USA AKTUELL Fed: Zu entspannt über den

Helaba Volkswirtschaft/Research
USA AKTUELL
11. Juni 2015
Fed: Zu entspannt über den Inflationsausblick?
AUTOR
Patrick Franke
Telefon: 0 69/91 32-47 38
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REDAKTION
Dr. Stefan Mitropoulos
HERAUSGEBER
Dr. Gertrud R. Traud
Chefvolkswirt/
Leitung Research
Helaba
Landesbank
Hessen-Thüringen
MAIN TOWER
Neue Mainzer Str. 52-58
60311 Frankfurt am Main
Telefon: 0 69/91 32-20 24
Telefax: 0 69/91 32-22 44
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Fed bleibt auf Kurs für die Zinswende im Sommer – wahrscheinlich im Juli 2015.
Die Lage am Arbeitsmarkt verbessert sich weiter.
Gleichzeitig mehren sich die Anzeichen für eine deutliche Eintrübung des Preisklimas.
Je länger die Fed mit der ersten Zinserhöhung abwartet, umso größer ist die Gefahr, dass
sie später zu drastischeren Schritten gezwungen wird – mit entsprechenden Risiken für die
Finanzmärkte.
Für diejenigen im Offenmarktmarktausschuss (FOMC) der Fed und an den Finanzmärkten, die
sich über eine zu niedrige Teuerung in den USA Sorgen machen, gibt es eine gute und eine
schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist, dass die häufig geäußerten Befürchtungen der geldpolitischen „Tauben“ wie Charles Evans (Chicago) oder Eric Rosengren (Boston), die Fed könne ihre
Zielrate für die Teuerung von 2 % vielleicht erst 2018 (oder noch später) erreichen, mit hoher
Wahrscheinlichkeit unberechtigt sind. Die schlechte Nachricht ist, dass der Anstieg der Inflationsrate deutlich schneller und stärker kommen könnte als allgemein erwartet – und sich der von allen
erhoffte graduelle Zinserhöhungszyklus daher gegebenenfalls als Illusion erweisen könnte.
Der Arbeitsmarktbericht für den Mai unterstreicht, dass sich hier die Lage eindeutig, wie von der
Fed erwünscht, spürbar verbessert. In den vergangenen drei Monaten stieg die Beschäftigung im
Schnitt um über 200.000 pro Monat. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe liegt relativ zur
Größe der US-Beschäftigung nahe ihrem Allzeittief. Selbst im „Beige Book“ machten die regionalen Federal Reserve Banken zuletzt verstärkt auf zunehmende Engpässe am Arbeitsmarkt aufmerksam. Nur wenige, obskure und schwer zu interpretierende, Indikatoren signalisieren derzeit
noch eine spürbare Unterauslastung des Arbeitsmarktes. Vielleicht ist dies ein Grund, warum sich
die Tauben im FOMC zuletzt eher auf die „zu niedrige“ Teuerung fokussiert haben.
Allerdings dürfte sich bald kein Anlass mehr für das ständige Händeringen über einen angeblich zu
schwachen Inflationsdruck ergeben. Im Gegenteil: Egal, wohin man schaut, überall stehen die
Zeichen auf höhere Teuerung.
Die Publikation ist mit größter
Sorgfalt bearbeitet worden.
Sie enthält jedoch lediglich
unverbindliche Analysen und
Prognosen zu den gegenwärtigen und zukünftigen
Marktverhältnissen. Die Angaben beruhen auf Quellen,
die wir für zuverlässig halten,
für deren Richtigkeit, Vollständigkeit oder Aktualität wir
aber keine Gewähr übernehmen können. Sämtliche in
dieser Publikation getroffenen Angaben dienen der Information. Sie dürfen nicht
als Angebot oder Empfehlung für Anlageentscheidungen verstanden werden.
