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Corioliskraft
Die Corioliskraft bewirkt in rotierenden Bezugssystemen/Inertialsystemen, wie es die Erde
nun einmal auch ist, eine Ablenkung von sich bewegenden Körpern. Offensichtlich ist die
Wirkung auf Wolken, auf die die Corioliskraft wirkt und sie ablenkt.
Für die Kraftwirkung gibt es eine leicht einzuprägende Regel (die man evtl. auch schon von
der Lorenzkraft kennt): Daumen, Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand stehen senkrecht
zueinander und symbolisieren in ihrer Richtung den Vektor der Winkelgeschwindigkeit
(Zeigefinger; der Vektor der Winkelgeschwindigkeit geht bei der Erde ungefähr vom Südzum Nordpol, es gilt die Rechtsschraubenregel), die Bewegungsrichtung senkrecht zum
Vektor der Winkelgeschwindigkeit (Daumen; nur die vektorielle Komponente, die 90° auf
dem Vektor der Winkelgeschwindigkeit steht, ist hier wirksam, was sich auch in der
Gleichung widerspiegelt) und die Kraftwirkung (Mittelfinger), also auch die Richtung, in der
der Körper abgelenkt wird.
Aus dieser Betrachtung ergibt sich, dass z.B. ein senkrecht zu Boden fallender Körper die
größte Ablenkung am Äquator in Richtung Osten erfährt (da die orthogonale Komponente
des Geschwindigkeitsvektors zum Vektor der Winkelgeschwindigkeit dort am größten ist),
am Nordpol jedoch gar keine (da dort der Vektor der Winkelgeschwindigkeit und der
Geschwindigkeitsvektor des fallenden Körpers parallel zueinander sind, somit keine
Kraftwirkung zusammenkommt). Bewegt sich ein Körper auf der Nordhalbkugel von Norden
nach Süden, so wird er nach Westen abgelenkt.
Doch warum kommt es zu solch einer Kraft? Die vereinfachte Erklärung ist: In dem
Bezugssystem Erde (welche hier mit einer Kugelgestalt verglichen wird) herrschen auf jeder
Position unterschiedliche Bahngeschwindigkeiten, da der Radius zur Rotationsachse je nach
Breitengrad unterschiedlich ist. Nur eine Bewegung auf genau einem Breitengrad verhindert,
dass die Corioliskraft wirkt. Natürlich besitzt der Körper theoretisch weiterhin die
Bahngeschwindigkeit, den er auf seiner alten Position besaß. Die Bahngeschwindigkeit an
dem Punkt, zu dem der Körper will, ist jedoch von dem früheren Wert verschieden. Somit
macht der Körper eine β€žAusweichbewegungβ€œ, jedoch nicht mit konstanter Geschwindigkeit,
sondern beschleunigt in die Richtung der Corioliskraft. Da es sich dann um eine Masse mit
Beschleunigung handelt, muss eine Kraft wirken.
Hier noch eine Skizze:
(nur Darstellung
eines von der Höhe
h zu Boden fallenden Körpers;
ist einer
Bewegung
oberhalb der
Erdoberfläche
ähnlich)
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Dies war der anschauliche, theoretische Teil. Wie sieht es jedoch mit Formeln aus? Hier wird
es etwas knifflig. Ganz allgemein gilt, dass der Kraftvektor sich so berechnen lässt:
𝐅𝐂 = 𝟐 βˆ™ 𝐦 βˆ™ (π›š × π―)
Hierbei ist m die Masse des fallenden Körpers, Ο‰ die Winkelgeschwindigkeit der Erde
2Ο€
(berechnet sich mit Ο‰ = T und T = 24 βˆ™ 60 βˆ™ 60s und v der Geschwindigkeit des Körpers)
Das Kreuzprodukt Ο‰ × v zeigt an, dass der Kraftvektor orthogonal zu den Vektoren der
Winkelgeschwindigkeit und der Geschwindigkeit des Körpers steht. In Betragsschreibweise
sieht die Formel so aus:
𝐅𝐂 = 𝟐 βˆ™ 𝐦 βˆ™ π›š βˆ™ 𝐯 βˆ™ 𝐬𝐒𝐧 𝛂
Diese Formel unterscheidet sich eigentlich nur durch das sin Ξ± von der obigen. Ξ± ist der
durch den Vektor der Winkelgeschwindigkeit und dem Geschwindigkeitsvektor des Körpers
eingeschlossene Winkel. v βˆ™ sin Ξ± ist der Betrag der Vektorkomponente vβŠ₯ , welcher
senkrecht zum Vektor der Winkelgeschwindigkeit steht. Über trigonometrische Beziehungen
kommt man dann auf vβŠ₯ = v βˆ™ sin Ξ±, woraus sich die Formel erklärt. Nicht zu verwechseln ist
Ξ± mit dem Winkel Ο†, der den Breitengrad auf der Erde angibt. Dann würde aus sin Ξ± ein
cos Ο†.
