abgeschlossen.
⇐: G(T ) ist nach Voraussetzung ein abgeschlossener Unterraum von X × Y und damit selber
ein Banach-Raum. Die Projektion π : G(T ) → X, (x, T x) 7→ x, ist bijektiv, linear und stetig; nach
Satz 4.7 ist auch π −1 stetig. Da die Projektion PY : X × Y → Y stetig ist, ist auch T = PY ◦ π −1
stetig.
4.3 Hahn-Banach-S¨
atze Die Hahn-Banach-S¨atze besch¨aftigen sich mit der Existenz stetiger
linearer Funktionale f ∈ X ′ . Es gibt zwei Typen: Die Fortsetzungss¨atze erlauben die stetige Fortsetzung von Funktionalen, die nur auf einem linearen Unterraum definiert sind, und die Trennungss¨
atze
sichern die Existenz von Funktionalen, die auf disjunkten, konvexen Mengen verschiedene Werte
annehmen.
Sei X ein reeller Vektorraum und p : X → . p heißt sublinear, wenn
R
(a) p(tx) = tp(x) f¨
ur alle t ≥ 0 und x ∈ X,
(b) p(x + y) ≤ p(x) + p(y) f¨
ur alle x, y ∈ X.
Jede Halbnorm ist sublinear. Der Begriff des sublinearen Funktionals ist auch im
sinnvoll, denn jeder -Vektorraum ist auch ein -Vektorraum.
C
R
C-Vektorraum
Satz 4.9 (Hahn-Banachscher Fortsetzungssatz) Sei M ein Unterraum eines reellen Vektorraums X (ohne Topologie !) und p : X → sei ein sublineares Funktional. Weiter sei f : M →
linear mit f (x) ≤ p(x) f¨
ur alle x ∈ M. Dann gibt es ein lineares F : X → mit F |M = f und
R
R
−p(−x) ≤ F (x) ≤ p(x)
R
f¨
ur alle x ∈ X.
Beweis: Sei M 6= X. W¨
ahle ein x1 ∈ X \ M und setze
M1 = {x + tx1 : x ∈ M, t ∈
R}.
M1 ist offenbar ein Vektorraum. F¨
ur x, y ∈ M gilt
f (x) + f (y) = f (x + y) ≤ p(x + y) ≤ p(x − x1 ) + p(x1 + y),
daher
f (x) − p(x − x1 ) ≤ p(y + x1 ) − f (y).
Da die rechte Seite nicht von x abh¨
angt, ist die linke f¨
ur alle x ∈ M durch eine Zahl a beschr¨
ankt.
Daraus erhalten wir die beiden Absch¨
atzungen
(4.1)
f (x) − a ≤ p(x − x1 ),
f (y) + a ≤ p(y + x1 ).
Durch f1 (x + tx1 ) = f (x) + ta ist auf M1 ein Funktional mit f1 |M = f definiert. f1 ist nach
Definition linear. F¨
ur t > 0 ersetzen wir in (4.1) x durch t−1 x und y durch t−1 y. Wir multiplizieren
die beiden Ungleichungen mit t und erhalten f1 ≤ p in M1 .
Der zweite Teil des Beweises verwendet transfinite Induktion. Sei P die Menge der Paare
′
(M , f ′ ), wobei M ′ ein Unterraum von X ist, der M enth¨alt, und f ′ eine lineares Funktional auf
M ′ mit f ′ |M = f und f ′ ≤ p in M ′ . Wir ordnen P dadurch, dass wir (M ′ , f ′ ) ≤ (M ′′ , f ′′ ) setzen,
˜ die
wenn M ′ ⊂ M ′′ und f ′′ = f ′ in M ′ gilt. Sei κ eine total geordnete Teilmenge von P. Sei M
Vereinigung der Elemente von κ. Da die Elemente von κ total geordnet sind, ist M ein Unterraum
˜ . F¨
˜ , d.i. x ∈ M ′ f¨
von M
ur x ∈ M
ur ein M ′ in κ, setze f˜(x) = f ′ (x), wobei f ′ zu M ′ im Paar
˜ . Damit ist (M
˜ , f˜) ∈ P eine obere
(M ′ , f ′ ) geh¨
ort. Offenbar ist f˜ linear und erf¨
ullt f˜ ≤ p in M
Schranke von κ. Nach dem Lemma von Zorn enth¨alt P ein maximales Element (M ∗ , f ∗ ). W¨
are
∗
∗
M 6= X, so w¨
urde der erste Teil des Beweises zu einem Widerspruch f¨
uhren. Damit ist f das
gesuchte Funktional F. Die Absch¨
atzung F ≤ p f¨
uhrt zu −p(−x) ≤ −F (−x) = F (x). Damit ist
alles bewiesen.
