Amnesie im Nahen Osten Das neue Syrien kommt aus Wilmersdorf Autor: Winfried Wolk Datum: 25. August 2016 ?Wenn man den Medienberichten der letzten Tage und Wochen zu Syrien tatsächlich Glauben schenken würde, käme man zu der Überzeugung, dass Russland den Krieg dort zu verantworten hätte. Zwar berichteten unsere Medien bereits seit dem Frühjahr 2011 über die Unruhen dort, die sich in Windeseile in blutige Kämpfe verwandelten. Russland allerdings griff erst am 25. September 2015 ein, und zwar auf ausdrückliche Bitten der gewählten, also legitimen Regierung Syriens. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte dieser in den westlichen Medien immer fälschlich als Bürgerkrieg bezeichnete Konflikt bereits 400.000 Menschenleben gefordert, mehr als 11 Millionen Menschen in die Flucht getrieben und unermessliche Zerstörungen angerichtet. Die seit Beginn der Unruhen dort unter Führung der USA agierende Allianz westlicher Länder, die sich ?Freunde Syriens? nennt, hat allerdings keine solche Zustimmung, handelt also entgegen dem Völkerrecht.?Zur Erinnerung: Bereits unmittelbar nach dem 11.9.2001 plante man im Pentagon laut Aus- sagen des US-amerikanischen 4-Sterne Generals Wesley Clark das ?Plattmachen? mehrerer arabischer Länder, genannt wurden u.a. der Irak, Libyen und Syrien. Laut den aus dem Jahr 2006 von Wikileaks veröffentlichten Unterlagen organisierte eine von den USA, Israel und Saudi-Arabien gebildete Allianz konkret eine Umsturzaktion in Syrien, weil die syrische Regierung den Abschluss eines Pipelinevertrags mit Katar verweigert hatte. Unter dem poetisch verfälschenden Namen ?Arabischer Frühling? wurden die friedlichen Proteste in der Region schnell zu gewalttätigen bewaffneten Aufständen hochgepuscht. In Libyen führte das zu ei- nem ?failed state?, auf dessen Ressourcen nun endlich andere Mächte Zugriff haben. Auch Syrien ist ein Land, das nach dem Willen des großen Hegemons auf einen ähnlichen Weg gebracht wird. Unter der Überschrift ?Intervention: Wie der Westen in Syrien heimlich Krieg führt? informierte Raniah Salloum am 26.7.2012 bei Spiegel online damals noch erstaunlich offenherzig über das bereits existierende Engagement 1|4 Quelle: http://www.rationalgalerie.de/syrische-amnesie.html Heruntergeladen am 29.08.2016 westlicher Länder in Syrien. Sie benennt die militärische Ausbildung syrischer Aufständischer durch britische Spezialeinheiten in Saudi-Arabien und im Irak, benennt die Waffenlieferungen durch die USA, Katar und Saudi-Arabien, den Einsatz US-amerikanischer Drohnen, die Abwerbung hochrangiger syrischer Diplomaten und Offiziere und die Mobilisierung von Spezialeinheiten aus den USA, Großbritanniens, Frankreichs, Jordaniens und Israels. Auch Deutschland ist an dieser von den USA geplanten Regime-Change-Aktion in Syrien aktiv beteiligt. Das deutsche Spezialschiff für elektronische Kriegsführung ?Oker? operiert in internationalen Gewässern im östlichen Mittelmeer, wie das Bundesverteidigungsministerium im August 2012 bestätigte. Die gewonnenen Erkenntnisse werden nach Angaben der Bildzeitung sowohl an die US-amerikanischen und britischen Partnerdienste als auch an die ?Rebellen? übermittelt. Darüber hinaus ist Deutschland auch Mitglied der Allianz ?Freunde Syriens?, die für alle gegen die syrische Regierung gerichteten Aktionen verantwortlich zeichnet. So konnte man am 26.7.2012 bei Zeit online unter der Überschrift ?Das neue Syrien kommt aus Wilmersdorf? lesen: ?...wenn eines Tages ein neues Syrien aus den Trümmern der Assad-Diktatur entsteht, könnten wesentliche Impulse aus dem alten preußischen Amtsgebäude mit der Hausnummer 3-4 stammen, in dem ein der Bundesregierung naher deutscher Thinktank residiert... Das geheime Projekt mit dem Namen "Day After" wird von der SWP in Partnerschaft mit dem United States Institute of Peace (USIP) organisiert, wie Die Zeit von Beteiligten erfuhr. Das deutsche Außenministerium und das State Department helfen mit Geld, Visa und Logistik... Unter beträchtlichem Aufwand wurden diskret Ex-Generäle, Wirtschafts- und Justizexperten sowie Vertreter aller Ethnien und Konfessionen - Muslimbrüder eingeschlossen, aber auch säkulare Nationalisten - aus der ganzen Welt nach Berlin eingeflogen.? Nun steht gegenwärtig wieder einmal die syrische Stadt Aleppo und die Kämpfe dort im Focus der Berichterstattung unserer Leitmedien. Die Schilderungen vermitteln, dass es Russlands und Assads Bomber sind, die diese einstmals blühende Metropole in Schutt und Asche legen und die Flüchtlingsströme erzeugen, für deren Versorgung nun der Westen aufkommen muss. So erzählt uns Christoph Sydow am 12.8.2016 bei Spiegel online, dass ?Russland - bombt, aber um die Opfer soll sich der Westen kümmern? und ich bin verblüfft, wie einer, dessen Aufgabe es ist, uns Bürger wahrheitsgemäß zu informieren, alle Fakten, die über die Jahre in unseren Medien zu lesen waren, aus seinem Gedächtnis getilgt hat. Denn auch Spiegel 2|4 Quelle: http://www.rationalgalerie.de/syrische-amnesie.html Heruntergeladen am 29.08.2016 online informierte am 23.7. 