Geschäftsstelle der IBK | Benediktinerplatz 1 | DE

Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel
Betriebsportrait Martin
(Stand März 2015)
Grünlandbetrieb Bergregion
1
Betriebsspiegel Martin
Die Familie Martin bewirtschaftet ihren Grünlandbetrieb mit 2,0 AK nach den Richtlinien des Biologischen Landbaus. Der Betrieb liegt im Großen Walsertal (Vorarlberg) auf einer Höhe von 1240m
ü. M. mit einer mittleren Jahres-Niederschlagsmenge von 2000mm. Temperatur-Monatsmittel:
zwischen -2,6°C und 14,3°C.
Auf der Betriebsfläche von 27 ha Dauergrünland hält der Betrieb insgesamt 6 Ziegen und 18 Milchkühe mit Nachzucht und erzeugt Milch und Fleisch.
Besonderheiten
Der Betrieb liegt im Biosphärenpark Großes Walsertal. Der Betrieb betreibt eine kleine Photovoltaik-Anlage.
Kontaktdaten des Betriebs
Stefan und Christiane Martin
Mittelberg 8
6733 Fontanella (Österreich)
+43 664 50 35 094
[email protected]
Geschäftsstelle der Internationalen Bodensee Konferenz | Benediktinerplatz 1 | DE-78467 Konstanz | Postadresse CH: Postfach 1914 | CH-8280 Kreuzlingen |
Telefon: +49 7531 52 722 | Telefax: +49 7531 52 869 | Email: [email protected] | Internet: www.bodenseekonferenz.org
2
Betriebliche Energie- und Treibhausgasbilanz
2.1 Energieverbrauch und erzeugte Energie
Der Energieverbrauch des Betriebs lag bei insgesamt 611 Gigajoule (GJ), dies entspricht 17.316
Litern Diesel-Äquivalent und 22,6 GJ pro Hektar LN. Der Anteil direkter Energie entsprach 67%
bzw. 412 GJ. Der Verbrauch von direkter Energie liegt somit bei 15,3 GJ pro ha.
Dem gegenüber steht eine Gesamtenergie-Entnahme aus dem Betrieb in Form von Milch und
Fleisch und Strom in Höhe von 423 GJ, was 12.003 Litern Diesel-Äquivalent entspricht. Insgesamt
weist der Betrieb damit eine negative globale Energieeffizienz auf (Faktor 0,69).
Die Posten mit dem höchsten Energieverbrauch sind:
-
Direkte Zufuhr: Strom 34% (Melkanlage, Milchkühlung, Heubelüftung, Licht, Güllerührwerk,
Brauchwasser)
-
Direkte Zufuhr: Brennstoff/Kraftstoffe 33%
-
Indirekte Zufuhr: Zukauffutter 16% (Misch-Kraftfutter und Heu)
2.2 Treibhausgas-Emissionen und Kohlenstoffspeicherung
Die gesamten Treibhausgasemissionen belaufen sich auf 118 t CO2eq bzw. 3,3 t CO2eq/ha. 67%
der Emissionen stammen aus der Tierhaltung, die restlichen Emissionen entfallen auf die eingesetzte Energie (26% Diesel und Strom) und die landwirtschaftlichen Böden (13%). Die Kohlenstoffspeicherung durch das Dauergrünland und Bauholz beträgt 29 CO2eq.
Derzeitige Situation (t CO2 / Jahr)
Emissionen aus der eingesetzten
Energie
abgegebenes CH4 und N2O aus der
Tierhaltung
Interner
Umfang
(direkt
Betrieb)
10,56
Mittelbarer Globaler
Umfang
Umfang
(indirekt
(indirekt
Strom)
sonstiges)
0,56
15,04
78,77
Total
26,16
22%
78,77
67%
N2O-Emissionen aus den landwirtschaftlichen Böden
Kohlenstoffspeicherung und zusätzliche
Kohlenstoffspeicherung
10,04
3,11
13,15
11%
-24,99
-4,00
-28,99
-25%
Gesamt CO2 netto / Jahr
74,38
0,56
14,15
89,09
75%
0,83
0,01
0,16
1,00
0,00
2,75
2,60
0,00
0,02
0,02
0,55
0,52
0,49
0,55
3,30
3,11
Erneuerbare Energien
das sind:
in t CO2 / ha LN:
in t CO2 / GVE:
0%
2
3 Maßnahmenplan
3.1 Energie und Treibhausgase einsparen
Bereits umgesetzte Maßnahmen oder in Umsetzung
 Energiesparende Beleuchtung: 2013 wurde die Beleuchtung im Stall und auf dem Be-

triebsgelände teilweise auf LED-Lampen umgestellt. Dadurch werden jährlich rund 1.000
kWh eingespart (entspricht 10,4 GJ).
Kraftfutterreduktion und Verbesserung der Lebensleistung: Durch die schrittweise Um-

stellung von Swiss Brown auf Original Braunvieh (weniger Milch aber genügsamer im
Futterbedarf) kann der Kraftfutterbedarf verringert werden. Zudem erhöht sich die Anzahl
der Laktation je Milchkuh. Inzwischen sind bereits 50% des Milchviehbestands Original
Braunvieh. Langfristig sind 100% geplant. Dadurch sinkt zwar der Milchertrag um etwa
10%, dafür vermindert sich aber auch der Kraftfutterbedarf um gut 30%. So entstehen ein
Energiegewinn von ca. 11,9 GJ und eine THG-Einsparung von 3,3 CO2eq.
Kraftfutterreduktion: Durch die Installa-