26
K
Satz 4.10 Sei M ein Unterraum des -Vektorraums X und p sei eine Halbnorm auf X. Weiter
linear mit |f (x)| ≤ p(x) f¨
ur alle x ∈ M. Dann gibt es ein lineares F : X →
mit
sei f : M →
F |M = f und |F | ≤ p in X.
K
K
K R
Beweis: Eine Halbnorm ist sublinear mit p(x) = p(−x). Die Behauptung f¨
ur = folgt daher
aus dem letzten Satz.
Im Falle
=
sei f ein lineares Funktional mit |f | ≤ p in M. Da f¨
ur jede komplexe Zahl
z = Re z − iRe iz gilt, erhalten wir mit f1 = Re f,
K C
f (x) = f1 (x) − if1 (ix).
f1 ist reell-linear mit |f1 (x)| ≤ p(x) in M. Nach dem letzten Satz gibt es eine reell-lineare Fortsetzung F1 von f1 auf X mit |F1 | ≤ p in X. F¨
ur diese setzen wir entsprechend F (x) = F1 (x) − iF1 (ix).
F stimmt auf M mit f u
ur ein α ∈ mit |α| = 1 gilt
¨berein und ist komplex-linear. F¨
C
|F (x)| = αF (x) = F (αx) = F1 (αx) ≤ p(αx) = p(x).
K
Korollar 4.11 Sei X ein normierter -Vektorraum und M ein Unterraum von X. Ferner sei
f :M →
linear und stetig. Dann existiert ein F ∈ X ′ mit F |M = f und kF kX→K = kf kM →K .
K
ur die Fortsetzung F gilt
Beweis: F¨
ur p(x) = kxkX kf kM →K wenden wir den letzten Satz an. F¨
dann |F x| ≤ kxkX kf kM →K , also kF k ≤ kf k. Die umgekehrte Richtung kF k ≥ kf k ist klar.
¨
Nach unseren bisherigen Uberlegungen
ist nicht klar, wie reichhaltig der Dualraum ist, insbesondere, ob es zu allen x 6= y ein f ∈ X ′ gibt mit f (x) 6= f (y). Diese Trennungseigenschaft beweisen
wir in allgemeinerer Form.
K
Satz 4.12 (Hahn-Banachscher Trennungssatz) Sei X ein normierter
-Vektorraum und
A, B ⊂ X seien disjunkte und konvexe Mengen. A sei offen. Dann gibt es ein F ∈ X ′ und ein
γ ∈ mit
Re F x < γ ≤ Re F y f¨
ur alle x ∈ A, y ∈ B.
R
C
R
Beweis: Der Satz gilt f¨
ur - wie f¨
ur -Vektorr¨aume. Im Beweis von Satz 4.10 wurde gezeigt,
wie man aus einem reellwertigen Funktional ein komplexwertiges konstruiert. Es gen¨
ugt also, den
Fall = zu betrachten.
Seien a0 ∈ A, b0 ∈ B beliebig gew¨
ahlt und sei x0 = b0 − a0 . Die Menge
C = x ∈ X : x = a − b + x0 f¨
ur a ∈ A, b ∈ B
K R
ist konvex (A, B sind konvex), offen (A ist offen) und enth¨alt die Null (a0 ∈ A, b0 ∈ B). Jedem
x ∈ X kann man, wenn der Halbstrahl tx, t ≥ 0, nicht ganz in C enthalten ist, ein x auf dem Rande
von C zuordnen. Setze
(
x
x
kxk/kxk wenn x existiert,
p(x) =
0
sonst.
