Wie lukrativ ist der chinesische Luxusmarkt? - Connect.China Blog

Bildung & Wissen 95
Märkte
Wie lukrativ ist der
chinesische Luxusmarkt?
Nach drei Jahrzenten des raschen Wirtschaftswachstums entstanden Millionen «neue vermögende Konsumenten» in China, welche dem Markt für Luxusgüter ein fantastisches Wachstum bescherten; ein krasser
Widerspruch zur Krisenstimmung und den stagnierenden Verkäufen in Europa aufgrund der Wirtschafts­lage.
Das bedeutet jedoch nicht, dass China das Eldorado für schnelles Geld im Luxussegment ist.
Prof. Tina Zhou
Charly Suter
Auch wenn chinesische Luxuskonsumenten
dem westlichen Luxusstil nachstreben, führen
ihre spezifischen kulturellen Hintergründe
doch zu einem anderen Konsumverhalten im
Vergleich mit dem Westen und verlangen angepasste Strategien. Dieses Phänomen gewinnt zudem an Komplexität durch die Entwicklung verschiedener Verhalten und Ausprägungen, welche typisch chinesisch und von
aussen schwer verständlich sind. Dazu kommt,
dass grosse internationale Firmen längst ihre
Positionen bezogen haben.
Beide Aspekte – das unterschiedliche Konsumverhalten in China als auch das Verhalten
der Wettbewerber – müssen bei einer Markteintrittsstrategie berücksichtigt werden. Betrachtet man daher die letzten zwei Jahrzehnte als Marktentwicklungsphase, werden im
nächsten Jahrzehnt der Kampf um Marktanteile und der Verdrängungskampf zunehmen
– trotz des grossen Wunsches der Chinesen
nach mehr Luxus, Status und Anerkennung.
Um die aktuelle Situation im Luxusmarkt besser zu verstehen, hat die Universität in Beijing
(UIBE) unter der Leitung von Prof. Tina Zhou
zusammen mit Magazin «Fortune Characters»
eine umfassende Studie verfasst, bei der 2005
chinesische Luxuskonsumenten, 137 Entscheidungsträger von Luxusmarken in China und
121 chinesische Medien im Highend-Segment
befragt wurden. Die Studie wird bei Connect
China (5. September 2012) in der Schweiz
erstmals detailliert vorgestellt. Vorab präsentieren wir vier Wachstumsbereiche und Konsequenzen für Schweizer Exporteure.
Wachstumsbereiche
Der Kunst-, der Duty-free und der SecondHand-Luxusmarkt sowie der Handel via Internet sind zurzeit die vier aktuellsten Trends.
Kunstmarkt
Der Kunstmarkt geniesst grosse Aufmerksamkeit bei den vermögenden Kunden, was insbesondere in den letzten zwei Jahren zu einem starken Wachstum dieses Marktes geführt hat. Chinesen zeigen grossen Enthusiasmus und Zuversicht für das Sammeln von
Kunst. Als Referenz dient hier die Herbst-Auktion der Firma «China Guardian», welche spezialisiert ist auf chinesische Kunst: Mit einem
Umsatz von 3,858 Milliarden RMB (643 Millionen Franken) in 2011 im Vergleich zu 2,756
Milliarden RMB im Vorjahr, entspricht dies einem Preisanstieg von 40 Prozent.
Was sind dies aber für Kunstwerke, welche die
Gunst der Käufer gewinnen? 34 Prozent der
Käufer haben sich auf Luxusuhren fokussiert,
gefolgt von 19 Prozent im Schmuckbereich und
Der Luxusmarkt in China besticht durch aus­
serordentliches Wachstum. Auch für Schweizer
KMU bieten sich Chancen. (Im Bild: die Hafenstadt Shanghai.)
