Werkstatt Ein Green New Deal für Berlin: Wie heben wir die Potentiale dieser Stadt? Debatten-Protokoll mit Ergebnissen vom 27.10.2012 Eröffnung: Bettina Jarasch, Vorsitzende Bündnis 90/Die Grünen Berlin Grüne galten lange als Fortschritts- und Wachstumsskeptiker, Wirtschaftspolitik nicht grüne Domäne gewesen. Aber: Skepsis war gepaart mit Fokus auf Zukunft, Bereitschaft zur Veränderung. – Deshalb jetzt Ökologie als Gesellschaftspolitik betreiben, Wirtschaft ökologisch umbauen. GND ist der Hebel dafür. Grüne Wirtschaftspolitik stellt Menschen in den Mittelpunkt. Wirtschaftswachstum, das viele Menschen außen vor lässt, ist deshalb kein Maßstab für Erfolg. Beispiel Berlin zeigt: es gibt Wirtschaftswachstum ohne Wohlfahrtszuwachs. Umgekehrt kann es Gewinn an Lebensqualität ohne BIP-Wachstum geben Deshalb führen wir Debatte darüber, was wir gemeinsam unter Wachstum und gesellschaftlichem Fortschritt verstehen. Brauchen dafür einen Berliner Wohlfahrtsindex (als Alternative zum BIP, mit sozialen und ökologischen Kriterien), Vorbild hier: Schleswig-Holstein. Plenardebatte „Welches Wachstum braucht Berlin?“ - Keynote: Ulrich Petschow, Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung IÖW 1. Die umweltorientierten Herausforderungen haben sich in den letzten Jahren dramatisch verschärft. Zunehmend werden „planetare Grenzen“ beschrieben. Das Klimaproblem stellt nur eine der Grenzen dar. Die Externalisierung der Kosten ist der Treiber dieser Entwicklung. 2. Der Ansatz der Umweltpolitik muss sich umfassend wandeln. Umweltpolitik wird zur Gesellschaftspolitik und muss einen Beitrag zur gesellschaftlichen Transformation leisten. Umweltprobleme sind nicht (nur) technische Probleme, sondern Probleme gesellschaftlicher Organisation. Mit der Energiewende (EEG) haben es die Grünen geschafft, diesen Perspektivwechsel in die Regierungspolitik zu tragen. Umweltpolitik als Gesellschaftspolitik bedeutet auch: wir brauchen Erzählungen darüber, was gutes Leben ist – und Vorbilder. 3. Mit dem Gutachten des WBGU (Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation) und der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages (Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität) sind neue Impulse gesetzt worden. 4. Gegenwärtig lassen sich viele Diskurslinien festmachen: „green growth“ (u.a. OECD); „green new deal“ (Grüne/Böll); Postwachstum und De-Growth. Diese lassen sich entlang der Achsen Wachstumsorientierung und gesellschaftliche Regulierung einordnen. 5. Handlungsorientiert lassen sich zwei Hauptorientierungen festmachen: Ansätze, die mittels gerichteter (grüner), wirtschaftspolitischer Maßnahmen die Umweltbelastungen (Externalisierungen) reduzieren wollen bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum und Ansätze, die Wachstum nicht als Lösung sondern als Problem ansehen (Fokus: Rebound Effekte, d.h. die durch Green Economy eingesparten Ressourcen werden anderswo verbraucht, Verhalten muss sich ändern). 6. Insofern scheinen sich zwei Positionen gegenüberzustehen. Gleichwohl ist darauf zu verweisen, dass beide Positionen in der "realen Welt" Begrenzungen unterliegen, die mit Verteilungseffekten verbunden sind: Die Option „Wachstum“ geht in guter sozialdemokratischer Manier davon aus, dass hiermit zugleich Verteilungskonflikte gemindert werden können (was zunehmend infrage steht). Die Option „Postwachstum“ thematisiert Verteilungskonflikte nur begrenzt oder indirekt. 1 7. Im Sinne der Handlungsorientierung geht es im Wesentlichen darum Transformationspfade zu identifizieren, auszuloten und zu entwickeln (Experimente zulassen und fördern). In diesem Sinne geht es auch um den ökologischen Umbau und damit um soziale und technische Innovationen. Klar ist: Selbst wenn Post-Wachstum das Ziel ist, muss dafür die Infrastruktur umgebaut werden. Das wiederum verlangt Investitionen (z.B. in Stadtumbau und Verkehr) und das bedeutet auch Wachstum. 8. Die Transformationsprozesse in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung (u.a. Energie- und Verkehrswende) stellen eine erhebliche Herausforderung dar, an der sich auch die politischen und zivilgesellschaftlichen Akteure orientieren müssen. Für Berlin und Brandenburg stellt sich insofern die Frage, wie die Region sich mit Blick auf diese Herausforderung positioniert. 9. Insofern erscheint es erforderlich, dass die Region sich entsprechend orientiert und diese Herausforderungen annimmt. Die Umbauprojekte bzw. -vorstellungen der achtziger Jahre erhalten eine neue Aktualität und sind stärker in der Gesellschaft angekommen und damit auch vermittelbarer. Zusätzlich stehen sie selbst für die Entwicklung neuer Lösungsansätze und deren rechtliche und institutionelle Einbettung und damit auch für neue „Märkte“. Als Beispiele dafür können die Energiewende, aber auch die Verkehrswende herangezogen werden. In beiden Bereichen ist festzuhalten, dass auch international Suchprozesse für neue Lösungen stattfinden (u.a. Automobilnutzung in Städten der industrialisierten Staaten nimmt ab, die Regulierung wird dichter). Technische Lösungen sind dabei eingebunden in gesellschaftliche Prozesse (Verzicht auf eigenes Auto usw.). 