0
p gen¨
ugt den Bedingungen
(4.2)
p(x) < 1 f¨
ur x ∈ C,
C
p(x) ≥ 1 f¨
ur x ∈
/ C.
Weil C offen ist mit 0 ∈ C, enth¨
alt C auch eine Kugel B1/d (0). Es gilt also p(x) ≤ 1 f¨
ur kxk ≤ 1/d
und, weil nach Definition p(tx) = tp(x) f¨
ur t ≥ 0,
p(x) ≤ dkxk ∀x ∈ X.
27
Wir zeigen die Dreiecksungleichung f¨
ur p. F¨
ur x, y ∈ X mit p(x) < s, p(y) < t, gilt nach (4.2)
−1
−1
s x, t y ∈ C. F¨
ur u = s + t folgt aus der Konvexit¨at von C
u−1 (x + y) =
und wiederum wegen (4.2),
t
s −1
s x + t−1 y ∈ C
u
u
p(u−1 (x + y)) < 1,
also p(x + y) < u.
Damit gilt p(x + y) ≤ p(x) + p(y) und p ist sublinear.
Nun konstruieren wir das gesuchte F, indem wir auf dem von x0 aufgespannten Unterraum M
setzen f (tx0 ) = t. F¨
ur t ≥ 0 gilt dann
f (tx0 ) = t ≤ tp(x0 ) = p(tx0 ),
denn wegen A ∩ B = ∅ ist x0 ∈
/ C und daher p(x0 ) ≥ 1. Nach Satz 4.9 gibt es eine Fortsetzung F
von f mit F ≤ p. Insbesondere ist F ≤ 1 in C, also auch F ≥ −1 in −C = {c : −c ∈ C}. Da C
offen ist und die Null enth¨
alt, erhalten wir |F | ≤ 1 in BR (0) f¨
ur gen¨
ugend kleines R > 0, daher
′
F ∈ X . F¨
ur a ∈ A, b ∈ B folgt
F (a) − F (b) + 1 = F (a − b + x0 ) ≤ p(a − b + x0 ) < 1
und daher F (a) < F (b). Da jedes nichtkonstante lineare Funktional eine offene Abbildung ist, also
die Bilder offener Mengen offen sind, ist F (A) offen in . Als γ nehmen wir den rechten Endpunkt
in F (A).
Die folgende einfache Variante des Trennungsprinzips ist ebenfalls sehr n¨
utzlich.
R
Satz 4.13 Sei M ein abgeschlossener Unterraum des Banach-Raums X und x1 ∈
/ M. Dann gibt
es ein F ∈ X ′ mit kF kX ′ = 1, F = 0 auf M und F (x1 ) = dist (x1 , M ) > 0.
Beweis: Auf
M1 = M ⊕ span {x1 }
definieren wir das lineare Funktional
f (y + αx1 ) = α dist (x1 , M )
f¨
ur alle y ∈ M und α ∈
Da f¨
ur jedes y ∈ M und α 6= 0
dist (x1 , M ) ≤ kx1 +
gilt, folgt
K.
y
k
α
y
k = kαx1 + yk
α
≤ 1. Zu jedem ε > 0 gibt es ein yε ∈ M mit kx1 − yε k ≤ (1 +
|f (y + αx1 )| ≤ |α| kx1 +
und damit f ∈ M1′ mit kf kM1′
ε)dist (x1 , M ), also
1
kx1 − yε k,
1+ε
≥ 1. Die Behauptung folgt nun aus Korollar 4.11.
