Werkstatt: Green New Deal: Wie heben wir die Potentiale dieser Stadt

Werkstatt Ein Green New Deal für Berlin: Wie heben wir die Potentiale dieser Stadt?
Debatten-Protokoll mit Ergebnissen vom 27.10.2012
Eröffnung: Bettina Jarasch, Vorsitzende Bündnis 90/Die Grünen Berlin
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Grüne galten lange als Fortschritts- und Wachstumsskeptiker, Wirtschaftspolitik nicht
grüne Domäne gewesen. Aber: Skepsis war gepaart mit Fokus auf Zukunft,
Bereitschaft zur Veränderung. – Deshalb jetzt Ökologie als Gesellschaftspolitik
betreiben, Wirtschaft ökologisch umbauen. GND ist der Hebel dafür.
Grüne Wirtschaftspolitik stellt Menschen in den Mittelpunkt. Wirtschaftswachstum,
das viele Menschen außen vor lässt, ist deshalb kein Maßstab für Erfolg. Beispiel
Berlin zeigt: es gibt Wirtschaftswachstum ohne Wohlfahrtszuwachs. Umgekehrt kann
es Gewinn an Lebensqualität ohne BIP-Wachstum geben
Deshalb führen wir Debatte darüber, was wir gemeinsam unter Wachstum und
gesellschaftlichem Fortschritt verstehen. Brauchen dafür einen Berliner
Wohlfahrtsindex (als Alternative zum BIP, mit sozialen und ökologischen Kriterien),
Vorbild hier: Schleswig-Holstein.
Plenardebatte „Welches Wachstum braucht Berlin?“ - Keynote: Ulrich Petschow,
Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung IÖW
1. Die umweltorientierten Herausforderungen haben sich in den letzten Jahren
dramatisch verschärft. Zunehmend werden „planetare Grenzen“ beschrieben. Das
Klimaproblem stellt nur eine der Grenzen dar. Die Externalisierung der Kosten ist der
Treiber dieser Entwicklung.
2. Der Ansatz der Umweltpolitik muss sich umfassend wandeln. Umweltpolitik wird zur
Gesellschaftspolitik und muss einen Beitrag zur gesellschaftlichen Transformation
leisten. Umweltprobleme sind nicht (nur) technische Probleme, sondern Probleme
gesellschaftlicher Organisation. Mit der Energiewende (EEG) haben es die Grünen
geschafft, diesen Perspektivwechsel in die Regierungspolitik zu tragen. Umweltpolitik
als Gesellschaftspolitik bedeutet auch: wir brauchen Erzählungen darüber, was gutes
Leben ist – und Vorbilder.
3. Mit dem Gutachten des WBGU (Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation)
und der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages (Wachstum, Wohlstand,
Lebensqualität) sind neue Impulse gesetzt worden.
4. Gegenwärtig lassen sich viele Diskurslinien festmachen: „green growth“ (u.a. OECD);
„green new deal“ (Grüne/Böll); Postwachstum und De-Growth. Diese lassen sich
entlang der Achsen Wachstumsorientierung und gesellschaftliche Regulierung
einordnen.
5. Handlungsorientiert lassen sich zwei Hauptorientierungen festmachen: Ansätze, die
mittels gerichteter (grüner), wirtschaftspolitischer Maßnahmen die
Umweltbelastungen (Externalisierungen) reduzieren wollen bei gleichzeitigem
Wirtschaftswachstum und Ansätze, die Wachstum nicht als Lösung sondern als
Problem ansehen (Fokus: Rebound Effekte, d.h. die durch Green Economy
eingesparten Ressourcen werden anderswo verbraucht, Verhalten muss sich ändern).
6. Insofern scheinen sich zwei Positionen gegenüberzustehen. Gleichwohl ist darauf zu
verweisen, dass beide Positionen in der "realen Welt" Begrenzungen unterliegen, die
mit Verteilungseffekten verbunden sind: Die Option „Wachstum“ geht in guter
sozialdemokratischer Manier davon aus, dass hiermit zugleich Verteilungskonflikte
gemindert werden können (was zunehmend infrage steht). Die Option
„Postwachstum“ thematisiert Verteilungskonflikte nur begrenzt oder indirekt.
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7. Im Sinne der Handlungsorientierung geht es im Wesentlichen darum
Transformationspfade zu identifizieren, auszuloten und zu entwickeln (Experimente
zulassen und fördern). In diesem Sinne geht es auch um den ökologischen Umbau und
damit um soziale und technische Innovationen. Klar ist: Selbst wenn Post-Wachstum
das Ziel ist, muss dafür die Infrastruktur umgebaut werden. Das wiederum verlangt
Investitionen (z.B. in Stadtumbau und Verkehr) und das bedeutet auch Wachstum.
8. Die Transformationsprozesse in Richtung einer nachhaltigen Entwicklung (u.a.
Energie- und Verkehrswende) stellen eine erhebliche Herausforderung dar, an der sich
auch die politischen und zivilgesellschaftlichen Akteure orientieren müssen. Für
Berlin und Brandenburg stellt sich insofern die Frage, wie die Region sich mit Blick
auf diese Herausforderung positioniert.
9. Insofern erscheint es erforderlich, dass die Region sich entsprechend orientiert und
diese Herausforderungen annimmt. Die Umbauprojekte bzw. -vorstellungen der
achtziger Jahre erhalten eine neue Aktualität und sind stärker in der Gesellschaft
angekommen und damit auch vermittelbarer. Zusätzlich stehen sie selbst für die
Entwicklung neuer Lösungsansätze und deren rechtliche und institutionelle Einbettung
und damit auch für neue „Märkte“. Als Beispiele dafür können die Energiewende,
aber auch die Verkehrswende herangezogen werden. In beiden Bereichen ist
festzuhalten, dass auch international Suchprozesse für neue Lösungen stattfinden (u.a.
Automobilnutzung in Städten der industrialisierten Staaten nimmt ab, die Regulierung
wird dichter). Technische Lösungen sind dabei eingebunden in gesellschaftliche
Prozesse (Verzicht auf eigenes Auto usw.).