Teuerung: Ab jetzt geht es wieder nach oben
Verbraucherpreise, Veränderung gegenüber Vorjahr in % (Prognose ab Mai 2015)
6
6
Gesamtindex
5
5
4
4
3
3
2
1
0
2
ohne Energie und
Nahrungsmittel
1
0
-1
-1
-2
-2
-3
2006
-3
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
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1
USA AKTUELL
Energiepreiseffekt 2015 quasi „schon im Kasten“
Importpreise: Am unteren Wendepunkt
Verbraucherpreise für Energie (Quartalswerte), Veränderung ggü. Vj. in %
Importpreisdeflator, Veränderung ggü. Vj. in %
30
30
Ölpreis steigt
bis Ende 2015
auf $69/b.
20
10
0
20
15
15
10
10
5
5
0
0
-5
-5
-10
-10
-15
-15
10
0
-10
-10
Ölpreis bleibt
auf dem
aktuellen Niveau
-20
-30
2001
20
20
-20
-30
2003
2005
2007
2009
2011
2013
2015
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
-20
2006
-20
2008
2010
2012
2014
2016
Prognose ab Q2 2015 auf Basis von Ölpreisen, Außenwert des USD und Verbraucherpreise Industrieländer.
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research.
Massiver Umschwung bei den Energiepreisen voraus
Zunächst scheint es eine triviale Aussage zu sein, dass die aktuell niedrige Teuerung vor allem
durch den Ölpreisverfall im vergangenen Herbst und Winter bedingt ist. Dies bezweifelt grundsätzlich kaum jemand. Allerdings ist nur den Wenigsten klar, dass allein durch den Basiseffekt hier ein
massiver Umschwung bevorsteht. Selbst ohne einen weiteren Anstieg der Ölpreise vom aktuellen
Niveau würde die Vorjahresrate der Energiekomponente im Verbraucherpreisindex (rund 8 %
Gewicht am Warenkorb) von zuletzt -20 % bis Dezember 2015 auf +3 % umschlagen. Mit dem von
uns erwarteten leichten Anstieg des Ölpreises – auf 69 Dollar/Barrel zum Jahresende 2015 –
ergibt sich für Q1 2016 sogar ein Plus von 12 % gegenüber Vorjahr. Der Löwenanteil der Beschleunigung kommt aber offensichtlich rein dadurch zustande, dass der massive Rückgang 2014
aus dem Vergleich herausfällt.
Wechselkurseffekt
lässt nach
Obwohl die Wirkung des Wechselkurses auf die Importpreisentwicklung gerne überschätzt wird, ist
aktuell relativ eindeutig, dass die kräftige Aufwertung des US-Dollar seit Sommer 2014 die Importpreise gedämpft hat. Dies wird sich voraussichtlich in absehbarer Zeit ändern. Auf Basis unserer
Wechselkursprognosen für die wichtigsten Währungen dürfte der Dollar im Q1 2015 seinen Gipfel
überschritten haben und (handelsgewichtet) für den Rest des Jahres abwerten.
Zusammen genommen sprechen ein schwächerer Dollar und höhere Ölpreise für eine spürbare
Wende bei den Importpreisen. Dies filtert auch auf die Verbraucherpreise durch. Von einem deutlich inflationsdämpfenden Effekt werden die Importpreise in den kommenden Monaten und Quartalen wieder zu einem die Inlandspreise treibenden Faktor.
Löhne: Nexus zwischen Arbeitsmarkt und Teuerung
Die Aussage: „Angesichts der niedrigen Teuerung und überdurchschnittlichen Arbeitslosenquote
1
besteht kein akuter Handlungsbedarf für die Fed“ war bislang (eingeschränkt) richtig. Nun nähert
sich die Arbeitslosigkeit aber Werten, die allgemein als Vollbeschäftigung gelten. Und selbst wenn
2
neuere Studien der Fed korrekt eine niedrigere Gleichgewichtsarbeitslosenquote konstatieren, ist
der Istwert mit 5,5 % im Mai von diesen Werten nicht mehr weit entfernt. Noch 2015 dürfte die 5 %Marke unterschritten werden. Sollte dann auch noch die Teuerung nicht mehr unter, sondern nahe
oder sogar über dem Zielwert der Fed liegen, wäre der aktuelle Plan eines graduellen Zinsanstiegs
schnell obsolet.
