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Basel. Dem VIP-Flugzeugausstatter am EuroAirport läuft
es gut: Bis 2016 sind die Auftragsbücher voll. Nun strecken
die Basler die Fühler nach Asien aus. Seite 30
| Montag, 4. Mai 2015 | Seite 29
Was in der Euro-Franken-Problematik für einen Währungskorb spricht
Ein anderer Weg
Von Prof.em. Dr. Peter Bernholz
Als Fachwissenschaftler auf den Gebieten Geld und Währung kann ich den
Ausführungen des Basler Arbeitgeberpräsidenten Marc Jaquet (BaZ vom
29.4.2015) nur weitgehend zustimmen. Die Lage ist dramatisch und der
Industriestandort Schweiz ist durch die
Freigabe des Wechselkurses gefährdet.
Dazu kommt nun noch die unsinnige,
besonders die kleinen und mittleren
Unternehmungen und damit die
Arbeitsplätze bedrohende Erbschaftssteuer-Initiative.
Dabei ist zuzugeben, dass sich die
Schweizerische Nationalbank (SNB)
vor der Freigabe des Wechselkurses in
einem echten Dilemma befand, da
allein im Januar ein weiterer Zufluss
von 100 Milliarden Franken Devisen
drohte. Und dieses Dilemma ist nicht
von der SNB, sondern von der verfehlten Nullzinspolitik und dem Quantitative Easing (der massiven Erhöhung
der Zentralbankgeldmenge) zunächst
durch das Federal Reserve System
(FED) und jüngst durch die Europäische Zentralbank (EZB) herbeigeführt
worden.
Aber gegenwärtig geht es tatsächlich um die Frage, was schlimmer ist
für die Schweiz, ein Anstieg der
Devisenreserven auf über 100 Prozent
des Bruttoinlandprodukts (BIP) oder
ein Abwandern der Industrie und
ein erheblicher Rückgang des Tourismus mit der damit verbundenen höheren Arbeitslosigkeit und weiteren damit
verbundenen sozialen Problemen.
«Es handelt sich hier
nicht um ein
vorübergehendes
Überschiessen des
Frankens.»
Ich stimme der Auffassung von Marc
Jaquet zu, dass Letzteres die gefährlichere Entwicklung darstellt und sehe
auch eine Möglichkeit, das Dilemma auf
eine andere Weise als die dauerhafte
Freigabe des Wechselkurses zu lösen.
Denn im Gegensatz zur Leitung der SNB
bin ich aufgrund umfassender historischer Studien zu flexiblen Wechselkursen, die bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen, der Auffassung, dass es sich
nicht um ein vorübergehendes Überschiessen des Frankens gegenüber dem
Euro handelt. Vielmehr muss im Maximum mit einer Abweichung von der
Kaufkraftparität von bis zu 30 Prozent
und mit einem Andauern derselben über
mehrere Jahre gerechnet werden. Das
zeigen auch die Bewegungen von Deutsche Mark–Euro gegenüber dem Dollar
seit 1972, wie auch die des Frankens
gegenüber der Deutschen Mark (DM)
von 1973–1978, also bis eine Untergrenze für die DM eingeführt wurde.
Hinzu kommt gegenwärtig die expansive
Geldpolitik der EZB, die eine monatliche
Zunahme der Zentralbankgeldmenge
um 60 Milliarden Euro vorsieht.
Welches wäre aber eine mögliche
alternative Politik der SNB gegenüber
der Politik freier Wechselkurse? Es
liesse sich ein fester Wechselkurs
gegenüber einem Währungskorb, der
zu 50:50 aus Euro und Dollar bestünde,
einführen. Dabei könnte etwa von
1.14 für den Euro und 1.00 für den Dollar ausgegangen werden, sodass ein
stabiler Kurs von 1.07 gegenüber dem
Währungskorb von der SNB mit allen
Mitteln zu verteidigen wäre und auch
verteidigt werden könnte.
Ein solches Vorgehen würde den
Anpassungsdruck für die reale Wirtschaft erheblich lindern. Aber würden
dadurch die Währungsreserven nicht
möglicherweise massiv ansteigen?
Das ist nicht auszuschliessen, wäre
jedoch gegenüber den sonst drohenden
Gefahren für die reale Wirtschaft und
den Arbeitsmarkt das kleinere Übel,
falls die Reserven in realen ausländischen Werten wie Aktien, Gold und
Immobilien angelegt würden, da bei
diesen im Gegensatz zu Nominalwerten
zumindest auf lange Sicht keine Verluste zu befürchten wären.
Einer entsprechenden Anlagepolitik
folgen schon seit mehreren Jahren
China, die Golfstaaten und auch Norwegen. Dort umfasst der aus den
Öleinnahmen entstandene Fonds
bereits das Zweifache des BIP und wird
von der Nationalbank verwaltet.
Schliesslich könnte der Wert des Korbs
längerfristig entsprechend den Inflationsunterschieden zur Eurozone und
den USA angepasst werden.
Peter Bernholz ist emeritierter Professor an
der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät
(WWZ) der Universität Basel.