weiterlesen - Leibniz-Forschungsverbund Gesundes Altern

„Leibniz in Brüssel“
72. Ausgabe Februar 2015
VORWORT
Liebe Leserinnen und Leser,
die Europäische Kommission wird voraussichtlich im kommenden Monat die Ergebnisse der ersten
Ausschreibungsrunde in Horizon 2020 auswerten. Deutschland hat bereits eine vorläufige Bilanz
gezogen, über die in diesem Rundbrief ausführlich berichtet wird. Mit Blick auf
Projektbeteiligungen, Erfolgs- und Rückflussquote fällt diese Bilanz sehr positiv aus, auch wenn
man sich eine weniger hohe Überzeichnung bei der Antragstellung sowie thematisch spezifischer
formulierte Ausschreibungen gewünscht hätte. Insbesondere die Industrie scheint sich in dem
neuen Rahmenprogramm für Forschung und Innovation durchaus wiederzufinden - sowohl in der
zweiten als auch in der dritten Säule. Zwar beklagen auch Industrievertreter die hohe
Überzeichnung und zu offen formulierte Ausschreibungen, doch dürfte die neuerdings auch für
diesen Sektor geltende Förderquote von 100% (früher 50%) Anreiz genug sein, es dennoch zu
versuchen. Diesen Umstand sowie die Tatsache, dass heute weniger Projekte mit einem jedoch
höheren Finanzvolumen gefördert werden, sollte vor Augen haben, wer sich fragt, wohin die
Fördergelder fließen. Betrachtet man dies vor dem Hintergrund der politischen Zielsetzung des
Programms, d.h. Wirtschaftswachstum und Schaffung von Arbeitsplätzen, scheinen wir auf dem
richtigen Weg. Gleichzeitig sieht es aber so aus, als würden Hochschulen und außeruniversitäre
Forschungseinrichtungen ihre Antragsbemühungen vor allem auf die erste Säule „Excellent
Science“ konzentrieren. Dort nämlich, wo die eigentliche Forschung thematisch offen gefördert
wird. Ein viel zu kleiner Fördertopf für die elementare Basis der Wertschöpfungskette! Daneben
stellt sich die Frage, ob die Förderbedingungen nicht so sein sollten, dass alle relevanten Akteure
gleichermaßen auch zur Lösung unserer großen gesellschaftlichen Herausforderungen beitragen
können? Da erscheint das Thema Personalkostenabrechnung in Horizon 2020 Projekten zunächst
nebensächlich. Es wird viele Einrichtungen dann beschäftigen, wenn die ersten
Projektabrechnungen vorgenommen sind und klar wird, dass keine Anpassungen an im Vorjahr
getätigte Ausgaben mehr möglich sind. Dies betrifft in erster Linie die Personalkosten und kann ggf.
zu einer starken Diskrepanz zwischen Abrechnungs- und Bezugszeitraum führen.
Claudia Labisch
Leiterin Brüssel-Büro
NEUES am Horizont 2020
Erste Erfahrungen mit Horizon 2020
Horizon 2020 geht in die nächste Runde. Das EU-Rahmenprogramm für Forschung und
Innovation hinterlässt bereits erste Eindrücke und sowohl für die Europäische Kommission als
auch für Antragstellende und Projektpartner wertvolle Erfahrungswerte. Aus deutscher
Perspektive und im Rahmen eines ersten Austausches anlässlich einer BMBF-Veranstaltung
fallen die Analysen wohlwollend aus.
Statistiken nennen eine Erfolgsquote von 24% deutscher Antragsteller im gesamten
Rahmenprogramm. Damit belegen deutsche Einrichtungen den 1. Platz bei der Anzahl von
Projektbeteiligungen sowie beim Umfang der bisher eingeworbenen Finanzmittel (Rückfluss ca.