10. Damit sollte eine Blickwende verbunden werden, indem die Stadt als Experimentierfeld für die Gestaltung der Transformationsprozesse entwickelt wird, wobei der Fokus sowohl auf soziale als auch technische Innovationen gelegt werden sollte. Die Wirtschafts- und Innovationspolitik des Landes sollte in diesem Sinne ausgerichtet werden, sodass anstehenden Transformationsprozesse auch ein zentrales Handlungsfeld werden. – Die heutige Wirtschaftsförderung fokussiert zu stark auf existierende Firmen (angebotsorientiert). Dieser Fokus sollte stärker auf die Frage ausgerichtet werden, wie die Zukunft aussehen soll und welche Firmen / Produkte usw. wir dafür benötigen (nachfrageorientiert). Das Ziel sollten Leitmärkte sein, mit denen grüne Lösungen in die Welt getragen werden können. KommentatorInnen: Volker Ratzmann 2 Unterschreibe alles, was zu Berlin gesagt. Frage ist nur: Wo sind die Rahmenbedingungen und Handlungsmöglichkeiten, das auch umzusetzen? Ich arbeite für eine grüne Regierung in einer der prosperierendsten Regionen Europas. Problem: Wir können die Rahmenbedingungen nur gering beeinflussen Besonderes Problem Berlin: Leergefegte Kassen und das, was da ist, wird falsch eingesetzt. Woher kriegen wir das notwendige Kapital? Grüne Wirtschaftspolitik muss die wirtschaftlichen Akteure in den Mittelpunkt stellen. Viele von diesen Akteuren sind sehr aufgeschlossen für unser Anliegen Berlin: GND hat längst begonnen, obwohl Regierung das nicht unbedingt mitbekommen hat: Berlin hat viele Potenziale in Bereich Elektrotechnik. Aber z.B.: Energieversorgern fehlt die Investitionssicherheit. Politik muss das wieder herstellen: Gesicherte Gestaltungsspielräume, um Investitionen auch in Berlin umzusetzen. Senat ist kein verlässlicher Partner der Wirtschaft Die Zahl der Arbeitslosen und der offenen Stellen werden in einigen Jahren deckungsgleich sein. Problem: Arbeitslose nicht qualifiziert genug, das ist große Aufgabe für Politik Lisa Paus Regionale Wirtschaftspolitik hat beschränkten Handlungsrahmen. Sechs Thesen: Zugespitzte Positionen der Grünen notwendig, da Berlin 168-fachen Ressourcenverbrauch hat. Fokussierung der Wirtschaftspolitik auf Industrie macht keinen Sinn, weil nur 10 Prozent der Berliner Wirtschaft Industrie im klassischen Sinn des Wortes ist. Brauchen eigenen, erweiterten Begriff des GND für Berlin Berlin - Stadt des Neuen. Müssen weder Finanzmarkt noch Kohle verteidigen und können so bei Frust über Kapitalismus ganz unbedarft denken. Brauchen ein Symbol, ein Siegel für die Stadt und ihre Wirtschaft, z. b. „be Berlin – be responsible“: Gesellschaftliche Verantwortung für das Soziale und Ökologische stärker durchdeklinieren, in Berichte über wirtschaftliche Entwicklung aufnehmen, zum verpflichtenden Kriterium in der Wirtschaftsförderung machen. (Beispiel: Berlin ist führend in Arzneimittelforschung: BerlinerInnen dürfen dabei aber nicht nur als Testpersonen auftauchen) Neues Berlin muss bezahlbares Berlin bleiben: Umfrage: 50 % sind nicht bereit, mehr für Energiewende zu bezahlen, gerade mit geringerem Haushaltsnettoeinkommen, Berlin besonders betroffen. Brauchen nachhaltigere Liegenschafts- und Beschaffungspolitik. Michael Schäfer: Paradoxon: Der GND ist ein wachstumskritisches Konzept, mit dem wir Wachstumsimpulse setzen wollen brauchen neues Modell wirtschaftlicher Entwicklung: Nicht mehr nur Arbeitsproduktivität als Maßstab, sondern auch Ressourcenproduktivität GND muss durch Ressourcenproduktivität die Rebound-Effekte verhindern/begrenzen Transportsystem muss weg vom Öl und vom individuellen Automobil Kapital muss so genutzt werden, dass es GND zugutekommt. Beispiel: Carsharing: Benötigen weniger Autos, das ist gut Richtung Wahl und Eurokrise: Will vom Parteivorstand hören, dass wir mit GND die Einzigen sind, die langfristige Antwort gegen Eurokrise haben Oliver Schruoffeneger: 3 Was ist der Wohlstandgewinn im Umbauprozess? Diese Frage müssen wir auch für Berlin beantworten. Müssen weg von technischen hin zu gesellschaftlichen Diskussionen. Auch in der Ausbildung. Die Menschen fühlen sich bedroht durch steigende Kosten der Energiewende. Aber sie sehen nicht, wie viel Geld für Öl auch aus der Region Berlin abfließt. Dafür brauchen wir mehr Bewusstsein, GND hat auch bildungspolitische Dimension. Petschow hat recht, wir müssen mehr Experimente machen. Das machen bislang nur 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung. Die müssen wir stärker fördern. Da kann auch mal was schief gehen. Aber nicht mehr als anderswo. Müssen unsere Jugendlichen fit für Globalisierung machen und gleichzeitig erklären, dass sie stärker lokal wirtschaften sollen Stichworte aus der Diskussion mit Publikum: Befassen uns zu wenig mit dem Reichtumsversagen Qualität Berlins (Kreativität, Mittelstand) wandert ab (Mieten/Spekulantenproblematik). Mittelstandfokus müssen wir stärken. Wo ist der Gewerbemietenspiegel? Wir müssen auch Inhaber als Wirtschaftakteure stärken. Wachstumskritik, die auch kapitalismuskritisch ist, fehlt auch im GND, damit systemimmanente Probleme angegangen werden. Forum 1 Gemeinwohlorientierte Ökonomie | Welchen Beitrag kann sie zur sozialen und ökologischen Entwicklung Berlins leisten? Wie können noch mehr Bürger_innen zu wirtschaftlichen Akteur_innen werden? Welche Rahmenbedingungen kann die Politik setzen? Mit Karl Birkhölzer (TechNet), Peter Spiegel (Genisis Institute for social innovations), Renate Wilkening (ufa-Fabrik), Ulf Heitmann (Wohnungsbaugenossenschaft Bremer Höhe), Luise Neumann-Cosel (Bürger Energie Berlin), Norbert Kunz (iq consult, Agentur für Soziale Innovation), Moritz Eckert (betterplace.org), Sibyll Klotz (Stadträtin für Soziales, TempelhofSchöneberg), Wolfgang Remmers (LAG Wirtschaft), Michael Schäfer MdA, Carola Wesbuer (LAG Wirtschaft) Karl Birkhölzer: Gemeinwohlorientierte oder soziale Ökonomie? Lieber SÖ, aber „sozial“ im Sinne von gesellschaftlich und nicht im Sinne eines politischen Ressorts SÖ ist Vorreiter bei Beschäftigung: integriert vergleichsweise mehr Frauen, mehr Ältere, mehr Menschen mit Beeinträchtigungen, mehr MigrantInnen als konventionelle Ökonomie. Das meiste, was SÖ tut, ist unrentabel. SÖ arbeitet kostendeckend, zielt aber nicht auf Gewinnmaximierung ab. Positiv: Wirtschaft schafft social profit = Sozialer