Streiken tut weh – Ein Kommentar Die Tarifauseinandersetzung für eine zeitgemäße Eingruppierung und bessere Bezahlung im Sozialund Erziehungsdienst geht in die entscheidende Runde. Im Mai werden die Gewerkschaften bundesweit zu Streiks aufrufen. Kindertagesstätten und andere Einrichtungen der Jugendhilfe und Sozialarbeit werden dann über einen längeren Zeitraum geschlossen sein. Druck ausüben Mit dem Streik wird der Druck auf die Arbeitgeber erhöht. Das ist ein notwendiges und legitimes Mittel im Tarifstreit, um die Gegenseite dazu bewegen, auf die Forderungen der Beschäftigten einzugehen und ein für sie akzeptables Tarifergebnis zu erreichen. Dann bleiben Flugzeuge am Boden, Bankschalter geschlossen und Produktionsbänder in der Industrie stehen still. In Schulen fällt Unterricht aus, in Kitas müssen die Kinder zuhause bleiben und in der Sozialarbeit werden Beratungsgespräche verschoben. Das ist gesellschaftlich akzeptiert und rechtlich nicht zu beanstanden. Es ist das verfassungsrechtlich garantierte Recht aller Beschäftigten, sich in Gewerkschaften zusammenzuschließen (Artikel 9, Absatz 3 Grundgesetz) und es ist das Recht der Gewerkschaften, mit einem Streik ihre Forderungen durchzusetzen. Ein Streik bringt manche in Schwierigkeiten Berufstätige Eltern, weil sie darauf angewiesen sind, dass ihre Kinder versorgt sind. Kinder, weil sie auf ihre gewohnten Spielkameraden verzichten müssen. Manche Kinder, vor allem die Jüngeren, werden auch die Erzieherinnen und Erzieher als wichtige Bezugspersonen vermissen. Vor allem die Kinder, die erst seit kurzer Zeit in der Kita sind und sich gerade eingewöhnen, können irritiert sein. Leiterinnen und Leiter, die ihrem Träger und den Eltern erklären müssen, dass die Kita bestreikt wird. Erzieherinnen und Erzieher, die die Probleme der Eltern verstehen, sich aber mitunter dennoch Vorwürfen ausgesetzt sehen. Manchen fällt es schwer, in einer Zeit intensiver Beziehungsarbeit nicht bei den Kindern sein zu können. Arbeitnehmerrechte und Berufsethos scheinen in solchen Situationen gegeneinander zu stehen Auf der einen Seite geht es um das gute Recht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, ihre Interessen notfalls auch mit Druck durchzusetzen. Auf der anderen Seite steht das Selbstverständnis, die Identität als pädagogische Fachkraft. Man will Kinder und Eltern nicht in Schwierigkeiten bringen, sie nicht alleine lassen, die Beziehung nicht gefährden. Pädagogische Arbeit braucht in allererster Linie Vertrauen und Verlässlichkeit. Das darf durch einen Streik nicht verloren gehen. Die Lösung kann nicht sein, das eine gegen das andere auszuspielen. Arbeitnehmerrechte haben nicht per se Vorrang vor dem pädagogischen Auftrag. Und die Rücksichtnahme auf die Lebenssituation und Bedürfnisse der Kinder und Eltern sind nicht zu jeder Zeit wichtiger als die Interessen der Beschäftigten. Beides gehört zusammen Identität und Arbeitnehmerrechte haben mit Glaubwürdigkeit zu tun. PädagogInnen, die Selbstlosigkeit propagieren, wird man das nicht abnehmen. Und solchen, die sagen, sie machen das nur des Geldes wegen, vertraut man seine Kinder nicht an. Pädagoginnen und Pädagogen sind Vorbilder für gesellschaftliches Engagement, für gelebte Demokratie. Dazu gehört auch, sich an gesellschaftlichen Prozessen wie dem Aushandeln der Arbeitsbedingungen aktiv zu beteiligen. Erzieherinnen und Erzieher wollen für ihre gute Arbeit und ihr Engagement gut entlohnt zu werden. Wenn Arbeitgeber ihnen dies verweigern, ist es ihr gutes Recht, dafür zu streiken. Weitere Hintergrundinfos, Tipps für Eltern und alles rund um den Streik auf www.gew.de/Streikinfos Impressum Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Reifenberger Str. 21, 60489 Frankfurt am Main Telefon: 069-78973-0, [email protected] Mai 2015
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