Wie viel ist genug ? - Vollgeld

Wie viel ist genug ?
Kommentar zu UBS & CS – Generalversammlungen und Geschäftsberichten 2012
Werner Kallenberger
Wer sich seriös auf die Generalversammlung (GV) der Credit Suisse (CS) und der United Bank of Switzerland (UBS), d.h. auf die zwei Schweizer Grossbanken mit englischen Namen und ausländischen Mehrheitsaktionären, vorbereiten wollte, brauchte zum Studium ihrer 440- bzw. 560-seitigen Geschäftsberichte mehrere Tage sowie gute Kenntnisse von Finanzbuchhaltung und der Geschäfts- und Kommunikationspolitik ihrer
Verwaltungsräte (VR) bzw. Geschäfts-/Konzernleitungen (GL). Das trifft auf kaum einen Kleinaktionär (KA)
zu, wenn diese auch über 99% der Anwesenden mit weniger als einem Prozent der Stimmen ausmachten.
Frauen sind hier noch eine weitere radikale Minderheit. Die Dutzenden Voten der protestierenden KA bewirkten denn auch abstimmungsmässig nichts, ausser einer selektiven Medienreaktion und den Versprechen der zwei VR-Präsidenten Urs Rohner (CS) und Axel Weber (UBS), auch die Anliegen dieser Votanten
‚ernst zu nehmen‘ und diese im VR ‚zu diskutieren‘.
Die einleitenden Referate der Präsidenten und Chief Executive Officers (CEO), d.h. der leitenden Generaldirektoren, Brady W. Dougan (CS) und Sergio Ermotti (UBS), wiederholten in Kurzfassungen ihre Stellungnahmen in den Geschäftsberichten. Zusammenfassend betonten sie die ‚grossen Fortschritte ihrer Banken‘,
das ‚schwierige Geschäftsumfeld‘, das Bestreben zu ‚weiteren Kostenreduktionen‘ (sprich Personalabbau),
die Berücksichtigung ‚des Marktes‘ und die ‚Bedürfnisse‘ ihrer v.a. wohlhabenden und ultrareichen Kunden.
Kritische Fragen wurden von den Vorsitzenden nicht oder nur ausweichend trocken bzw. zynisch beantwortet oder ausnahmsweise in der CS-GV an einen der Risk- oder Finance-Officers verwiesen.
Die Votanten unterschieden sich in drei Kategorien: 1. Jene seriösen Kritiken - wie des Vereins kritischer
Aktionäre actares - , welche auf die ungerechten und unbegründeten Strukturen und Entlohnungen der UBS
und CS sowie auf deren Unterstützung oder indirekte Finanzierung von umwelt- und menschenschädigenden
von Mountaintop removal mining kritisierten Geschäftspraktiken hinwiesen, wo Hunderte Bergkuppen in den
Appalachen/USA zur Gewinnung von Rohstoffen weggesprengt werden, um darunter liegende Rohstoffe
‚kostengünstig‘ bzw. zu Lasten der umliegenden Bevölkerung abzubauen. 2. Jene fundierten Kritiken, die aufgrund der Geschäfts- bzw. Vergütungsberichte klare Fragen zur Seriosität der Buchhaltung und Rechtfertigung der Auszahlung von 2.5 Milliarden Boni bei gleichzeitigem Verlust von 2.5 Mrd. CHF stellten, bzw. zu
den exorbitanten Boni für die Top Kader und VR mit Multiplikationsfaktoren bis zu 250 Mio. CHF verwiesen,
wofür Angestellte mit einem Jahreslohn von 100‘000 CHF 2‘500 Jahre arbeiten müssten. 3. Jene kabarettistischen und selbstdarstellerischen Voten und Proteste zur Abzockerei des VR und v.a. der GL mit ihren
Millionen ‚Entschädigungen‘ für angeblich 70-100 Arbeitsstunden pro Woche und ‚grossartigen sozialen
Engagements‘. Berechtigterweise wurde auch von mehreren Votanten darauf hingewiesen, dass diese
fortgesetzte Abzockerei trotz Annahme der Minder-Initiative nur den Befürwortern der bald zur Abstimmung
kommenden 1 : 12 Initiative diene.
