Zwischen Liquiditätsflut und austrocknenden Staats

Strategie /
Investment
Stefan Scheurer
Senior Global Investment Strategist, Global
Capital Markets & Thematic Research, Allianz
Global Investors
Wenngleich Programme zum Aufkauf von
Covered Bonds im Mai
2009 und November
2011 aufgelegt bzw.
der Ankauf von Wertpapieren am Sekundärmarkt im Mai 2010
beschlossen wurden –
jene Bestände wurden
bereits im Zeitablauf
reduziert – und das
OMT-Programm (Outright Monetary Trans­
actions) noch nicht in
Anspruch genommen
wurde.
1
Zwischen Liquiditätsflut
und austrocknenden Staatsanleihemärkten
Die Europäische Zentralbank (EZB) startete im März 2015 ihr Anleiheaufkaufprogramm (QE). Die Bank of Japan (BoJ) setzte unverändert ihre Politik der monetären Flutung fort. Dagegen überlegen die
US-Notenbank Federal Reserve (Fed) und die Bank of England (BoE),
ihre Zinsen allmählich wieder anzuheben. Der unterschiedliche geldpolitische Kurs der Notenbanken in den führenden Volkswirtschaften
könnte kaum offensichtlicher sein. Doch welche Auswirkung hat die
weiterhin immense Liquiditätsflut auf die internationalen Anleihemärkte?
„Quantitative Easing“ im
internationalen Vergleich
Nach Ausbruch der Finanzmarktkrise (2008 / 2009)
senkten wichtige Notenbanken rund um den Globus nicht nur ihre Leitzinsen auf Rekordtiefs nahe
Null, sondern experimentierten darüber hinaus mit
neuen, unkonventionellen Instrumenten. Angesichts des quasi ausgeschöpften zinspolitischen
Spielraums griffen etwa die Fed und die BoE auf
eine aktive Bilanzpolitik in Form von umfangreichen
Wertpapierkäufen zurück. Zudem weiteten sie ihre
Bilanzsummen massiv aus (siehe Schaubild 1), um
über den Leitzins hinaus auf bestimmte Elemente
des geldpolitischen Übertragungsmechanismus Einfluss zu nehmen, beispielsweise Vermögenspreise,
Renditen und Finanzierungsbedingungen.
So nahm die BoE in Summe fast 400 Mrd. Pfund an
Wertpapieren auf ihre Bilanz. Die Fed ging im Kontext ihres dualen Mandats von Vollbeschäftigung
und Preisniveaustabilität in ihrer dritten „Quantitativen Lockerung“ („Quantitative Easing“ oder QE)
gar so weit, unbeschränkt sog. Mortgage Backed
Securities (durch Hypotheken gesicherte Wertpapiere) und auch US-Staatsanleihen aufzukaufen, bis
sich eine substanzielle Verbesserung auf dem USArbeitsmarkt einstellte.
Die EZB hielt sich über die letzten Jahre mit direkten Anleihekäufen zurück1 – das hat sich jedoch
zuletzt mit der Bekanntgabe ihres QE in Höhe von
60 Mrd. Euro pro Monat geändert. Währenddessen
gab die japanische Notenbank mehrmals sogar
eine Ausweitung ihrer bestehenden „Quantitativen Lockerung“ – im Umfeld von „Abenomics“ –
bekannt.
Fokus: Zwischen Liquiditätsflut und austrocknenden Staatsanleihemärkten
Ein Blick auf die Details (siehe Schaubild 2) zeigt:
Schaubild 1: Geldpolitische Stimuli,
aber auch geldpolitische Divergenz
Bilanzen der G4-Zentralbanken (in % des BIP)
60 %
50 %
40 %
30 %
20 %
10 %
0
2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014
US Federal Reserve (% des BIP)
Bank of England (% des BIP)
Europäische Zentralbank (% des BIP)
Bank of Japan (% des BIP)
Quelle: Datastream, Allianz GI Global Global Capital Markets &
Thematic Research, März 2015
• Bis Ende 2014, als sie ihre milliardenschweren
Anleihekaufprogramme einstellte, kaufte die
Federal Reserve Vermögenswerte in Höhe von
etwa 25 % des US-amerikanischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf. Davon entfallen ca. 14 %
des nominalen BIP auf US-Treasuries. Das sind
umgerechnet etwa 2,4 Bio. US-Dollar.
