Syrien: „Weihnachten ohne Freude im Herzen“ Inmitten der Hölle

KIRCHE IN NOT, Syrien – 17.12.2015
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KIRCHE IN NOT
Schweiz/Fürstentum Liechtenstein
Geschäftsführer: Jan Probst
Informationsbeauftragte: Lucia Wicki-Rensch
Adresse: Cysatstrasse 6
6004 Luzern
Telefon: 041 410 46 70
E-Mail: [email protected]
Internet: www.kirche-in-not.ch
Syrien: „Weihnachten ohne Freude im Herzen“
Inmitten der Hölle von Aleppo bemüht sich Schwester
Annie, den Menschen ein frohes Weihnachtsfest zu
bereiten – KIRCHE IN NOT unterstützt sie dabei
Weihnachtsmusik, bunte Luftballons, Lichter, ein Christbaum: Schwester Annie und ihre
Helfer haben den Gemeindesaal weihnachtlich geschmückt. Geschenke werden verteilt.
Frohe Gesichter sind zu sehen. Kleine Kinder tollen umher. Es wird gelacht. Dennoch: Die
vorweihnachtliche Idylle lässt die Menschen Aleppos allenfalls für einen kurzen Moment
vergessen, in welchen Umständen sie leben.
Wenige harren aus
„Vor zwei Tagen schlugen Raketen ganz in der Nähe von uns ein. Sechs Menschen wurden
getötet. Ein paar Tage davor wurde ein Wohnhaus getroffen. Niemand wurde getötet, aber
viele verletzt. Verletzt heisst oft, dass Menschen Arme und Beine verloren haben. Das ist
Alltag bei uns. Niemand weiss, ob er lebendig nach Hause kommt, wenn er das Haus verlässt.
Uns bleibt nur das
Gottvertrauen“, berichtet
Schwester Annie. Die
armenisch-katholische
Ordensfrau von der
Gemeinschaft Jesu und Mariens
harrt seit Jahren im vom
syrischen Krieg gezeichneten
Aleppo aus. Regierung und
Rebellen halten verschiedene
Teile der Stadt. Immer wieder
bekämpfen sie sich. Zusammen
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mit ihren Mitschwestern und Helfern dient
sie den Christen Aleppos, indem sie sich
um Kleidung, Heizmittel, Miethilfe und
Medizin bemüht. KIRCHE IN NOT
unterstützt sie dabei. Hunderttausende
Christen waren es einst, die in der
wohlhabenden Handelsmetropole im
Norden Syriens lebten. Heute sind es nur
mehr wenige zehntausend, die
zurückgeblieben sind in der in weiten
Teilen zerstörten Stadt. „Das Leben bei uns
ist so schwer. Strom und Wasser gibt es oft tagelang nicht. Besonders jetzt im Winter ist es
bitterkalt. Kürzlich habe ich eine Familie besucht, die in ihrer von einer Raketen zerstörten
Wohnung hauste. Mein Herz hat geweint. Es war ein so schreckliches Bild.“
In Syrien hergestellte Kleider
Schwester Annie versucht in diesem Jahr wie auch schon in den Jahren zuvor, den Menschen
ein frohes Weihnachtsfest zu bereiten. „Wir teilen Hosen, Pullover und Jacken an die
Menschen aus. Sie können sich ja häufig nichts Neues anschaffen. Deshalb sind diese Dinge
für sie gerade im Winter so wichtig.“ Seit September haben Schwester Annie und ihre Helfer
das Projekt vorbereitet. 12‘000 Kleidungsstücke wurden so für 3‘000 Bedürftige angefertigt.
„Die Kleidung wurde von christlichen Schneidern hier in Aleppo hergestellt. Sie haben mir
gesagt, dass sie so dankbar für die Aufträge sind. So haben sie Arbeit, ihre Familien zu
ernähren.“ Neben Aleppo werden auch Christen in Hasake unterstützt, einer Stadt im
Nordosten Syriens. „Früher konnten wir die Hilfsgüter von Aleppo per Lastwagen nach
Hasake transportieren. Weil Daesch (die Terrorgruppe „Islamischer Staat“) aber das Gebiet
dazwischen erobert hat, geht das nicht mehr so leicht. Wir haben die Kleidung deshalb per
Flugzeug geschickt. Sie ist gut angekommen, wie uns der Priester berichtet hat, mit dem wir
dort zusammenarbeiten.“
In jedem Haus eine traurige Geschichte
KIRCHE IN NOT unterstützt das Weihnachtsprojekt Schwester Annies seit Jahren. „Ohne das
Hilfswerk könnte ich den Menschen nichts geben. Für mich ist es ein Wunder Gottes, dass es
anders ist. Wir sind den Wohltätern so dankbar für ihre Grosszügigkeit. Erst jetzt haben wir
eine Messe gefeiert, um für sie zu beten. Und auch die Menschen segnen die Wohltäter,
wenn sie hören, von wem die Gaben stammen.“ Seit Freitag letzter Woche verteilt
Schwester Annie jetzt zwischen zehn und sechzehn Uhr die Kleidung an die Bedürftigen. „Wir
wollen nicht, dass die Menschen sich wie Bettler vorkommen. Deswegen haben wir den
Ausgaberaum so schön gestaltet. Wir versuchen auch, mit allen ins Gespräch zu kommen. Es
soll nicht einfach eine Kleiderausgabe, sondern eine Begegnung von Mensch zu Mensch
sein.“ Dabei, so Schwester Annie, klagen die Menschen ihr das Leid ihres schweren Alltags.
„Das ist das fünfte Weihnachtsfest, das Syriens Christen im Krieg feiern. Die Menschen
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haben keine Freude mehr im Herzen.
Natürlich werden sie in die Kirche
gehen. Aber die Freude, die wir alle
einmal an Weihnachten spürten, ist
weg. An ihre Stelle ist Traurigkeit
getreten.“ Sie berichtet von einem
alten Mann, der ihr bedrückt
berichtete, dass er und seine Frau
Weihnachten nur zu zweit seien.
„Früher feierten alle seine sechzehn
Kinder und Enkel mit ihnen. Jetzt sind
sie alle weg, geflohen. Geblieben sind
nur die beiden Alten.“ So wie dem alten Paar gehe es vielen. Sie hätten Angehörige bei
Angriffen verloren, ihre Söhne dienten in der Armee oder die Kinder seien geflohen. „In
jedem Haus gibt es eine traurige Geschichte zu erzählen“, weiss Schwester Annie. „Aber die
Menschen vertrauen auf Gott. Und sie freuen sich, dass ihre Mitchristen im Ausland sie nicht
vergessen haben.“
Fotos: Impressionen aus Aleppo, Syrien (Bilder: KIRCHE IN NOT)
KIRCHE IN NOT ist ein internationales katholisches Hilfswerk päpstlichen Rechts, das 1947
von Pater Werenfried van Straaten (Speckpater) als „Ostpriesterhilfe“ gegründet wurde. Es
steht mit Hilfsaktionen, Informationstätigkeit und Gebet für bedrängte und Not leidende
Christen in rund 140 Ländern ein. Seine Projekte sind ausschliesslich privat finanziert. Das
Hilfswerk wird von der Schweizer Bischofskonferenz für Spenden empfohlen.
Spenden mit dem Vermerk «Naher Osten» können gerichtet werden an:
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