Das war es kurz und übersichtlich zur Corioliskraft. Ein kleines Aufgabenbeispiel möchten wir
aber dennoch zum Schluss durchrechnen:
Aufgabe:
Ein Körper Fällt am Äquator aus 100m Höhe senkrecht auf den Boden. Durch die Corioliskraft
wird er nach Osten abgelenkt. Wie groß ist Strecke, die er durch die Ablenkung nach Osten
zurücklegt?
Lösung:
Man benötigt dazu einige komplizierte mathematische Verfahren, die erst in der Oberstufe
gelehrt werden. Denn so einfach, wie die Aufgabe dem ersten Blick nach sein könnte, ist sie
in Wirklichkeit gar nicht. Der Trugschluss ist, die Corioliskraft wäre hier konstant. Ist sie aber
nicht. Denn es handelt sich um einen freien Fall, also eine geradlinig gleichmäßig
beschleunigte Bewegung in Richtung Erdmittelpunkt. Somit verändert sich der Betrag des
Geschwindigkeitsvektors mit dem Fall zeitlich, was die Corioliskraft wachsen lässt. Hieraus
ergibt sich aber die Notwendigkeit der Anwendung der Integralrechnung (ein
β€žAuszählverfahrenβ€œ der Flächen unter den Graphen würde hier nicht ausreichen, da wir mit
konkreten Formeln weiterrechnen müssen).
Auch hier können wir wieder folgenden Ansatz wählen (Skizze s. oben):
FC = 2 βˆ™ m βˆ™ Ο‰ βˆ™ v βˆ™ sin Ξ±, aus Ξ± = 90° und sin 90° = 1 folgt:
FC = 2 βˆ™ m βˆ™ Ο‰ βˆ™ v, mit v = g βˆ™ t wegen freien Fall und FC = m βˆ™ a:
m βˆ™ a = 2 βˆ™ m βˆ™ Ο‰ βˆ™ g βˆ™ t, gekürzt:
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a t =2βˆ™Ο‰βˆ™gβˆ™t
Wir haben nun eine Gleichung, die angibt, welche Beschleunigung gen Osten die Corioliskraft
in Abhängigkeit der verstrichenen Zeit den Körper gibt. Aus den Gesetzen der Mechanik
wissen wir: a t = v β€² t = s β€²β€² t
Leitet man den Weg s zwei Mal nach der Zeit ab, erhält man die Beschleunigung a.
Umgekehrt muss man die Beschleunigung a also zwei Mal nach der Zeit integrieren.
v t =
a t dt = Ο‰ βˆ™ g βˆ™ t 2 + v0 , mit v0 = 0
s t =
v t dt = 3 βˆ™ Ο‰ βˆ™ g βˆ™ t 3 + s0 , mit s0 = 0
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1
Also bleibt: s t = βˆ™ Ο‰ βˆ™ g βˆ™ t 3
3
Noch aber ist eine Unbekannte dabei: Die Zeit t. Diese findet sich jedoch als Fallzeit des
g
freien Falls mit h = 2 t 2 und somit t =
2h
g
wieder.
Man setzt dies nur noch ein, vereinfacht und erhält die Ablenkung s:
2
s h =3βˆ™hβˆ™Ο‰βˆ™
2
2βˆ™h
g
2βˆ™Ο€
s 100m = 3 βˆ™ 100m βˆ™ 86400 s βˆ™
2βˆ™100m
m
9,81 2
s
β‰ˆ 0,02m
Die Ablenkung beträgt also ca. 2cm. Keine riesige Distanz, was aber auch nicht zu erwarten
war. 100m Fallhöhe sind im Vergleich zum Erdradius extrem wenig. Die Differenz der
Bahngeschwindigkeiten ist sehr gering. Bei Geschossen, welche über mehrere Kilometer mit
relativ hoher Geschwindigkeit fliegen, bemerkt man jedoch eine deutlich stärkere
Ablenkung. Somit ist dies immer mit einzuberechnen.