KMU-Magazin Nr. 5, Juni 2012
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Abbildung 1: Welche Luxusgüter vermögende Chinesen präferieren
Unterschiede der Präferenzen in der Gunst der Käufer als Investitionsobjekt
13 %
Luxus Autos & Häuser
21 %
16 %
Kunstwerke
36 %
18 %
2 %
15 %
Schmuck
19 %
22 %
30 %
Luxusuhren
3 %
Topbrand Lederprodukte
Privatjets und Yachten
0 %
0 %
8 %
34 %
37 %
23 %
3 %
0 %
5 %
10 %
15 %
20 %
25 %
30 %
35 %
40 %
Top 3 Nennung bei Käufern > 50 Millionen RMB-Vermögen
Top 3 Nennung bei Käufern 10 – 50 Millionen RMB-Vermögen
Top 3 Nennung bei Käufern < 10 Millionen RMB-Vermögen
Quelle: Research Center for Luxury Goods and Service, University of International Business and Economics (Beijing) & Connect-China.ch
17 Prozent, die sich für Kunstwerke interessieren. Die Interviews haben gezeigt, dass Uhren
insbesondere als Investmentobjekt angesehen
werden (37 Prozent der Käufer). Gleichzeitig
sind 34 Prozent der Uhrenkäufer auch Käufer
von Luxusautos, insbesondere wenn diese in
kleinen Serien produziert werden.
Second-Hand
Während der chinesische Luxusmarkt reift,
kommt ein neuer Trend auf: der Second-Hand
Luxusmarkt. Dabei handelt es sich um einen
noch recht jungen Markt, bei dem insbesondere die Beratung von potenziellen Käufern
ein noch offenes Geschäftsfeld ist. Die Studie
zeigt, dass gerade Frauen um die dreissig Jahre mit weniger als RMB 50 Millionen (8,3 Mio.
Franken) Vermögen die grösste Kundengruppe in diesem Segment darstellen. Sie kaufen
Luxushandtaschen, Accessoires und Bekleidung von Topbrands. Frauen um die vierzig
Jahre sind eher die Verkäuferinnen als Käuferinnen. Falls Sie sich doch einmal am Second-Hand-Markt bedienen, liegen ihre Interessen eher bei Kunst und anderen Sammlerobjekten.
KMU-Magazin Nr. 5, Juni 2012
Duty-Free
Die Studie hat auch gezeigt, dass die Hälfte
der Hochpreis-Verkäufe ausserhalb Chinas getätigt werden; entweder direkt im Ausland
oder in einem Duty-Free-Shop an einem internationalen Flughafen. Sebastian Huber,
Manager des Montblanc Flagship-Stores in
Beijing bestätigt: «50 Prozent unserer Verkäufe erfolgen im Ausland auf Geschäfts- oder
Ferienreisen – jedoch müssen wir in China vor
Ort sein, um unsere Produkte zu zeigen. Sonst
machen wir die Verkäufe auch nicht im Ausland.» Die Daten der Studie zeigen, dass der
Hauptgrund der Preisunterschied ist. Dies lässt
sich primär auf die Luxussteuer zurückführen,
auch wenn die durchschnittlichen Abweichungen immer über der reinen Luxussteuer liegen:
Die Preise setzen sich neben der Luxussteuer
(je nach Produkt zwischen 20 bis 60 Prozent)
auch aus Importzöllen (6,5 bis 18 Prozent)
und einer Mehrwertsteuer von bis zu 17 Prozent zusammen. Während Topbrands wie
Montblanc weltweit eine uniforme Preisstrategie verfolgen und in China entsprechend auf
einen Teil der Marge verzichten, gibt es bei
anderen Brands durchaus Unterschiede zwi-
schen Preisen in China und dem Ausland. In
der Studie wurden 65 Luxusbrands und 115
verschiedene Produkte verglichen aus sieben
Kategorien. Am extremsten sind die Preisunterschiede bei Armbanduhren wie die Abbildung 2 zeigt.