• Die Bank of England hingegen erwarb in Summe
Vermögenswerte im Volumen von etwa 380 Mrd.
Pfund. Davon wurden fast vollständig, d. h. für
375 Mrd. Pfund, Staatsanleihen des Vereinigten
Königreichs (Gilts) gekauft. Das entspricht
umgerechnet über 20 % der Wirtschaftsleistung
Großbritanniens.
• Die Bank of Japan kaufte bis Ende 2014 fast
210 Bio. Yen (entspricht ungefähr knapp
1,5 Bio. Euro) an verschiedenen Vermögens­
werten auf – u. a. Unternehmensanleihen,
japanische Real Estate Investment Trusts (REIT)
und japanische Staatsanleihen (JGB). In Summe
entspricht das etwa 44 % des japanischen BIP.
Schaubild 2: Im Vergleich – Anleiheaufkaufprogramme der G4-Notenbanken
Volumen (Mrd.,
lokale Währung)
Ende 2014
Volumen
(in EUR*)
Ende 2014
% aller ausstehenden
Wertpapiere
Ende 2014
% BIP**
Ende 2014
Prognose
(% vom BIP)***
Ende 2015
Prognose (Mrd.,
lokale Währung)***
Ende 2015
Fed (ausstehend per 31. Dez 2014)
US-Treasuries
2.347
1.939
24 %
14 %
14 %
2.347
TIPS
98
81
9%
1%
1%
98
Federal Agency Securities
39
32
3%
0%
0%
39
Agency Mortgage-Backed Securities
1.737
1.435
32 %
10 %
10 %
1.737
Gesamt
4.221
3.487
24 %
25 %
25 %
4.221
BoJ (Kalenderjahr 2015 und Prognose Kalenderjahr 2015)
JGBs
200.000
1.402
20 %
42 %
59 %
280.000
CP
2.200
15
17 %
0%
0%
2.200
Corporate Bonds
3.200
22
4%
1%
1%
3.200
Exchange-traded funds (ETFs)1
3.800
27
20 %
1%
2%
7.300
Japan real estate investments trusts (J-REITs)
Gesamt
180
1
4%
0%
0%
270
209.380
1.467
18 %
44 %
62 %
292.970
BoE (ausstehend per 31. Dez 2014)
Staatsanleihen (Gilts)2
375
478
35 %
22 %
22 %
375
Commercial Papers3
2
3
–
0%
0%
0
Unternehmensanleihen4
2
2
–
0%
0%
0
379
483
–
22 %
22 %
375
CBPP
29
29
–
0%
0%
19
CBPP2
13
13
–
0%
0%
8
SMP
144
144
–
1 %
1 %
117
ABSPP + CBPP3
31
31
–
0%
1 %
140
Staatsanleihen
–
–
–
–
4 %
400
Agencies and Supras
–
–
–
–
1 %
95
217
217
–
1 %
7 %
779
Gesamt
EZB (Buchwert per Januar 2015)
Gesamt
* Wechselkurs vom 31. Dez. 2014, ** nominales BIP 2013, *** Annahme: keine Rückzahlungen und nur angekündigte Käufe
1
Ausstehender Betrag für 2015; Annahme: zusätzliches geldpolitische Lockerung der BoJ i.H.v. 500 Mrd. Yen
2
Ausstehender Betrag für 2015; Annahme: erste Zinserhöhung 2016
3
Die Commercial Paper Facility wurde für Neuemmisionen am 15. Nov. 2011 geschlossen
4
In Anlehung an den Kauf von Unternehmensanleihen vom 27. Juni 2013, bleibt das Corporate Bond Secondary Market Scheme zwar nach wie vor bestehen,
deren Ausführung hängt aber von der Marktnachfrage ab.