370 Mio. Euro). Trotz des im Vergleich zum Vorgängerprogramm angestiegenen Wettbewerbs
(FP7 1:5, H2020 1:8) lässt sich rein rechnerisch eine erste positive Bilanz aus deutscher Sicht
ziehen. Das angestrebte Ziel soll nun sein, den positiven Trend fortzuführen und weiterhin in
dieser beispielhaften Intensität an Horizon 2020 teilzunehmen. So ist der Innovationsansatz, der
Horizon 2020 insbesondere von einem achten Forschungsrahmenprogramm als
Folgeinstrument unterscheidet, bei der Antragstellung noch intensiver zu beachten. Der
technische Blick auf die Konzeption einer Projektidee und auch auf die Zusammensetzung des
Partnerkonsortiums spielt bei der Evaluierung eine entscheidende Rolle. An dieser Stelle kommt
dem strategischen Programmausschuss eine relevante Aufgabe zu: Er soll für einen frühzeitigen
Informationsfluss sorgen, die Prioritätensetzung bei der Themenwahl in den einzelnen
Bereichen beeinflussen sowie bei weiterführenden Prozessen vermitteln. Aber auch den an
Horizon 2020-Projekten beteiligten Einrichtungen kommt eine (neue) konzeptionelle Aufgabe
zu. Das BMBF empfiehlt ihnen das Erarbeiten einer individuellen EU-Strategie. Für die
erfolgreiche Beteiligung an Horizon 2020 sei eine strategische Herangehensweise das geeignete
Mittel, um langfristig am und im Europäischen Forschungsraum mitzuwirken. Dies insbesondere
vor der Tatsache, dass zwar mehr finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, diese aber vermehrt
in große Projekten fließen und damit insgesamt weniger Projekte gefördert werden als im
Vergleich zur letzten Förderperiode.
Als Herausforderung werden die breit formulierten topics in den Arbeitsprogrammen die
Antragsteller voraussichtlich weiterhin begleiten. Der themenoffene Ansatz soll aus Sicht der
Europäischen Kommission einen weiten Spielraum für vielfältige Projektideen bieten und so
Raum für eine individuelle und innovative Herangehensweise an eine Problemstellung bieten.
Die zwischen den Förderlinien variierende Überzeichnung soll im weiteren Verlauf des
Rahmenprogramms reduziert werden. Mögliche Verbesserungen können dabei die klare
Beschreibung von Begriffen (z.B. Innovation, Risiko oder Impact) sein, um die offene Gestaltung
der topics auszugleichen, oder auch veränderte Maßgaben bei den (zweistufigen)
Auswahlverfahren.
Trotz der sich momentan abzeichnenden Trends lässt die noch kurze Laufzeit von Horizon 2020
keine endgültige Einschätzung über den Erfolg des neuen Rahmenprogramms zu. In einer ersten
Gesamtschau ist festzuhalten, dass die neuen Anforderungen sowohl auf europäischer als auch
auf nationaler Ebene ein gewisses Maß an Flexibilität erfordern.
Bei Interesse senden wir Ihnen gerne die Präsentationen aus der BMBF-Veranstaltung des
Erfahrungsaustausches zu Horizon 2020 zu. Bitte nutzen Sie dafür die email-Adresse [email protected].
Neuerungen in der Projektbewertung bei COST
Seit dem 1. Januar 2015 gelten bei COST (European Cooperation in Science and Technology)
neue Bestimmungen für die Einreichung, Bewertung, Auswahl und Genehmigung von
Förderanträgen. COST bietet themenoffene Förderung von Vernetzungsaktivitäten national
geförderter Forschungsprojekte an. Finanziert aus dem Horizon2020-Budget, ist es auch für
Projekte offen, deren Themen in Schwerpunkten von Horizon 2020 nicht direkt vertreten sind.
Das bisherige Bewertungsverfahren wurde als intransparent kritisiert. Das soll sich jetzt mit den
neuen Regelungen ändern.
Eine der Neuerung ist, dass das Antragsverfahren nun einstufig ist. Anträge sollen maximal 15
Seiten umfassen und über ein Online-Tool bei COST eingereicht werden. Des Weiteren ist keine
Angabe der Domain, unter der das Vorhaben begutachtet werden soll, mehr nötig. Anstelle
dessen hat COST eine Expertendatenbank erstellt, in der die Expertise von externen Experten
mit Schlagworten aufgenommen ist. Anhand dieser können die Experten den verschiedenen
Themenfeldern der Anträge zugeordnet werden. Förderanträge werden zunächst von
mindestens drei dieser unabhängigen externen Experten evaluiert. Die Bewertung findet nur auf
der Basis der von COST festgelegten Kriterien wissenschatfliche und technologische Exzellenz,
Auswirkung (Impact) und Umsetzung statt. Die Gutachter verfassen jeweils unabhängig eine
Bewertung des Antrags und versuchen anschließend, sich über eine Bewertung zu einigen. Im
nächsten Schritt validieren sogenannte Review-Panels, bestehend aus aktiven Forschern,
Ingenieuren und Wissenschaftlern die Gutachten und erstellen anschließend eine Rankingliste
der Anträge. Das Scientific Committee und das Committee of Senior Officials entscheiden im
Anschluss auf Grundlage dieser Rankingliste und unter Einbezug des verfügbaren Budgets,
welche Anträge gefördert werden können.