1
Eingeschränkt, weil es ja (hoffentlich) um eine in die Zukunft schauende Geldpolitik geht, so dass selbst eine
aktuell eindeutige Datenlage nicht zwingend einen negativen Realzins rechtfertigt.
2
Siehe z.B. Aaronson/Hu/Seiifoddini/Sullivan, Changing labor force composition and the natural rate of unem-
ployment, Chicago Fed Letter 338, Mai 2015.
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2
USA AKTUELL
Lohnanstieg geht Richtung 3 %
Lohnkosten beeinflussen Verbraucherpreise
Arbeitskostenindex (Privatwirtschaft), Veränderung ggü. Vj. in %
Veränderung ggü. Vj. in %
4,5
4,5
14
4,0
4,0
12
3,5
10
3,0
8
2,5
6
2,0
2,0
4
1,5
1,5
2
2
1,0
0
0
0,5
-2
-2
3,5
Lohnnebenkosten
3,0
2,5
Insgesamt
Löhne & Gehälter
1,0
0,5
0,0
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
0,0
2015
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
Löhne ziehen an
-4
1968
14
12
Lohnstückkosten
(geglättet)
10
Verbraucherpreise
ohne Nahrungsmittel,
Wohnen und Energie
8
6
4
-4
1973
1978
1983
1988
1993
1998
2003
2008
2013
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research. Dreimonatsdurchschnitte
In diesem Zusammenhang spielt die Lohnentwicklung eine Schlüsselrolle. Der beste Indikator für
die Kostenwirkung der Löhne (im Gegensatz zu den Löhnen als Einkommensmaß) ist der so genannte Arbeitskostenindikator (ECI). Er zeigte in den vergangenen Jahren einen recht verhaltenen
Anstieg – wobei der Kostenschub für die Unternehmen durch die Gesundheitsreform
(„Obamacare“) möglicherweise den Spielraum für höhere Löhne und Gehälter eingeschränkt hat.
Entscheidend ist allerdings, dass dieser Indikator, getrieben von der Lohnkomponente, seit Anfang
2014 nicht nur von der kurzfristigen Dynamik, sondern auch von der Vorjahresveränderung her,
klar im Aufwind ist. Im Q1 lag der Anstieg für alle zivilen Beschäftigten (mit Staats) wieder bei
2,6 % gegen Vorjahr, dem höchsten Wert seit der Krise. In der Privatwirtschaft bewegt sich die
Vorjahresrate bei den Löhnen auf 3 % zu.
3
Selbst die statistisch nur eingeschränkt aussagefähigen durchschnittlichen Stundenlöhne zogen
zuletzt in der Vorjahresrate auf den höchsten Wert seit der Rezession 2009 an (+2,3 %). Es zeichnet sich also allgemein steigender Lohndruck ab. Angesichts der nach wie vor verhaltenen Produktivitätszuwächse wird dies auch auf die Lohnstückkosten durchschlagen. Da Löhne für die meisten
Unternehmen der wichtigste Kostenblock sind, ist von einer zumindest teilweisen Überwälzung auf
die Absatzpreise auszugehen. Zwar ist der Zusammenhang zwischen den Lohnstückkosten und
den Verbraucherpreisen nicht mehr so eng wie früher. Er besteht aber weiterhin und war zuletzt
nur temporär von anderen Faktoren überlagert. Stärker steigende Löhne werden die Teuerung
anschieben.