Quelle: Nomura, Fed, BoE, BoJ, ECB, AllianzGI Global Capital Markets & Thematic Research.
2
Fokus: Zwischen Liquiditätsflut und austrocknenden Staatsanleihemärkten
• Die Europäische Zentralbank erwarb bis dato
(Stand: März 2015) knapp 220 Mrd. Euro an
Vermögenswerten oder umgerechnet knapp
1 % des europäischen BIP. Mit Aufnahme des
europäischen QE – dessen Umfang relativ zum
BIP den ersten „Quantitative Easing”-Maßnahmen
der Fed von 2008 / 09 entspricht – dürfte sich der
Anteil der Vermögenswerte (inkl. Staatsanleihen)
auf der Bilanz der EZB deutlich ausweiten.
• Spanische Kreditinstitute erhöhten ihren Bestand
an Staatsanleihen aus dem Euroraum von knapp
90 Mrd. Euro auf 310 Mrd. Euro per Ende 2014.
• Portugiesische Kreditinstitute erhöhten ihren
Bestand an Staatsanleihen aus dem Euroraum
von etwa 5 Mrd. Euro auf knapp 40 Mrd. Euro per
Ende 2014.
• Irische Kreditinstitute erhöhten ihren Bestand
an Staatsanleihen aus dem Euroraum von ca.
56 Mrd. Euro auf fast 70 Mrd. Euro per Ende 2014.
Gibt es noch genügend
­Staatsanleihen?
Mit Aufnahme des (erweiterten) Anleihekaufprogramms der Europäischen Zentralbank dürfte sich
der Anteil der Vermögenswerte (inkl. Staatsanleihen) auf der Bilanz der EZB deutlich ausweiten: bis
Ende 2015 auf etwa 7 % des Euroraum-BIP und bis
Ende September 2016 auf 11 % des BIP. Der Anteil
von Staatsanleihen aus dem Euroraum dürfte dann
von 4 % auf ca. 8 % des BIP des Euroraums steigen.
Die EZB sollte damit einen guten Schritt weiter
gekommen sein, um wie beabsichtigt ihre Bilanzsumme auf die Größe von Anfang 2012 auszuweiten – d. h. auf 3 Bio. Euro bzw. auf etwa 35 % der
Wirtschaftsleistung des Euroraums.
Mit Blick in die Bilanz der US-Notenbank ist festzustellen, dass die Fed mittlerweile zum größten
Gläubiger der USA geworden ist. Mit knapp 2,5 Bio.
US-Dollar an US-Staatsanleihen oder knapp 20 %
der Fed-Bilanz übertrifft sie damit deutlich die USTreasury-Bestände von China und Japan mit jeweils
ca. 1,2 Bio. US-Dollar per Ende 2014. Doch nachdem
die Fed ihre milliardenschweren Anleihekäufe im
Oktober 2014 beendet hat, scheidet sie als potenzieller Käufer aus – wenngleich durch Umschichten
bestehender Staatsanleihen der Bestand an USTreasuries nicht sinkt.
Unter den ausländischen Investoren treten am
Markt für US-Staatsanleihen zuletzt stattdessen
einige Schwellenländer wie Indien, Mexiko oder
die Türkei als Käufer auf. Jene Staaten konnten prozentual den stärksten Zuwachs von US-Treasuries
seit Anfang 2014 verzeichnen, während China und
Russland jüngst Positionen abgebaut haben. In der
Sektorbetrachtung kann als weiterer Käufer auch
der ­US-Finanzsektor deklariert werden, der seinen
Bestand an US-Treasuries stetig weiter ausbaut: über
1,9 Bio. US-Dollar per Ende September 2014 nach
800 Mrd. US-Dollar Anfang 2008.
Mit der Europäischen Zentralbank betritt nun ein
Käufer von Staatsanleihen aus dem Euroraum die
Bühne. Zuletzt waren es primär die Kreditinstitute
der einzelnen EWU-Länder, die im Zuge der üppigen Liquidität der EZB – man denke an die beiden
dreijährigen Langfristtender (LTRO) – Staatsanleihen
aus dem Euroraum u. a. als Sicherheit für Refinanzierungsgeschäfte auf ihre Bücher nahmen. Grund
hierfür war auch die niedrige Risikogewichtung der
Anleihen im Rahmen der erhöhten Eigenkapital­
anforderungen2. Beispiele seit Anfang 2008:
• Italienische Kreditinstitute erhöhten ihren
Bestand an Staatsanleihen aus dem Euroraum
von rund 200 Mrd. Euro auf 430 Mrd. Euro per
Ende 2014.
