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Rhein-Main
April 2015
mittendrin
aktuell
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Ein hart erkämpfter Tarifabschluss ist
selten ein Sieg auf der ganzen Linie.
Es versteht sich von selbst, dass wir
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über die lange Laufzeit des Tarifvertrages
enttäuscht sind. Doch wir wollen dabei nicht übersehen,
was erreicht wurde: Der Arbeitgeber-Beitrag für den Demografie-Fonds wurde deutlich und dauerhaft erhöht.
Und die tarifliche Altersfreizeitregelung wird uneingeschränkt fortgeführt. Wir sagen deshalb allen, die sich
engagiert haben: Danke! Ohne den tollen Einsatz wäre
dieses Ergebnis überhaupt nicht möglich gewesen.
Unser Newsletter beschäftigt sich mit den Plänen der
Weylchem GmbH im Griesheimer Industriepark, die alte
und marode Dampferzeugungsanlage durch ein modernes Kesselhaus zu ersetzen – das auch mit Braunkohle
betrieben werden kann. Dagegen richtet sich der Unmut
aus Teilen der Griesheimer Bevölkerung. Das Unternehmen sucht den Dialog mit den Anwohnern, diesen gilt
es zu unterstützen. Was die Griesheimer nicht brauchen,
sind industriefeindliche Parolen. Sondern es muss die
Frage diskutiert werden, wie die Wirtschaftlichkeit des
Unternehmens erhalten werden kann, ohne dass die Anwohner belastet werden. Zuletzt gilt: Unternehmen und
Bürger müssen sich an Recht und Gesetz halten, sie müssen sich aber auch darauf verlassen können!
Kleines Kraftwerk trifft auf
besorgte Anwohner
Das Chemieunternehmen Weylchem will im
­Industriepark Griesheim eine dringend benötig­
te Anlage zur Dampferzeugung errichten – und
stößt damit auf besorgte Anwohner. Denn das
kleine Kraftwerk soll zunächst mit Braunkohle­
staub betrieben werden, die Bewohner befürch­
ten eine Gefährdung von Mensch und Umwelt.
Noch diesen Monat will das Unternehmen den
Genehmigungsantrag beim Regierungspräsi­
dium (RP) in Darmstadt einreichen. Wenn alles
nach Plan läuft, soll dieses Jahr mit dem Bau be­
gonnen und die Anlage im Sommer 2016 in Be­
trieb genommen werden.
„Wir werden vom RP Auflagen bekommen.
Selbstverständlich werden die vorgegebenen
Grenz­werte deutlich unterschritten“, reagierte
der Betriebsratsvorsitzende Walter Hilpert auf
die Befürchtungen der Bevölkerung. Im März wa­
ren die Bürger in einer Versammlung über den
geplanten Bau informiert worden.
Der Betriebsrat hat sich eindeutig für diese Anla­
ge ausgesprochen. Hilpert macht keinen Hehl da­
raus, dass diese für das Unternehmen und damit
auch für die Mitarbeiter dringend nötig ist. „Ohne
diese Anlage würden die Leute ihre Arbeitsplätze
verlieren. Denn unser Unternehmen in Griesheim
würde nicht überleben“, ist er sich sicher.
Über 200 Menschen – vor allem Chemiker, In­
genieure, Kaufleute und Laboranten – arbeiten
im Frankfurter Standort der Weylchem-Unter­
nehmensgruppe. Es ist weltweit führend bei der
Herstellung von Zwischenprodukten für Agro­
chemikalien, dazu gehören Pflanzenschutzmittel,
Farbstoffe und Pigmente. Die Griesheimer sind
bei der Produktion auf Dampferzeugung ange­
wiesen. Bereits seit Jahren behelfen sie sich mit
einem Provisorium, dessen Betrieb sehr teuer ist.
Das Unternehmen investiert nun 25 Millionen
Euro in den Standort Griesheim, auch um die
Arbeitsplätze langfristig zu sichern. Die Anlage
soll 9 Millionen Euro kosten. Sie kann nicht nur
mit Braunkohlestaub, sondern auch mit ande­
ren Stoffen betrieben werden, zum Beispiel Erd­
gas. Allerdings ist Braunkohlestaub derzeit das
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mittendrin aktuell
S T I M M E N Z U M TA R I FA B S C H L U S S
Die Entgelte steigen um 2,8 Prozent, die Ausbildungsvergütungen um 40 Euro. Außer­dem wird der betriebliche Demografiefonds
von 338 auf 750 Euro pro Beschäftigten und
Jahr aufgestockt. Das ist das Ergebnis der
Tarifverhandlungen – was sagen Gewerkschaftsmitglieder dazu?
günstigste Mittel der Wahl. Mit den
alter­nativen Betriebsstoffen hat
das Unternehmen jedoch die Mög­
lichkeit, auf Preisentwicklungen auf
dem Energiemarkt zu reagieren.