Mehrwert Berlin ist in Deutschland Vorreiter bei SÖ: allein Ostberlin hat 1000 soziale Unternehmen. Bisher keine Untersuchung für die ganze Stadt, da dies die Wirtschaftsförderung nicht bezahlen wollte. GND ist der richtige Ansatzpunkt. Gesellschaft sollte an der Wirtschaft wieder stärker beteiligt werden. Ökonomie ist nicht nur das, was im Wirtschaftsteil der Zeitung steht. Der Zweck der Ökonomie ist Bedürfnisbefriedigung. Finanzökonomie hat zurzeit aber Macht ergriffen über Realökonomie. ÖS-Sektor braucht Dienstleitung. Wer eine solche Firma gründen will, muss vor allem vor und bei Gründung unterstützt werden. Das ist Aufgabe des Staates, das sicher zu stellen (Rahmenbedingungen sichern). Ausbildung: Nur FH Potsdam bietet Studium der sozialen lokalen Ökonomie an. Studiengang ist aber kostenpflichtig. Grund: Uni darf diese Form der Weiterbildung nicht fördern. 4 Peter Spiegel: veranstaltet Vision Summit (http://www.visionsummit.org/), um Projekte zu fördern, die die Welt besser machen Gibt zwei neue Tendenzen: Social Innovations, Social Business Chance für Soziale Innovationen besonders hier in Berlin. Grünen sollten sich das ganz genau anschauen und hier aktiv werden. In Bangladesch gibt’s ein Mio. Dächer mit Solaranlagen. Wie? Kleinkredite. Weiteres Beispiel: mathematische Dienstleistung von Autisten für IT Markt. Soziale Innovationen können in jedem Sektor der Gesellschaft für Fortschritte sorgen. In Berlin viele Einrichtungen: (z.B.: Nobert Kunz), die sichtbarer gemacht werden müssen Vorschlag: Konferenz/Veranstaltung beim nächsten Vision Summit 7.-9. Juni 2013 gemeinsam mit Böll-Stiftung und Grünen? Ulf Heitmann (mit Ergebnissen aus dem anschließenden Workshop): In Berlin gibt es 90 Wohnungsbaugenossenschaften; das sind ca. 13% des gesamten Wohnungsmarktes. Wohnungsgenossenschaft Bremer Höhe ist auch soziale Innovation: Normale Mieter, die sich teilweise noch nie gesprochen hatten, betreiben jetzt einen Gebäudekomplex gemeinsam. Geht darum, gemeinschaftlich und ökologisch zu wohnen mit gesenkten Kosten. Grundsätzlich sind die Genossenschaften ausschließlich ihren Mitgliedern verpflichtet. Viele Genossenschaften haben sich mit und in ihrem Bestand eingerichtet, das ist dann ein durchaus kapitalistischer Ansatz, kein gemeinwohlorientierter. Die Wohnungsbaugenossenschaft Bremer Höhe hat sich aber auch zur Verantwortung gegenüber dem Rest der Gesellschaft verpflichtet. So ist die "Bremer Höhe" offen für Neuzugänge und für Experimente des Zusammenlebens. Die Wohnungsbaugesellschaft besitzt heute, nach ca. 12 Jahren des Bestehens, einen Bestand von 670 Wohnungen in mehreren Stadtteilen.Genossenschaft unterstützt seit 2003 verstärkt auch externe Projekte, hat sogar Wagenburg gerettet. Vorschläge: Revolvierender-Neubau-Fonds: Mietkostenexplosion durch Spekulationswelle und erhöhten Bedarf kann ohne Neubau nicht eingedämmt werden. Frage ist, wie bezahlbarer Neubau gefördert werden kann. Fonds müsste mit ca. 300 Mio. € ausgestattet werden. Die Projektträger (Genossenschaften, Baugruppen) müssten dann nach ca. 15 Jahren mit der Rückzahlung beginnen. Offen ist, wer den Fonds auflegt (Land Berlin? Genossenschaften selbst?) Anteilsförderung bei Genossenschaftsneugründung: Eine Genossenschaft ist bei der Neugründung auf die Einlagen angewiesen. Viele zukünftige Mitglieder können sich die Einlage aber nicht sofort in Gänze leisten. Mikrokredite zu günstigen Konditionen, beispielsweise durch die IBB, könnten helfen. Banklizenz für Wohnungsbaugenossenschaften: Genossenschaften mit Banklizenz dürfen in Verbindung mit einem Bankhaus auch Fonds auflegen. So könnten sich auch Nicht-GenossInnen – gegen eine geringe Rendite - an der Finanzierung einer Genossenschaft beteiligen. Fördermitgliedschaften in Wohnungsbaugenossenschaften: Viele Genossenschaften nehmen nur Mitglieder auf, die auch mit einer Wohnung versorgt werden können. So sind passive Mitgliedschaften zur ausschließlichen Unterstützung einer Genossenschaft in den meisten Fällen nicht möglich. Liegenschaftspolitik / Vergabe in Erbpacht: Erbpacht kein Allheilmittel zur Förderung von gemeinwohlorientiertem Wohnen und Bauen. Entscheidend ist die Vertragsgestaltung, insbesondere die Pachtzinsanpassung und die Gestaltung der Vertragsbedingungen für die Auslauf- und Neuverhandlungsphase. Denkbar ist aber eine konditionierte Förderung durch die öffentliche Hand: Bei der Vergabe von 5 Liegenschaften könnten sowohl die Nutzung, der Mietpreis, als auch der energetische Standard festgeschrieben werden (vgl. auch städtebauliche Verträge!). Vorkaufsrecht der Kommune: nur sinnvoll in Verbindung mit der aktiven Nutzung anderer Instrumente wie den Erhaltungssatzungen. Selbstbaugruppen: brauchen in der Regel eine intensive Betreuung, damit Projekt nicht scheitert. Das Mietshäusersyndikat z.B. bietet kleinen Gruppen ein Unterstützungsnetzwerk in vielerlei Fragen zu Finanzierung, Bau und Verwaltung (erhielt 2012 den Klaus-Novy-Preis für Innovationen beim genossenschaftlichen Bauen und Wohnen). Generell müsste in der Verwaltung und bei allen Akteuren eine Gelingenskultur etabliert werden, bei der alle über ihre jeweiligen Fach- und Zuständigkeitsgrenzen hinaus für das Gelingen des Projekts kooperieren. Das ist allerdings eine Mammutaufgabe für die Modernisierung der Verwaltung. Eine zusätzliche Ombudsstelle für soziale Unternehmen wäre vermutlich nicht sehr zielführend. Luise Neumann-Cosel Genossenschaft Bürger-Energie-Berlin will Berliner Stromnetz kaufen und betreiben. Die Investitionen und auch die Gewinne sollen gemeinwohlorientiert umgelenkt werden. Projekt ist ökologisch (investiertes Geld und Gewinne sollen für Energiewende genutzt werden) und sozial (In der Genossenschaft wird