Der COST Call ist ein offener Call mit zwei Stichtagen pro Jahr. Nächster Stichtag ist der 24. März
2015 um 12 Uhr.
http://www.cost.eu/participate/open_call
Neue Vizepräsidenten und neue Mitglieder im Scientific Council des ERC
Der Scientific Council, das Lenkungsorgan des Europäischen Forschungsrats (ERC), hat aus
seiner Mitte zwei neue Vizepräsidenten benannt. Sierd Cloething, Professor für
Erdwissenschaften und Tektonik an der Universität Utrecht, ist als Vize-Präsident künftig für die
ERC Aktivitäten in Bereich Natur- und Ingenieurwissenschaften (Physical Sciences and
Engineering) zuständig. Für den Bereich der Lebenswissenschaften wurde der Este Mart Saarma
zum Vizepräsidenten gewählt. Saarma ist Direktor des Exzellenzzentrums für Molekulare und
Integrierte Neurowissenschaften an der Universität Helsinki. Die beiden Vizepräsidenten waren
seit 2009 respektive 2011 Mitglieder des Scientific Council. Ebenfalls hat die Europäische
Kommission drei neue Mitglieder in den Scientific Council bestellt, welche von einer
unabhängigen Wahlkommission vorgeschlagen worden waren. Es handelt sich dabei um Tomáŝ
Jungwirth (Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik und Professor an der
Universität Nottingham), Dame Janet Thornton (Professorin am European Bioinformatics
Institute des EMBL) sowie Fabio Zwirner (Professor an der Universität Padua). Weitere
Neubennenungen in den Scientific Council werden im Laufe der ersten Jahreshälfte 2015 folgen.
http://erc.europa.eu/sites/default/files/press_release/files/erc_pr_2015_renewal_scc.pdf
„Best effort obligations“ in Horizon 2020
Der Mustervertrag (Model Grant Agreement – MGA) regelt die Rechte und Pflichten der
Vertragsparteien in Horizon 2020-Projekten. Die darin formulierten Regelungen geben
verbindliche Vertragsbestandteile vor. An einigen Stellen ersetzen sogenannte allgemeine
Bemühungspflichten den obligatorischen Charakter. Nach aktuellem Stand sind solche best effort
obligations in fünf Artikeln des allgemeinen MGA und ein weiteres Mal im ERC-MGA verankert.
1- Art. 23a MGA betrifft das Management von Schutzrechten geistigen Eigentums. Universitäten
und öffentliche Forschungseinrichtungen sollten Maßnahmen ergreifen, um den Umgang mit
geistigem Eigentum bei Wissenstransferaktivitäten bestmöglich zu regeln. Als Hilfestellung
zur Ausarbeitung einer internen Strategie stellt die Europäische Kommission einen Code of
Practice aus dem Jahr 2008 zur Verfügung.
2- Art. 28 MGA schließt thematisch an Art. 23 an und bezieht sich auf die Verwertung von
Projektergebnissen. Er fordert von den Projektpartnern eine strukturierte Herangehensweise
an die Nutzung der Projektergebnisse. Dabei verweist die Europäische Kommission nicht nur
auf den wirtschaftlichen Aspekt sondern auch auf den nachhaltigen Einfluss in
standardisierten Prozessen zu berücksichtigen.
3- Art. 32 MGA nimmt Bezug auf die European Charter for Researchers und den Code of Conduct
for their Recruitment. Einrichtungen, die sich an Horizon 2020 beteiligen, sollten bestehende
interne Leitlinien den europäischen Maßstäben gegenüberstellen und diese bei Bedarf
anpassen bzw. ausarbeiten.
