- Deutschlandradio Kultur

Für den Schutz des syrischen Kulturerbes
Projekt für ein digitales
Kulturgutregister
Syriens
Syrian Heritage Archive Project
Museum für Islamische Kunst
Deutsches Archäologisches Institut
Der inzwischen seit mehr als drei Jahren andauernde Krieg in Syrien hat zu einer humanitären Katastrophe mit
Millionen von Flüchtlingen geführt, die den gesamten Nahen Osten in Mitleidenschaft zieht. Neben dem menschlichen Leid bedroht der Krieg das reiche kulturelle Erbe Syriens in gravierendem Ausmaß. Der Einsatz schwerer
Waffen, Fassbombenabwürfe ebenso wie Sprengstoffattentate haben weite Teile der historischen Altstädte von Aleppo, Homs und anderen Orten verwüstet. Der überdeckte Basar Aleppos mit seinen Karawansereien, Moscheen und
Medressen ist beinahe völlig zerstört – er bildete einst das Herz der multireligiösen und multiethnischen Stadt, die
seit 1986 zum Weltkulturerbe gehört. Die Zerstörungen reichen bis in die unmittelbare Nähe der mittelalterlichen
Zitadelle, unter der sich 8000 Jahre Stadtgeschichte mit Wohnhäusern, Tempeln und Palästen verbergen.
Das digitale Kulturgutregister
Bislang fehlt für das syrische Kulturgut ein übergreifendes digitales Register. Verschiedene syrische und internationale Initiativen arbeiten daran, die zahlreichen Forschungsdaten, die im Rahmen archäologischer und kunsthistorischer Projekte in den vergangenen Jahrzehnten gesammelt wurden, zusammenzustellen und für ein nationales
Register Syriens zu erschließen. Die ausführliche Dokumentation des kulturellen Erbes Syriens bietet auch die Basis
für die Erfassung der Zerstörungen und für eventuelle spätere Wiederaufbaumaßnahmen. Für eine spätere nationale Aussöhnung kann die Kenntnis des
gemeinsamen kulturellen Erbes zu einem
wichtigen Bindeglied werden.
Projektinhalte
Finanziert durch das Auswärtige Amt haben
das Museum für Islamische Kunst Berlin
und das Deutsche Archäologische Institut
(DAI) begonnen, ihre Archivbestände zu
digitalisieren. Sie werden in der DAI-Bilddatenbank Arachne, einem für wissenschaftliche Zwecke zugänglichen Werkzeug
zur Internetrecherche, zusammengeführt.
Innenhof der Omayyadenmoschee in Aleppo mit Blick auf die Zitadelle – vor dem Krieg
Über 50.000 Dias, Fotos und
Pläne wurden bereits inhaltlich geordnet. Die zugehörigen
Ortsnamen wurden mit ihren
geografischen Koordinaten in
das digitale Ortslexikon Gazetteer des DAI eingepflegt.
In der jetzt laufenden zweiten
Projektphase erfolgt eine VerInnenhof der Omayyadenmoschee von Aleppo nach der Zerstörung des Minaretts
vollständigung der Informationen durch Verschlagwortung
und Beschreibungstexte. Die Bilddaten der Datenbank Arachne sind über Schnittstellen in andere internationale
Datenplattformen exportierbar. Internationale Kompatibilität der Datenbank ist wichtig, damit Syrien eines Tages
praktischen Nutzen aus dieser Datenbank ziehen kann.
Öffentlichkeit und Kooperation
Die Projektwebsite www.syrian-heritage.org (demnächst online) und eine Facebook-Seite (Syrian Heritage Archive) sollen Informationen über das syrische Kulturerbe verbreiten, zusammentragen und Schäden vor Ort aktuell
dokumentieren, wozu Daten von Aktivisten und Institutionen aus Syrien ausgewertet werden. Zudem ist das Projekt Teil des UNESCO-Experten-Netzwerkes und tauscht sich mit anderen internationalen Institutionen und zivilgesellschaftlichen Initiativen, die ähnliche Ziele verfolgen, aus.
Illegaler Handel
Dass Syrien heute große Kulturverluste erleidet, liegt neben den Zerstörungen vor Ort auch daran, dass Sammler
weltweit Kunstobjekte wie altorientalische Rollsiegel, Terrakottastatuetten, römische Mosaike oder andere Artefakte nachfragen und kaufen. Eine systematische Beobachtung des internationalen Kunstmarktes ist deshalb dringend
erforderlich, wenn auch mit großen Schwierigkeiten behaftet. Es geht darum, den florierenden illegalen Handel zu
bekämpfen. Dies geschieht in Vernetzung mit der syrischen Antikenbehörde, nationalen und internationalen Organisationen und Polizeibehörden.
Deutsches Archäologisches Institut
Museum für Islamische Kunst
Projektteamleitung: Issam Ballouz, Dr. Franziska Bloch
Dr. Karin Pütt
Gefördert durch eine großzügige Unterstützung des Auswärtigen
Amtes
Unterstützt durch die Freunde des Museums für Islamische
Kunst im Pergamonmuseum e.V.
[email protected]
Fotos: Julia Gonnella, Lens of a Young Halabi, Stefan Weber
Presserechtlich verantwortlich: Stefan Weber, Museum für Islamische Kunst,
Geschwister-Scholl-Straße 6, 10117 Berlin
facebook.com/Syrher.ISL
Kapitell aus der Basilika A in Rusafa