Schaubild 3: Gibt es noch genügend
Staatsanleihen?
Volumen von EWU-Staatsanleihen
bei Kreditinstituten im Euroraum (in Mrd. EUR)
500
400
300
200
100
0
2008
2009
2010
2011
2012
Spanien
Italien
Irland
Deutschland
Frankreich
Portugal
2013
2014
Griechenland
Quelle: Datastream, Allianz GI Global Capital Markets & Thematic
Research, März 2015
In Großbritannien besitzen die lokalen Kreditinstitute sowie die Bank of England in Summe über
500 Mrd. Pfund an britischen Staatstiteln (Gilts),
wovon 375 Mrd. Pfund allein auf die Bank of England
entfallen – gemäß den „Quantitative Easing“-Maßnahmen der BoE seit 2008. Das entspricht insgesamt
fast 36 % aller ausstehenden Gilts (Stand: 1. Quartal
2014).
Quelle: Deutsche
­Bundesbank, Monatsbericht November 2013
2
3
Fokus: Zwischen Liquiditätsflut und austrocknenden Staatsanleihemärkten
Ähnlich sieht es auch in Japan aus, denn die Bank of
Japan hält per Ende 2014 ca. 20 % aller ausstehenden
japanischen Staatsanleihen. Das sind umgerechnet
fast 210 Bio. Yen. Doch anders als bei der Fed oder
der BoE läuft das Anleiheaufkaufprogramm der BoJ
bis dato unvermindert weiter, mit jährlichen Käufen
in Höhe von 80 Bio. Yen (ca. 150 Mrd. Euro). Bis Ende
2015 dürfte daher der Anteil der aufgekauften Vermögenswerte auf über 60 % des BIP ansteigen bzw.
sich der Anteil an JGB von über 40 % (Ende 2014)
auf ca. 60 % Ende 2015 erhöhen (siehe dazu auch
Schaubild 2).
Klub der negativen Zinsen
Durch die starke Nachfrage von Notenbanken bzw.
Kreditinstituten nach scheinbar sicheren Staatsanleihen, wuchs der „Klub der negativen Zinsen“
in den vergangenen Monaten stetig weiter. Nach
der Schweiz, der Eurozone und Dänemark gesellte
sich Schweden mit dazu. Sicher: Noch (?) haben
nicht alle Industrieländer negative Zinsen. In den
USA kam es bei den Staatsanleihen jüngst sogar zu
einer Entkopplung. Aber gemäß dem Gesetz der
kommunizierenden Röhren bleibt kein Markt von
dem Liquiditätsdruck, der von den Zentralbanken
ausgeht, verschont. Und es spricht für sich, wenn
knapp 70 % der schweizerischen Staatsanleihen eine
negative Rendite aufweisen, ebenso wie gut 60 % der
umlaufenden deutschen Staatsanleihen, fast 50 %
der französischen und nahezu 20 % der japanischen
(siehe Schaubild 4). So scheint bei Staatsanleihen
hoher Bonität die ultralockere Geldpolitik Negativzinsen zum Normalfall werden zu lassen. Inzwischen
sind sogar die Renditen für deutsche Staatsanleihen
mit Laufzeiten von bis zu sieben (!) Jahren in negativen Bereich abgetaucht, während die zehnjährige
Bundrendite noch näher an die Nulllinie heranrückt.
Welche Auswirkungen könnte das zukünftig für die
Staatsanleihemärkte haben?