gemeinsam entschieden; große und kleine Anteilseigner haben je eine Stimme) Das Potential dieser Idee ist groß, allein in den letzten 5 Jahren sind 600 neue Energiegenossenschaften deutschlandweit entstanden. Allerdings nur wenige in Berlin. Moritz Eckert Internetplattform Betterplace.org bietet sozialen Unternehmen und Innovationen eine kostenlose Bühne /Infrastruktur oberhalb des Radars der NGOs. Über 4000 Projekte aus aller Welt nutzen diese Plattform mittlerweile, viele aus Berlin. Beschäftigen über 30 Leute in Kreuzberg. Diskussionsvorschläge: Partei sollte sich diesen Gründern stärker öffnen, die allerdings eine radikal andere Arbeits- und Denkweise haben als eine Partei. Dafür braucht es niedrigschwellige Angebote Gemeinwohlorientierte UnternnehmerInnen zu gemeinsamen, zeitlich begrenzten. Dazu die bevorzugten Formate der neuen Generation dieser Gründer nutzen: Barcamps, Social Media & Co, einmal im Monat "Google Hangout" eines Grünen Verantwortlichen mit jungen Startup-Unternehmern Soziale Unternehmen brauchen gutes Branding, evt. gemeinsames Siegel, um bekannter zu werden (zertifiziert von der Stiftung Warentest?) Dafür ist knapper Kriterienkatalog nötig: Was ist ein gemeinwohlorientiertes Unternehmen und wie wird sein Erfolg bemessen? Durch Novelle im Gemeinnützigkeitsrecht eigene Rechtsform für "Social Business" einführen? Aktionsformen, um Social Business bekannter zu machen: Büroturm für 10-20 Unternehmen. Wer im Sinne des Kriterienkatalogs am erfolgreichsten gearbeitet hat, darf ein Stockwerk höher ziehen im nächsten Jahr Berlin sollte Modellstadt für social business werden, das "europäische Silicon Valley für Green and Social Business". 6 Norbert Kunz ist Mitglied der Beratungsgruppe für Social Business der EU-Kommission; hat als Gründer von IQ Consult in Kreuzberg ein LAB aufgebaut, wo 50 Arbeitsplätze für Gründer bereit stehen. Bekommen dort 8 Monate kostenlose Unterstützung als Starthilfe. Wohlfahrtseinrichtungen stellen auch soziale Leistungen bereit, werden aber überwiegend staatlich alimentiert und haben strukturelle Defizite (denken nicht überregional) Problem Existenzgründung: Social Entrepreneurs bekommen keine Förderung von der KfW Vorschlag: Europäische Bilanzierungsrichtlinie so abändern, dass auch langfristige, nachhaltige Folgen des unternehmerischen Tuns in die Bilanz fließen. Das hätte Hebelwirkung für die ökologische und soziale Transformation der Wirtschaft Renate Wilkening (mit Ergebnissen aus anschließendem Workshop) ufa-Fabrik ist gewachsenes Gesamtkunstwerk mit mittlerweile 14 Millionen Jahresumsatz. Einige Unternehmen dort erwirtschaften Gewinne, durch die andere Projekte kostendeckend arbeiten können. Vorschläge: Konferenz der Grünen mit den unterschiedlichen Bereichen des gemeinwohlorientierten Sektors Ziel: gemeinsame Identität. „solidarische, soziale Ökonomie“ sind die falschen Begriffe; die Klammer ist eher gemeinwohlorientiert, community-based; Unternehmensziel ist nicht die Gewinnmaximierung, sondern die gemeinwesenorientierte Verwendung der Überschüsse; mehr Forschung: wer gehört alles zu diesem Sektor in Berlin, wie viele Beschäftigte, welche Leistung etc. Zur Kritik an Wohlfahrtseinrichtungen: Gelder der öffentlichen Haushalte sind keine Zuschüsse, sondern werden für eine Leistung bezahlt Raus aus der Fehlbedarfsfinanzierung und dem Zuwendungsrecht, statt dessen Leistungsverträge abschließen Vergabe öffentlicher Aufträge an regionale Kompetenz und soziale Kriterien knüpfen Gemeinnützigkeitsrecht reformieren: an die Verwendung von Überschüssen/Gewinnen knüpfen, wie in anderen europäischen Ländern, anstatt gemeinnützige Handlungsfelder vorab zu definieren Umdenken: Gemeinnützigkeit und Ökonomie schließt sich nicht aus (neuerdings bekommt keine Gemeinnützigkeit, wer eine Kita betreibt, denn das gilt als ökonomisches Unternehmen) mehr lokale ökonomische Fördermöglichkeiten etablieren (gibt es bislang nur marginal über das Programm Soziale Stadt) Liegenschaftspolitik: Übertragung von Immobilien, Arealen mit Erbpachtverträgen zu einem reduzierten Zins Möglichkeit einer gemeinschaftlichen Existenzgründung schaffen Abschluss-Statement Spiegel: Not macht wendig. Bei Bildungsinnovationen ist Bayern letzter, Berlin/Brandenburg vorn. Vorbild: Evangelische Schule Mitte Kritik an sozialen Unternehmen teilweise berechtigt. Viele haben lange Zeit auf den Staat geschaut und immer mehr Geld eingefordert. Dennoch: Auch die Wohlfahrtsverbände in gemeinsame Aktivitäten/Forderungen/ politische Arbeit einbinden, Fronstellung wäre falsch 7 Abschluss-Statement Birkhölzer: Akteure / Gründer sind nicht nur junge IT-Experten, sondern häufig Menschen, die von Mängeln / Lücken im sozialen Netz betroffen sind. Beispiel: Weltküche in Kreuzberg (von Flüchtlingsfrauen gegründet, die keine Jobs gefunden haben) Haushaltsrecht muss geändert werden: Investitionen in Menschen müssen neben Investitionen in Technik möglich werden. Gemeinwohlorientierter Sektor hat breites Spektrum und riesige Wachstumschancen: Gesunde Ernährung, Wohnen, Energie, Entsorgung, Transport, soziale Dienstleitungen (Kinder, Ältere), Umwelt, kommunale Infrastruktur. Kritik an Wohlfahrtsorganisationen übertrieben, gehören in jedem Fall zum gemeinwohlorientierten Sektor Senat hat Aktionsplan beauftragt, aber nichts umgesetzt. Nachhaken! Forum II Anders Wirtschaften – ressourcensparend, nachhaltig, innovativ/ Wie gelingt die soziale und ökologische Weiterentwicklung der Berliner Industrie und Wirtschaft? Mit Hardy Schmitz (Tegel Projekt GmbH), Arno Hager (IG Metall Berlin), Andreas Krüger (Modulor GmbH), Lisa Paus MdB, Nicole Ludwig MdA, Bola Olalowo MdA, , Reinhard Bütikofer (Konzeption), Volker Ratzmann, Hinrich Westerkamp (Moderation) Ziel des Forums: Konzepte entwickeln, die zeitnah, pragmatisch und doch zielorientiert sind; Suche nach guten Beispielen und neuen Ideen. Was sind die wichtigsten Potenziale für die Wirtschaft in Berlin, was sind spezielle Standortvorteile? Wir haben Exzellenzcluster (Kreativwirtschaft, Gesundheitswirtschaft, Energie- und Transportsysteme), wie wollen wir damit weiterarbeiten? Wie kann das, was schon da ist und das, was entsteht, grüner werden? Andreas Krüger: Modulor Projekt GmbH macht Standortentwicklung: schaut also, was braucht es an diesem Platz, bringt dafür die richtigen Leute zusammen und entwickelt mit ihnen gemeinsam ein ortssensibles Konzept; dazu gehört auch Infrastruktur wie beispielsweise Kitas: nutzungsgemischt und kiezbezogen planen, denn Leben und Arbeiten an einem Ort gehört zu dem, was Berlin attraktiv macht Politik und Verwaltung war bei Modulor am Moritzplatz außen vor, d.h. es gab keinen von der Politik vorgegebenen Masterplan; Kommunikation mit der Verwaltung hat aber gut funktioniert Modulor leistet Hilfestellung für Kleinunternehmer, Beispiel Prinzessinnengärten: das Gelände gehört Modulor und wird an die Betreiber der Prinzessinnengärten weitervermietet, weil das Land Berlin es nicht direkt an unerfahrene Neuunternehmer abgeben wollte – Kleinteilig angestossene Entwicklung wächst weiter Idee: Geldgeber und Ideenhaber zusammen bringen (Venture Capitalists aus Silicon Valley finanzieren bereits signifikant in Berlin) ähnliches Projekt soll auch der Holzmarkt werden: familienfreundliches, arbeitsnahes Wohnen, Kleinstexistenzen anlocken und ihnen etwas zutrauen, damit sie vor Ort gründen und ausprobieren, kurze Wege sind dabei wichtiger Konzeptbestandteil Arno Hager: Industrie ist Teil der vielfältigen Wirtschaft Berlins (Großindustrie neben Mittelstand und Kleinstunternehmern) Berlin ist unterindustrialisiert, 90.000 Industrie-Arbeitsplätze zu wenig im Vergleich mit anderen europäischen Ballungszentren (Studie Hans-Böckler-Stiftung); Ursache: Berlin hat nach der Wiedervereinigung ca. die Hälfte der Industriearbeitsplätze 8 verloren. Seit Mitte der 2000er erstmals wieder Zuwachs der Industriearbeitsplätze, momentan 9% in Berlin viel Industrie bedeutet auch mehr Steuereinnahmen und dadurch soziale Entwicklung für die Stadt Berlin ist atypisch im Bezug auf Metall- und Elektroindustrie: Elektro ist 2,5 mal so groß wie im Deutschlandschnitt, Metall allerdings nur ein Drittel; das liegt an der Konzentration auf neue Energieherstellungstechnologien; hier ist Berlin führend (z.B. Siemens) Problem Solarfirmen: zwei von drei in Berlin sind in Insolvenz, diese Firmen waren teilweise aber auch nicht professionell genug gemanagt Ziel muss die richtige Mischung von Startups und großer Industrie sein Momentan bilden wir für Süddeutschland aus; wir müssen schaffen, dass Absolventen der Hochschulen hier bleiben, hier gibt es viele kleinere Unternehmen statt beispielsweise der großen Automobilindustrie in Süddeutschland, die Studienabgänger finden diese Jobs nur nicht. - Hochschulen und Unternehmen müssen besser verzahnt werden, dann hätte Berlin einen großen Vorteil: Wachstum kommt zwar eher von großen Unternehmen, das zieht aber durch Zulieferung etc. auch Wachstum bei den Kleinen nach sich Berlin kann saubere Industrie, Berlins Industrie ist bereits eher grün (eher Elektro als Metall) Berlin hat Antworten auf die Energiewende (smart grids entwickeln) – wenn man das systematisch unterstützt, hat Berlin viel Potenzial Hardy Schmitz: Unterschied von Modulor und Adlershof: Adlershof ist ein vom Land lancierter Technologiepark auf einem großen Brachgelände, in Zusammenarbeit mit Unis etc., fast eine halbe Milliarde ist in die Entwicklung von Adlershof geflossen, auch in Gründerzentren (die z.B. Räume und Geräte zur Verfügung stellen) und Infrastruktur, inzwischen 900 Unternehmen, hauptsächlich neue (saubere) Industrie, nur ein bisschen Wissenschaft wenn man echte High Tech Industrie haben will, braucht man auch eine städtebauliche / staatliche Steuerung. High Tech verlangt lange Entwicklungszyklen und hohe Investitionen, d.h. Planungssicherheit Adlershof hatte zwar diese Steuerung, ist aber trotzdem nach und nach gewachsen; Tegel ist etwas anderes, hier soll es einen Masterplan geben, der die Ansiedlung von Wissenschaft und Unternehmen forciert urbane Technologien, wie sie für Tegel geplant sind, sind ein sehr grünes Thema und ein Wachstumsmarkt. Deutsche Technologie hat dabei einen guten Ruf und so könnte Tegel ein Leuchtturm für urban-grüne Technologie werden Um Leuchtturm (für urban-grüne Technologie) zu werden, muss Land Berlin viel mehr seine Potenziale herausstellen, z.B. größter Rettungsdienst Europas, eines der größten öffentlichen Nahverkehrsnetze etc. Zielkonflikt Industrieansiedlung / Naturschutz: In Tegel zuerst die „gute“ (saubere) Industrie ansiedeln und danach das Wasserschutzgebiet ausweiten – eine sofortige Ausweitung würde die Ansiedlung von Industrie sehr viel schwieriger machen, während bereits bestehende Industrie bei der Ausweitung in der Regel vor Ort bleibt Ergänzung Andreas Krüger: Skandinavien rückt Berlin in den Focus der Energieversorgung, weil es hier einen Standortvorteil sieht wegen des kreativen Potenzials, aber auch wegen der vielen Hochschulen etc. 9 Die Stadt hat viel Potenzial, auch große Unternehmen wie VW könnten hier Dependancen ansiedeln, die sich mit neueren Technologien beschäftigen, dafür wäre ein gemeinsamer Standort in Tegel ein Anziehungspunkt Kommentar Nicole Ludwig: Berlins Wirtschaft braucht offenbar keinen politischen Masterplan, sondern Politik muss ermöglichen, dass die vorhandenen Potenziale sich entwickeln können Welche Instrumente fehlen, was muss