Rede auf der Hauptversammlung der Commerzbank AG am

Rede auf der Hauptversammlung der Commerzbank AG am 30.04.2015 Es gilt das gesprochene Wort! Herr Vorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren, mein Name ist Klaus Nieding, ich bin Rechtsanwalt hier in Frankfurt am Main und spreche zu Ihnen in meiner Funktion als Vizepräsident der DSW Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Deutschlands größter und führender Aktionärsvereinigung. Betrachtet man die uns vorgelegten Zahlen des Geschäftsjahres 2014, kann man auf den ersten Blick eigentlich ganz zufrieden sein. Ohne die 1,2 Milliarden EUR an Strafe wegen unsauberer Iran-­‐Geschäfte und Geldwäsche hätten wir ganz ordentlich da gestanden. Und an diesem Punkte, Herr Blessing, muss ich Ihnen und Ihren Kolleginnen und Kollegen zugeben, dass die Restrukturierung der Bank langsam aber sicher zu greifen beginnt. Die Nummer 2 der deutschen Banken erholt sich zusehends von den hinter uns liegenden sieben Horrorjahren. Vergleicht man aber unsere Zahlen mit denen der Nummer 1 der deutschen Banken, dann wird deutlich, wie groß immer noch der Abstand zwischen Commerzbank und Deutscher Bank ist : Wo bei uns ein Konzernergebnis von 264 Millionen EUR ein Grund zum Jubeln ist, beklagt die Deutsche Bank ein solches von 1,7 Milliarden EUR und wo wir operative Erträge von 684 Millionen EUR verzeichnen, weist die Deutsche Bank Erträge von insgesamt rund 31 Milliarden EUR aus. Dieser Vergleich zeigt eindrucksvoll, wie sehr die letzten sieben Jahre unserer Bank zugesetzt haben, wie sehr sie uns im Vergleich zum Wettbewerb aufgehalten, ja zurückgeworfen haben. Immerhin ist es Ihnen, sehr geehrter Herr Blessing, gelungen, wenigstens in einer Disziplin unangefochten den ersten Platz in Deutschland einzunehmen: Sie sind der bislang ungekrönte König der Anteilsverwässerung. Neun Kapitalerhöhungen, im Wesentlichen ohne Bezugsrecht für die Altaktionäre, haben nicht nur zu einer inflationären Flut von Aktien geführt, sondern auch unseren Kurs in den Bereich von Penny Stocks hinein atomisiert. Nur durch die „Schönheitsoperation“ des seinerzeitigen Kapitalschnitts konnten Sie mit dem Kurs wenigstens im zweistelligen EUR-­‐Bereich bleiben. Allerdings wirkt dieser zweistellige Euro-­‐
Aktienkurs ebenso künstlich, wie der Busen von Carmen Geiss. Und um den Titel des „Königs der Anteilverwässerung“ auch nicht zu gefährden, haben Sie ohne große öffentliche Ankündigung kurz vor unserer heutigen Hauptversammlung noch schnell die nächste über 1,4 Milliarden EUR durchgezogen und nochmals rund 114 Millionen Aktien produziert. Dies dient dem hehren Ziel, die harte Kernkapitalquote zu stärken -­‐ für sich genommen ein begrüßenswertes Ziel. Was wir daran bemängeln – neben der erneuten Verwässerung unserer Anteile – ist aber, dass unser Haus zur Stärkung der Kernkapitalquote aus eigener Kraft nicht in der Lage zu sein scheint. Dazu mussten Sie erneut den Kapitalmarkt anzapfen, sich das dafür benötigte Geld also bei Investoren borgen. Herr Vorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist schlicht und ergreifend ein Armutszeugnis, dass diese unsere Bank, die ja Deutschlands zweitgrößte Geschäftsbank sein will, es sieben Jahre nach seiner Rettung immer noch nicht aus eigener Kraft schafft, das notwendige Eigenkapital selbst zu erwirtschaften. Das ist in etwa so, als würde sich ein total verschuldeter Privathaushalt von dritter Seite Geld leihen, um für zukünftige Kreditaufnahmen bei Banken ein gewisses „Eigenkapital“ als Sicherheit vorzuweisen. Und das Ganze, sehr geehrter Herr Blessing, erinnert von daher ein wenig an Selbsttäuschung. Immerhin hören wir von Ihnen in diesem Zusammenhang, dass unsere Commerzbank im laufenden Geschäftsjahr wohl erstmals eine Dividende ausschütten wird – wenn nichts Unvorhergesehenes passiert (zumindest diese Hintertür halten Sie sich offen). Atemberaubende 16 bis 18 Cent soll es pro Aktie geben – mehr ist angesichts der schwindelig machenden Summe an ausgegebenen Aktien auch nicht drin. 57 Millionen EUR haben Sie dafür bereits zur Seite gelegt. Schaut man genauer hin, dann stellt sich das so dar, dass Sie auch dieses Geld nicht selbst erwirtschaftet, sondern aus der jüngsten Kapitalerhöhung genommen haben. Die (Neu-­‐)Aktionäre zahlen also im Rahmen der Kapitalerhöhung die Dividende für alle