Zulässigkeit von Klinikwerbung Wie weit darf man gehen? Eine Übersicht über die rechtlichen Grenzen und Möglichkeiten der Klinikwerbung Rechtsanwalt Prof. Dr. Knickenberg Anwaltssozietät Leinen & Derichs, Köln Cleverstr. 16, 50668 Köln, Tel. 0221-772090, Fax 0221-724889, www.leinen-derichs.de Zulässigkeit von Klinikwerbung n Das Krankenhaus im Wettbewerb n Kliniken wie Krankenhäuser unterliegen den allgemeinen Wettbewerbsvorschriften n Ob Betrieb in öffentlicher Hand oder privatwirtschaftlich geführt, ist unerheblich n Im Bereich des Gesundheitswesen gelten generell strengere Maßstäbe bei der Auslegung des Begriffs der „Unlauterkeit“ Zulässigkeit von Klinikwerbung n Rechtliche Grundlagen/Grenzen des Werberechts n Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) n Heilmittelwerbegesetz (HWG) n Ärztliches Standesrecht/Musterberufsordnung für Ärzte (MBO) n Werbung im Internet Zulässigkeit von Klinikwerbung n UWG n Generalnorm § 3 UWG n „Unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, sind unzulässig.“ n Fast jede nach Außen gerichtete Handlung gilt als Wettbewerbshandlung i.S.d. UWG n Maßstab: durchschnittlicher medizinischer Laie Zulässigkeit von Klinikwerbung n UWG n Relevante Verbotstatbestände n § 4 Ziffer 2 UWG: unlauteres Ausnutzung von Angst und/oder einer Zwangslage (z.B. im Bereich der Präventivmedizin) n § 4 Ziffer 11 UWG: Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln (z.B. HWG, AMG) n § 5 UWG: Irreführende Werbung Zulässigkeit von Klinikwerbung n HWG n Relevante Verbotstatbestände n § 3 HWG: irreführende Werbung durch § falsche Angaben betreffend der Wirkung/Wirksamkeit einer Behandlung/Medikation § Verschweigen von Nebenwirkungen, falsche Versprechen betreffend Behandlungserfolg § Irreführende/falsche Angaben über die Art und Weise der angebotenen Verfahren oder Behandlungen § Irreführende/falsche Angaben über Qualifikationen (z.B. „Spezialist“) Zulässigkeit von Klinikwerbung n HWG n Relevante Verbotstatbestände (§ 3 HWG: Beispiele) n n n n „Hoffnung für Millionen auch bei sog. unheilbaren Krankheiten“ (BGH, ES-HWG § 3/Nr.86 – THX-Injektionen), unzul. „Älter werden ohne zu altern, Sie haben es selbst in der Hand“ (LG Berlin, ES-HWG § 3/Nr.111), unzul. Werbung mit Qualitätssiegeln/Zertifizierungen zulässig, soweit fachmedizinischen Bezug (OLG Schl.Holst, Urt. V. 28.3.06) Werbung mit „Spezialist“, zulässig soweit Kenntnisse + Erfahrungen über die eines Facharztes hinaus (OVG NRW, Beschluss v. 20.8.07) Zulässigkeit von Klinikwerbung n HWG n Relevante Verbotstatbestände n § 6 HWG: Gutachtenwerbung, Fachveröffentlichungen § fachliche Qualifizierung § Quellenangabenpflicht § beachte: gem. § 11 Nr. 1, 2 HWG ist die Werbung mit Gutachten, Zeugnissen und Veröffentlichungen außerhalb der Fachkreise ohnehin verboten Zulässigkeit von Klinikwerbung n HWG n Relevante Verbotstatbestände n § 7 HWG: Verbot von Werbegaben § Ausnahme: Zuwendungen von geringen Wert (unter 1,-- €) § Beispiele: Werbung mit Gutscheinen, Ermäßigungen, kostenfreien Zusatzleistungen Zulässigkeit von Klinikwerbung n HWG n Relevante Verbotstatbestände n § 9 HWG: Werbung für Fernbehandlungen § Unzulässig ist eine Werbung für die Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden, die nicht auf eigener Wahrnehmung an dem zu behandelnden Menschen beruhen. § beachte: § 9 HWG verbietet nur die Werbung für eine Fernbehandlung, nicht jedoch die Durchführung der Fernbehandlung selbst. Diese ist den Heilkundigen zwar grundsätzlich verboten (BGH, NJW 1979, 1248; siehe auch § 7 Abs. 3 MBO), kann aber im Einzelfall sogar indiziert sein (beispielsweise: Giftinformations-zentralen) Zulässigkeit von Klinikwerbung n HWG n Relevante Verbotstatbestände n § 11 HWG: Unzulässige Formen der Werbung außerhalb der Fachkreise § § § § Nr. 1 Verbot der Werbung mit Gutachten, Zeugnissen, Fachartikeln Nr. 2 Verbot der „ärztlichen Empfehlung“ Nr. 3 Verbot der Wiedergabe von Krankengeschichten Nr. 4 Verbot der bildlichen Darstellung von Personen in Berufskleidung § Soweit geeignet, das Laienpublikum unsachlich