von Seiten der Politik getan werden, damit diejenigen nicht länger abwandern, die wir hier ausgebildet haben? Was macht Berlin attraktiv, und wie finden die Jobsuchenden angesichts der Vielfalt der Berliner Wirtschaft das passende Unternehmen? Wir brauchen ein Leitbild für die Stadt und ihre Wirtschaft. Projekte wie Modulor genügen nicht, um allen Menschen in der Stadt Chancen zu bieten. Wir müssen auch überlegen, wie wir hier grüne Industrie ansiedeln und wie wir die klassische Wirtschaft einbeziehen können in den Umbauprozess Kommentar Bola Olalowo: Herr Hager hat gesagt, dass Berlin das Spannungsverhältnis zwischen verschiedenen Wirtschaftsformen wie z.B. Siemens, Modulor und Adlershof aushält – aber kann Berlin sich das leisten? Adlershof hat 2 Milliarden gekostet, braucht Berlin so was noch mal? Wenn wir über Industrieansiedlung sprechen muss klar sein, dass Industrie auch gute Löhne zahlen und Sicherheit und Perspektive für die Beschäftigten bieten muss. Die Industrie muss begrünt werden, wir brauchen Green Technology Zweifle daran, dass es erfolgversprechende Strategie ist, sich in Konkurrenz zu den bestehenden Industriestandorten zu begeben, nachdem Berlin quasi 60 Jahre Pause als Industriestandort gemacht hat Weder Gesundheitswirtschaft noch Solarbranche/Energietechnologie haben die stabilen Industriearbeitsplätze für Berlin gebracht, die man sich erhofft hat: Schering wurde von Bayer aufgekauft und die Forschungskapazitäten werden nach und nach zum Mutterstandort verlagert; und der Großteil der Solarindustrie ist insolvent, obwohl die Ansiedlung mit erheblichen öffentlichen Mitteln unterstützt wurde. Wir müssen zumindest fragen, was man daraus lernen kann, bevor wir über weitere staatliche Subventionen nachdenken. Was können wir vom Moritzplatz lernen? Kann man das hochskalieren oder ist das nicht eher ein einmaliges Projekt, das nicht als Musterlösung dienen kann? Publikumsdiskussion: alle Entwürfe des Podiums basieren auf alten Strukturen, es geht um renditesuchende Kapitalinvestition statt einer neuen Grünen Vision. Das zementiert Strukturen, die nicht nachhaltig sind Wenn wir ein besseres Leben wollen, muss das bessere Arbeit bedeuten, da müssen wir programmatisch mehr tun, weil wir davon kein Bild haben: Was brauchen Leute in der Kreativwirtschaft von der Politik, damit sie ein „gutes“ Leben haben können? Wie schafft man das auch im klassischen Industriebereich, z.B. durch mehr Teilzeitarbeit Langzeitarbeitslose kommen in unseren Überlegungen bisher nicht genügend vor; daran müssen wir arbeiten Berlin verzettelt sich mit Standorten für Industrie/Wirtschaftsansiedlung: Beuth sollte Wedding stärken und geht jetzt nach Tegel, TU geht teilweise womöglich aus 10 Charlottenburg weg – Standorte werden dadurch geschwächt, was passiert eigentlich mit Gewerbeflächen am BER? Wir müssen als Grüne den Niedergang der Solarwirtschaft kritisch auswerten: wir hatten uns viele nachhaltige Arbeitsplätze davon versprochen, die sind binnen eines Jahres großteils verloren gegangen Wir müssen der Immobilienspekulation in Berlin Einhalt gebieten: die energetische Gebäudesanierung droht durch spekulative Immobilienverteuerung verhindert zu werden Was tut die Wirtschaft, um Bildung und Bewusstseinswandel zu fördern, was kann die Politik tun, um nachhaltige Ansätze zu fördern? Leitbilddebatte: Fritz Kuhns weltoffene Stadt Stuttgart sollten wir als Leitbild kopieren Start-ups: wie integriert sich das in den Kiez, gibt es hier womöglich Blasenbildung durch Anschubfinanzierung? Andreas Krüger: Modulor war als Anlaufstätte für Kreativwirtschaft gedacht, die z.B. Werkstätten und Geräte zur Verfügung stellt, damit sie den Start erleichtert bekommen. Diese Art Infrastrukturhilfe kann man durchaus skalieren und so in den Mittelstand hinein wirken Berlin ist für Studienabgänger sehr attraktiv, sie gehen aber dann wieder weg, wenn sie hier keine passende Arbeit finden Blasenbildung durch Startups: EinzelkämpferInnen sind erstaunlich gut organisiert, besser als Ende der 90er, deshalb keine Gefahr Grüne müssen wieder mehr zu ihren Kernthemen finden und den Leuten was zutrauen: Gründer brauchen einen Vertrauensvorschuss Vorschlag: Regelmäßige Grüne Wirtschaftsgespräche zum Green New Deal als „Zusammenkunft der ZukunftsmacherInnen“ Hardy Schmitz: Zur Kritik an der Übersubventionierung von Adlershof: öffentliche Anschubfinanzierung 1,4 Milliarden (inkl. Uni), inzwischen 700 Millionen Privatkapital dort investiert (Zahlen prüfen!) Industrie ist nicht mehr das, was sie früher mal war und sollte nicht einseitig negativ konnotiert werden: von 900 Unternehmen in Adlershof sind 400 produzierend, der Rest Dienstleister – jeder industrielle Arbeitsplatz schafft weitere Arbeitsplätze z.B. in Dienstleistungen Zur Kritik am Überangebot von Standorten: Adlershof wächst und ist wahrscheinlich bis 2020 ausgereizt, deshalb muss man jetzt einen neuen Standort suchen. BeuthCampus umzuziehen ist sinnvoll, weil er so verstreut ist, TU aus Charlottenburg wegzunehmen ist aber nicht sinnvoll Attraktivität von Berlin wird uns eine Menge kreativer und intelligenter, hochqualifizierter Menschen bringen in den nächsten Jahren alles, was in Industrie an neuen Themen kommt, sind grüne Themen, Berlin könnte dabei programmatisch und von der Politik gesteuert ein Leuchtturm werden Arno Hager: Weiterentwicklung der Industrie in Berlin muss stadtverträglich sein, ist aber dringend nötig, um nicht abgehängt zu werden 11 Viele junge Menschen gehen aus Berlin weg, weil sie die Unternehmen, die ihnen hier Arbeitsplätze bieten, gar nicht finden, obwohl sie da wären. Dass man in Süddeutschland mehr verdient, ist weniger entscheidend. Wir müssen also überlegen, wie wir die