Energieaudits: Die meisten kommunalen Unternehmen sind betroffen!

Energieaudits: Die meisten kommunalen
Unternehmen sind betroffen!
Am 22. April 2015 sind die Änderungen des
Energiedienstleistungsgesetzes (EDL-G)
in Kraft getreten, mit denen die Energieeffizienzrichtlinie 2012/27/EU in deutsches
Recht umgesetzt wurde. Seither sind eine
Vielzahl von Unternehmen zur regelmäßigen Durchführung von Energieaudits
verpflichtet. Die Regelungen betreffen in
besonderem Maße kommunale Unternehmen, die ganz überwiegend von der Auditierungspflicht erfasst werden.
Erfasste Unternehmen
auf die Teilnahme am geschäftlichen Leistungsaustausch durch
das Anbieten von Gütern und Dienstleistungen auf einem Markt.
Eine lediglich vorübergehende oder gelegentliche Teilnahme
genügt nicht. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich.
Die erfassten Unternehmen sind gem. § 8 Abs. 3 EDL-G von der
Pflicht zur Durchführung eines Energieaudits befreit, wenn sie bis
zum 5. Dezember 2015 entweder
„„ein
zertifiziertes Energiemanagementsystem nach DIN EN
ISO 50001 oder
„„ein
Umweltmanagementsystem i.S.d. Verordnung (EG)
Nr. 1221/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 25. November 2009 eingeführt haben.
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) wird
künftig als Aufsichtsbehörde Stichprobenkontrollen zur Durch-
Nach §§ 8 ff i.V.m. 1 Nr. 4 EDL-G sind alle Unternehmen, die
führung der Energieaudits durchführen. Ein nicht, nicht richtig,
kein Kleinstunternehmen bzw. kein kleines oder mittleres Unter-
nicht vollständig oder nicht rechtzeitig durchgeführtes Energie-
nehmen i.S.d. Empfehlung 2003/361/EG (KMU) sind, verpflich-
audit kann mit einem Bußgeld von bis zu EUR 50.000 geahn-
tet, erstmals bis zum 5. Dezember 2015 ein Energieaudit erstel-
det werden.
len zu lassen und anschließend alle vier Jahre zu wiederholen.
Ein Energieaudit ist ein systematisches Verfahren zur Erlan-
Das BAFA hat am 13. Mai 2015 auf www.bafa.de ein Merkblatt
gung von Informationen über das Energieverbrauchsprofil, der
zur Auditierungspflicht veröffentlicht. Daneben wird das BAFA
Ermittlung und Quantifizierung der Möglichkeiten für wirtschaftli-
künftig eine Liste von Personen bekanntmachen, die zur Durch-
che Energieeinsparungen und der Erfassung der Ergebnisse in
führung von Energieaudits befähigt sind.
einem Bericht.
Nicht zu den KMU gehören Unternehmen, sofern sie
Besonderheiten für kommunale Unternehmen
1. mindestens 250 Mitarbeiter oder
Um zu klären, ob kommunale Unternehmen der Auditierungs-
2. mindestens 43 Mio. Euro Bilanzsumme oder mindestens
pflicht unterliegen, sind zwei Besonderheiten zu beachten:
50 Mio. Euro Jahresumsatz haben.
Besonderheit I
Der Begriff „Unternehmen“ umfasst grundsätzlich jede rechtlich
Nach Art. 3 Abs. 4 der Empfehlung 2003/361/EG finden die
selbständige Einheit, die aus handels- und/oder steuerrechtli-
Regelungen für KMU keine Anwendung auf Unternehmen
chen Gründen Bücher führt, bilanziert und wirtschaftlich tätig
ab einer 25%igen Beteiligung einer oder mehrerer öffentli-
ist. Wirtschaftlich ist eine Tätigkeit dann, wenn sie auf den Aus-
cher Stellen.
tausch von Leistungen oder Gütern am Markt gerichtet ist, d. h.
Rechtsberatung. Steuerberatung. Luther.
Energieaudits: Die meisten kommunalen Unternehmen sind betroffen!
Folge: Hierdurch sind nahezu alle kommunalen Unternehmen
BAFA-Liste zu hoheitlichen Tätigkeiten
von der Auditierungspflicht betroffen. Ausnahme: Die Beteiligung
Das BAFA hat in sein Merkblatt eine exemplarische Liste der
von mehr als 25 % spielt dann keine Rolle, wenn an einem Unter-
hoheitlichen Tätigkeiten i.S.v. § 4 KStG aufgenommen, es wer-
nehmen eine Gebietskörperschaft mit einem Jahreshaushalt von
den genannt:
weniger als EUR 10 Mio. und weniger als 5.000 Einwohnern, eine
„„Abfallbeseitigung
Universität/ein Forschungszentrum oder ein institutioneller Inves-
„„Abwasser­
tor (z. B. ein regionaler Entwicklungsfonds) beteiligt ist.