10. Damit sollte eine Blickwende verbunden werden, indem die Stadt als
Experimentierfeld für die Gestaltung der Transformationsprozesse entwickelt wird,
wobei der Fokus sowohl auf soziale als auch technische Innovationen gelegt werden
sollte. Die Wirtschafts- und Innovationspolitik des Landes sollte in diesem Sinne
ausgerichtet werden, sodass anstehenden Transformationsprozesse auch ein zentrales
Handlungsfeld werden. – Die heutige Wirtschaftsförderung fokussiert zu stark auf
existierende Firmen (angebotsorientiert). Dieser Fokus sollte stärker auf die Frage
ausgerichtet werden, wie die Zukunft aussehen soll und welche Firmen / Produkte
usw. wir dafür benötigen (nachfrageorientiert). Das Ziel sollten Leitmärkte sein, mit
denen grüne Lösungen in die Welt getragen werden können.
KommentatorInnen:
Volker Ratzmann
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Unterschreibe alles, was zu Berlin gesagt. Frage ist nur: Wo sind die
Rahmenbedingungen und Handlungsmöglichkeiten, das auch umzusetzen? Ich arbeite
für eine grüne Regierung in einer der prosperierendsten Regionen Europas. Problem:
Wir können die Rahmenbedingungen nur gering beeinflussen
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Besonderes Problem Berlin: Leergefegte Kassen und das, was da ist, wird falsch
eingesetzt. Woher kriegen wir das notwendige Kapital?
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Grüne Wirtschaftspolitik muss die wirtschaftlichen Akteure in den Mittelpunkt stellen.
Viele von diesen Akteuren sind sehr aufgeschlossen für unser Anliegen
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Berlin: GND hat längst begonnen, obwohl Regierung das nicht unbedingt
mitbekommen hat: Berlin hat viele Potenziale in Bereich Elektrotechnik. Aber z.B.:
Energieversorgern fehlt die Investitionssicherheit. Politik muss das wieder herstellen:
Gesicherte Gestaltungsspielräume, um Investitionen auch in Berlin umzusetzen. Senat
ist kein verlässlicher Partner der Wirtschaft
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Die Zahl der Arbeitslosen und der offenen Stellen werden in einigen Jahren
deckungsgleich sein. Problem: Arbeitslose nicht qualifiziert genug, das ist große
Aufgabe für Politik
Lisa Paus
Regionale Wirtschaftspolitik hat beschränkten Handlungsrahmen.
Sechs Thesen:
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Zugespitzte Positionen der Grünen notwendig, da Berlin 168-fachen
Ressourcenverbrauch hat.
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Fokussierung der Wirtschaftspolitik auf Industrie macht keinen Sinn, weil nur 10
Prozent der Berliner Wirtschaft Industrie im klassischen Sinn des Wortes ist.
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Brauchen eigenen, erweiterten Begriff des GND für Berlin
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Berlin - Stadt des Neuen. Müssen weder Finanzmarkt noch Kohle verteidigen und
können so bei Frust über Kapitalismus ganz unbedarft denken.
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Brauchen ein Symbol, ein Siegel für die Stadt und ihre Wirtschaft, z. b. „be Berlin –
be responsible“: Gesellschaftliche Verantwortung für das Soziale und Ökologische
stärker durchdeklinieren, in Berichte über wirtschaftliche Entwicklung aufnehmen,
zum verpflichtenden Kriterium in der Wirtschaftsförderung machen. (Beispiel: Berlin
ist führend in Arzneimittelforschung: BerlinerInnen dürfen dabei aber nicht nur als
Testpersonen auftauchen)

Neues Berlin muss bezahlbares Berlin bleiben: Umfrage: 50 % sind nicht bereit, mehr
für Energiewende zu bezahlen, gerade mit geringerem Haushaltsnettoeinkommen,
Berlin besonders betroffen. Brauchen nachhaltigere Liegenschafts- und
Beschaffungspolitik.
Michael Schäfer:
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Paradoxon: Der GND ist ein wachstumskritisches Konzept, mit dem wir
Wachstumsimpulse setzen wollen

brauchen neues Modell wirtschaftlicher Entwicklung: Nicht mehr nur
Arbeitsproduktivität als Maßstab, sondern auch Ressourcenproduktivität
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GND muss durch Ressourcenproduktivität die Rebound-Effekte verhindern/begrenzen
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Transportsystem muss weg vom Öl und vom individuellen Automobil
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Kapital muss so genutzt werden, dass es GND zugutekommt. Beispiel: Carsharing:
Benötigen weniger Autos, das ist gut
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Richtung Wahl und Eurokrise: Will vom Parteivorstand hören, dass wir mit GND die
Einzigen sind, die langfristige Antwort gegen Eurokrise haben
Oliver Schruoffeneger:
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Was ist der Wohlstandgewinn im Umbauprozess? Diese Frage müssen wir auch für
Berlin beantworten. Müssen weg von technischen hin zu gesellschaftlichen
Diskussionen. Auch in der Ausbildung.
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Die Menschen fühlen sich bedroht durch steigende Kosten der Energiewende. Aber sie
sehen nicht, wie viel Geld für Öl auch aus der Region Berlin abfließt. Dafür brauchen
wir mehr Bewusstsein, GND hat auch bildungspolitische Dimension.
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Petschow hat recht, wir müssen mehr Experimente machen. Das machen bislang nur 1
bis 2 Prozent der Bevölkerung. Die müssen wir stärker fördern. Da kann auch mal was
schief gehen. Aber nicht mehr als anderswo.
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Müssen unsere Jugendlichen fit für Globalisierung machen und gleichzeitig erklären,
dass sie stärker lokal wirtschaften sollen
Stichworte aus der Diskussion mit Publikum:
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Befassen uns zu wenig mit dem Reichtumsversagen
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Qualität Berlins (Kreativität, Mittelstand) wandert ab
(Mieten/Spekulantenproblematik). Mittelstandfokus müssen wir stärken. Wo ist der
Gewerbemietenspiegel? Wir müssen auch Inhaber als Wirtschaftakteure stärken.