Unternehmen und die gut ausgebildeten Menschen zusammen bringen. Prüfaufträge: Vorschlag, alle Berliner Beteiligungsgesellschaften zu koordinieren (eine Art HoldingModell) Liegenschaftspolitik in Tübingen, Amsterdam Norwegisches Projekt zur direkten Versorgung Berlins mit Erneuerbarer Energie Grüne Position zur Ausweisung von ganz Tegel als Wasserschutzgebiet 3 Gründe für Pleite der Solarwirtschaft Workshop Wissenstransfer Hochschulen / Wirtschaft: In Berlin gibt es von der öffentlichen Hand vielfältige Unterstützungsangebote für den Wissens- und Technologietransfer wie bspw. den Innovationsassistenten, den Transferbonus auf Landesebene oder die EXIST-Programme auf Bundesseite. Auch haben alle Hochschulen in Berlin eigene Transferstellen wie auch Unterstützung für Gründungswillige: bei der FU-Berlin „profund“, bei der TU-Berlin „B!gründet“ an der HUBerlin „Humboldt Innovation“, an den Fachhochschulen gibt es das IfaF – Institut für angewandte Forschung. In Berlin liegt der Beitrag der Wirtschaft zur Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft deutlich unter dem bundesweiten Niveau. Während in Baden-Württemberg bspw. ¾ der Drittmittel für F+E in den Wissenschaftseinrichtungen aus der Industrie kommen, kommen in Berlin hingegen ¾ Mittel von der Öffentlichen Hand. Die „Gründungsstipendien“ der Bundesanstalt für Arbeit sind zu kurz angelegt, mit einer Laufzeit von 6 Monate reichen sie in den meisten Fällen für den erfolgreichen Abschluss einer anspruchsvollen Gründung nicht aus. Deutschlandweit steht Berlin im Vergleich mit Wuppertal, Aachen und München mit Gründungsberatungen an den Hochschulen ganz gut da. Bei einigen Hochschulen in Berlin wird die unternehmerische Gründungsorientierung jedoch nicht ausreichend in die Fachbereiche und Institutionellen Gremien der Hochschulen kommuniziert. Zu oft wird der Wissens- und Technologietransfer lediglich als Aufgabe des Präsidiums angesehen. Lösungsvorschläge: Gründungskultur an den Berliner Hochschulen aktiv fördern. Bessere Kommunikation der Angebote und Potentiale Die inhaltliche Verantwortung für die Kooperation zwischen Wissenschaft und Wirtschaft muss insbesondere an den Hochschulen auf einer Ebene angesiedelt werden, die den notwendigen Grad der Kontinuität und der Qualität garantiert. Forum III: Fachkräfte für die Green Economy, mit Dr. Thilo Pahl (IHK Berlin, Geschäftsführer Aus-und Weiterbildung), Gudrun Laufer (Handwerkskammer Berlin, CSR Beratungsstelle), Ronald Ramig (Schulleiter OSZ Kraftfahrzeugtechnik), Stefanie Remlinger MdA, Sabine Bangert MdA Doppelter Fokus: Für welchen Arbeitsmarkt der Zukunft qualifizieren wir und von welcher Situation gehen wir in Berlin aus? Wie können wir die Potentiale derjenigen Menschen heben, die bislang vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind? Thilo Pahl: 12 Gibt kein prognostisches / Steuerungs-Tool für Fachkräftesicherung: Wie sind die Bedarfe in einzelnen Berufen und Branchen in Berlin für die Zukunft? IHKFachkräftemonitor bildet erste Engpässe ab, mehr nicht. Derzeit absehbar Bedarf bei Energietechnik (www.fachkraefte-berlin.de) Die berufliche Bildung wird zu häufig vergessen. Arbeitsmarkt Berlin entwickelt sich insgesamt erfreulich bei verfestigter Arbeitslosigkeit (Langzeitarbeitslosigkeit). Dieses Potenzial ist schwer zu heben, da ist Bildung der Schlüssel, insbesondere frühkindliche Bildung, Begeisterung für naturwissenschaftliche und technische Berufe wecken (Haus der kleinen Forscher). Vorschlag: gezielt Abiturienten für die berufliche Bildung anwerben. Abbrecherquoten an den Unis sind sehr hoch, möglicherweise wären viele von denen in der dualen Ausbildung besser aufgehoben gewesen. Berufliche Bildung ist nicht nur ein Restesystem für die Bildungsschwachen Gudrun Laufer: Handwerk möglicherweise kein urgrünes Thema? Fachkräftebedarf aktuell (Zentralstelle für Umfragen im Handwerk): Es werden vor allem Gesellen gesucht, kaum Akademiker. Besonders problematisch im Bereich Bau, Lebensmittelhandwerk: 41% hatten große Probleme, Personal zu finden, 28% fanden keins. Schwerpunkt Handwerk in Berlin: Bau- und Ausbau (über 50%) Ausbildungssituation in Berlin 2012: Bäcker konnten nicht besetzen, Frisöre, Metall nur 70% besetzt, Elektroberufe nur noch die Hälfte vom Vorjahr besetzt, davon haben schon 30% wieder abgebrochen Große Unzufriedenheit mit den Arbeitnehmern, die vom AA vermittelt wurden. Jeder zehnte Betrieb konnte Ausbildungsstellen nicht besetzen. Es ist unklar, wie die Anzahl derer, die in Ruhestand gehen, ausgeglichen werden soll. Viele Betriebe verstärken Aus- und Weiterbildung und versuchen ältere Arbeitnehmer einzubeziehen, kümmern sich auch verstärkt ums Thema Vereinbarkeit (Kinder und Pflege) Problem: Jugendliche mit Migrationshintergrund werden praktisch nicht in Betracht gezogen. Über Frauen und Demographischen Wandel (ältere Arbeitnehmer) wird dagegen intensiv nachgedacht. - Sprachstand selbst bei Jugendlichen ohne Migrationshintergrund oft zu niedrig. Maßnahmen der Handwerkskammer: Berufsorientierung und Berufsvorbereitung, Seminare zusammen mit einem Bildungsträger, in den letzten zwei Jahren Fortbildungen im Bereich Energiewirtschaft (Green Economy). Ökologische Fortbildungen sind allerdings sehr teuer. Arbeitslose bleiben außen vor Durchlässigkeit von beruflicher Bildung in akademische Ausbildung muss erleichtert werden, ebenso Erwerb von Fachhochschulzugängen Corporate Social Responsibility (CSR): Soziale Kompetenzen, Beratungskompetenzen, Umweltkompetenzen sind Schlüssel für sozial nachhaltige Betriebe; Betriebe nehmen das Thema mittlerweile ernst, tun viel im Bereich soziales Engagement Ronald Ramig: Die berufliche Bildung ist in der Gesamtdiskussion unterbewertet. Die Diskussion konzentriert sich zu sehr auf die akademische Bildung, dabei sind in Berlin unter 50% der Schulabgänger Abiturienten – und auch diese gehen nicht alle an die Hochschulen. 