Bulletin NR. 2/2015 Schweizer Verband für BVG-Stiftungsräte Bundesgericht bestätigt: Stiftungsräte sind haftbar Bild: istockphoto KOMMENTAR Zur Kasse, bitte … ? Innerhalb von drei Jahren Geschäftstätigkeit «verschwanden» über 30 Millionen Franken. Weder der Stiftungsrat, der PK-Experte noch die Revisionsgesellschaft haben rechtzeitig eingegriffen, so das Bundesgericht. Die acht Stiftungsräte haften nun mit über 30 Millionen Franken. Von Christoph D. Studer Den Millionenbetrag hatte der Sicherheitsfonds BVG 2010 eingeklagt, und er hat die obligatorischen Leistungen für die über 700 Versicherten übernommen. Diese kamen mehrheitlich ohne Schaden davon. Das Bundesgericht musste elf Beschwerdeverfahren beurteilen, die alle den gleichen kantonalen Entscheid betrafen. Das höchste Gericht im Land hat sämtliche Beschwerden abgewiesen und das vorinstanzliche Urteil bestätigt. Die Richter in Luzern erinnern daran, dass die Haftung eines Stiftungsrats keiner Karenzfrist unterliegt. Er muss vom ersten Tag seiner Wahl seinen Pflichten in jeder Hinsicht nachkommen. Das heisst, dass er sich bereits vor der Wahl ein um- fassendes Bild über die Vorsorgeeinrichtung verschaffen muss. Seine Sorgfaltspflicht richtet sich nicht nach dem Stand seiner Fachkompetenz, sondern nach objektiven Kriterien. Ein Stiftungsrat kann und darf sich nicht allein auf den Zahlen und am finanziellen Ergebnis orientieren. Der Deckungsgrad als Momentaufnahme (Stichtag) reicht nicht aus, um die finanzielle Lage einer PK zu beurteilen. Der Stiftungsrat muss sich auch «um die Gegebenheiten hinter den Zahlen kümmern», so das Gericht. Er kann sich auch nicht auf die Aussagen seine Kolleginnen und Kollegen verlassen, auch wenn diese ausgewiesene Fachexperten sind und über langjährige Erfahrung verfügen. Stehen Stiftungsräte mit einem Bein im Gefängnis? Droht ihnen der finanzielle Ruin? Haus weg, Sparbuch weg, Lohnpfändung … ? Nein, ausgenommen ein Stiftungsrat wird kriminell. Die Haftungsvoraussetzungen sind kumulativ: Schaden, Pflichtverletzung, Verschulden und Kausalität. Allerdings fordert der Umgang mit sozialem Kapital ein hohes Verantwortungsbewusstsein im Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Rendite. Wichtiger denn je wird daher für den Stiftungsrat ein nachhaltiges und gut dokumentiertes Risikomanagement. Und doch bleibt ein Restrisiko. Die Haftung kann nicht wegbedingt werden, der Stiftungsrat haftet als Kollegium unbeschränkt und solidarisch. Wie geht der Stiftungsrat damit um? Nicht darüber zu reden, löst das Problem nicht. Das Thema «Risikomanagement» gehört regelmässig auf die Traktandenliste – genau wie die Diskussionspunkte Performance und Deckungsgrad sowie das Protokoll der letzten Sitzung. Beat Zürcher, SRPK-Geschäftsleiter 2 SRPK Bulletin 2/2015 SRPK-SEMINAR «KURZ UND KOMPETENT» Fortsetzung von Seite 1 Bild: zVg Stiftungsräte sind haftbar Bild: istockphoto Grundsätzlich ist festzuhalten, dass das Bundesgericht am Anforderungsprofil eines Stiftungsrats nichts geändert hat. Es bestätigt jedoch, dass strenge Massstäbe für die Verantwortlichkeit von Stiftungsräten gelten. (Urteile 9C_227–230/2014; 9C_244/2014; 9C_246-248/2014; 9C_263/2014; 9C_267/2014) Christoph D. Studer, Dr. iur., LL.M. Hat sich auf die Haftung von Organen spezialisiert und vertrat in diesem Prozess eine der involvier ten Parteien. Probst Partner AG, Bahnhofplatz 18, 8400 Winterthur, www.probstpartner.ch STICHWORT DES MONATS Was macht … der Sicherheitsfonds BVG? Die Hauptaufgabe des Sicherheits fonds BVG ist die Garantie der Leistungen aller Versicherten der 2. Säule bei Insolvenz der Vorsor geeinrichtung Seit Inkrafttreten des BVG läuft über den