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Wachstumskritik, die auch kapitalismuskritisch ist, fehlt auch im GND, damit
systemimmanente Probleme angegangen werden.
Forum 1 Gemeinwohlorientierte Ökonomie | Welchen Beitrag kann sie zur sozialen und
ökologischen Entwicklung Berlins leisten? Wie können noch mehr Bürger_innen zu
wirtschaftlichen Akteur_innen werden? Welche Rahmenbedingungen kann die Politik setzen?
Mit Karl Birkhölzer (TechNet), Peter Spiegel (Genisis Institute for social innovations), Renate
Wilkening (ufa-Fabrik), Ulf Heitmann (Wohnungsbaugenossenschaft Bremer Höhe), Luise
Neumann-Cosel (Bürger Energie Berlin), Norbert Kunz (iq consult, Agentur für Soziale
Innovation), Moritz Eckert (betterplace.org), Sibyll Klotz (Stadträtin für Soziales, TempelhofSchöneberg), Wolfgang Remmers (LAG Wirtschaft), Michael Schäfer MdA, Carola Wesbuer
(LAG Wirtschaft)
Karl Birkhölzer:
 Gemeinwohlorientierte oder soziale Ökonomie? Lieber SÖ, aber „sozial“ im Sinne
von gesellschaftlich und nicht im Sinne eines politischen Ressorts
 SÖ ist Vorreiter bei Beschäftigung: integriert vergleichsweise mehr Frauen, mehr
Ältere, mehr Menschen mit Beeinträchtigungen, mehr MigrantInnen als
konventionelle Ökonomie. Das meiste, was SÖ tut, ist unrentabel. SÖ arbeitet
kostendeckend, zielt aber nicht auf Gewinnmaximierung ab. Positiv: Wirtschaft
schafft social profit = Sozialer Mehrwert
 Berlin ist in Deutschland Vorreiter bei SÖ: allein Ostberlin hat 1000 soziale
Unternehmen. Bisher keine Untersuchung für die ganze Stadt, da dies die
Wirtschaftsförderung nicht bezahlen wollte.
 GND ist der richtige Ansatzpunkt. Gesellschaft sollte an der Wirtschaft wieder stärker
beteiligt werden.
 Ökonomie ist nicht nur das, was im Wirtschaftsteil der Zeitung steht. Der Zweck der
Ökonomie ist Bedürfnisbefriedigung. Finanzökonomie hat zurzeit aber Macht
ergriffen über Realökonomie.
 ÖS-Sektor braucht Dienstleitung. Wer eine solche Firma gründen will, muss vor allem
vor und bei Gründung unterstützt werden. Das ist Aufgabe des Staates, das sicher zu
stellen (Rahmenbedingungen sichern).
 Ausbildung: Nur FH Potsdam bietet Studium der sozialen lokalen Ökonomie an.
Studiengang ist aber kostenpflichtig. Grund: Uni darf diese Form der Weiterbildung
nicht fördern.
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Peter Spiegel:
 veranstaltet Vision Summit (http://www.visionsummit.org/), um Projekte zu fördern,
die die Welt besser machen
 Gibt zwei neue Tendenzen: Social Innovations, Social Business
 Chance für Soziale Innovationen besonders hier in Berlin. Grünen sollten sich das
ganz genau anschauen und hier aktiv werden.
 In Bangladesch gibt’s ein Mio. Dächer mit Solaranlagen. Wie? Kleinkredite.
 Weiteres Beispiel: mathematische Dienstleistung von Autisten für IT Markt.
 Soziale Innovationen können in jedem Sektor der Gesellschaft für Fortschritte sorgen.
 In Berlin viele Einrichtungen: (z.B.: Nobert Kunz), die sichtbarer gemacht werden
müssen
 Vorschlag: Konferenz/Veranstaltung beim nächsten Vision Summit 7.-9. Juni 2013
gemeinsam mit Böll-Stiftung und Grünen?
Ulf Heitmann (mit Ergebnissen aus dem anschließenden Workshop):
In Berlin gibt es 90 Wohnungsbaugenossenschaften; das sind ca. 13% des gesamten
Wohnungsmarktes. Wohnungsgenossenschaft Bremer Höhe ist auch soziale Innovation:
Normale Mieter, die sich teilweise noch nie gesprochen hatten, betreiben jetzt einen
Gebäudekomplex gemeinsam. Geht darum, gemeinschaftlich und ökologisch zu wohnen mit
gesenkten Kosten. Grundsätzlich sind die Genossenschaften ausschließlich ihren Mitgliedern
verpflichtet. Viele Genossenschaften haben sich mit und in ihrem Bestand eingerichtet, das ist
dann ein durchaus kapitalistischer Ansatz, kein gemeinwohlorientierter. Die
Wohnungsbaugenossenschaft Bremer Höhe hat sich aber auch zur Verantwortung gegenüber
dem Rest der Gesellschaft verpflichtet. So ist die "Bremer Höhe" offen für Neuzugänge und
für Experimente des Zusammenlebens. Die Wohnungsbaugesellschaft besitzt heute, nach ca.
12 Jahren des Bestehens, einen Bestand von 670 Wohnungen in mehreren
Stadtteilen.Genossenschaft unterstützt seit 2003 verstärkt auch externe Projekte, hat sogar
Wagenburg gerettet. Vorschläge:
 Revolvierender-Neubau-Fonds: Mietkostenexplosion durch Spekulationswelle und
erhöhten Bedarf kann ohne Neubau nicht eingedämmt werden. Frage ist, wie
bezahlbarer Neubau gefördert werden kann. Fonds müsste mit ca. 300 Mio. €
ausgestattet werden. Die Projektträger (Genossenschaften, Baugruppen) müssten dann
nach ca. 15 Jahren mit der Rückzahlung beginnen. Offen ist, wer den Fonds auflegt
(Land Berlin? Genossenschaften selbst?)