Besonderheit II
Für Regiebetriebe und Hoheitsbetriebe bzw. Einrichtungen mit überwiegend hoheitlichen Tätigkeiten besteht
keine Energieauditpflicht.
beseitigung
„„Ämter
(…)
„„Kassen­ärztliche­
Ver­einigungen
„„Kirchen
(…)
„„Polizei
„„Friedhofs-
„„Schlachthöfe
verwaltung
anstalten
„„Straßenbeleuch-
„„Klärwerke
„„Feuerwehr
„„Strafvollzugs­
tung/Straßen­
reinigung
(…)
„„Schulen
„„Universitäten
„„Wetterwarte
„„Gerichte
Diese Liste kann für die Einordnung kommunaler UnterFür kommunale Unternehmen ist somit die Abgrenzung zwischen
nehmen als Anhaltspunkt dienen. Entscheidend ist jedoch
wirtschaftlicher und hoheitlicher Tätigkeit entscheidend, denn im
die Einzelfallprüfung.
erstgenannten Fall ist ein kommunales Unternehmen zugleich ein
Unternehmen i.S.d. EDL-G.
Für diese Abgrenzungsfrage stellt das BAFA nicht auf die kommunalrechtliche Unterscheidung zwischen wirtschaftlicher und
nichtwirtschaftlicher Tätigkeit – in NRW gem. gem. § 107 GO
NRW – ab. Vielmehr zieht das BAFA die Wertung des § 4 Körperschaftssteuergesetz (KStG) zur Abgrenzung hoheitlicher
Tätigkeiten von Betrieben gewerblicher Art heran.
Danach gehören zu den Betrieben gewerblicher Art keine
Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt
dienen (Hoheitsbetriebe). Maßgeblich ist der Kernbereich der
Aufgabe. Weiteres Abgrenzungskriterium ist nach der Recht-
Praxishinweis
Kommunale Unternehmen müssen besonders genau prüfen,
ob sie von der Verpflichtung zur Durchführung eines Energieaudits betroffen sind. Sind sie (überwiegend) gewerblich
und nicht hoheitlich tätig und liegt kein Sonderfall (Beteiligung einer Kleinst-Kommune) vor, trifft sie die gesetzliche
Verpflichtung, erstmals bis zum 5. Dezember 2015 ein Energieaudit durchzuführen.
Eine Befreiung kommt dann in Betracht, wenn ein Unternehmen bis zum 5. Dezember 2015 ein zertifiziertes Energiemanagementsystem oder ein zertifiziertes Umweltmanagementsystem eingeführt hat.
sprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die fehlende Wettbewerbsrelevanz der hoheitlichen Tätigkeit. Wenn also die Tätig-
Für nähere Informationen rufen Sie uns an oder senden Sie bitte
keit einer Körperschaft des öffentlichen Rechts ihrem Inhalt nach
eine E-Mail an die Ansprechpartner:
auch von privaten gewerblichen Unternehmen ausgeübt werden
kann, liegt keine Ausübung öffentlicher Gewalt vor, so dass ein
Dr. Carsten E. Beisheim
Betrieb gewerblicher Art gegeben ist.
[email protected]
Telefon +49 211 5660 18728
Achtung: Kommunale Unternehmen, die eine in § 107 Abs. 2 GO
NRW genannte Tätigkeit insbesondere im Bereich Kultur- und Bil-
Andreas Hecker, LL.M. oec.
dung (z. B. Museen, Theater, Stadthallen), Sport und Erholung
[email protected]
(z. B. Zoos und Bäder), Gesundheit und Soziales (z. B. Kranken-
Telefon +49 211 5660 21175
häuser, Senioren- und Behindertenheime), Tourismusförderung
sowie Messe- und Ausstellungswesen ausüben, sind zwar nach
Die Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH berät in allen Berei-
der GO NRW nichtwirtschaftlich tätig, typischerweise liegen
chen des Wirtschaftsrechts. Zu den Mandanten zählen mittel-
aber keine hoheitliche Tätigkeiten i.S.v. § 4 KStG vor. Somit
ständische und große Unternehmen sowie die öffentliche Hand.
hilft die kommunalrechtliche Betrachtungsweise zur Beurteilung
Die Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ist das deutsche Mit-
der Auditierungspflicht allenfalls sehr eingeschränkt weiter.
glied von Taxand, einem weltweiten Zusammenschluss unabhängiger Steuerberatungsgesellschaften.
Berlin, Brüssel, Düsseldorf, Essen, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Köln, Leipzig, London, Luxemburg, München,
06/2015
Shanghai, Singapur, Stuttgart, Yangon
www.luther-lawfirm.com