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MAKRO NEWS
3. Juni 2015
EZB AUF DEM RICHTIGEN WEG
von Cornelia Koller, Berenberg Volkswirtin
Die heutige Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) mit anschließender Pressekonferenz verlief wie erwartet ohne
große Überraschungen: neue geldpolitische Maßnahmen blieben aus, die Leitzinsen wurden bei 0,05 % festgezurrt, der
Einlagensatz blieb bei -0,20 %.
Ankauf von Staatsanleihen bringt spürbaren Erfolg
EZB-Präsident Mario Draghi zeigte sich weiter höchst zufrieden mit dem bisherigen Erfolg des Programms zum Ankauf von Vermögenswerten und sieht seinen geldpolitischen Kurs damit bestätigt. So ist die EZB ihrem Ziel, durch das Ankaufprogramm die Inflationserwartungen zu erhöhen, die Kreditversorgung von Unternehmen und Haushalten zu verbessern und durch ein anspringendes
Ausgabeverhalten der Unternehmen und Verbraucher letztlich die Konjunktur anzuregen, ein gutes Stück näher gekommen.
Die Inflationsrate ist seit Januar (-0,6 %) kontinuierlich angestiegen und lag im Mai erstmals wieder im positiven Bereich (0,3%). Die
Kernrate ohne die schwankungsanfälligen Energie- und Nahrungsmittelpreise stieg auf 0,9 %. Mit Blick auf die anspringende Konjunktur und den zuletzt wieder gestiegenen Ölpreis sind auch die längerfristigen marktbasierten Inflationserwartungen wieder angezogen.
Zudem sieht die EZB eindeutige Hinweise, dass die ergriffenen geldpolitischen Maßnahmen wirksam sind und die Konjunktur über
gesunkene Kreditkosten für Haushalte und Unternehmen stützen.
Angesichts der in positives Terrain zurückgekehrten Inflation kamen zuletzt wieder Spekulationen über ein vorzeitiges Endes des Ankaufprogramms auf. Diesen erteilte Draghi heute eine eindeutige Absage. So hat die konjunkturelle Erholung zuletzt an Dynamik verloren und die Risiken für die Konjunktur sind nach wie vor nach unten gerichtet. Vor allem aber ist die Inflation trotz der Rückkehr in
den positiven Bereich noch immer weit vom EZB-Ziel von „unter, aber nahe 2 %“ entfernt.
Der Fokus der EZB wird daher weiterhin auf der vollständigen Umsetzung ihrer unkonventionellen geldpolitischen Maßnahmen liegen. In diesem Punkt waren sich laut Draghi auf der heutigen Sitzung alle Mitglieder einig. Die EZB wird vor diesem Hintergrund
weiter durch kurzfristige Marktbewegungen hindurchsehen und ihren ruhigen geldpolitischen Kurs bis zu einer nachhaltigen Korrektur
der Inflation fortsetzen. Wie geplant werden bis September 2016 monatlich 60 Mrd. Euro für den Kauf von Kreditverbriefungen (ABS,
Asset-Backed Securities) und gedeckten Schulverschreibungen (Covered Bonds) sowie Staatsanleihen ausgeben. Seit Anfang März hat
die EZB im Rahmen des erweiterten Programms zum Ankauf von Vermögenswerten öffentliche Anleihen in Höhe von 146,7 Mrd.
Euro erworben. Im Rahmen des 3. Programms zum Ankauf von gedeckten Schuldverschreibungen wurden 85,1 Mrd. Euro angekauft,
ABS Anleihen wurden in Höhe von 7,2 Mrd. Euro erworben (Stand: 29. Mai).
Über eine vorzeitige Rückführung bzw. einen Ausstieg aus dem Programm (Exit-Strategie) ist Draghi zufolge noch nicht einmal nachgedacht worden, da bis dahin noch ein langer Weg zu gehen ist. Im Gegenteil: Sollte es erforderlich werden, könnte das Programm
gegebenenfalls auch aufgestockt bzw. verlängert werden. Hierfür besteht laut Draghi derzeit aber keinerlei Anlass.
Wirtschaftsprojektionen nahezu unverändert
Unter der Voraussetzung einer vollständigen Umsetzung ihrer geplanten geldpolitischen Maßnahmen geht die EZB weiter davon aus,
dass sich die Perspektiven für die Konjunktur verbessern werden und es zu einer nachhaltigen Rückkehr der Inflation in Richtung ihres
Ziels von unter, aber nahe 2 % kommen wird. Auf Grundlage dieser Annahmen hat die EZB ihre Projektionen für Konjunktur und
Inflation im Vergleich zum März nahezu unverändert gelassen. Für 2015 geht sie weiter von einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 1,5 % und für 2016 von 1,9 % aus. Lediglich für 2017 wurde das BIP-Wachstum leicht von 2,1 % auf 2,0 % nach unten
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revidiert. Die Inflationsprojektionen wurden für 2015 von zuvor 0 % auf 0,3 % nach oben genommen, für 2016 und 2017 blieb es bei
1,5 % bzw. 1,8 %.
EZB will Griechenland im Euro halten
Die EZB betonte erneut, Griechenland im Euro halten zu wollen. Zu den aktuellen Verhandlungen zwischen Athen und dessen Gläubigern wollte sich Draghi allerdings nicht äußern. Er betonte lediglich, dass eine „starke Vereinbarung“ erzielt werden muss, die das
Wachstum fördern und die Haushaltsprobleme des Landes nachhaltig verbessern kann, aber gleichzeitig sozial fair sein muss. Wichtig
sei zudem, dass die griechische Regierung die Vereinbarungen dann auch tatsächlich umsetzen wird.
Fazit: Wirksamkeit des Ankaufprogramms steht weiter im geldpolitischen Fokus der EZB
In den nächsten Monaten wird sich die EZB weiter auf die Wirkung ihrer unkonventionellen Geldpolitik konzentrieren. Sollten sich
Erwartung und Projektionen erfüllen und die beschlossenen Maßnahmen eine nachhaltig positive fundamentale Wirkung entfalten,
dürfte das Anleihenankaufprogramm wie geplant im September nächsten Jahres beendet werden. Danach stünde dann eine allmähliche
Normalisierung des Leitzinsniveaus auf der geldpolitischen Tagesordnung. Wir erwarten die Wende in der Zinspolitik weiterhin erst
2017.
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