 Anteilsförderung bei Genossenschaftsneugründung: Eine Genossenschaft ist bei der
Neugründung auf die Einlagen angewiesen. Viele zukünftige Mitglieder können sich
die Einlage aber nicht sofort in Gänze leisten. Mikrokredite zu günstigen Konditionen,
beispielsweise durch die IBB, könnten helfen.
 Banklizenz für Wohnungsbaugenossenschaften: Genossenschaften mit Banklizenz
dürfen in Verbindung mit einem Bankhaus auch Fonds auflegen. So könnten sich auch
Nicht-GenossInnen – gegen eine geringe Rendite - an der Finanzierung einer
Genossenschaft beteiligen.
 Fördermitgliedschaften in Wohnungsbaugenossenschaften: Viele Genossenschaften
nehmen nur Mitglieder auf, die auch mit einer Wohnung versorgt werden können. So
sind passive Mitgliedschaften zur ausschließlichen Unterstützung einer
Genossenschaft in den meisten Fällen nicht möglich.
 Liegenschaftspolitik / Vergabe in Erbpacht: Erbpacht kein Allheilmittel zur Förderung
von gemeinwohlorientiertem Wohnen und Bauen. Entscheidend ist die
Vertragsgestaltung, insbesondere die Pachtzinsanpassung und die Gestaltung der
Vertragsbedingungen für die Auslauf- und Neuverhandlungsphase. Denkbar ist aber
eine konditionierte Förderung durch die öffentliche Hand: Bei der Vergabe von
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Liegenschaften könnten sowohl die Nutzung, der Mietpreis, als auch der energetische
Standard festgeschrieben werden (vgl. auch städtebauliche Verträge!).
 Vorkaufsrecht der Kommune: nur sinnvoll in Verbindung mit der aktiven Nutzung
anderer Instrumente wie den Erhaltungssatzungen.
 Selbstbaugruppen: brauchen in der Regel eine intensive Betreuung, damit Projekt
nicht scheitert. Das Mietshäusersyndikat z.B. bietet kleinen Gruppen ein
Unterstützungsnetzwerk in vielerlei Fragen zu Finanzierung, Bau und Verwaltung
(erhielt 2012 den Klaus-Novy-Preis für Innovationen beim genossenschaftlichen
Bauen und Wohnen).
 Generell müsste in der Verwaltung und bei allen Akteuren eine Gelingenskultur
etabliert werden, bei der alle über ihre jeweiligen Fach- und Zuständigkeitsgrenzen
hinaus für das Gelingen des Projekts kooperieren. Das ist allerdings eine
Mammutaufgabe für die Modernisierung der Verwaltung. Eine zusätzliche
Ombudsstelle für soziale Unternehmen wäre vermutlich nicht sehr zielführend.
Luise Neumann-Cosel
 Genossenschaft Bürger-Energie-Berlin will Berliner Stromnetz kaufen und betreiben.
Die Investitionen und auch die Gewinne sollen gemeinwohlorientiert umgelenkt
werden.
 Projekt ist ökologisch (investiertes Geld und Gewinne sollen für Energiewende
genutzt werden) und sozial (In der Genossenschaft wird gemeinsam entschieden;
große und kleine Anteilseigner haben je eine Stimme)
 Das Potential dieser Idee ist groß, allein in den letzten 5 Jahren sind 600 neue
Energiegenossenschaften deutschlandweit entstanden. Allerdings nur wenige in
Berlin.
Moritz Eckert
Internetplattform Betterplace.org bietet sozialen Unternehmen und Innovationen eine
kostenlose Bühne /Infrastruktur oberhalb des Radars der NGOs. Über 4000 Projekte aus aller
Welt nutzen diese Plattform mittlerweile, viele aus Berlin. Beschäftigen über 30 Leute in
Kreuzberg. Diskussionsvorschläge:
 Partei sollte sich diesen Gründern stärker öffnen, die allerdings eine radikal andere
Arbeits- und Denkweise haben als eine Partei. Dafür braucht es niedrigschwellige
Angebote
 Gemeinwohlorientierte UnternnehmerInnen zu gemeinsamen, zeitlich begrenzten.
Dazu die bevorzugten Formate der neuen Generation dieser Gründer nutzen:
Barcamps, Social Media & Co, einmal im Monat "Google Hangout" eines Grünen
Verantwortlichen mit jungen Startup-Unternehmern
 Soziale Unternehmen brauchen gutes Branding, evt. gemeinsames Siegel, um
bekannter zu werden (zertifiziert von der Stiftung Warentest?)
 Dafür ist knapper Kriterienkatalog nötig: Was ist ein gemeinwohlorientiertes
Unternehmen und wie wird sein Erfolg bemessen?
 Durch Novelle im Gemeinnützigkeitsrecht eigene Rechtsform für "Social Business"
einführen?
 Aktionsformen, um Social Business bekannter zu machen: Büroturm für 10-20
Unternehmen. Wer im Sinne des Kriterienkatalogs am erfolgreichsten gearbeitet hat,
darf ein Stockwerk höher ziehen im nächsten Jahr
 Berlin sollte Modellstadt für social business werden, das "europäische Silicon Valley
für Green and Social Business".
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Norbert Kunz
ist Mitglied der Beratungsgruppe für Social Business der EU-Kommission; hat als Gründer
von IQ Consult in Kreuzberg ein LAB aufgebaut, wo 50 Arbeitsplätze für Gründer bereit
stehen. Bekommen dort 8 Monate kostenlose Unterstützung als Starthilfe.
 Wohlfahrtseinrichtungen stellen auch soziale Leistungen bereit, werden aber
überwiegend staatlich alimentiert und haben strukturelle Defizite (denken nicht
überregional)
 Problem Existenzgründung: Social Entrepreneurs bekommen keine Förderung von der
KfW
 Vorschlag: Europäische Bilanzierungsrichtlinie so abändern, dass auch langfristige,
nachhaltige Folgen des unternehmerischen Tuns in die Bilanz fließen. Das hätte
Hebelwirkung für die ökologische und soziale Transformation der Wirtschaft
Renate Wilkening (mit Ergebnissen aus anschließendem Workshop)
ufa-Fabrik ist gewachsenes Gesamtkunstwerk mit mittlerweile 14 Millionen Jahresumsatz.