Sicherheitsfonds auch ein Ausgleich zugunsten von Arbeitge bern mit vielen älteren Angestell ten, die durch die gestaffelten Sparbeiträge besonders stark be lastet werden. Zudem ist er die Verbindungsstelle zwischen den VE und den Versi cherten. Die Einrichtungen haben der Zentralstelle die Guthaben ohne Kontakt zu den Berechtigten zu melden, und die Versicherten können Anfragen über den Ver bleib ihrer Guthaben machen. Seit 2002 ist der Sicherheitsfonds ausserdem im Bereich der berufli chen Vorsorge Verbindungsstelle zu den Mitgliedstaaten der Euro päischen Union und der EFTA. Mittwoch, 24. Juni 2015, ab 16.00 Uhr im «Kaufleuten», Pelikanplatz, 8001 Zürich Ihr persönlicher Nutzen, wenn Sie das SRPK-Seminar besuchen • Sie erfahren die juristischen Hintergründe dieses wegweisenden Urteils. • Sie können Ihr persönliches Haftungsrisiko als Stiftungsrat einschätzen. • Sie kennen geeignete Massnahmen, um sich vor Haftungsansprüchen zu schützen. • Daniel Dürr, eidg. dipl. Pensionskassenleiter, Mandatsleiter Sicherheitsfonds BVG, Bern Der Sicherheitsfonds hat den Millionen betrag eingeklagt, und er hat die obliga torischen Leistungen für die über 700 Ver sicherten übernommen. Diese kamen mehrheitlich ohne Schaden davon. Ihre Referenten • Dr. iur. Christoph D. Studer, Probst Partner AG, Winterthur Christoph D. Studer hat sich auf die Haftung von Organen spezialisiert und vertrat in diesem Prozess eine der involvierten Parteien Ihre Investition • SRPKMitglieder: gratis, aber nicht umsonst • Nichtmitglieder: CHF 200.– inkl. Apéro, exkl. MwSt. Anmeldung und Auskunft [email protected] oder 0800 090 090 Programm: Ab 16.00 Willkommenskaffee 16.30 Begrüssung durch Beat Zürcher, Geschäftsleiter SRPK 16.45 Dr. Christoph D. Studer Das Bundesgericht bestätigt: Stiftungsräte sind haftbar. Daniel Dürr Das Urteil ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt. 17.30 Podiumsdiskussion: Welche Bedeutung hat dieses Urteil für mich als Stiftungsrat? Moderation: Beat Zürcher 18.00 Zusammenfassung – Umsetzung in der Praxis 18.15 Apéro – persönlicher Austausch SRPK Bulletin 2/2015 3 EIN PRÄSIDENT STELLT SICH VOR Die PK ist für mich eine Herzensangelegenheit STECKBRIEF Wie wurden Sie Präsident des Stiftungsrats? Die Geschäftsleitung hat mich vorgeschlagen, nachdem klar war, dass mein Vorgänger entschied, in Pension zu gehen. Wie viel Zeit wenden Sie für das Stiftungsrat-Präsidium auf? Rund 15 Prozent, wobei ich mich auf einen eingespielten und fachkundigen Stiftungsrat verlassen kann. Welche Ziele sind für Sie als Präsident wichtig? Das Hauptziel ist, die Altersrente unserer Destinatäre wirtschaftlich erfolgreich und nachhaltig sicherzustellen. Warum engagieren Sie sich für die berufliche Vorsorge? Die 2. Säule ist eine schweizerische Errungenschaft, die unter anderem sicherstellt, dass wir nach der Pensionierung einen würdigen Lebensstandard weiterführen können. Dafür engagieren sich der Arbeitgeber und die Mitarbeitenden. Sich dafür einzusetzen, ist für mich nicht nur Vorsorgeeinrichtung: Feller AG & Schneider-Electric (Schweiz) AG Funktion im Stiftungsrat: Seit 2015 Mitglied und Präsident des Stiftungsrates Bild: z.V.g. Was tun Sie im Hauptberuf? Ich bin Leiter Human Resources der Firmen der Schneider-Electric-Gruppe in der Schweiz und Österreich. In den vergangenen 17 Jahren hatte ich verschiedene leitende Geschäfts- und HR-Funktionen bei IBM und einem Start-up inne. Das Thema Pensionskasse war für mich und meine Tätigkeit immer ein zentrales Anliegen in den vergangenen Jahren. Name: Stephan Kunz Pflicht, sondern auch eine Herzensangelegenheit. Welches sind die aktuellen Herausforderungen für Ihre Vorsorgestiftung? Eine