Es gilt das gesprochene Wort Grußwort des Bürgermeistes Dr. Peter Paul Ahrens anlässlich der Eröffnung der Konferenz „Gemeinsam für Flüchtlinge“ am Donnerstag, 23.04.2015 um 12 Uhr im Ratssaal der Stadt Iserlohn Sehr geehrte Frau Superintendentin Espelöer, sehr geehrter Herr Wehn, sehr geehrte Frau Iserloh, sehr geehrte Frau Schulz-Rabenschlag, sehr geehrte Frau Ziemann, sehr geehrte Kollegin und Kollegen Bürgermeister der Nachbarstädte sehr geehrte Dezernenten, Beigeordnete und weitere Vertreter der Stadtverwaltungen, sehr geehrte Frau Käppel, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter der Kirchen und Gemeinden und deren Einrichtungen, sehr geehrte ehrenamtlich Engagierte für die Arbeit für und mit Flüchtlingen, als sich der „Politische Tisch“ des Kirchenkreises Iserlohn auf Einladung der Superintendentin Anfang März traf, und dort die Idee der nun stattfindenden Flüchtlingskonferenz entstand, konnte niemand ahnen, wie dramatisch aktuell dieses Thema uns in den letzten Tagen beschäftigt hat. Sie, verehrte Gäste, Sie zeigen mit Ihrer Anwesenheit, wie wichtig Ihnen nicht nur dieses Thema ist, sondern auch, dass Sie gemeinsam und aktiv einen guten und menschlichen Umgang mit diesem Thema suchen und finden wollen. Heute begeben wir uns gemeinsam auf diesen Weg, hierzu heiße ich Sie im Ratssaal der Stadt Iserlohn herzlich willkommen. 800 Flüchtlinge sind allein in den letzten Tagen im Mittelmeer ertrunken. Das sollte für alle Menschen Anlass genug sein, zu reflektieren, was sie tun, wenn sie engagierte Bürgermeister aus ihren Ämtern raus mobben oder geplante Flüchtlingsunterkünfte anzünden. Dennoch können wir nicht davon ausgehen, dass die „ewig-gestrigen“ sich hiervon beeindrucken lassen – nicht nur in Deutschland – sondern in ganz Europa. So ist es wichtig, dass wir heute auf lokaler Ebene Handlungswege suchen. Das ist in der Vergangenheit schon geschehen, mit guten Erfolgen und motivierten ehren- oder hauptamtlich Tätigen. Dennoch zeigt uns die Realität, dass wir nicht aufhören dürfen, nach Konzepten zu suchen, gemeinsam eine Willkommenskultur zu entwickeln. 1 Daran sollten wir gemeinsam arbeiten – in den Rathäusern wie auch in den kirchlichen und sozialen Einrichtungen, den Wohlfahrtsverbänden und mit den ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. In den kommenden Wochen, genauer gesagt ab Anfang Mai, wird in Iserlohn im Gewerbegebiet Corunna eine Unterkunft für ca. 90 geflüchtete Menschen den Betrieb aufnehmen. Wir erfüllen damit als Stadt einen gesetzlichen Auftrag des Bundes. Er verpflichtet uns, wie alle anderen Kommunen in Deutschland auch, eine bestimmte Anzahl an Asylsuchenden aufzunehmen, unterzubringen und zu betreuen. Natürlich sind diese Maßnahmen für die Iserlohnerinnen und Iserlohner mit vielen Fragen verbunden: Welche Menschen kommen zu uns? Woher stammen die neuen Nachbarn genau? Was können wir tun, um den Geflüchteten zu helfen? Und ich weiß aus Gesprächen im Vorfeld, dass den einen oder die andere auch Sorgen umtreiben: Wird das gutgehen, das Zusammenleben mit den Menschen aus der Fremde? Überfordert diese Situation unseren Ort nicht? Wichtig ist mir als Bürgermeister, zu diesem Thema die Menschen frühzeitig mit an Bord zu holen, und meine Erfahrung ist: in einem offenen Gespräch können wir viele Sachfragen klären und auch mögliche Sorgen aus dem Weg räumen. Und vor allem können wir gemeinsam Ideen entwickeln, wie