Wie beeinflussten andere Gesundheitssysteme die deutsche

2. Norddeutscher BKK-Wissenschaftspreis
für Gesundheitsforschung
17. November 2004
Wie beeinflussten
andere Gesundheitssysteme
die deutsche Reformdebatte 2003?
Dr. med. Annette Zentner
Disease Management
wie in den USA
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Dr. med. Annette Zentner
Ähnliche Herausforderungen
in Industrieländern
• demographische Entwicklung mit
zunehmendem Anteil älterer Menschen
• Multimorbidität und chronische
Erkrankungen
• Fortschritte in Medizin und Technologie
• bessere Qualität, Effizienz,
Koordination/Integration der Versorgung
• Nachhaltigkeit in der Finanzierung
Dr. med. Annette Zentner
Wie beeinfluss(t)en andere
Analysemodell
Gesundheitssysteme das GMG?
Einfluss anderer Gesundheitssysteme
GesundheitsReformen
reformen
des
in
Deutschland
GMG
Idee
Pilotprojekt
Gesetzgebung
Dr. med. Annette Zentner
Umsetzung
Veränderung/
Abschaffung
Gesundheitsmodernisierungsgesetz
„Mehr Qualität“ „Mehr Effizienz“ „Mehr Mitsprache“
• Ausweitung von Bürgerbeteiligung und
Patientensouveränität
• Reformen zu verbesserter Qualität der
Patientenversorgung
• Modifikation der Versorgungsstrukturen
• Änderungen im Arznei-, Heil- und Hilfsmittelsektor
• Leistungskürzungen
• Neuregelungen bei Finanzierung und Vergütung
• Reform der Organisationsstrukturen von
Krankenkassen und Kassenärztlichen Vereinigungen
Dr. med. Annette Zentner
Fragen
• Welche Länder sind bei welchen
gesundheitspolitischen Themen in
Deutschland in Diskussion?
• Welche Akteure diskutieren über
ausländischer Gesundheitssysteme und
wie werden deren Charakteristika und
Reformrichtungen bewertet?
Dr. med. Annette Zentner
Methodik
systematische quantitative und qualitative
Analyse von
ca. 200 Dokumenten der parlamentarischen
Beratungen :
•
•
•
•
•
36 Industrieländer
72 Suchbegriffe
177 Akteure
10 Themen
1 Computer
Dr. med. Annette Zentner
Die Zahlen
Land
IQWiG Versandhandel Apotheken Arzneipreise OTC bes. Versorg. amb. Vergüt. Zuzahlung Gesundheitskarte Zahn Summe
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332 Verweise auf das Ausland
70% länderspezifisch
Dr. med. Annette Zentner
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Dr. med. Annette Zentner
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Anzahl der Hinweise auf ausländische Gesundheitssysteme in Stellungnahmen und Anhörungen zum GMG
Dr. med. Annette Zentner
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Anzahl der Hinweise auf ausländische Gesundheitssysteme in Stellungnahmen und Anhörungen zum GMG
Das Ausland ist in aller Munde
Leistungserbringer
BÄK
BDN
DGPPN
DKG
KBV
(10%)
Akteure
Arzneimittel
Akteure
Zahngesundheit
Qualitätsinstitutionen
Krankenkassen
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Von ABDA
177 gesundheitspolitischen
Verbänden
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BDN
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BKK
BMC
(50%)
(50%)
und Generika
Einzelsachverständigen verwiesen PKV
(44%)
PHAGRO
rundVFA28% auf das Ausland
(39%)
PatientenSelbsthilfeBürgerverbände
Wohlfahrtsverbände
Verbände
Arbeit und Wirtschaft
Einzelsachverständige
VZBV
DMSG
(9%)
Caritas
PWV
(33%)
BDA
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BDI
DBB
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(28%)
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Dr. med. Annette Zentner
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Anzahl der Hinweise auf ausländische Gesundheitssysteme in Stellungnahmen und Anhörungen zum GMG
Die Debatte
Beispiele
• Institut für Qualität und
