2 Meinungen Leserbriefe Rehschnitzel längs oder quer zur Faser geschnitten? Mittwoch, 1. April 2015 Augenblicke Gesehen von Giovanni Porfido Beim Spazieren in der Mittagspause an der Rheinpromenade zwischen Neuhausen und Schaffhausen hat SN-Leser Giovanni Porfido dieses eindrucksvolle Foto gemacht. Für ihn passe das Bild ideal zur Osterzeit, sagt Porfido und hält fest: «Nicht nur der Osterhase bringt die Eier, sondern auch der Schwan.» Zu «Hier sitzen die, die immer hier sitzen» SN vom 28. 3. Als Nichtstammgast vom Beizli Wii am Rii hat mich die Beurteilung von Lukullus (wirklich Feinschmecker?) ziemlich erstaunt. Nebst viel 08/15-Gastronomie gibt es in der Stadt kein Dutzend Restaurants, die mein Herz höherschlagen lassen. Das Wirtepaar versteht es durch wunderbare, kreative Kochkünste, den Gast zu verwöhnen. Auch wenn das Rehschnitzel längs zur Faser geschnitten sein sollte, schmälert das den Genuss kein bisschen. Eigenwillig mag das eine oder andere sein – das macht das Beizli grad speziell. Das Engagement, die Freude und die Liebe zu ihrem Metier sind immer spürbar, und die hoch wertigen Produkte, welche sie auf den Tisch bringen, sind mit Sicherheit nachhaltig produziert und saisonal und lassen auch den Feinschmecker voll auf seine Rechnung kommen. Auch die Beratung betreffend Wein (Bio hin oder her) ist exzellent. Wenn ich Sterne verteilen könnte, würde dieses Beizli zu den Besten gehören. Ich bin gespannt, wie Lukullus, der sich anonym durch die Restaurants isst, die künftigen Gastro betriebe beurteilen wird. Aus meiner Sicht war dieser Beitrag objektiv falsch, wenn nicht gar entwertend. Hier stellt sich die Frage, wie konstruktiv ein solcher Beitrag ist, in dem das Wirtepaar und seine Leidenschaft mehr oder weniger nur kritisiert werden. Zu «Wir investieren unser eigenes Geld», SN vom 26. 3. Zu «Parkplatzabbau stösst nicht überall auf Gegenliebe», SN vom 27. 3. Eine Tragödie für die Altstadt Zu «Parkplatzabbau stösst nicht überall auf Gegenliebe», SN vom 27. 3. Bei der letztwöchigen Lektüre der SN fühlt man sich in die 90er-Jahre zurückversetzt. Wie damals wird erneut um jeden Parkplatz gestritten. Nicht weniger als sieben Parkhäuser um die Altstadt herum sind seither entstanden, 1900 Parkplätze werden angeboten, wohl 400 mehr als damals. Weil ein Parkleitsystem zweimal vor dem Volk gescheitert ist, stehen viele Parkplätze, etwa in der Bleiche und im Feuerwehrdepot, leer. Die Parkhausbetreiber müssen sich zusammenraufen und dringend ein solches System installieren. Die Kosten dafür sind geradezu ein Schnäppchen 381 Meter hoch soll das höchste Hotel der Welt, mit 107 Zimmern auf 82 Stockwerken, werden. Nicht in Dubai, Hongkong oder New York, sondern im schönen Bündner 1000-Seelen Dorf Vals soll es die Landschaft verschandeln. Ein Prestigeprojekt sei es nicht, meint der Immobilieninvestor Stoffel, dazu würde eine Jacht in St-Tropez genügen. Um der ganzen Schweiz seine Finanzpotenz zu demonstrieren, verzichte er auf einen Baukredit und finanziere den 300-Millionen-Bau gleich noch selbst. Naturnaher Tourismus, so wie jetzt, könne nicht die Lösung sein. Ihm schwebe ein Wolkenkratzerhotel mit Helikoptergästen vor – so ganz im Sinne: tagen in London, schlafen in Vals. Von der Hotelbar im obersten Stock auf die Natur, die Berge, das Tal und die Wanderwege zu blicken, vermittle eine spezielle Hotelkultur. Vals soll Ausgangspunkt für jene werden, die Europa bereisen. Spinner alpiner Luftschlösser gab es schon immer. Herzog & de Meuron versuchten es auf der Davoser Schatzalp, Heinz Julen auf dem Kleinen Matterhorn in Zermatt, Mario Botta in Celerina. In Anlehnung an Alberto Giacomettis «Femme de Venise» ist Stoffels Turm eine grössenwahnsinnige Illusion. Fortgeschrittene Dekadenz in Vals Die Altstadt wird zum Museum Arthur Müller Schaffhausen Zu «Wir investieren unser eigenes Geld», SN vom 26. 