4- Art. 33 MGA spricht die Geschlechterparität an und verlangt eine Berücksichtigung der
gender balance im gesamten Projektaufbau bzw. auf allen Arbeitsebenen.
5- Art. 56a MGA vervollständigt die best effort obligations im allgemeinen MGA. Er hält die
Projektbeteiligten im Falle eines Partnerwechsels dazu an bei der Übergabe von z.B.
Projektausstattung im Interesse des Projektes und seines Budgets zu handeln.
6- Art. 29 ERC-MGA lässt eine Ausnahme zur grundlegenden Open Acces-Verpflichtung von
wissenschaftlichen Publikationen zu. Eine Bemühungspflicht auch veröffentlichte
Monographien und Bücher bzw. Teile davon Open Access zu stellen ist ausreichend.
Die Anstrengungen, die die Einrichtungen zur Erfüllung von best effort obligations unternehmen,
werden im Rahmen von Audits geprüft. Maßgeblich bei der Überprüfung ist dabei nicht das
Erfüllen aller Anforderungen. Im Vordergrund stehen die getroffenen Maßnahmen unter
Berücksichtigung der individuellen Möglichkeiten einer Einrichtung.
Das Beispiel der best effort obligation, die noch im 7. Forschungsrahmenprogramm als Special
clause 39 für das Open Access-Stellen von wissenschaftlichen Publikationen galt, zeigt das
Entwicklungspotential dieser Regelung. Es bleibt abzuwarten und zu beobachten wie sich die
bestehenden Anforderungen verändern.
http://ec.europa.eu/research/participants/data/ref/h2020/grants_manual/amga/h2020amga_en.pdf
Tipps:
H2020 Secure Societies Information Day
Am 26. März 2015 findet in Brüssel ein Horizon 2020 Informationstag zu den Sicheren
Gesellschaften (Societal Challenge 7) statt. Dabei werden die Voraussetzungen zur
Antragstellung in den jeweiligen calls detailliert betrachtet. Am Nachmittag besteht die
Möglichkeit Projektideen zu präsentieren. Die Anmeldefrist endet am 19. März 2015. Die
Teilnahme ist kostenfrei.
http://ec.europa.eu/rea/about_us/events/h2020_secure_societies_information_day_en.htm
Science 2.0 Conference 2015 in Hamburg
Am 25. und 26. März 2015 findet zum zweiten Mal die International Science 2.0 Conference in
Hamburg statt, die vom Leibniz-Forschungsverbund Science 2.0 und dem ZBW organisiert wird.
Zum Thema Science 2.0 diskutieren Expertinnen und Experten vor dem Hintergrund aktueller
Forschungspolitik unter anderem die Entwicklungsprozesse in verwandten Fachbereichen wie
Open Access, Citizen Science oder Big Data. Zum Veranstaltungsauftakt wird Jean-Claude
Burgelman (Europäische Kommission) erstmals die Ergebnisse der öffentlichen Konsultation
von 2014 vorstellen.
http://www.science20-conference.eu/
Open Science Konferenz der Europäischen Kommission
Die Open Science Konferenz der Europäischen Kommission „A new start for Europe: Opening up
to ERA of Innovation“ findet am 22. bis 23. Juni 2015 in Brüssel statt. Das Programm der
Veranstaltung wurde noch nicht veröffentlicht. Fest steht aber schon, dass es auch in dieser
Veranstaltung unter anderem um die Schlussfolgerung der online-Konsultation „Science 2.0:
Science in Transition“ gehen wird.
http://ec.europa.eu/research/index.cfm?pg=events&eventcode=5B17594F-90C0-840A1CCBAFF7F0E6D9D7
GESTERN, HEUTE, MORGEN
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18. März
I3-Innovation, Impact, Intellectual Property in Horizon
2020 in Berlin
Kontakt Brüssel Büro: Regina Völk
Anmeldefrist: 27.2.2015
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10. Juni
Professionell Beraten im EU-Service in Brüssel
(Save the date)
Kontakt Brüssel Büro: Claudia Labisch
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11. Juni
AK Europa in Brüssel
Kontakt Brüssel Büro: Elisabeth Hasse
Beate Feuerstein, Elisabeth Hasse, Claudia Labisch, Anna B. Martinez, Regina Völk
e-mail: [email protected];
Rue du Trône 98, B-1050 Brüssel, Tel.: +32 2 274 20-60