Wirtschaftlichkeit (IQWiG)
• Versandhandelerlaubnis von
verschreibungspflichtigen
Arzneimitteln
Dr. med. Annette Zentner
Mehr Qualität und Effizienz im
deutschen Gesundheitswesen
Deutsches Zentrum für Qualität
in der Medizin (DZQM)
•Technology
Appraisal
und sein Vorbild
•Clinical
Guidances
Dr. med. Annette Zentner
Vom DZQM zum IQWiG Struktur und Aufhängung
„Deutschland findet den Anschluss an den Trend der internationalen
Entwicklung. [...] Mit einem Zentrum unter staatlicher Aufsicht wie in
England, Frankreich, Schweden werden die Entscheidungen zu
Kostenübernahme von Therapien und der Informationsfluss an Ärzte und
Patienten zeitnäher und effizienter.“ (SV Antes, SV Lauterbach, PWV)
Selbstverwaltungsorgan
statt Staatsinstitut
„Solche Institute sind in staatlichen oder auch in rein marktwirtschaftlich
orientierten Gesundheitssystemen ordnungspolitisch sinnvoll. Im deutschen
System der sozialen und solidarischen Krankenversicherung werden die für
das Zentrum vorgesehenen Funktionen jedoch adäquat durch die
Selbstverwaltung realisiert.“ (ÄZQ, AWMF, BÄK, DKG)
Dr. med. Annette Zentner
Vom DZQM zum IQWiG Leitlinien
„In Deutschland besteht ein Mangel an qualitativ hochwertigen Leitlinien.
Nicht nur in England, auch in den Niederlanden, in den USA und in Kanada
werden evidenzbasierte Leitlinien viel häufiger angewendet. [...] Patienten
z.B. mit Bluthochdruck sind dadurch weniger unterversorgt.“ (SV Lauterbach)
Bewertung statt Erstellung von Leitlinien
„Frankreich ist mit dem Programm verpflichtender nationaler Leitlinien
gescheitert, denn ein „top down“-Ansatz beteiligt die betroffenen
Leistungserbringer nicht ausreichend und erschwert eine erfolgreiche
Einführung.“ (ÄZQ, BÄK, KBV, AkdÄ, DNEbM)
Dr. med. Annette Zentner
Vom DZQM zum IQWiG Nutzenbewertung von Arzneimitteln
„Deutschland ist in Europa das letzte Land, das eine
gesundheitsökonomische Bewertung von Arzneimitteln bei der
Entscheidung über Kostenübernahme und Preisbildung nicht
berücksichtigt; selbst Polen und Tschechien sind in der Entwicklung
weiter. [...] Vorbilder für etablierte Verfahren existieren auch in den USA,
Kanada oder Australien“ (SV Lauterbach, SV Rychlik, SV Sawicki, DGPPN)
keine gesundheitsökonomische
Bewertung von Arzneimitteln
„Die gesundheitsökonomische Arzneimittelbewertung führt zu einer
Rationierung der Leistungen und Einschränkung des Zugangs zu
Innovationen. [...] Dies hat zu einer Verschlechterung der Versorgungsqualität
in England beispielsweise bei Multiple Sklerose-Patienten geführt.“ (VFA,
DMSG, SVe Pitschnau-Michel, DBB, BMC)
Dr. med. Annette Zentner
Versandhandel von
Arzneimitteln
„In der Schweiz, in den Niederlanden und den USA ist der Versandhandel
seit einigen Jahren erfolgreich erprobt […] und verspricht für die
gesetzliche Krankenversicherung in Deutschland ein Einsparvolumen von
ca. 200 Mill. Euro. […] Die hohen Qualitätsstandards sind Vorbild.“ (AOK,
BKK, BDV, SV Lauterbach)
Versandhandel von
verschreibungspflichtigen
Medikamenten nur unter deutschen
Sicherheitsauflagen
In den USA kommt es trotz Importverboten ausländischer Produkte zu
illegalen Sendungen vor allem aus Mexiko mit erheblichen
Sicherheitsrisiken für Patienten. […] Der Versandhandel in den
Niederlanden und der Schweiz ist defizitär.“ (BAH, ABDA, PHAGRO, SV Brauer,
SV Dettling, SV Pieck, SV Steinbach)
Dr. med. Annette Zentner
Fazit I
Das Argument „Ausland“
ist zum Standardinstrument
deutscher Politik und
Interessensgruppen
geworden
Dr. med. Annette Zentner
Fazit II
Modelle
aus anderen
Gesundheitssystemen
können nicht isoliert und
nicht in toto (1:1)
übertragen werden
sondern.....