Einige Unternehmen dort erwirtschaften Gewinne, durch die andere Projekte kostendeckend
arbeiten können. Vorschläge:
 Konferenz der Grünen mit den unterschiedlichen Bereichen des
gemeinwohlorientierten Sektors
 Ziel: gemeinsame Identität. „solidarische, soziale Ökonomie“ sind die falschen
Begriffe; die Klammer ist eher gemeinwohlorientiert, community-based;
Unternehmensziel ist nicht die Gewinnmaximierung, sondern die
gemeinwesenorientierte Verwendung der Überschüsse;
 mehr Forschung: wer gehört alles zu diesem Sektor in Berlin, wie viele Beschäftigte,
welche Leistung etc.
 Zur Kritik an Wohlfahrtseinrichtungen: Gelder der öffentlichen Haushalte sind keine
Zuschüsse, sondern werden für eine Leistung bezahlt
 Raus aus der Fehlbedarfsfinanzierung und dem Zuwendungsrecht, statt dessen
Leistungsverträge abschließen
 Vergabe öffentlicher Aufträge an regionale Kompetenz und soziale Kriterien knüpfen
 Gemeinnützigkeitsrecht reformieren: an die Verwendung von Überschüssen/Gewinnen
knüpfen, wie in anderen europäischen Ländern, anstatt gemeinnützige
Handlungsfelder vorab zu definieren
 Umdenken: Gemeinnützigkeit und Ökonomie schließt sich nicht aus (neuerdings
bekommt keine Gemeinnützigkeit, wer eine Kita betreibt, denn das gilt als
ökonomisches Unternehmen)
 mehr lokale ökonomische Fördermöglichkeiten etablieren (gibt es bislang nur
marginal über das Programm Soziale Stadt)
 Liegenschaftspolitik: Übertragung von Immobilien, Arealen mit Erbpachtverträgen zu
einem reduzierten Zins
 Möglichkeit einer gemeinschaftlichen Existenzgründung schaffen
Abschluss-Statement Spiegel:
 Not macht wendig. Bei Bildungsinnovationen ist Bayern letzter, Berlin/Brandenburg
vorn. Vorbild: Evangelische Schule Mitte
 Kritik an sozialen Unternehmen teilweise berechtigt. Viele haben lange Zeit auf den
Staat geschaut und immer mehr Geld eingefordert.
 Dennoch: Auch die Wohlfahrtsverbände in gemeinsame Aktivitäten/Forderungen/
politische Arbeit einbinden, Fronstellung wäre falsch
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Abschluss-Statement Birkhölzer:
 Akteure / Gründer sind nicht nur junge IT-Experten, sondern häufig Menschen, die
von Mängeln / Lücken im sozialen Netz betroffen sind. Beispiel: Weltküche in
Kreuzberg (von Flüchtlingsfrauen gegründet, die keine Jobs gefunden haben)
 Haushaltsrecht muss geändert werden: Investitionen in Menschen müssen neben
Investitionen in Technik möglich werden.
 Gemeinwohlorientierter Sektor hat breites Spektrum und riesige Wachstumschancen:
Gesunde Ernährung, Wohnen, Energie, Entsorgung, Transport, soziale
Dienstleitungen (Kinder, Ältere), Umwelt, kommunale Infrastruktur.
 Kritik an Wohlfahrtsorganisationen übertrieben, gehören in jedem Fall zum
gemeinwohlorientierten Sektor
 Senat hat Aktionsplan beauftragt, aber nichts umgesetzt. Nachhaken!
Forum II Anders Wirtschaften – ressourcensparend, nachhaltig, innovativ/ Wie gelingt
die soziale und ökologische Weiterentwicklung der Berliner Industrie und Wirtschaft?
Mit Hardy Schmitz (Tegel Projekt GmbH), Arno Hager (IG Metall Berlin), Andreas Krüger
(Modulor GmbH), Lisa Paus MdB, Nicole Ludwig MdA, Bola Olalowo MdA, , Reinhard
Bütikofer (Konzeption), Volker Ratzmann, Hinrich Westerkamp (Moderation)
Ziel des Forums: Konzepte entwickeln, die zeitnah, pragmatisch und doch zielorientiert sind;
Suche nach guten Beispielen und neuen Ideen. Was sind die wichtigsten Potenziale für die
Wirtschaft in Berlin, was sind spezielle Standortvorteile? Wir haben Exzellenzcluster
(Kreativwirtschaft, Gesundheitswirtschaft, Energie- und Transportsysteme), wie wollen wir
damit weiterarbeiten? Wie kann das, was schon da ist und das, was entsteht, grüner werden?
Andreas Krüger:
 Modulor Projekt GmbH macht Standortentwicklung: schaut also, was braucht es an
diesem Platz, bringt dafür die richtigen Leute zusammen und entwickelt mit ihnen
gemeinsam ein ortssensibles Konzept; dazu gehört auch Infrastruktur wie
beispielsweise Kitas: nutzungsgemischt und kiezbezogen planen, denn Leben und
Arbeiten an einem Ort gehört zu dem, was Berlin attraktiv macht
 Politik und Verwaltung war bei Modulor am Moritzplatz außen vor, d.h. es gab keinen
von der Politik vorgegebenen Masterplan; Kommunikation mit der Verwaltung hat
aber gut funktioniert
 Modulor leistet Hilfestellung für Kleinunternehmer, Beispiel Prinzessinnengärten: das
Gelände gehört Modulor und wird an die Betreiber der Prinzessinnengärten
weitervermietet, weil das Land Berlin es nicht direkt an unerfahrene Neuunternehmer
abgeben wollte – Kleinteilig angestossene Entwicklung wächst weiter
 Idee: Geldgeber und Ideenhaber zusammen bringen (Venture Capitalists aus Silicon
Valley finanzieren bereits signifikant in Berlin)
 ähnliches Projekt soll auch der Holzmarkt werden: familienfreundliches, arbeitsnahes
Wohnen, Kleinstexistenzen anlocken und ihnen etwas zutrauen, damit sie vor Ort
gründen und ausprobieren, kurze Wege sind dabei wichtiger Konzeptbestandteil
Arno Hager:
 Industrie ist Teil der vielfältigen Wirtschaft Berlins (Großindustrie neben Mittelstand
und Kleinstunternehmern)
 Berlin ist unterindustrialisiert, 90.000 Industrie-Arbeitsplätze zu wenig im Vergleich
mit anderen europäischen Ballungszentren (Studie Hans-Böckler-Stiftung); Ursache:
Berlin hat nach der Wiedervereinigung ca. die Hälfte der Industriearbeitsplätze
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verloren. Seit Mitte der 2000er erstmals wieder Zuwachs der Industriearbeitsplätze,
momentan 9% in Berlin
viel Industrie bedeutet auch mehr Steuereinnahmen und dadurch soziale Entwicklung
für die Stadt
Berlin ist atypisch im Bezug auf Metall- und Elektroindustrie: Elektro ist 2,5 mal so
groß wie im Deutschlandschnitt, Metall allerdings nur ein Drittel; das liegt an der
Konzentration auf neue Energieherstellungstechnologien; hier ist Berlin führend (z.B.