f (x1 − yε ) = dist (x1 , M ) ≥
daher kf kM1′
4.4 Bidualraum und schwache Konvergenz Sei X ein normierter Raum. Der Dualraum
von X ′ heißt auch Bidualraum und wird mit X ′′ bezeichnet. Auf X × X ′ kann man die Bilinearform
hx, f i = f (x) ∈
K,
die Dualit¨
atsabbildung, definieren. Diese formale Setzung bringt nat¨
urlich nichts Neues, l¨asst aber
eine andere Interpretation zu: So wie f auf x wirkt, wirkt x auch auf f. Jedes x ∈ X erzeugt daher
verm¨oge
(4.3)
f 7→ hx, f i
28
eine lineare Abbildung von X ′ nach
K, die wegen
|hx, f i| ≤ kf kX ′ kxkX
auch stetig ist. Damit kann jedes x ∈ X durch (4.3) mit einem i(x) ∈ X ′′ identifiziert werden.
Lemma 4.14 Die Abbildung i : X → X ′′ ist eine lineare Isometrie, also
kxkX =
sup
hx, f i = ki(x)kX ′′
∀x ∈ X.
f ∈X ′ , kf kX ′ =1
Insbesondere ist i(X) abgeschlossener Unterraum von X ′′ und damit selber Banach-Raum.
ur die umgekehrte Richtung schreiben wir
Beweis: ki(x)kX ′′ ≤ kxk haben wir bereits gezeigt. F¨
ki(x)kX ′′ =
hx, f i ≥ F (x),
sup
f ∈X ′ , kf kX ′ =1
wobei F mit dem Hahn-Banachschen Fortsetzungssatz folgendermaßen konstruiert wird: Setze M =
span {x}, f (x) = kxk, ansonsten sei f linear auf M, also f (αx) = αkxk, α ∈ . Dann gilt kf kM ′ = 1
und es gibt eine Fortsetzung F ∈ X ′ mit F |M = f und kF kX ′ = 1. Daher ki(x)kX ′′ ≥ kxkX .
Zusammen mit dem Prinzip der gleichm¨aßigen Beschr¨anktheit folgt hieraus ein n¨
utzliches Kriterium f¨
ur die Beschr¨
anktheit von Mengen.
K
Satz 4.15 Sei X ein Banach-Raum. Dann gilt:
(a) Eine Menge M ⊂ X ist genau dann beschr¨
ankt, wenn |f (x)| ≤ Kf f¨
ur alle x ∈ M und alle
f ∈ X ′.
(b) Eine Menge M ′ ⊂ X ′ ist genau dann beschr¨
ankt, wenn |f (x)| ≤ Kx f¨
ur alle f ∈ M ′ und alle
x ∈ X.
Beweis: (a) Die Richtung ⇒“ ist klar. Zum Beweis der anderen Richtung interpretieren wir die
”
Bedingung in X ′′ . Es gilt |i(x)(f )| ≤ Kf , womit i(x) f¨
ur x ∈ M punktweise beschr¨ankt ist. Nach
dem Prinzip der gleichm¨
aßigen Beschr¨anktheit ist die Menge {i(x) : x ∈ M } in X ′′ beschr¨ankt. Mit
dem letzten Lemma ist daher auch M beschr¨ankt.
(b) Dies folgt direkt aus dem Prinzip der gleichm¨aßigen Beschr¨anktheit.
Besitzt ein physikalisches System einen Zustandsraum“ X der m¨oglichen Zust¨ande x ∈ X und
”
ein Energiefunktional“ f : X → , so wird der Zustand minimaler Energie von der Natur realisiert.
”
F¨
ur die mathematische Physik ist es nat¨
urlich wichtig, die Existenz eines solchen Zustands auch zu
beweisen, allein schon zur Rechtfertigung des konkreten physikalischen Modells. Aber auch innerhalb der Mathematik ist dieses Problem von großer Bedeutung. Beispielsweise kann X eine Menge
sein, mit der ein Approximationsproblem gel¨ost werden soll, und f ist der Approximationsfehler.