Luxus via eCommerce
Entgegen den vorherrschenden Tiefpreis-Strategien im Web hat das Luxussegment «eine
Auferstehung gefeiert wie Bambus nach einem Gewitter». Der Grossteil der chinesischen
Premium-Konsumenten tendiert zu mehr Online-Einkäufen. 83 Prozent der Frauen sind enthusiastische Online-Shopperinnen. Es gibt
aber auch Unterschiede zwischen der Grösse
der Stadt, wo die Konsumenten wohnen. So
kaufen Einwohner in Tier-1-Städten (23 Städte mit >15 Millionen Einwohner) eher online,
als in Tier-2-(60, >3 Millionen) respektive Tier3-Städten (160, >1 Million).
Ähnlich zu Europa sind es eher die Jüngeren,
welche online einkaufen. Die Ergebnisse und
das Wachstum dieser Kundengruppe lassen
vermuten, dass diese Käuferschichten bald die
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Abbildung 2: Hohe Steuern verteuern Produkte
Preisvergleich zwischen China und Ausland 2011
Schmuck
39 %
79 %
Armbanduhr
161 %
Wein
28 %
Kosmetik
349 %
88 %
46 %
56 %
Parfume
84 %
Handtaschen
36 %
Schuhe
116 %
48 %
0 %
189 %
50 %
115 %
100 %
150 %
200 %
250 %
300 %
350 %
Reine Luxussteuer pro Produktkategorie (ohne Importzoll und MWSt)
Durchschnittliche prozentuale Abweichung der höheren Preise in China als im Ausland
Höchste prozentuale Abweichung der Preise in China, verglichen mit dem Ausland
Quelle: Research Center for Luxury Goods and Service, University of International Business and Economics (Beijing) & Connect-China.ch
Mehrheit bilden werden. Gründe für dieses
Verhalten sind primär die Bequemlichkeit und
für einige auch der Preis, wobei gerade beim
Preis grosse regionale Unterschiede bestehen.
Während für Beijing der Preis das wesentliche
Argument ist, so ist es für Leute in Shanghai
eher die grosse Auswahl oder für Leute aus
Guangzhou die Zeitersparnis, was zählt.
Einzig bezüglich der Echtheit der Produkte
machen sich rund 50 Prozent der OnlineShopper sorgen.
Chance für Schweizer KMU
Sich nur auf den Verkauf ausserhalb Chinas
zu verlassen, funktioniert nicht. Eine Präsenz
in China ist zwingend, auch um die Verkäufe
im Ausland anzukurbeln. Viele Luxus-Brands
haben in den letzten Jahren eine Niederlassung in China eröffnet, manche sind schon einige Jahrzehnte vor Ort. Diese Unternehmen
haben entsprechende Erfahrungen und agieren grösstenteils erfolgreich. Nichtsdestotrotz
besteht sowohl für diese Firmen als auch für
Neueinsteiger in den Bereichen der Kommunikation zum Kunden, was den Wert eines Produktes ausmacht, beim After-Sales-Service
und im Bereich der sozialen Verantwortung
Wissensaustausch
Connect China 2012: Consumer
Goods: Premium Strategien in Chinas
Food and Luxury Markets
Unternehmer und Experten wie Roland
Decorvet, CEO Nestlé Greater China, Tina
Zhou, Professorin am UIBE, oder Sebas­tian
Huber, Manager des Concept & FlagshipStore von Montblanc (Beijing), sprechen
über die Erfolgsfaktoren und die Chancen
für Schweizer Unternehmen in China.
Die Plattform Connect China dient dem
Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen der Schweiz und China. Der nächste Anlass findet am 5. September 2012
statt; Details und Anmeldung finden Sie
unter www.connect-china.ch
Optimierungspotenzial. Insbesondere beim
letzten Punkt bestehen grosse Chancen für
Schweizer Unternehmen, denn die soziale Verantwortung wird auch mit Nachhaltigkeit und
dem sorgfältigen Umgang mit natürlichen
Ressourcen gleichgesetzt. In diesem Bereich
können Unternehmen mit Schweizer Herkunft
punkten und überzeugen.
Kontakt
Prof. Dr. Tina Zhou
University of International Business
and Economics Research Center for
Luxury Goods and Service (UIBE)
[email protected]
Charly Suter
MAS in Marketing Management
Connect China
[email protected]
KMU-Magazin Nr. 5, Juni 2012