Dr. med. Annette Zentner
....erforderlich ist.....
eine Einbeziehung der Erfahrung einer
Vielzahl von Ländern
eine Bewertung des Erfolgs und Misserfolgs
von Reformen in der Umsetzung (nicht „Learn
about“ sondern „Learn from“)
eine kritische Auseinandersetzung der Pro
und Contras aus verschiedensten
gesundheitspolitischen Perspektiven und
Interessenslagen
mit dem Ziel einer Anpassung an den
deutschen Kontext
Dr. med. Annette Zentner
Was ist spezifisch für das
deutsche Gesundheitssystem?
Dr. med. Annette Zentner
Der deutsche Kontext und die Frage
der Übertragbarkeit
Sozialversicherung
Korporatismus (Selbstverwaltungsprinzip)
Föderalismus
kulturelle und ethische Werte (z.B.
uneingeschränkter Zugang zu medizinischer
Versorgung und ausgleichende soziale
Gerechtigkeit)
• bevölkerungsreiches Land
• Einbindung in die Europäische Union
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Dr. med. Annette Zentner
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Zuzahlungen
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DRGs
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Dr. med. Annette Zentner
Hier finden Sie mehr zu ausländischen
Gesundheitssystemen!
• Health Care Systems in Transitions-Profile des European
Observatory on Health Systems and Policies
(www.euro.who.int/observatory)
• MISSOC der Europäischen Kommission
(http://europa.eu.int/comm/employment_social/missoc/index_de.
html)
• WHO Europa – Health for All Database
(www.euro.who.int/hfadb)
• OECD Health Data
• Health Policy Monitor der Bertelsmann-Stiftung (www.healthpolicy-monitor.org)
• Datenbank mit Sammlung deutschsprachiger Dokumente zu
Gesundheitssystemen in aller Welt am Fachgebiet Management
im Gesundheitswesen der TU Berlin im Aufbau
(www.healthcaresystems.de )
Dr. med. Annette Zentner
Mehr zu diesem Vortrag....
• Zentner, A. und Busse, R.: Das Ausland in aller Munde: Eine
systematische Analyse zum Einfluss anderer
Gesundheitssysteme auf die deutsche Reformdebatte.
Gesundheits- und Sozialpolitik, 9-11/2004, S. 31-41. BadenBaden: Nomos-Verlagsgesellschaft
• Download der Präsentation: Fachgebiet Management im
Gesundheitswesen, Institut für Gesundheitswissenschaften der
TU Berlin (http://mig.tu-berlin.de >Vorträge)
• Kontakt: [email protected]
Dr. med. Annette Zentner
Deutschland als Exportland ...
„die gesetzliche
Krankenversicherung in
Deutschland gilt weltweit
nach wie vor als Vorbild“
(Begründung zum GMG vom 16.06.04/08.09.2003)
Dr. med. Annette Zentner
Methodischer Ausblick
größere
Länderauswahl
Einfluss anderer Gesundheitssysteme
weitere Dokumente und Befragungen
Gesundheitsreformen in
Deutschland
Idee
Pilotprojekt
Gesetzgebung
Dr. med. Annette Zentner
Umsetzung
Veränderung/
Abschaffung