zu beeinflussen und damit zumindest eine mittelbare Gesundheitsgefährdung zu bewirken (BGH, Urteil v. 1.3.2007) § Nr. 5 Verbot der bildlichen Darstellung von Krankheitszuständen und/oder vorher/nachher Vergleichen § Nr. 6 Gebot der sprachlichen/textlichen Verständlichkeit § Nr. 7 Verbot der Angstwerbung (vgl. § 4 Nr. 2 UWG) Zulässigkeit von Klinikwerbung n HWG n Relevante Verbotstatbestände n § 11 HWG: Unzulässige Formen der Werbung außerhalb der Fachkreise § Nr. 8 Verbot von Werbevorträgen zum Zweck der Adressengenerierung § Nr. 9 Verbot der Verschleierung des Werbezwecks einer Veröffentlichung § Nr. 10 Verbot der Anleitung zur Selbstdiagnose § Nr. 11 Verbot der Werbung mit Empfehlungsschreiben § Nr. 12 Verbot von Werbemaßnahmen, die sich überwiegend an Kinder unter 14 Jahren richtet § Nr. 13 Verbot von Preisausschreiben, Verlosungen § Nr. 14/15 Verbot der Abgabe von Arzneimittelmustern/-proben Zulässigkeit von Klinikwerbung n HWG n Relevante Verbotstatbestände n § 12 HWG: Publikumswerbung für bestimmte Krankheiten § § § § § § § § § § nach dem Infektionsschutzgesetz meldepflichtige Krankheiten, Geschwulstkrankheiten, Krankheiten des Stoffwechsels und der inneren Sekretion, Krankheiten des Blutes und der blutbildenden Organe, organische Krankheiten des Nervensystems, der Augen und Ohren, c. des Herzens und der Gefäße, der Leber und des Pankreas, der Harn- und Geschlechtsorgane, Geschwüre des Magens und des Darms, Epilepsie, Geisteskrankheiten, Trunksucht, krankhafte Komplikationen der Schwangerschaft, der Entbindung und des Wochenbetts. Zulässigkeit von Klinikwerbung n Ärztliches Standesrecht/Musterberufsordnung für Ärzte (MBO) n Ist die MBO auch auf Krankenhäuser anwendbar? n Nein, die MBO regelt unmittelbar nur die Berufsausübung durch Ärzte, wendet sich somit nicht unmittelbar an Träger von Gesundheitseinrichtungen. n Aber: Ärzte dürfen gegen Regelungen der MBO verstoßende Werbung weder veranlassen noch dulden, § 27 Abs. 2 MBO. Mittelbar können sich daher die werberechtlichen Regelungen auch auf den Einrichtungsträger auswirken. Zulässigkeit von Klinikwerbung n Ärztliches Standesrecht/Musterberufsordnung für Ärzte (MBO) n Relevante Verbotstatbestände n § 27 MBO: Erlaubte Informationen und berufswidrige Werbung § Gebot der sachlichen berufsbezogenen Werbung § Verbot der anpreisenden, irreführenden oder vergleichenden Werbung § Zulässigkeit der Ankündigung und Angabe erworbener Qualifikationen und Tätigkeitsschwerpunkte, soweit eine Ausübung nicht nur gelegentlich erfolgt (s.o.) Zulässigkeit von Klinikwerbung n Werbung im Internet n Unabhängig von den wettbewerbskonformen Inhalten sind die Vorschriften des Teledienstgesetzes (TDG) und Telemediengesetzes (TMG) zu beachten n n n § 6 TDG/§ 5 TMG: Allgemeine Informationspflicht § 6 TMG: Verbot der Verschleierung/Verheimlichung des kommerziellen/werbenden Charakters von E-Mails (WerbeNewsletter/Patienteninformationen) Vorsicht bei der Gestaltung von Anfahrtsskizzen Zulässigkeit von Klinikwerbung n Rechtsfolgen bei Verstößen n gegen UWG n n n n n Unterlassungs-/Beseitigungsanspruch, § 8 UWG Auskunftsanspruch Schadensersatzanspruch, § 9 UWG Kostentragung für Abmahnung, § 12 Abs. 1 UWG Strafbare Werbung, § 16 UWG Zulässigkeit von Klinikwerbung n Rechtsfolgen bei Verstößen n gegen HWG n n n n über § 4 Nr. 11 UWG findet UWG-Recht Anwendung (s.o.) Strafrechtliche Sanktion bei Irreführung (§ 14 HWG) Ahndung als Ordnungswidrigkeit durch Festsetzung von Geldbußen i.H.v. bis zu € 25.000,-- (§ 15 HWG) Einziehung des rechtswidrigen Werbematerials (§ 16 HWG) Zulässigkeit von Klinikwerbung n Rechtsfolgen bei Verstößen n gegen MBO n Geltung nur gegenüber der Mitglieder der jeweiligen Ärztekammer, mithin nur gegenüber den Ärzten selbst n Sanktionen von der Rüge bis zum berufsgerichtlichen Verfahren. Das berufsgerichtliche Verfahren kann mit einer Warnung, einem Verweis, der Entziehung des passiven Wahlrechts, einer Geldbuße bis zu 50.000,00 € sowie der Feststellung der Unwürdigkeit zur Ausübung des Berufs enden.
© Copyright 2024 ExpyDoc