Die Macht von Empowerment und Social Acceptance Wie zwei Bedürfnisse zur Versöhnung zweier ungleicher sozialer Gruppen beitragen Ines Schoblocher, Martina Seegen, Sibylle Schaaf, Isabel Schlegel Leitung: Dr. Birte Siem, Maria von Oettingen, Dr. Sven Oelsner I Einleitung III Methode Das Needs-Based-Model of Reconciliation (NBMR, Shnabel & Nadler, 2008) beschäftigt sich mit der Frage, welche Bedürfnisse erfüllt sein müssen, damit es nach direkter Gewalt zwischen einer Täter- und einer Opfergruppe zur Versöhnung kommen kann. Vorherige Forschung konnte zeigen, dass Opfergruppen ein stärkeres Bedürfnis nach Empowerment (d.h. nach Einfluss und Kontrolle) haben, während Täter ein gesteigertes Bedürfnis nach Social Acceptance aufweisen (Shnabel, Nadler, Ullrich, Dovidio & Carmi, 2009). Werden diese Bedürfnisse von der jeweils anderen Gruppe erfüllt, wird eine Versöhnung wahrscheinlicher. Unsere Forschung überträgt dieses Modell zum ersten Mal auf einen realen Intergruppenkontext, der nicht durch direkte Gewalt, sondern durch strukturelle Gewalt bzw. Diskriminierung gekennzeichnet ist. In einer ersten Studie (Schaaf, Schlegel, Schoblocher & Seegen, 2010) konnte bestätigt werden, dass ein höherer Status das Bedürfnis nach Social Acceptance (SA) verstärkt und umgekehrt niedriger Status ein höheres Bedürfnis nach Empowerment (EMP) bedingt. In der vorliegenden Studie wurde untersucht, ob eine Botschaft der Fremdgruppe, die das spezifische Bedürfnis erfüllt, auch zu einer besseren Intergruppenbeziehung führt. Stichprobe 97 Studierende (75 ♀ , 22 ♂), Alter: M=22,36, (SD=2,70) Design 2(Status: hoch vs. niedrig) x 2(Botschaft: SA vs. EMP) Between-Subjects Ablauf 1.Einverständniserklärung 2.Selbsteinschätzung Akademiker (statushoch) - vs. Nichtakademikerkind (statusniedrig) 3.Erfassung soziale Identifikation 4.Zeitungsartikel zum Verdeutlichen der Statusunterschiede 5.Erfassung Status- und Legitimitätswahrnehmungen 6.Manipulation Botschaft (SA vs. EMP) 7.Erfassung Intergruppenorientierung auf 3 Skalen • Einstellung ggü. Fremdgruppe (α = .63), • Bereitschaft zu sozialer Veränderung (α = .56) • Verhaltensintentionen (α = .80) 8.Erfassung soziodemographische Daten II Hypothesen H1 IV Ergebnisse H2 H1 & H2 Abb.4: Fremdgruppenorientierung in Abhängigkeit von Status und Botschaft (alle Fs≤1.96, ns). H3a: statushoch H3b: statusniedrig * Abb.5: negative Fremdgruppenorientierung in Abhängigkeit von Status und Botschaft (Status x Botschaft: F=3.84, p=.05). H3a Abb.6: Mediation durch Schuld für die statushohe Gruppe. V. Diskussion Unsere Hypothesen konnten nur teilweise bestätigt werden: Für die statusniedrige Gruppe zeigten sich keine Unterschiede in der Fremdgruppenbewertung in Abhängigkeit von der erhaltenen Botschaft (SA oder EMP). Auch für die statushohe Gruppe konnten die erwarteten Effekte nur für die negativ formulierten Items der Fremdgruppenorientierung nachgewiesen werden. Hier konnte auch die Mediation der Effekte durch Schuld gezeigt werden. Ursache für die durchwachsenenen Ergebnisse könnte zunächst sein, dass die soziale Identifikation eher gering war (M=2.30 und SD=1.25). Es ist denkbar, dass der akademische Hintergrund des eigenen Elternhauses keine praktische Relevanz für die Studierenden aufweist. Außerdem stellt der gewählte Intergruppenkontext eine sehr konservative Testung der Übertragbarkeit des NBMR auf strukturell diskriminierende Situationen dar, weil die Verantwortung bzw. Schuld für die Ungerechtigkeit der Statusunterschiede nicht der statushohen Gruppe, sondern vielmehr „dem System“ obliegt. Dies könnte auch erklären, warum die verschiedenen Botschaften zwar Einfluss auf die Einstellung gegenüber der jeweiligen Fremdgruppe ausüben, daraus jedoch keine Unterschiede in Bezug auf die Verhaltensintentionen erwachsen. Literatur [1] Schaaf, S., Schlegel, I., Schoblocher, I. & Seegen, M., 2010. „Empowerment“ vs. „Social Acceptance“ – die unterschiedlichen Bedürfnisse von Mitgliedern benachteiligter und begünstigter sozialer Gruppen. [2] Shnabel, N., Nadler, A., Ullrich, J., Dovidio, J. F., & Carmi, D. (2009). Promoting reconciliation through the satisfaction of the emotional needs of victimized and perpetrating group members: The needs-based model of reconciliation. Personality and Social Psychology Bulletin, 35, 1021-1030. [3] Shnabel, N. & Nadler, A. (2008). A needs-based model of reconciliation: Satisfying the differential emotional needs of victim and perpetrator as a key to promoting reconciliation. Journal of Personality and Social Psychology, 94 (1), 116-132
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