Siemens)
Problem Solarfirmen: zwei von drei in Berlin sind in Insolvenz, diese Firmen waren
teilweise aber auch nicht professionell genug gemanagt
Ziel muss die richtige Mischung von Startups und großer Industrie sein
Momentan bilden wir für Süddeutschland aus; wir müssen schaffen, dass Absolventen
der Hochschulen hier bleiben, hier gibt es viele kleinere Unternehmen statt
beispielsweise der großen Automobilindustrie in Süddeutschland, die Studienabgänger
finden diese Jobs nur nicht. - Hochschulen und Unternehmen müssen besser verzahnt
werden, dann hätte Berlin einen großen Vorteil:
Wachstum kommt zwar eher von großen Unternehmen, das zieht aber durch
Zulieferung etc. auch Wachstum bei den Kleinen nach sich
Berlin kann saubere Industrie, Berlins Industrie ist bereits eher grün (eher Elektro als
Metall) Berlin hat Antworten auf die Energiewende (smart grids entwickeln) – wenn
man das systematisch unterstützt, hat Berlin viel Potenzial
Hardy Schmitz:
 Unterschied von Modulor und Adlershof: Adlershof ist ein vom Land lancierter
Technologiepark auf einem großen Brachgelände, in Zusammenarbeit mit Unis etc.,
fast eine halbe Milliarde ist in die Entwicklung von Adlershof geflossen, auch in
Gründerzentren (die z.B. Räume und Geräte zur Verfügung stellen) und Infrastruktur,
inzwischen 900 Unternehmen, hauptsächlich neue (saubere) Industrie, nur ein
bisschen Wissenschaft
 wenn man echte High Tech Industrie haben will, braucht man auch eine städtebauliche
/ staatliche Steuerung. High Tech verlangt lange Entwicklungszyklen und hohe
Investitionen, d.h. Planungssicherheit
 Adlershof hatte zwar diese Steuerung, ist aber trotzdem nach und nach gewachsen;
Tegel ist etwas anderes, hier soll es einen Masterplan geben, der die Ansiedlung von
Wissenschaft und Unternehmen forciert
 urbane Technologien, wie sie für Tegel geplant sind, sind ein sehr grünes Thema und
ein Wachstumsmarkt. Deutsche Technologie hat dabei einen guten Ruf und so könnte
Tegel ein Leuchtturm für urban-grüne Technologie werden
 Um Leuchtturm (für urban-grüne Technologie) zu werden, muss Land Berlin viel
mehr seine Potenziale herausstellen, z.B. größter Rettungsdienst Europas, eines der
größten öffentlichen Nahverkehrsnetze etc.
 Zielkonflikt Industrieansiedlung / Naturschutz: In Tegel zuerst die „gute“ (saubere)
Industrie ansiedeln und danach das Wasserschutzgebiet ausweiten – eine sofortige
Ausweitung würde die Ansiedlung von Industrie sehr viel schwieriger machen,
während bereits bestehende Industrie bei der Ausweitung in der Regel vor Ort bleibt
Ergänzung Andreas Krüger:
 Skandinavien rückt Berlin in den Focus der Energieversorgung, weil es hier einen
Standortvorteil sieht wegen des kreativen Potenzials, aber auch wegen der vielen
Hochschulen etc.
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 Die Stadt hat viel Potenzial, auch große Unternehmen wie VW könnten hier
Dependancen ansiedeln, die sich mit neueren Technologien beschäftigen, dafür wäre
ein gemeinsamer Standort in Tegel ein Anziehungspunkt
Kommentar Nicole Ludwig:
 Berlins Wirtschaft braucht offenbar keinen politischen Masterplan, sondern Politik
muss ermöglichen, dass die vorhandenen Potenziale sich entwickeln können
 Welche Instrumente fehlen, was muss von Seiten der Politik getan werden, damit
diejenigen nicht länger abwandern, die wir hier ausgebildet haben? Was macht Berlin
attraktiv, und wie finden die Jobsuchenden angesichts der Vielfalt der Berliner
Wirtschaft das passende Unternehmen?
 Wir brauchen ein Leitbild für die Stadt und ihre Wirtschaft.
 Projekte wie Modulor genügen nicht, um allen Menschen in der Stadt Chancen zu
bieten. Wir müssen auch überlegen, wie wir hier grüne Industrie ansiedeln und wie wir
die klassische Wirtschaft einbeziehen können in den Umbauprozess
Kommentar Bola Olalowo:
 Herr Hager hat gesagt, dass Berlin das Spannungsverhältnis zwischen verschiedenen
Wirtschaftsformen wie z.B. Siemens, Modulor und Adlershof aushält – aber kann
Berlin sich das leisten? Adlershof hat 2 Milliarden gekostet, braucht Berlin so was
noch mal?