Was einmal mehr an keiner Generalversammlung zur Sprache kam, waren die systembedingten und gewollten Kapitalkonstruktionen der beiden Grossbanken und aller internationalen Konzerne bzw. deren ‚Players‘:
1. Nach welchen Kriterien werden so genannte Führungskräfte ausgesucht bzw. bewertet? 2. Welche Investoren besitzen zu welchen Konditionen wie viele Aktienstimmen? 3. Welche strategischen Geschäfte wurden
von wem vorbereitet bzw. verantwortet? 4. Wie viele Milliarden an Krediten wurden an welche Firmen bzw.
Personen gewährt und wie viel Buchgeld wurde damit geschaffen? 5. Wie viele Milliarden flossen von und in
welche Länder? 6. Wie stellen sich UBS & CS zu den nationalen und regionalen Finanz-Richtlinien, Weissgeldstrategien und Automatischen Informationsaustausch? 7. Welche politischen Parteien bzw. Politiker und
Lobbyisten werden wie finanziell unterstützt? 8. Wie viele Milliarden erhielten die Grossbanken in den letzten
Jahren von der Schweizerischen Nationalbank SNB und wie viel Geld haben sie dort zu welchen Zinsen
deponiert? 9. Wie wollen sie die 4 – 5 Milliarden Kosteneinsparungen in den kommenden Jahren durchsetzen? 10. Wie wenig Steuern haben sie in den vergangenen Jahren - trotz Milliarden-Boni - bezahlt?
Vielleicht wird nächstes Jahr – nach Vorliegen der bundesrätlichen Verordnung zur Minder-Initiative – nicht
nur über die Vergütungen, sondern auch ernsthaft über diese Fragen diskutiert und abgestimmt. Ich bin auch
der Meinung, dass die medienpolitische Beeinflussungsmöglichkeit in Zukunft an Gewicht gewinnen dürfte,
insbesondere wenn die 1:12 Initiative ein gutes Resultat erzielt und der Automatische Informationsaustausch
eingeführt wird.
Wir stellen eine paradoxe Entwicklung fest. Einerseits schwimmen die Banken in Geld, andererseits leiden
viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) unter erschwerten Kreditbedingungen. Die Banken bunkern
lieber Geld zinslos bei der SNB, als dass sie neue Kreditrisiken eingehen. Zudem beklagen sich Banken
über ‚zunehmenden Margendruck‘ und ‚Zinsänderungsrisiken‘. So lohnt sich offenbar ihre ‚Passivmarge‘
kaum mehr, da die Differenz zwischen dem Zinssatz, den eine Bank den Einlegern für deren Spargelder
gutschreibt, und der Rendite, die sie mit der Anlage überschüssiger Kundengelder verdient, auf wenige bis 0
Promille gesunken ist. Die NZZ spricht sogar von einem ‚fehlenden Mut‘, Sparkonti überhaupt nicht mehr zu
verzinsen, oder gar wie in Japan mit ‚Negativzinsen‘ zu belasten.
Allen, welchen diese profitorientierte Banken-, Geld- und Zinsenpraxis zu viel bzw. zu risikoreich ist, empfehle ich den Wechsel zur Alternativen Bank Schweiz ABS oder zu einer genossenschaftlich orientierten Bank.
Zudem könnte man alle Banken auch auffordern, ihr Geld auf ein neuartiges Treuhandkonto zu überweisen,
das nicht Bestandteil der Bankbilanz ist, sondern nur treuhänderisch verwaltet werden darf, so dass diese
Kunden von den Vorteilen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs profitieren würden.
Kleinanleger sollten sich auch auf ‚interessante Zeiten‘ einstellen, d.h. auf wahrscheinliche Kapitalverluste
und weitere Risikoübertragungen zugunsten der Reichen. Hier könnte eine Vollgeldreform diesen Systemrisiken einen wirkungsvollen Riegel schieben!
13.5.2013