Enger Wohnungsmarkt treibt Mieten – und den Kernindex
Im Kernindex der Verbraucherpreise haben die Wohnkosten das dominierende Gewicht. Mieten
haben einen Anteil von etwa 9 %. Hinzu kommen noch einmal gut 30 % für selbstgenutztes Wohneigentum. Diese Komponente wird ebenfalls von den Mietpreisen abgeleitet. Vor dem Hintergrund
4
der sehr niedrigen Leerstandsquoten und der noch immer nur mäßigen Neubauaktivität bleibt der
Mietanstieg auf einem deutlichen Aufwärtstrend. Angesichts der zu erwartenden anhaltend hohen
Dynamik (siehe Schaubild, S. 4) bei rund 40 % des Warenkorbes ist auch für den gesamten Kernindex eine robuste Entwicklung wahrscheinlich. Wir gehen davon aus, dass die Vorjahresrate des
Kernindex im Spätsommer 2015 die 2 %-Marke überschreiten wird (April: 1,8 %).
3
Siehe hierzu z.B. unser USA Aktuell „Prognose Update: Wann geht es los?“ vom Februar 2015.
4
Diese haben einen Vorlauf vor der Mietentwicklung von circa einem Jahr und sprechen daher bis mindestens
Mitte 2016 für solide Mietsteigerungen.
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3
USA AKTUELL
Mieten klar im Aufwind
Unklares Bild bei den Krankenhauspreisen
Verbraucherpreise, Veränderung ggü. Vj. in %
Veränderung ggü. Vj. in %
6
6
5
5
Mieten
4
4
3
3
8
8
CPI - Krankenhaus
6
6
4
4
2
Selbstgenutztes
Wohneigentum
2
1
1
0
0
-1
1991
-1
1995
1999
2003
2
2
2007
2011
2015
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research
PCE - Krankenhaus
0
0
-2
-4
2011
2012
-2
PPI - Krankenhaus
(Medicare-Patienten)
PPI - Krankenhaus
(andere Patienten)
2013
2014
-4
2015
Quellen: Macrobond, Helaba Volkswirtschaft/Research. PPI = Erzeugerpreise
Last but not least: Sondereffekt bei den Gesundheitskosten
Schließlich kommt zu den genannten Faktoren noch ein spezieller Effekt hinzu, der eher statistischer Natur ist. Die Fed stellt in ihrer geldpolitischen Argumentation auf den Preisindex für Konsumausgaben (PCE) ab, der sich vom Verbraucherpreisindex (CPI) in gewissen Dimensionen
5
unterscheidet. Konstruktionsbedingt weichen die Vorjahresraten der beiden Indikatoren voneinander ab und im Schnitt wies der Kernindex des CPI seit 2000 eine rund 0,2 Prozentpunkte höhere
Inflationsrate aus. Aktuell ist diese Differenz mit 0,6 Prozentpunkten bei der Kernrate allerdings
deutlich höher. Dies liegt unter anderem daran, dass „Wohnen“ (siehe oben) am PCE-Warenkorb
einen geringeren Anteil hat als im CPI. Der derzeit wichtigere Effekt kommt aber wohl aus dem
Gesundheitsbereich. Wie in anderen Industrieländern greift der Staat auch in den USA hier spürbar in die Preisbildung ein. Seit 2008 hat sich die Gesundheitsreform per saldo preisdämpfend
bemerkbar gemacht. Statt sich wie zunächst erwartet zurückzubilden, hat die Diskrepanz zwischen
CPI und PCE in dieser Kategorie aber zuletzt sogar wieder zugenommen. Wieso? Dies ist Folge
eines neuen Kongressbeschlusses, der die Zahlungen an Krankenhäuser im Rahmen des staatlichen Krankenversicherungssystems neu regelt. Dies schlägt sich dämpfend im PCE nieder. Ausgaben für Gesundheit haben in diesem Index einen mit knapp 20 % doppelt so hohen Anteil wie im
CPI – und dieser Unterschied besteht genau in der zusätzlichen Berücksichtigung von administrier6
ten Preisen. Da dies ein temporärer Effekt ist, sollte die Vorjahresrate beim PCE in den kommenden Quartalen in Richtung CPI konvergieren (und nicht umgekehrt).