wir die neue Situation gut bewältigen. Als Stadt – und als Bürgerinnen und Bürger oder Gewerbetreibende in einer freiheitlichen, demokratischen und sozialen Gesellschaft, wie wir sie zum Glück haben. Ganz aktuell hat gestern Vormittag ein solches, fruchtbares Gespräch mit den Anliegern des Gewerbegebietes Corunna stattgefunden. Eine freiheitliche, demokratische und soziale Gesellschaft kennen die Menschen, die jetzt hier bei uns in Iserlohn und natürlich auch allen Nachbarstädten Zuflucht suchen, oft nicht. Im Gegenteil. Diese Menschen kommen allesamt aus Ländern, in denen Krieg, Terror und Unterdrückung an der Tagesordnung sind. Oder in denen Gewalt und wirtschaftliche Not das Leben unerträglich machen. Die Zahlen sind bedrückend: Über 50 Millionen Menschen waren Ende 2013 weltweit auf der Flucht, wie das Internationale Flüchtlingshilfswerk UNHCR Mitte 2014 bekannt gab, und mittlerweile dürften es noch mehr sein. Flüchtlingsströme in dieser Größenordnung hat es seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben. 2 Sie alle kennen die Brandherde dieser Welt aus den täglichen Schlagzeilen: Syrien, Irak, Sudan, Somalia, Libyen – um nur einige zu nennen. Die verzweifelten Menschen fliehen zum größten Teil in Nachbarländer oder sind Binnenflüchtlinge. Aber viele wagen sich auch auf den weiten Fluchtweg nach Europa, nach Deutschland. Und ihre Anzahl ist in den letzten Jahren stark angestiegen. 2013 haben gut 127.000 Menschen aus den genannten Krisengebieten und anderen Regionen in Deutschland Asyl beantragt. Das war gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um etwa 60 Prozent. Und für 2014 waren es über 200.000 Asylbewerber, und allein in den ersten beiden Monate dieses Jahres wurden über 50.000 Asylanträge gestellt. Das bedeutet natürlich eine große Herausforderung für unser Land. Den Menschen, die zu uns nach Deutschland fliehen, gewähren wir Schutz. Wie Sie wissen, ist das Recht auf Asyl in der deutschen Verfassung verankert. Warum? Weil unser Land sich aufgrund seiner eigenen leidvollen Geschichte politisch, rassistisch oder religiös Verfolgten besonders verpflichtet fühlt. Und diese gemeinschaftliche Verantwortung wollen auch wir in Iserlohn, und ich denke auch in den Nachbarstätten mittragen. Flüchtlinge in unsere Obhut zu nehmen, ist jedoch mehr als ein rechtsstaatlicher Akt. Es ist vor allem ein Akt der Humanität. Wer in seinem Heimatland um Leib und Leben fürchten muss, alles zurücklässt und sich auf eine oft lebensgefährliche und zum Teil Jahre dauernde Flucht begibt, muss auf unsere Hilfe und Solidarität zählen können. Sich diesen Menschen zuzuwenden ist eine Frage der Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe. „Menschen zu begegnen, das ist etwas anderes, als nur Zahlen zu begegnen oder Statistiken.“ So hat es Bundespräsident Joachim Gauck in einer Rede zur Flüchtlingspolitik auf den Punkt gebracht. Sehr geehrte Anwesende, wir können keinem der Flüchtlinge, die schon bei uns leben oder in den kommenden Wochen bei uns Quartier beziehen werden, die Heimat ersetzen. Aber wir können gemeinsam dazu beitragen, dass sie sich bei uns willkommen – und vielleicht sogar ein bisschen zuhause fühlen. Und wir können daran arbeiten, dass mittelfristig unsere Städte zu einer neuen Heimat werden. Herzlichen Dank an alle, die sich bereits jetzt schon für ein menschliches Miteinander einsetzen. Vielen Dank. 3
© Copyright 2024 ExpyDoc