2012 unter der Überschrift ?Aleppo: Rebellen tragen Krieg in Assads Wirtschaftszentrum?: ?Syriens Aufständische setzen ihre Offensive gegen Machthaber Assad fort und versuchen ihn an der empfindlichsten Stelle zu treffen: im Wirtschaftszentrum des Landes, der Metropole Aleppo... Ein Rebellenkommandeur erklärte..., der Befehl zum Einmarsch in Aleppo sei erteilt worden.??Die Stadt Aleppo, die loyal zum syrischen Präsidenten Baschar al-Assad stand und bis zu diesem Zeitpunkt von den Unruhen im Land weitgehend verschont geblieben war, ist nämlich für den geplanten Umsturz von besonderer Bedeutung. ?Wenn Aleppo fällt, fällt das Regime? titelte am 27. Juli 2012 Zeit online. ?Die zweitgrößte Stadt und Wirtschaftszentrum Syriens ist neben Damaskus ein Kronjuwel im Bürgerkrieg in Syrien. Der Kampf um Aleppo sei die entscheidende Schlacht, wenn Aleppo fällt, fällt das Regime.? Und die Salzburger Nachrichten schreiben am 8.8.2012 unter dem Titel ?Wir gehen nach Aleppo?, dass Kämpfer aus allen Teilen der arabischen Welt, aber auch aus Pakistan und Bangladesh im Begriff sind, in die Stadt einzusickern, um dort gegen die regulären syrischen Streitkräfte zu kämpfen. Dass es sich dabei um islamistische Terroristen von Al Kaida und der Nusra-Front handelt, die man andernorts mit allen Mitteln zu bekämpfen vorgibt, stört die Drahtzieher der ganzen Aktion wenig. Für den Sturz Assads sind sie jedenfalls nützlich und so warnen die USA schon einmal ?vor einem Massaker in Aleppo?, (Spiegel online am 27.7.2012). Dass sich eine legitime Regierung gegen Freischärler wehrt, erscheint der Sprecherin des US-Außenministeriums, Victoria Nuland, jedenfalls in Syrien unannehmbar. ?Wir sprechen hier von einem Angriff auf enge Straßen in der Stadt, die von Zivilisten bevölkert werden.? erklärte Nuland und hat völlig vergessen, dass es doch die Terroristen sind, die die Bewohner Aleppos als Geiseln genommen haben, um den übertragenen Auftrag eines Regime Changes auch erfolgreich ausführen zu können. Mit diesem ?Wir gehen nach Aleppo? Mitte Juli 2012 begann der Terror gegen diese Stadt und ihre Bewohner. Hier liegt die Ursache für das unfassbare menschliche Leid und die Trauer über die Zerstörung unersetzbarer Kulturgüter der Menschheit. Die dort agierenden, mit modernen westlichen Waffen ausgerüsteten und von Spezialkommandos der CIA, des britischen und des türkischen Geheimdienstes ausgebildeten Terroristen und deren westlichen Befehlsgeber sind für all das verantwortlich. Wenn heute in den westlichen Medien Krokodilstränen vergossen werden, um Russland in die Rolle des Übeltäters zu versetzen, so ist das mehr als zynisch. Dass die 3|4 Quelle: http://www.rationalgalerie.de/syrische-amnesie.html Heruntergeladen am 29.08.2016 Beteiligung Russlands an den Luftangriffen gegen den IS, die die US-Regierung einst begrüßte, wie bei Spiegel online am 4.9.2015 zu lesen war, überraschend erfolgreich ist, hat den westlichen Regime-Change-Plänen für Syrien unerwartet einen erheblichen Rückschlag versetzt. Deshalb darf das russische Engagement auf keinen Fall positiv dargestellt werden. Die Berichterstattung in unseren hörigen Leitmedien konzentriert sich somit auf die Darstellung der unvorstellbaren Grausamkeit des dort geführten Krieges und macht allein Putin und Assad dafür verantwortlich. ?Menschenrechtler? hätten nachgewiesen, wie Christoph Sydow in seinem Artikel schrieb, dass russische Bomben Märkte, Wohngebiete und Krankenhäuser getroffen haben. Und Human Rights Watch hätte dokumentiert, dass die russische Armee mehrfach Streubomben eingesetzt hat. Allerdings sind die Angaben der Informanten nur schwer zu überprüfen, wie Spiegel online am 8.8.2016 selbst einschränkend mitteilte, ?die Angaben hätten sich in der Vergangenheit aber häufig als korrekt erwiesen.? Wie häufig dieses häufig sich allerdings als korrekt erwiesen hat, wird natürlich nicht konkretisiert, weil solche Meldungen unbedingt vermitteln sollen, dass ?der Russe? Schuld ist am Elend in Syrien. Wir sollen nämlich vergessen, was wir bisher vom bereits fünf Jahre an- dauernden, vom Westen mit allen Mitteln um eines Umsturzes willen befeuerte Morden in Syrien wussten. Journalisten wie Christoph Sydow haben es jedenfalls bereits recht erfolgreich getan. 4|4 Quelle: http://www.rationalgalerie.de/syrische-amnesie.html Heruntergeladen am 29.08.2016
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