PCE-Index von
administrierten Preisen
verzerrt
Ein zusätzlicher Faktor sind die vom Kongress ebenfalls neu geregelten zulässigen Arzthonorare
im staatlichen Gesundheitssystem. Sie werden bis 2020 um einen festen Satz von 0,5 % pro Jahr
angehoben. Da die Arzthonorare zuletzt aber um rund 1 % gegen Vorjahr gefallen sind, wird die
Teuerung in dieser Preiskomponente zunehmen. Es droht also einerseits ein stärkerer Preisauftrieb bei den administrierten Arztkosten (was die Gesundheitskosten im PCE überdurchschnittlich
steigen lassen wird). Andererseits wird der Einmaleffekt der vom Kongress initiierten Preisdämpfung bei den Krankenhauskosten, der sich im PCE zuletzt merklich, im CPI weniger oder gar nicht
bemerkbar gemacht hat, zukünftig entfallen. Beides spricht nach vorne gerichtet für eine höhere
gemessene Teuerung, vor allem auf Basis des PCE-Index.
5
So trägt er so genannten Substitutionseffekten besser Rechnung, die dazu führen, dass der CPI die „wahre“
Preisentwicklung tendenziell überschätzt.
6
Im CPI werden in erster Linie nur die von den Verbrauchern direkt zu entrichtenden Leistungen berücksichtigt.
Im PCE schlagen sich zusätzlich indirekte Preise im staatlichen Gesundheitssystem für Rentner und Arme
(Medicare und Medicaid) nieder.
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USA AKTUELL
„Adaptive Erwartungen“: Ein zweischneidiges Schwert
Klagen über eine zu niedrige Teuerungsrate verbinden manche Akademiker und Notenbanker
aktuell gerne mit dem Verweis darauf, wie sie sich auf die Inflationserwartungen auswirkt: Wenn
die Teuerung lange genug niedrig war, passen Marktteilnehmer und Konsumenten ihre Erwartungen an und die „zu niedrige“ Inflation verfestigt sich dadurch. Die zurückliegende Phase geringen
Preisdrucks wird somit als Grund angeführt, heute eine noch expansivere Geldpolitik zu betreiben
als es die üblichen (in die Zukunft gerichteten) Indikatoren nahelegen, um das „Gespenst“ der
niedrigen Inflation möglichst schnell zu vertreiben.
Sehen wir einmal davon ab, dass alle vorliegenden Indikatoren für Inflationserwartungen – vorsichtig formuliert – entweder nur eingeschränkt aussagekräftig oder nutzlos sind. Tatsächlich gibt es
empirische Evidenz, dass viele Menschen ihre Erwartungen „adaptiv“ gestalten, auch wenn dies
über längere Zeit zu systematischen Prognosefehlern führen kann. Voraussetzung ist, dass die
Kosten (gemessen in Zeit, Geld, intellektuellem Aufwand) einer alternativen Vorgehensweise hoch
genug sind.
Zinswende im Sommer
Akzeptiert man dieses Argument, ergibt sich jedoch als logische Folge ein neues Problem: Je
länger die Fed die Zinsen bei null hält, umso mehr Investoren und Konsumenten gewöhnen sich
an diesen Zustand und schreiben ihn in die Zukunft fort. Dies macht es der Fed immer schwerer,
sich von der extremen Geldpolitik zu verabschieden, ohne erhebliche Verwerfungen an den Finanzmärkten zu erzeugen, wenn die Akteure dann mehrheitlich auf dem falschen Fuß erwischt
werden. Je länger die Notenbank mit der Zinswende wartet, umso größer ist dieses Risiko – ganz
abgesehen von der Gefahr, dass sie, einmal „behind the curve“, die Zinsen deutlich stärker anheben müsste. Wir rechnen aufgrund der erwarteten Entwicklung am Arbeitsmarkt und bei der Inflation mit der ersten Zinserhöhung im Sommer, aber noch nicht auf der Juni-Sitzung. 
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