3. Thomas Minder Neuhausen Christa Cotti Schaffhausen Es widerspricht jeder Logik und Realität, wenn die Stadtbehörden und ihre Planer weiterhin das Ziel verfolgen, Parkplätze im Altstadtbereich aufzuheben. Dies bedeutet absolut nicht «den Weg in die Zukunft». Es entspricht leider der Realität, dass unaufhaltsam Geschäfte in der Altstadt dichtmachen. Diese «parkplatz neutrale» Neugestaltung mit Blumentöpfen und Bänkli führt absolut nicht in die zitierte Zukunft, sondern in den Museumsbereich. Es darf schliesslich auch nicht hingenommen werden, dass der Aufschrei der Pro City, «die Parkplätze sind wahnsinnig wichtig», negiert oder mit Kompromissen beschwichtigt wird. Irrwitzige Idee: «Femme de Vals» im Vergleich zu den Baukosten für neue Parkhäuser. Zudem ist davon auszugehen, dass zwei Drittel der Altstadtkunden zu Fuss, mit dem Velo oder mit dem ÖV in die Stadt gelangen, bekanntlich die treusten Altstadtkunden. Die Altstadt ist als Kultur- und Einkaufserlebnisraum von unschätz barem Wert. Deshalb kommen die Leute. Sie wollen hier nicht in erster Linie Billigprodukte einkaufen, sondern suchen ein hochwertiges Angebot, Begegnungen, Atmosphäre, Innovation. Kurt Gallmann hat dies im letzten «Altstädtler» eindrucksvoll dargelegt: Die Altstadt muss sich wieder in einen Souk, in einen Open-Air-Marktplatz, verwandeln. Genau dies fehlt der immer mehr von uniformen Ladenketten dominierten Altstadt. Auch die belanglose Werbung für Schaffhausen als «kleines Paradies» ist wenig zielführend. Wie wär’s etwa mit der Tatsache, dass Schaffhausen nach Basel, Freiburg und Bern die wohl viertgrösste Altstadt der deutschen Schweiz besitzt, gleichauf mit Zürich und Luzern? Oder dass Schaffhausen nicht die Stadt der 171 Erker ist, sondern jene der 400 Erker? Das unsägliche Verharren in Denkmustern, die nicht über das Geviert eines Parkplatzes hinausreichen, führt zwar nicht zum Untergang der bald 1000-jährigen Schaffhauser Altstadt, sicher aber zum Sterben weiterer Läden, was keinem hilft. Kurt Bänteli Schaffhausen Ein gesetzlicher Rahmen für erprobte Methoden Zu «Das geht in Richtung einer Zuchtwahl», SN vom 24. 3. Als Fortpflanzungsmedizinerin, Frauenärztin und Geburtshelferin möchte ich zum Artikel vom 24. 3. wie folgt Stellung nehmen: Oberste Maxime bei jeder Kinderwunschbehandlung ist sowohl das körperliche als auch das seelische Wohl des zukünftigen Kindes sowie der werdenden Mutter. Kein Paar begibt sich leichtfertig in eine Kinderwunschbehandlung; in vielen Fällen liegen Jahre des Hoffens auf ein Kind mit vielen Enttäuschungen hinter den Betroffenen. Die moderne Fortpflanzungsmedizin bietet hier Hilfestellung, wo nötig mithilfe der künstlichen Befruchtung. Der neue Verfassungsartikel ermöglicht eine ausgewogene und massvolle Weiterentwicklung der Fortpflanzungsmedizin. Er schafft die Grundlage für die optimale Behandlung von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch. Es dürfen neu mehrere befruchtete Ei zellen bis zu 5 Tage entwickelt werden. Der Frau kann deshalb eine einzige entwicklungsfähige entwickelte Eizelle übertragen