Existenz des Minimums bedeutet dann Existenz des Elements bester Approximation. Das Minimum kann mit einem Kompaktheitsargument nachgewiesen werden, wenn X ein folgenkompakter
Raum und f unterhalbstetig ist, also
R
xk → x in X
⇒
f (x) ≤ lim inf f (xk ).
Sei d = inf f (x) ∈ [−∞, ∞). Aus einer Minimalfolge (xk ) mit f (xk ) → d kann wegen der Folgenkompaktheit eine Teilfolge (xkl ) ausgew¨ahlt werden mit xkl → x. Aus der Unterhalbstetigkeit folgt
f (x) ≤ lim inf f (xkl ). Damit ist f (x) = d und d ∈ . Die folgenden Konstruktionen haben unter
anderem das Ziel, diesen wichtigen Beweis zu erm¨oglichen.
Enth¨alt eine Teilmenge eines unendlich dimensionalen Banach-Raums einen inneren Punkt, so
ist sie nach Satz 3.3 nicht folgenkompakt. Als Abhilfe werden wir im Folgenden den Konvergenzbegriff abschw¨
achen.
R
29
Sei X ein Banach-Raum. Eine Folge (xk ) heißt schwach konvergent gegen x ∈ X (Schreibweise:
xk ⇁ x), wenn
f (xk ) → f (x) ∀f ∈ X ′ .
Der schwache Grenzwert ist eindeutig bestimmt, sofern er existiert. Denn zu verschiedenen
Grenzwerten x, y der schwach konvergenten Folge (xk ) gibt es nach dem Trennungssatz ein f ∈ X ′
mit f (x) 6= f (y) im Widerspruch zur Definition der schwachen Konvergenz.
Starke Konvergenz (=Normkonvergenz) impliziert die schwache, weil die f ∈ X ′ stetig und
damit auch folgenstetig sind. Im unendlich dimensionalen Banach-Raum ist die Umkehrung dieser
Aussage meist nicht richtig. Als einfaches Beispiel betrachten wir den Folgenraum c0 (siehe Beispiele
ur
2.1), der den Dualraum l1 besitzt. F¨
ur die Folge (ek ), ek (i) = δki , gilt ek ∈ c0 , kek − el kl∞ = 2 f¨
k 6= l. Damit ist (ek ) keine Cauchy-Folge und kann in der Normtopologie nicht konvergent sein. Da
jedes y ∈ l1 die Eigenschaft hat, dass limi→∞ y(i) = 0, folgt jedoch
fy (ek ) =
∞
X
y(i)ek (i) = y(k) → 0
i=1
f¨
ur alle y ∈ l1 . Daher ek ⇁ 0.
Lemma 4.16 Wenn xk ⇁ x, so gilt kxk k ≤ K und lim inf k→∞ kxk k ≥ kxk (=schwache Unterhalbstetigkeit der Norm).
ur jedes f ∈ X ′ beschr¨
ankt.
Beweis: Wenn lim f (xk ) = f (x), so sind die Mengen {f (xk )}k∈N f¨
Die erste Behauptung folgt daher aus Satz 4.15(a). Analog zum Beweis von Lemma 4.14 konstruiert
man ein F ∈ X ′ mit kF kX ′ = 1, F (x) = kxk. Dann folgt
kxk = F (x) = lim F (xk ) ≤ kF k lim inf kxk k.
Sei X ein Banach-Raum. Eine Folge (fk ) in X ′ heißt schwach∗ konvergent gegen f ∈ X ′ (Schreib∗
weise: fk ⇁ f ), wenn
fk (x) → f (x) f¨
ur alle x ∈ X.
Schwache∗ Konvergenz ist damit punktweise Konvergenz. Da f¨
ur eine schwach∗ konvergente
Folge |fk (x)| ≤ Kx f¨
ur alle x ∈ X gilt, ist die Folge (fk ) nach Satz 4.15(b) normbeschr¨
ankt,
ur das Grenzfunktional folgt dann kf kX ′ ≤ lim inf kfk kX ′ ≤ K.
kfk kX ′ ≤ K. F¨
Vergleichen wir die schwache und die schwache∗ Konvergenz auf X ′ :
fk ⇁ f in X ′
∗
fk ⇁ f in X ′
⇔
u(fk ) → u(f ) ∀u ∈ X ′′ ,
⇔
i(x)(fk ) → i(x)(f ) ∀x ∈ X.