Der Geschäftsführer der Weylchem­
Griesheim GmbH sowie deren
Schwes­terunternehmen Allessa
GmbH, Rafael Reiser, betonte in ei­
nem Interview, dass ihm die gute
Nachbarschaft mit den Anwoh­
nern am Herzen liege. „Wir sind
ein Frankfurter Unternehmen mit
einer Firmengeschichte in Gries­
heim, die bis in das Jahr 1856 zu­
rückreicht“, sagte er. „Uns ist wich­
tig, dass die Bevölkerung versteht,
was wir hier tun und unsere Arbeit
als Chance für die Entwicklung von
Griesheim betrachtet.“ 
„
Steffen Feix, Allnex: „Natürlich geht immer
mehr, aber die Entgelterhöhung und die 750
Euro für den Demo-Topf sind gut – das Plus
für die Azubis ist sogar sehr gut. Kritisch sehe
ich allerdings die Laufzeit von 17 Monaten mit
einem Leermonat. Das ist nur schwer zu ak­
zeptieren.“
Horst Kleine, Sanofi: „Bei meinen Kollegen
kommt die lange Laufzeit bei 2,8 Prozent nicht
so gut an, aber ich sehe das Ergebnis positiv.
Die Aufstockung des Demografiefonds ist
doch ein tolles Ergebnis. Und auch für die
Azubis ist der neue Tarifvertrag sehr gut – die
haben insgesamt wohl den besten Schnitt
gemacht, und das ist auch in Ordnung so. Ich
fürchte ja, dass die Tarifverhandlungen auch
in Zukunft schwierig werden. Das liegt an der
Blockadehaltung der Arbeitgeber.“
Ralf Bender, Clariant: „Ich bin froh, dass nicht
gestreikt wurde, da wäre in der Sozialpartner­
schaft viel kaputt gegangen. Aus meiner Sicht
war es unglücklich, dass überhaupt von Streiks
gesprochen wurde. Da hätte man noch die
nächste Verhandlungsrunde und die Schlich­
“
tung abwarten können. So sind nun manche
Kollegen enttäuscht über das Ergebnis – sie
haben erwartet, dass die Forderungen mit al­
ler Gewalt durchgesetzt werden. Allerdings
übersehen sie, dass die Gewerkschaft in den
letzten drei Tarifrunden jedes Mal extrem
überdurchschnittliche Lohnsteigerungen
durchgesetzt hat. Die meisten Leute sind
aber schon zufrieden mit dem Abschluss, vor
allem mit Blick auf den Demografiefonds.“
Thomas Kollmer, SE Tylose: Ich finde den
Tarif­abschluss bescheiden. Die 2,8 Prozent
in Verbindung mit dieser Laufzeit stehen in
keinem Verhältnis zu dem Aufriss, der vorher
gemacht wurde. Das höre ich auch von vielen
Kollegen. Für mich zählt, was in der Lohn­tüte
hängen bleibt. Ich habe mindestens eine Drei
vor dem Komma und eine Laufzeit von zwölf
Monaten erwartet. Und ich wäre auch davon
ausgegangen, dass eher gestreikt wird, an­
statt so etwas zu akzeptieren.“
Örsan Örs, Sanofi: Als Azubi bin ich zufrie­
den. Wir wollten 60 Euro mehr und haben 40
Euro bekommen, das finde ich ordentlich. Ich
hatte ohnehin erwartet, dass es etwas weni­
ger wird als gefordert. Bei der allgemeinen
Entgelterhöhung hätte ich jedoch gedacht,
dass es mehr wird als 2,8 Prozent. Aber ande­
rerseits wurde doch der Demografiebeitrag
erhöht. Wenn man also etwas genauer hin­
schaut, ist alles doch sehr positiv.“
April 2015
TERMINE
24.–26. April Zweiter Teil
Tarifführerschein
1. Mai
Kundgebungen
… in Wiesbaden, 11 Uhr, Kranzplatz,
Sprecherinnen: Margarete Unkhoff
(Landeshauptstadt Wiesbaden),
Doris Wege (IG Metall)
… in Frankfurt, 9.30 Uhr,
Treff Günthersburgpark,
11 Uhr Kundgebung auf Römerberg,
Sprecher/innen u.a.: Harald
Fiedler (DGB), Peter Feldmann
(Oberbürgermeister Frankfurt),
Christiane Benner (IG Metall)
… in Limburg, 10 Uhr,
Westerwaldstraße 111,
Sprecher: Thorsten Schäfer-Gümbel
(SPD-Landesvorsitzender), Philipp
Jacks (DGB)
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Herausgeber: IG BCE Rhein-Main,
Redaktion: Ralf Erkens (V.i.S.d.P)
Fotos: IG BCE Rhein-Main, grafikbuero.com
© Mai 2015