werden. Die Chancen für eine Schwangerschaft steigen dadurch, und gleichzeitig können Mehrlingsschwangerschaften vermieden werden, die oft schwerwiegende und lebenslange Komplikationen für Mutter und Kinder verursachen. Heute ist diese Behandlungsmethode gängige Praxis in den meisten Teilen Europas. Jene entwickelten Eizellen, die nicht übertragen werden, dürfen eingefroren und zu einem späteren Zeitpunkt übertragen werden. Der Verfassungsartikel ermöglicht ausserdem zwei Unter suchungsverfahren, die heute bereits seit Langem während der bereits bestehenden Frühschwangerschaft (Pränataldiagnostik) erlaubt und gängig sind: Neu dürfen auch die entwickelten Eizellen auf Eigenschaften untersucht werden, die die Gesundheit direkt und einschneidend beeinträchtigen, das heisst auf schwere Erbkrankheiten und auf Chromosomenstörungen. Die Verfahren dazu sind wissenschaftlich und medizinisch erprobt, sicher und erfolgreich. Es gelten dieselben Regeln wie bei der Pränataldiagnostik, das heisst, eine Untersuchung erfolgt nur nach klarer Indikation und Beratung des Paares. Die Entscheidung für oder gegen vorgeburtliche Tests soll dabei jederzeit beim betroffenen Paar liegen, und sie sind und bleiben freiwillig. Weder für die betroffenen Paare noch für uns behandelnde Ärzte geht es um «Zuchtwahl» oder «Designerbabys», sondern um die Möglichkeit des Zugangs zu den besten verfügbaren Behandlungsmethoden, mit dem Ziel der Geburt eines Kindes am Geburtstermin unter gleichzeitiger Vermeidung von psychischen Belastungen und Risiken für die werdenden Eltern und das Kind. Der Verfassungsartikel setzt dazu den Rahmen. Stefanie Sturm Schaffhausen Endlich darf man wieder einmal stolz sein auf die Schweiz – stolz auf die Pioniere, die ihr zu einer eindrücklichen Performance verhelfen. Seit 500 Jahren leidet sie unter dem Trauma von Marignano. Nach der verlorenen Schlacht begann ein dunkles Zeitalter der Abschottung und der Stagnation. Höchste Zeit, dass sie von der Krux der Selbstbescheidung befreit wird. Das Timing für den jüngsten Medienhype könnte nicht perfekter sein: Im Jahre 1515 wurden die Eidgenossen auf ihrem Expansionskurs bei Marignano in die Schranken gewiesen. Zerknirscht, wie wir immer noch sind, erreicht uns im Gedenkjahr eine heroische Botschaft, die uns vom Trauma dieser Niederlage erlösen soll. Wahre Patrioten setzen schweizweit ein mutiges Zeichen. Sie verheissen uns ein neues Zeitalter, in dem wir wieder über uns hinauswachsen. Aber im Ernst: Führt uns der Traum vom höchsten Turm Europas, den diese Potentaten und ihre Söldner im bündnerischen Vals errichten wollen, aus der Depression heraus, die sie uns einreden? Meines Erachtens zeugen dieses Projekt und die ihm zugrunde liegende Denkweise von einer fortgeschrittenen Dekadenz. Wenn wir laufend Entwicklungen anstossen, welche die Dimensionen des Bestehenden sprengen, dann wird der «Fortschritt» entgleisen. So verkommt die Schweiz zu einem Tollhaus, das bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt wird. Und die Energiewende können wir glatt vergessen, wenn wir uns nicht auf das besinnen, was wir zu allem Überfluss schon haben. Fahren wir mit unserer «Materialschlacht» fort, bleibt uns ein zweites Marignano nicht erspart. Hans Schoch Schaffhausen Korrigenda Beilage Ford Transit Center SN vom 26. 3. Auf dem Bild zum Interview Ford Transit Center von AutomaxX ist Peter Leu und nicht Max Leu abge bildet.
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