 Wenn wir über Industrieansiedlung sprechen muss klar sein, dass Industrie auch gute
Löhne zahlen und Sicherheit und Perspektive für die Beschäftigten bieten muss. Die
Industrie muss begrünt werden, wir brauchen Green Technology
 Zweifle daran, dass es erfolgversprechende Strategie ist, sich in Konkurrenz zu den
bestehenden Industriestandorten zu begeben, nachdem Berlin quasi 60 Jahre Pause als
Industriestandort gemacht hat
 Weder Gesundheitswirtschaft noch Solarbranche/Energietechnologie haben die
stabilen Industriearbeitsplätze für Berlin gebracht, die man sich erhofft hat: Schering
wurde von Bayer aufgekauft und die Forschungskapazitäten werden nach und nach
zum Mutterstandort verlagert; und der Großteil der Solarindustrie ist insolvent,
obwohl die Ansiedlung mit erheblichen öffentlichen Mitteln unterstützt wurde. Wir
müssen zumindest fragen, was man daraus lernen kann, bevor wir über weitere
staatliche Subventionen nachdenken.
 Was können wir vom Moritzplatz lernen? Kann man das hochskalieren oder ist das
nicht eher ein einmaliges Projekt, das nicht als Musterlösung dienen kann?
Publikumsdiskussion:
 alle Entwürfe des Podiums basieren auf alten Strukturen, es geht um renditesuchende
Kapitalinvestition statt einer neuen Grünen Vision. Das zementiert Strukturen, die
nicht nachhaltig sind
 Wenn wir ein besseres Leben wollen, muss das bessere Arbeit bedeuten, da müssen
wir programmatisch mehr tun, weil wir davon kein Bild haben: Was brauchen Leute in
der Kreativwirtschaft von der Politik, damit sie ein „gutes“ Leben haben können? Wie
schafft man das auch im klassischen Industriebereich, z.B. durch mehr Teilzeitarbeit
 Langzeitarbeitslose kommen in unseren Überlegungen bisher nicht genügend vor;
daran müssen wir arbeiten
 Berlin verzettelt sich mit Standorten für Industrie/Wirtschaftsansiedlung: Beuth sollte
Wedding stärken und geht jetzt nach Tegel, TU geht teilweise womöglich aus
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Charlottenburg weg – Standorte werden dadurch geschwächt, was passiert eigentlich
mit Gewerbeflächen am BER?
Wir müssen als Grüne den Niedergang der Solarwirtschaft kritisch auswerten: wir
hatten uns viele nachhaltige Arbeitsplätze davon versprochen, die sind binnen eines
Jahres großteils verloren gegangen
Wir müssen der Immobilienspekulation in Berlin Einhalt gebieten: die energetische
Gebäudesanierung droht durch spekulative Immobilienverteuerung verhindert zu
werden
Was tut die Wirtschaft, um Bildung und Bewusstseinswandel zu fördern, was kann die
Politik tun, um nachhaltige Ansätze zu fördern?
Leitbilddebatte: Fritz Kuhns weltoffene Stadt Stuttgart sollten wir als Leitbild
kopieren
Start-ups: wie integriert sich das in den Kiez, gibt es hier womöglich Blasenbildung
durch Anschubfinanzierung?
Andreas Krüger:
 Modulor war als Anlaufstätte für Kreativwirtschaft gedacht, die z.B. Werkstätten und
Geräte zur Verfügung stellt, damit sie den Start erleichtert bekommen. Diese Art
Infrastrukturhilfe kann man durchaus skalieren und so in den Mittelstand hinein
wirken
 Berlin ist für Studienabgänger sehr attraktiv, sie gehen aber dann wieder weg, wenn
sie hier keine passende Arbeit finden
 Blasenbildung durch Startups: EinzelkämpferInnen sind erstaunlich gut organisiert,
besser als Ende der 90er, deshalb keine Gefahr
 Grüne müssen wieder mehr zu ihren Kernthemen finden und den Leuten was zutrauen:
Gründer brauchen einen Vertrauensvorschuss
 Vorschlag: Regelmäßige Grüne Wirtschaftsgespräche zum Green New Deal als
„Zusammenkunft der ZukunftsmacherInnen“
Hardy Schmitz:
 Zur Kritik an der Übersubventionierung von Adlershof: öffentliche
Anschubfinanzierung 1,4 Milliarden (inkl. Uni), inzwischen 700 Millionen
Privatkapital dort investiert (Zahlen prüfen!)
 Industrie ist nicht mehr das, was sie früher mal war und sollte nicht einseitig negativ
konnotiert werden: von 900 Unternehmen in Adlershof sind 400 produzierend, der
Rest Dienstleister – jeder industrielle Arbeitsplatz schafft weitere Arbeitsplätze z.B. in
Dienstleistungen
 Zur Kritik am Überangebot von Standorten: Adlershof wächst und ist wahrscheinlich
bis 2020 ausgereizt, deshalb muss man jetzt einen neuen Standort suchen. BeuthCampus umzuziehen ist sinnvoll, weil er so verstreut ist, TU aus Charlottenburg
wegzunehmen ist aber nicht sinnvoll
 Attraktivität von Berlin wird uns eine Menge kreativer und intelligenter,
hochqualifizierter Menschen bringen in den nächsten Jahren
 alles, was in Industrie an neuen Themen kommt, sind grüne Themen, Berlin könnte
dabei programmatisch und von der Politik gesteuert ein Leuchtturm werden
Arno Hager:
 Weiterentwicklung der Industrie in Berlin muss stadtverträglich sein, ist aber dringend
nötig, um nicht abgehängt zu werden
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 Viele junge Menschen gehen aus Berlin weg, weil sie die Unternehmen, die ihnen hier
Arbeitsplätze bieten, gar nicht finden, obwohl sie da wären. Dass man in
Süddeutschland mehr verdient, ist weniger entscheidend. Wir müssen also überlegen,
wie wir die Unternehmen und die gut ausgebildeten Menschen zusammen bringen.