Steigende Nachfrage –
sinkendes Angebot
Wie die Daten eindrucksvoll zeigen, sind es primär
die Kreditinstitute bzw. Notenbanken selbst, die in
den letzten Jahren als Hauptkäufer an den Märkten
für Staatsanleihen auftraten. Mit Blick auf das laufende Jahr und darüber hinaus dürfte dieser Status
quo zwar bestehen bleiben. Doch sollte im Zuge
sinkender Haushaltsdefizite und eines verbesserten
Wachstumsausblicks in den USA und in Europa das
Angebot an neuen Staatsanleihen deutlich sinken.
Schaubild 4: Klub der negativen Zinsen
Anteil der ausstehenden Staatsschulden mit negativer Rendite (in %)
100 %
80 %
67
60 %
62
62
59
54
49
40 %
42
37
27
20 %
0%
16
SZ
SW
GE
DK
NL
FR
AT
BE
FI
JP
Quelle: Bloomberg, Allianz GI Global Capital Markets & Thematic
Research, März 2015.
Folglich könnte es zu (weiteren) Preisverzerrungen
am Markt für Staatsanleihen kommen
Für die Eurozone im Allgemeinen dürfte das einen
signifikanten Nachfrageeffekt bedeuten: Prognostiziert sind Staatsanleihekäufen der EZB von
ca. 450 Mrd. Euro bis Ende 2015 – etwa 45 Mrd.
Euro pro Monat. Damit dürfte das nachgefragte
Volumen die für das Gesamtjahr 2015 geschätzten
Netto­neuemissionen von ca. 280 Mrd. Euro an den
Euroraum-Staatsanleihemärkten übersteigen (siehe
Schaubild 5).
Schaubild 5: EZB-Anleihekäufe
vs. Staatsanleiheemissionen
Mrd. EUR
1200
1140
1000
930
855
800
600
400
200
95
190
280
0
Total
Staatsanleihen Agencies Covered/ABS
EZB „Quantitative Easing“
(geschätzte Aufteilung)
Brutto Netto
Staatsanleihenemissionen
Eurozone
(2015 geschätzt)
Quelle: Allianz Global Investors, Bloomberg, HSBC
In Japan sieht es ähnlich aus. Denn die BoJ scheint
allmählich das Limit erreicht zu haben, wieviel
­japanische Staatsanleihen (JGB) die Zentralbank
noch kaufen kann. In absehbarer Zeit dürfte die
japanische Notenbank fast 100 % der jährlichen
4
Fokus: Zwischen Liquiditätsflut und austrocknenden Staatsanleihemärkten
Neuemissionen kaufen und dadurch zum größten
Gläubiger japanischer Schulden in den kommenden
Jahren werden. Der Nachfrageüberhang würde
demnach noch stärker werden und die Liquidität
knapper – auch wenn lokale Kreditinstitute und der
staatliche Pensionsfonds ihre Positionen in Staatsanleihen reduzieren. So könnte es teils zu erhöhter
Volatilität im JGB-Markt kommen – vor allem am
kurzen Ende des Laufzeitenspektrums – wie es sich
bereits schon bei einzelnen Auktionen in 2014 und
2015 gezeigt hat.
„Crowding-out“
am Euro-Rentenmarkt
Mit Blick auf den Euro-Rentenmarkt dürften von
der quantitativen Lockerung der EZB in erster Linie
die Kurse von Staatsanleihen profitieren. Deren
Renditen verzeichneten neue Allzeittiefs – durch die
Kombination aus einem „vorteilhaften“ AngebotsNachfrage-Mix, gekoppelt mit der Sorge, in Europa in
eine Deflation zu rutschen. So sollte bis auf Weiteres
QE die Anleiherenditen im breiten Laufzeitenspektrum jenseits von zwei Jahren niedrig halten. An
den Peripheriemärkten (außerhalb Griechenlands)
dürfte der Liquiditätseffekt zusammen mit den
aufgehellten Konjunkturperspektiven in eine fortgesetzte Einengung der Risikoprämien gegenüber
laufzeitäquivalenten Bundesanleihen münden (siehe
Schaubild 6). Denn noch immer bewegen sich die
an den Peripheriemärkten eingepreisten Ausfallwahrscheinlichkeiten auf Sicht von fünf Jahren über
Vorkrisenniveau (zur weiteren Vertiefung siehe auch
unseren Fokus: „QE“ – Startsignal für Anlagen im
Euroraum?).