Die schwache Konvergenz auf X ′ ist damit ein st¨arkerer Konvergenzbegriff als die schwache∗ Konvergenz wegen i(X) ⊂ X ′′ . Gilt aber i(X) = X ′′ , so stimmen die beiden Konvergenzbegriffe u
¨berein.
Um den Unterschied zwischen der schwachen und der schwachen∗ Konvergenz herauszuarbeiten,
betrachten wir den Raum l1 , der Dualraum von c0 = c0 ( ) ist und l∞ zum Dualraum hat. F¨
ur die
ur jedes x ∈ c0
Folge (ek )k∈N mit ek (i) = δki erhalten wir f¨
N
ek (x) =
∞
X
ek (i)x(i) = x(k) → 0,
i=1
∗
also ek ⇁ 0 in l1 = c′0 , aber f¨
ur u = (1, 1, . . .) ∈ l∞
u(ek ) =
∞
X
u(i)ek (i) = 1.
i=1
Da der schwache und der schwache∗ Grenzwert u
ussen, sofern sie existieren, ist
¨bereinstimmen m¨
¨
die Folge (ek ) nicht schwach konvergent in l1 . In einer Ubungsaufgabe
wird gezeigt, dass in l1 starke
und schwache Konvergenz u
¨bereinstimmen.
30
4.5 Schwache Folgenkompaktheit und reflexive R¨
aume In diesem Abschnitt wird
˜
zun¨achst gezeigt, dass die abgeschlossene Einheitskugel B1 (0) schwach∗ folgenkompakt ist, sofern
X ein separabler Banach-Raum ist. Als Vorbereitung ben¨otigen wir das folgende
Lemma 4.17 Sei (fk )k∈N eine Folge in X ′ . Dann gilt fk ⇁ f ∈ X ′ genau dann, wenn die beiden
folgenden Bedingungen erf¨
ullt sind:
∗
(a) kfk kX ′ ≤ K
f¨
ur alle k ∈
N,
ur alle x in einer dichten Teilmenge von X.
(b) (fk (x))k∈N ist Cauchy-Folge f¨
∗
Beweis: ⇒: Wenn fk ⇁ f, so ist die Bedingung (b) erf¨
ullt. Da die Folgen (fk (x)) f¨
ur alle x ∈ X
beschr¨ankt sind, folgt aus Satz 4.15(b) die Bedingung (a).
⇐: Sei die Bedingung (b) in derP
dichten Menge A ⊂ X erf¨
ullt. F¨
ur x ∈ A gilt dann fk (x) →
f (x) ∈ . F¨
ur y ∈ span A folgt y = ni=1 αi xi , αi ∈ , und
K
K
fk (y) =
n
X
αi fk (xi ) →
n
X
αi f (xi ).
i=1
i=1
P
Wir setzen daher f (y) = ni=1 αi f (xi ). f ist damit linear auf B = span A und es gilt fk (x) → f (x)
f¨
ur alle x ∈ B. Wegen Bedingung (a) ist
|f (x)| = lim |fk (x)| ≤ Kkxk ∀x ∈ B,
k→∞
daher kf kB→K ≤ K. Da B dicht in X ist, kann f nach Satz 3.9 durch f˜ ∈ X ′ mit f˜|B = f und
kf˜kX ′ ≤ K fortgesetzt werden. Sei y ∈ X \ B und ε > 0 beliebig vorgegeben. Dann gilt kx − yk < ε
f¨
ur ein x ∈ B und |fk (x) − f (x)| < ε f¨
ur gen¨
ugend große k. Aus der Dreiecksungleichung erhalten
wir f¨
ur diese k
∗
|fk (y) − f˜(y)| ≤ |fk (y) − fk (x)| + |fk (x) − f˜(x)| + |f˜(x) − f˜(y)|
< kfk kX ′ + kf˜kX ′ kx − yk + ε < (2K + 1)ε.