13 Die Fokussierung auf die universitäre Bildung deckt sich nicht mit dem, was an Fachkräften gebraucht wird. Bewertung von Abschlüssen in der Gesellschaft ist problematisch, nur hohe Abschlüsse gelten was Sehr viele SchülerInnen kommen nicht in berufliche Ausbildung, weil Betriebe sie nicht wollen, hier gibt es Handlungsbedarf. Wie können diese Jugendlichen erreicht werden? Wie können Leute motiviert werden, für eher geringe Löhne zu arbeiten (obwohl sie Arbeit nicht als den einzigen Weg sehen, zu Geld zu kommen)? Wie kann man Kindern von klein auf vermitteln, dass sie eine eigene Perspektive für ihr Leben entwickeln müssen – gerade wenn sie aus arbeitsfernen Haushalten kommen? Darauf ist auch die Bildungspolitik zu wenig ausgerichtet. Diskussion: Petschow: Qualifikationen für die green economy sind ansteigend und durchaus hoch, z.B. im Bau Richtung Wärmedämmung. Übergang vom zweiten in den ersten Arbeitsmarkt klappt schlecht, da könnte Potenzial liegen. – Um Menschen zu motivieren, müssen sie persönlich gefordert werden. Es muss um ihre persönlichen Perspektiven gehen, nicht nur um Bedürfnisse des Arbeitsmarkts / der Betriebe. Wir müssen über die Attraktivität verschiedener Berufe sprechen, vor allem hinsichtlich des Lohndumpings in manchen Branchen. Wer entscheidet über die Wertigkeit von Berufen? Für Unternehmen sind bestimmte Schlüsselkompetenzen (Sekundärtugenden) entscheidend für die Einstellung. Im Moment herrscht eine hohe Selektivität bei Azubis, viele Betriebe nehmen gerne Absolventen mit Abitur. Berufsbildung muss sich so entwickeln, dass die Lehrer nicht nur Fachlehrer sind, sondern auch die sozialen Kompetenzen lehren können. Jeder Jugendliche muss einen berufsqualifizierenden Abschluss bekommen, keine Warteschleifen mehr. Mit einem Abschluss können dann weitere Brücken für schwierige Fälle gebaut werden. Es wird zu wenig strategisch nachgedacht. Es müsste ein Kompetenzzentrum für nachhaltige Bildung in Berlin geben. Qualifizierungsmaßnahmen, die keine reelle Perspektive eröffnen, motivieren nicht. Integration ausländischer Fachkräfte scheitert völlig, Ingenieurinnen gehen hier putzen usw. Die Anerkennung von Berufsabschlüssen muss besser gewährleistet werden.Die Lotsenfunktion von Anlaufstellen muss noch besser funktionieren in Bezug auf Berufsabschlüsse aus dem Ausland Die Attraktivität von Berufen kann von uns selbst gesteuert werden (z.B. akademische Ausbildung für erzieherische Berufe). Image von Umweltberufen verbessert sich, wenn Produkte eine Massenwirkung entfalten (z.B. Elektromobilität) Individuelle Betreuung beim Berufseinstieg ist aufwendig, erhöht aber Erfolgsquoten deutlich. Was können IHK, Handwerkskammer usw. leisten, um die Übergänge in den Beruf zu verbessern, was muss Politik tun? Es gibt Nachvermittlungsaktionen für offene Arbeitsplätze in Berlin, Schüler werden angeschrieben und eingeladen. Jeder der kommt bekommt derzeit 2-3 Angebote, die allermeisten kommen einfach nicht. Problem liegt in den Elternhäusern, die Schulen müssen die Schüler auch in Sachen Sozialkompetenz ausbilden. 14 Arbeitsmarkt und Durchlässigkeit: Es braucht Übergänge und Weiterqualifizierungen. Vielleicht weniger Weiterbildungen in der Breite, sondern lieber einige wenige sehr hochwertige - um den Preis, dass einige Langzeitarbeitslose nicht mehr mitgenommen werden können. Das bedeutet aber, dass Sockel an Langzeit-Erwerbslosen bleibt Langzeiterwerbslosigkeit in Berlin lässt sich nicht durch die green economy abbauen, dazu sind die Qualifikationswege zu langwierig und voraussetzungsvoll. Fachkräftemangel und Arbeitslosigkeit sind nicht deckungsgleich. Arbeitslose können nicht alle Fachkräfte werden. Welche Perspektiven eröffnen sich dann durch den Green New Deal auch für gering qualifizierte und langzeitarbeitslose Menschen? Duales Lernen in den ISS wird nicht genug gefördert, es müsste finanziell und materiell viel besser ausgestattet werden. Ideal wäre es mit einer persönlichen Begleitung. Green new deal betrifft nicht nur ökologische Berufe und ökologische Zusatzqualifikationen. Geht darum Leute grundsätzlich in den Arbeitsmarkt zu integrieren und ihnen Perspektiven zu eröffnen, bei denen sie sich entfalten können. Teil II: Konkrete Handlungsempfehlungen Green new deal / Nachhaltiges Denken in bereits Vorhandenes integrieren (in Rahmenpläne der Schulen), sollte zum Kernausbildungsweg (also auch bei bestehenden Berufsbildern) gehören. Übergänge ins Visier nehmen, auch die zur akademischen Ausbildung. Dort kann auch Ausrichtung auf ökologische Berufe / Green Economy erfolgen Mehr Bildungs- und Berufseinstiegsbegleitung (Konzept der Bildungsbegleitung auf Arbeitsmarktbegleitung übertragen) Neu über Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Zeitpolitik) nachdenken, da gibt es stille Reserven: Frauen, die gut qualifiziert sind und in Beruf zurückkehren wollen – wenn die Rahmenbedingungen stimmen Entlohnung verbessern, keine Dumpinglöhne Kompetenzzentrum nachhaltige Berufsentwicklung müsste alle Ressourcen bündeln und sich um alle Gruppen kümmern, die in Übergängen sind Nachhaltigkeit und die Frage persönlicher Perspektiven kann nicht nur durch ein paar Modellprojekte in die Schulen integriert werden, muss über den Regelbetrieb gesteuert werden, d.h. auch in Lehrplänen verankert Programm z.B. für Wärmedämmung auflegen, um Attraktivität von ökologisch nachhaltigen Berufen gezielt zu erhöhen: Politik kann Rahmen setzen und das nicht nur für Zukunftsinvestitionen, sondern auch zur Imagebildung nutzen 15
© Copyright 2025 ExpyDoc