Ertragsrendite zu erwirtschaften, die die zukünftigen Verbindlichkeiten sicherstellt, und notwendige Reformen anzupacken, unabhängig davon, ob sie der Staat uns vorschreibt oder nicht. Zudem wollen wir zwei Vorsorgeeinrichtungen fusionieren, die nicht die gleichen Voraussetzungen haben. Wie und wie oft kommunizieren Sie mit Ihren Destinatären? Wir verschicken dreimal pro Jahr individualisierte bzw. allgemeine Informationen an unsere Destinatäre. Dazu kommen meine persönlichen Auftritte bei Mitarbeiteranlässen, wo ich zum Thema Pensionskasse Stellung nehme. Haben Sie Probleme, Mitarbeitende für das Amt des Stiftungsrats zu gewinnen? Nein, das Thema Pensionskasse interessiert sehr viele Mitarbeitende, und viele unserer Kolleginnen und Kollegen verfügen auch über fundiertes Wissen zu diesem Thema. Schwieriger ist es, als gewählter Stiftungsrat dann auch die notwendige Zeit für das Amt zu finden. Die Schneider-Electric-Gruppe unterstützt allerdings Mitarbeitende dabei, sich für dieses Amt innerhalb der regulären Arbeitszeit Zeit zu nehmen. Was wünschen Sie sich vom SRPK? Dass der Verband mithilft, dass das Amt eines Stiftungsrats nicht einfach ein Hobby oder eine nette Freizeitbeschäftigung ist. Ein Stiftungsrat, eine Stiftungsrätin nimmt eine tragende Rolle wahr. Der SRPK soll helfen, dass alle Beteiligten erkennen, welche wichtige Funktion der Stiftungsrat auch als Gremium hat. Im Bereich der Aus- und Weiterbildung setzt sich der Verband dafür ein, dass die Inhalte der Verantwortung, der Aufgabe und den Kompetenzen des Amtes entsprechen. Herr Kunz, herzlichen Dank für das Gespräch. Interview von Beat Zürcher 4 SRPK Bulletin 2/2015 KURZ NOTIERT Die Schweizer Pensionskassen 2013 2007 21 836 25 992 Rentenleistungen in Mio. 1 093 512 2007 941 754 2013 Leistungsbezüger (Renten/Kapital) 3 932 187 3 545 571 2007 Aktive Versicherte 1957 2543 Anzahl Vorsorgeeinrichtungen 2013 2007 2013 Quelle: BFS Technischer Zins in % Umwandlungssatz in % Sonderangebot für SRPK-Mitglieder Die «Schweizer Personalvorsorge» (SPV), deren aktuelle Ausgabe Sie in den Händen halten, erhalten Sie als SRPK-Mitglieder jetzt für 155 statt 310 Franken jährlich. Jeden Monat erhalten Sie aktuelle Informationen zur 2. Säule, und viermal jährlich orientiert Sie das «SRPK-Bulletin» über Trends und Meinungen zum Thema Stiftungsrat. Bestellen Sie Ihr persönliches SPV-Exemplar unter: www.schweizerpersonalvorsorge.ch/ zeitschrift/abonnements/ 10 3,51 2007 8 3,49 2010 4 2,89 2013 6 5,75 bis 8,5 5,5 bis 8,5 5,4 bis 8,0 ø 7,13 ø 6,9 ø 6,79 ø 6,34 ø 6,25 2002 2005 2008 2014 2015 5,4 bis 7,2 4,5 bis 7,2 2 2,76 2014 0 Deckungsgrad in % 120 110,1 113,7 113,6 110,6 110,3 105,1 107,6 105,9 102,8 100 96,7 Für Präsidenten und Vizepräsidenten von Führungsorganen der Pensions kassen 4. November 2015 in Zürich 7. Januar 2016 in Zürich ø Zielgrösse Wertschwankungsreserve: 16 % www.schweizerpersonalvorsorge.ch 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Quelle: Swisscanto IMPRESSUM Herausgeber: Schweizer Verband für BVGStiftungsräte | SRPK HansHuberStrasse 4 Postfach 1853, 8027 Zürich Telefon 0800 090 090, www.srpk.ch Sponsoren Für erfahrene Stiftungsräte am 22. und 23. September 2015 in Interlaken Horizonte und Trends 90 80 In Form – informiert Workshop 113,0 110 TERMINE FÜR STIFTUNGSRÄTE Redaktionelle Verantwortung: Beat Zürcher, [email protected] Konzeption, Layout, Druckvorstufe: Partner & Partner AG, www.partnerpartner.ch Druck: Multicolor Print AG, 6341 Baar Stiftungsratsforum Gewerbe Basel Donnerstag, 12. November 2015, 13.30 Uhr Stephan Eng, Leiter Berufliche Vorsorge, s.eng@gewerbebasel.ch
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