Damit ist fk ⇁ f˜ in X ′ gezeigt.
Satz 4.18 Sei X ein separabler Banach-Raum. Dann enth¨
alt jede in X ′ normbeschr¨
ankte Folge
eine schwach∗ konvergente Teilfolge.
Beweis: Durch Auswahl der Diagonalfolge (siehe Beispiel 3.11) wird erreicht, dass (fk (x)) f¨
ur
jedes x in einer dichten Teilmenge von X eine Cauchy-Folge ist. Die Behauptung folgt dann aus
dem letzten Lemma.
Sei X ein Banach-Raum. Ist die kanonische Inklusion i : X → X ′′ bijektiv, also ein isometrischer
Isomorphismus, so heißt X reflexiv.
Wie bereits erw¨
ahnt, stimmen in diesem Fall die schwache und die schwache∗ Konvergenz auf
X′ u
¨berein. Jeder Hilbert-Raum ist reflexiv, insbesondere der Raum l2 .
Satz 4.18 hat im reflexiven Banach-Raum ein einfaches Gegenst¨
uck, zu dessen Formulierung
noch einige Vorbereitungen n¨
otig sind.
Satz 4.19 Jeder abgeschlossene Unterraum eines reflexiven Banach-Raums ist selber ein reflexiver
Banach-Raum.
Beweis: Sei M ein abgeschlossener Unterraum des reflexiven Raums X. Zu u ∈ M ′′ setze
uM (f ) = u(f |M ),
31
f ∈ X ′.
uM ist offenbar linear mit kuM kX ′′ ≤ kukM ′′ . Da X reflexiv ist, gibt es ein x ∈ X mit
f (x) = u(f |M )
(4.4)
∀f ∈ X ′ .
Angenommen x ∈
/ M. Dann k¨
onnen wir mit Satz 4.13 ein f ∈ X ′ konstruieren mit f = 0 auf M
und f (x) 6= 0, was sofort einen Widerspruch ergibt. Daher ist x ∈ M .
Jedes f ∈ M ′ kann mit dem Hahn-Banachschen Fortsetzungssatz zu einem f˜ ∈ X ′ fortgesetzt
werden. Mit (4.4) gilt dann
u(f ) = u(f˜|M ) = f˜(x) = f (x).
Damit ist i : M → M ′′ surjektiv.
Satz 4.20 Sei X ein Banach-Raum. Ist X ′ separabel, so ist X separabel.
Beweis: Sei {fk } dicht in X ′ . Nach Definition der Norm in X ′ gibt es xk mit
1
|fk (xk )| ≥ kfk k,
2
kxk k = 1.
Setze Y = span {xk }. Ist f = 0 auf Y f¨
ur ein f ∈ X ′ , so folgt f¨
ur alle k
1
1
kf − fk k ≥ |f (xk ) − fk (xk )| = |fk (xk )| ≥ kfk k ≥ (kf k − kfk − f k)
2
2
und damit
kf k ≤ 3 inf kf − fk k = 0,
k
weil {fk } dicht in
X′
ist. Aus Satz 4.13 folgt Y = X.
Satz 4.21 Der Banach-Raum X sei reflexiv. Dann ist die abgeschlossene Einheitskugel schwach
folgenkompakt.
˜1 (0). Nach Satz 4.19 ist
Beweis: Sei (xk ) eine Folge in B
Y = span {x1 , x2 , . . .}.
ein reflexiver Banach-Raum. Es gilt also Y ′′ = i(Y ) und mit Y ′′ ist nach Satz 4.20 auch Y ′ separabel.