Unbestritten werden die immensen Anleihekäufe
die Preise am gesamten Euro-Rentenmarkt dauerhaft weiter verzerren. Insbesondere deutsche
Bundesanleihen bewegen sich bereits auf ambitionierten Bewertungsniveaus und dürften sich aus
fundamentaler Sicht weiter verteuern. Liquiditätsrisiken sollten dabei nicht unterschätzt werden. Denn
insbesondere in einem Umfeld fallender Staatsverschuldung und damit einhergehender sinkender
Neuemissionen könnte QE zu einem „Crowdingout“ und zu Engpässen in der Handelbarkeit von
Staatsanleihen führen. Im Extremfall könnten die
Ankäufe sogar ein Austrocknen der Liquidität in
einzelnen Segmenten nach sich ziehen, ähnlich wie
es oben bereits zum japanischen Staatsanleihemarkt
beschrieben ist.
Verstehen. Handeln.
• Die Europäische Zentralbank und die japanische
Notenbank auf der einen Seite sowie die USFederal Reserve und die Bank of England auf der
anderen Seite verfolgen einen unterschiedlichen
geldpolitischen Kurs, der jedoch unverändert
locker (Fed, BoE) bis expansiv (EZB, BoJ) ist.
• Die Kaufprogramme der Notenbanken, insbesondere der EZB und BoJ, haben eine Angebotsknappheit bzw. einen Nachfrageüberhang bei
Staatsanleihen zur Folge.
• Die Zentralbanken ersetzten zunehmend private
wie auch institutionelle Investoren als potenzielle
Käufer von Staatsanleihen.
• Die niedrige bzw. teils negative Zinsphase dürfte
weiter anhalten (finanzielle Repression). Das
größte Risiko besteht darin, kein Risiko eingehen
zu wollen.
Schaubild 6: EWU-Staatsanleihemärkte – Liquiditätseffekt und Konjunkturfantasie
Risikoprämien unter Abwärtsdruck: Renditedifferenz gegenüber 10-jährigen Bundesanleihen in Prozentpunkten
50
16
14
40
12
10
30
8
20
6
4
10
2
0
0
2010
Italien
2011
Frankreich
Spanien
2012
Portugal
Irland
2013
2014
Griechenland (I.S.)
Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für die Zukunft. Quelle: Datastream, AllianzGI Global Capital Markets &
Thematic Research, März 2015.
5
Fokus: Zwischen Liquiditätsflut und austrocknenden Staatsanleihemärkten
• Nicht nur in der Geldpolitik, sondern auch an den
Anleihemärkten (US-Treasuries, Bunds) scheinen
sich die USA und der Euroraum entkoppelt zu
haben.
• Die Währungen sollten auch weiterhin im
Wesentlichen Getriebene der Geldpolitik sein – in
diesem Kontext ist auch die aktuelle US-DollarStärke zu sehen. Dabei blieb eine Nebenwirkung
der Renditetiefs an den Anleihemärkten nicht aus:
Währungsvolatilität.
• Peripherie-Staatsanleihen in der Eurozone bleiben
durch die akkommodierende Geldpolitik der EZB
gut unterstützt, auch wenn sich die Risikoprämien
bereits weiter eingeengt haben. Die eingepreisten
Ausfallwahrscheinlichkeiten bewegen sich dennoch weiterhin über Vorkrisenniveau.
• Die Renditesuche geht weiter und lässt somit
die Liquiditätsflut auf andere Märkte über­
schwappen.
Impressum
Allianz Global Investors GmbH
Bockenheimer Landstr. 42 – 44
60323 Frankfurt am Main
Global Capital Markets & Thematic Research
Hans-Jörg Naumer (hjn), Ann-Katrin Petersen (akp),
Stefan Scheurer (st)
Weitere Informationen rund um die
Kapitalanlage erhalten Sie direkt unter:
www.allianzgi.de
März 2015
6
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