tion einer Heutrocknung verbesserte sich
die Futterqualität. Damit konnte der Kraftfutterbedarf von 16 auf 11 Tonnen verringert werden. Durch die Heutrockung steigt
der jährliche Energiebedarf um 5.000 kWh
(52 GJ). Dafür werden rund 5 Tonnen
Kraftfutter eingespart, was einen Energiegewinn von 35 GJ und eine THG-Einsparung von 3,1 t CO2eq bedeutet.
Gülleausbringung mit Verschlauchung:
Die Gülle wird auf den Hof nahen Flächen mit Verschlauchung ausgebracht. Bei weiter
entfernten Flächen oder bei schlechter Befahr-barkeit der Flächen wird die Gülle aber noch
konventionell mit Hochdruck ausgebracht.
Geplante Maßnahmen
 Energiesparende Vakuumpumpe: Die Vakuumpumpe ist im Melkstand meist der größte

Stromverbraucher. Die maximale Leistung wird nicht beim Melken, sondern während des
Spülvorgangs erbracht. Mit einer drehzahlgesteuerten Vakuumpumpe wird die Leistung der
Pumpe angepasst. Dadurch lässt sich der Stromverbrauch deutlich verringern.
Brauchwasser-Erwärmung: Bei Milchviehbetrieben muss die frisch gemolkene Milch innerhalb von 3 Stunden auf 4°C heruntergekühlt werden. Dies erfolgt zumeist durch elektrische Kühlaggregate. Zudem wird nach jedem Melkgang heißes Wasser zur Reinigung der
Melkanlage benötigt, welches in Durchlauferhitzern aufgeheizt wird. Zur Stromeinsparung
kann zuerst der Milch über einen Wärmetauscher die Wärme entzogen und mit dieser Wärme das Wasser vorgeheizt werden. Nur die restliche Kühlung der Milch und die Erhitzung
des Wassers auf die benötigte Endtemperatur müssen dann noch elektrisch erfolgen. Im
Betrieb Martin wird das benötigte Brauchwasser im Sommer bisher elektrisch erhitzt. Der
Betriebsleiter sieht die Möglichkeit, dies zukünftig durch die Nutzung von Erdwärme oder
durch eine Wärmerückgewinnung zu machen. Die Umsetzung muss allerdings in die Investitionspläne des Betriebs eingepasst werden.
3
3.2 Anpassung an den Klimawandel
Bereits umgesetzte Maßnahmen oder in Umsetzung
 Nachtweide: Bei großer Hitze lässt man die Tiere nachts auf die Weide. An den Standort
angepasste Kühe werden auch in Zukunft mit dem Hitzestress klar kommen. Hochleistungskühe werden an diesem Standort vermutlich mehr Probleme bekommen. Bauliche Veränderungen und Belüftungen im Stall sind wegen der Sommer-Alpung und der geringen Tierzahl kein Thema bei der Betriebsplanung.
 Sicherung und Erhöhung der betrieblichen Schlagkraft. Immer mehr Flächen müssen
mit immer weniger AK bewirtschaftet und geerntet
werden. Wichtig ist in Zukunft, dass der Betrieb eine
hohe Schlagkraft v.a. in der
Erntephase hat. Die Managementanforderungen
nehmen zu.
Geplante Maßnahmen
 Verbesserung der Energieeffizienz: Insgesamt ist der Energieeinsatz recht hoch. Bei
steigenden Preisen für Diesel und Strom ist die Verbesserung der Effizienz ein wichtiges
Thema in der Zukunft.
 Erneuerbare Energien: Eine Erweiterung der PV-Anlage ist denkbar, muss aber finanzierbar sein.
 Standortangepasste Grünlandsanierung: Zukünftig müssen sich Grünlandbewirtschafter
stärker als bisher mit der gezielten Ansaat von Grünlandsorten und –mischungen auseinandersetzen. Hier braucht es ein stärkeres Bewusstsein und entsprechend mehr Information,
Beratung und Bildung, v.a. wenn es um die Bewirtschaftung eher trockener Standorte geht.
Zielführend ist eine größere Vielfalt im Grünland und die Aussaat entsprechender „breiter“
Mischungen, um damit auch das Risiko von Ertragsminderungen zu verringern. Wichtig ist
eine gute Mischung aus ertragsstarken Gräsern und Tiefwurzlern, die eine gute Befahrbarkeit ermöglichen.
In naher Zukunft plant die Familie Martin keine weiteren klimawandelbedingten Anpassungen. Das
bestehende Betriebskonzept ist das Ergebnis einer an den extremen Standort angepassten Bewirtschaftung, die insgesamt nur sehr wenige sinnvolle Veränderungen zulässt.
Ein Projekt der IBK Arbeitsgruppe Landwirtschaft und Umwelt.
Datenerhebung und Redaktion: Bodensee-Stiftung
Dieses Projekt wird gefördert durch:
4