∗
Daher k¨onnen wir Satz 4.18 auf die Folge (i(xk )) anwenden und erhalten i(xk ) ⇁ z in Y ′′ f¨
ur eine
′
′
−1
Teilfolge. Da i ein isometrischer Isomorphismus ist, folgt y (xk ) → y (i (z)) f¨
ur alle y ′ ∈ Y ′ . Wegen
xk , i−1 (z) ∈ Y folgt hieraus auch f (xk ) → f (i−1 (z)) f¨
ur alle f ∈ X ′ , also xk ⇁ i−1 (z) in X.
4.6
Konvexit¨
at und schwache Konvergenz
Satz 4.22 Ist eine Teilmenge M eines Banach-Raums konvex, so liegt der schwache Grenzwert
einer Folge aus M in M .
/ M . Dann
Beweis: Mit M ist auch M konvex. Angenommen, xk ⇁ x0 mit xk ∈ M, aber x0 ∈
′
k¨onnen wir x0 von M trennen, es gibt also ein F ∈ X mit Re F (x0 ) < γ ≤ Re F (x) f¨
ur alle x ∈ M .
Dies ist aber ein Widerspruch zu xk ⇁ x0 .
Der folgende Satz zeigt, wie man aus einer schwach konvergenten Folge eine stark konvergente
Folge konstruieren kann.
Satz 4.23 (Mazur) Sei X ein Banach-Raum und (xk ) eine Folge in X mit xk ⇁ x. Dann gibt
es eine Folge (yk ), die aus endlichen Konvexkombinationen der xk besteht, mit yk → x.
32
R
Bemerkung 4.24 Der Satz ist so zu verstehen, dass es Zahlen tki ∈
gibt mit P
0 ≤ tki ≤ 1 und
P
∞
ur jedes k nur endlich viele tki nicht verschwinden, mit yk = ∞
i=1 tki = 1, wobei f¨
i=1 tki xi → x.
Beweis: Auf die konvexe H¨
ulle M von {xk } wenden wir den vorigen Satz an. Demnach liegt x
im Abschluß (bez¨
uglich der Normtopologie) von M , also yk → x f¨
ur eine Folge von Konvexkombinationen yk .
F¨
ur die schwache∗ Konvergenz ist dieser Satz nicht richtig, wie das Beispiel X = c0 , X ′ = l1 , zeigt:
∗
F¨
ur die Folge (ek ) gilt ek ⇁ 0 in l1 , aber kykl1 = 1 f¨
ur jede Konvexkombination y der ek .
Im Hilbert-Raum l¨
asst sich der Satz von Mazur zum Satz von Banach-Saks versch¨arfen: Eine
in einem Hilbert-Raum beschr¨
ankte Folge besitzt eine Teilfolge derart, dass die Folge der arithmetischen Mittel stark konvergiert.
Mit dem Satz von Mazur haben wir alle Hilfsmittel f¨
ur den Kompaktheitsschluß im BanachRaum bereitgestellt.
Satz 4.25 Sei X ein reflexiver Banach-Raum, K ⊂ X sei abgeschlossen und konvex. f : K →
sei stetig, konvex und gen¨
uge, falls K unbeschr¨
ankt ist, der Bedingung
f (x) → ∞
(4.5)
R
f¨
ur kxk → ∞, x ∈ K.
Dann nimmt f auf K das Minimum an.
Beweis: Sei d = inf x∈K f (x) und (xk ) eine Minimalfolge. Mit (4.5) sind die xk beschr¨
ankt.
Wegen der schwachen Kompaktheit gilt xk ⇁ x f¨
ur eine Teilfolge. Nach dem Satz von Mazur,
angewendet auf die Folge xk , xk+1 , . . . , gibt es eine Folge von Konvexkombinationen
yk =
∞
X
tki xi ,
tki > 0 nur f¨
ur endlich viele i,
i=k
mit yk → x in X. Da K konvex und abgeschlossen ist, gilt yk ∈ K und x ∈ K. Aus Stetigkeit und
Konvexit¨at von f folgt
∞
X
tki f (xi ) = d.
f (x) = lim f (yk ) ≤ lim
k→∞
k→∞
Damit ist f (x) = d und x das Minimum von f.
33
i=k