Aktionäre! Im Volksmund nennt man so etwas „linke Tasche – rechte Tasche“. Und auch an anderer Stelle finden wir Verhaltensweisen, die ein wenig an schönheitschirurgische Eingriffe erinnern: Sie, lieber Herr Blessing, genehmigen sich in diesem Jahr einen Bonus, auf den Sie in den zurückliegenden Jahren stets verzichtet haben – zunächst notgedrungen, weil vom Bund für die Überlebenshilfe des Steuerzahlers zur Bedingung gemacht, nachher freiwillig. Sie wollten erst dann wieder einen Bonus annehmen, wenn der Gewinn der Bank im dreistelligen Millionenbereich liegt. Betrachtet man nur die ausgewiesenen Zahlen, dann ist dies vordergründig der Fall. Aber auch nur deshalb, weil Sie die notwendigen Wertkorrekturen für die maroden Papiere der österreichischen Hypo Alpe Adria in das erste Quartal 2015 geschoben haben! Andere Banken haben diese Belastungen bereits im Vorjahr verbucht. Herr Blessing, bitte sagen Sie uns doch mal, wie die Zahlen unserer Bank bei einer Berücksichtigung der HETA-­‐Abschreibungen im Jahr 2014 ausgesehen hätten. Meiner Meinung nach ist daher auch an dieser Stelle mehr Schein als Sein – womit wir wieder beim Busen von Carmen Geiss wären… Um nicht missverstanden zu werden: Ich bin der Letzte, der jemandem Zahlungen missgönnt oder etwas dagegen hat, dass Manager leistungsbezogen motiviert werden. Im Vergleich zu anderen Banken sind Gehälter und Boni bei unserer Commerzbank auch nicht ungerechtfertigt oder überzogen hoch. Allerdings, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist unsere Commerzbank auch keine normale Bank – wenn es so etwas heutzutage überhaupt noch gibt, sondern eine politische Bank. Und da hätte ich von Ihnen insbesondere wegen der harten Auseinandersetzungen der letzten Jahre an dieser Stelle mehr Fingerspitzengefühl erwartet, lieber Herr Müller. An Ihrer Stelle hätte ich mit den Neuregelungen zum Bonussystem – sowohl bei den Vorständen, wie auch bei den leitenden Mitarbeitern, also TOP 7-­‐9 – noch ein Jahr zugewartet. So hat das Ganze insbesondere im Zusammenhang mit den bereits erwähnten Tricks ein gewisses Geschmäckle. Ausdrücklich begrüßen möchte ich die zur Wahl stehenden Personen für unseren Aufsichtsrat unter TOP 10. Insbesondere freue ich mich, dass mit Frau Mikus nicht nur eine frühere Kollegin von mir, sondern eine Powerfrau mit großem Sachverstand unseren Aufsichtsrat zukünftig bereichert. Meine Damen und Herren, es gäbe noch viel zu fragen zu dem uns vorgelegten Jahresabschluss, der auch an anderen Stellen nicht ganz so glänzend ist, wie es im ersten Moment den Anschein hat. So ist das Mittelstandsgeschäft nicht so hervorragend, wie es uns immer wieder verkauft wird, der Zinsüberschuss sinkt seit Jahren kontinuierlich und wir vermissen auch insoweit die nötigen Antworten unseres Managements, und auch ohne außerordentliche Ereignisse und Belastungen stagniert unser operatives Geschäft lediglich. Dank diverser „Eingriffe“ wie etwa dem Herumschrauben an der Risikovorsorge, kann man das alles dann wieder einigermaßen erträglich darstellen. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass wir beim nächsten Sturm in arge Probleme kommen werden. Trotz all dieser kritischen Punkte sieht man aber, sehr geehrter Herr Blessing, dass Sie und Ihre Kollegen wenigstens in kleinen Trippelschritten vorankommen. Ob diese Trippelschritte aber zukünftig ausreichen, da bin ich skeptisch. Zum Beispiel müssten wir – ebenso wie die blaue Konkurrenz – viel einschneidender an die Kosten ran, an den Themen Ausdünnung unseres Filialnetzes, Kostenquote im Privatkundengeschäft, hin zu mehr Digitalisierung werden Sie in den nächsten zwei bis drei Jahren nicht vorbei kommen, wenn diese Bank weitere Fortschritte machen soll. Und so bleibt mir abschließend nur, Ihnen Herr Blessing, mit Ihren Kollegen die glückliche Hand zu wünschen, diese Bank weiter geschickt durch alle Untiefen zu steuern. Immerhin muss man Ihnen allen ja zu Gute halten, dass trotz der Milliardenstrafe noch alle Manager bei uns sich dem täglichen Bankgeschäft widmen können und nicht einen Tag in der Woche in München auf der Anklagebank zubringen müssen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! Für etwaige Rückfragen steht Ihnen Herr Rechtsanwalt Klaus Nieding zur Verfügung. Klaus Nieding ist Vizepräsident der DSW. Tel.: (069) 2385380 www.niedingbarth.de