Prüfaufträge:
 Vorschlag, alle Berliner Beteiligungsgesellschaften zu koordinieren (eine Art HoldingModell)
 Liegenschaftspolitik in Tübingen, Amsterdam
 Norwegisches Projekt zur direkten Versorgung Berlins mit Erneuerbarer Energie
 Grüne Position zur Ausweisung von ganz Tegel als Wasserschutzgebiet 3
 Gründe für Pleite der Solarwirtschaft
Workshop Wissenstransfer Hochschulen / Wirtschaft:
In Berlin gibt es von der öffentlichen Hand vielfältige Unterstützungsangebote für den
Wissens- und Technologietransfer wie bspw. den Innovationsassistenten, den Transferbonus
auf Landesebene oder die EXIST-Programme auf Bundesseite.
Auch haben alle Hochschulen in Berlin eigene Transferstellen wie auch Unterstützung für
Gründungswillige: bei der FU-Berlin „profund“, bei der TU-Berlin „B!gründet“ an der HUBerlin „Humboldt Innovation“, an den Fachhochschulen gibt es das IfaF – Institut für
angewandte Forschung.
In Berlin liegt der Beitrag der Wirtschaft zur Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft
deutlich unter dem bundesweiten Niveau. Während in Baden-Württemberg bspw. ¾ der
Drittmittel für F+E in den Wissenschaftseinrichtungen aus der Industrie kommen, kommen in
Berlin hingegen ¾ Mittel von der Öffentlichen Hand.
Die „Gründungsstipendien“ der Bundesanstalt für Arbeit sind zu kurz angelegt, mit einer
Laufzeit von 6 Monate reichen sie in den meisten Fällen für den erfolgreichen Abschluss
einer anspruchsvollen Gründung nicht aus.
Deutschlandweit steht Berlin im Vergleich mit Wuppertal, Aachen und München mit
Gründungsberatungen an den Hochschulen ganz gut da. Bei einigen Hochschulen in Berlin
wird die unternehmerische Gründungsorientierung jedoch nicht ausreichend in die
Fachbereiche und Institutionellen Gremien der Hochschulen kommuniziert. Zu oft wird der
Wissens- und Technologietransfer lediglich als Aufgabe des Präsidiums angesehen.
Lösungsvorschläge:
 Gründungskultur an den Berliner Hochschulen aktiv fördern. Bessere Kommunikation
der Angebote und Potentiale
 Die inhaltliche Verantwortung für die Kooperation zwischen Wissenschaft und
Wirtschaft muss insbesondere an den Hochschulen auf einer Ebene angesiedelt
werden, die den notwendigen Grad der Kontinuität und der Qualität garantiert.
Forum III: Fachkräfte für die Green Economy, mit Dr. Thilo Pahl (IHK Berlin,
Geschäftsführer Aus-und Weiterbildung), Gudrun Laufer (Handwerkskammer Berlin, CSR
Beratungsstelle), Ronald Ramig (Schulleiter OSZ Kraftfahrzeugtechnik), Stefanie Remlinger
MdA, Sabine Bangert MdA
Doppelter Fokus: Für welchen Arbeitsmarkt der Zukunft qualifizieren wir und von welcher
Situation gehen wir in Berlin aus? Wie können wir die Potentiale derjenigen Menschen heben,
die bislang vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind?
Thilo Pahl:
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 Gibt kein prognostisches / Steuerungs-Tool für Fachkräftesicherung: Wie sind die
Bedarfe in einzelnen Berufen und Branchen in Berlin für die Zukunft? IHKFachkräftemonitor bildet erste Engpässe ab, mehr nicht. Derzeit absehbar Bedarf bei
Energietechnik (www.fachkraefte-berlin.de)
 Die berufliche Bildung wird zu häufig vergessen.
 Arbeitsmarkt Berlin entwickelt sich insgesamt erfreulich bei verfestigter
Arbeitslosigkeit (Langzeitarbeitslosigkeit). Dieses Potenzial ist schwer zu heben, da ist
Bildung der Schlüssel, insbesondere frühkindliche Bildung, Begeisterung für
naturwissenschaftliche und technische Berufe wecken (Haus der kleinen Forscher).
 Vorschlag: gezielt Abiturienten für die berufliche Bildung anwerben. Abbrecherquoten
an den Unis sind sehr hoch, möglicherweise wären viele von denen in der dualen
Ausbildung besser aufgehoben gewesen. Berufliche Bildung ist nicht nur ein
Restesystem für die Bildungsschwachen
Gudrun Laufer:
 Handwerk möglicherweise kein urgrünes Thema?
 Fachkräftebedarf aktuell (Zentralstelle für Umfragen im Handwerk): Es werden vor
allem Gesellen gesucht, kaum Akademiker. Besonders problematisch im Bereich Bau,
Lebensmittelhandwerk: 41% hatten große Probleme, Personal zu finden, 28% fanden
keins.
 Schwerpunkt Handwerk in Berlin: Bau- und Ausbau (über 50%)
 Ausbildungssituation in Berlin 2012: Bäcker konnten nicht besetzen, Frisöre, Metall
nur 70% besetzt, Elektroberufe nur noch die Hälfte vom Vorjahr besetzt, davon haben
schon 30% wieder abgebrochen
 Große Unzufriedenheit mit den Arbeitnehmern, die vom AA vermittelt wurden. Jeder
zehnte Betrieb konnte Ausbildungsstellen nicht besetzen. Es ist unklar, wie die Anzahl
derer, die in Ruhestand gehen, ausgeglichen werden soll. Viele Betriebe verstärken
Aus- und Weiterbildung und versuchen ältere Arbeitnehmer einzubeziehen, kümmern
sich auch verstärkt ums Thema Vereinbarkeit (Kinder und Pflege)
 Problem: Jugendliche mit Migrationshintergrund werden praktisch nicht in Betracht
gezogen. Über Frauen und Demographischen Wandel (ältere Arbeitnehmer) wird
dagegen intensiv nachgedacht. - Sprachstand selbst bei Jugendlichen ohne
Migrationshintergrund oft zu niedrig.
 Maßnahmen der Handwerkskammer: Berufsorientierung und Berufsvorbereitung,
Seminare zusammen mit einem Bildungsträger, in den letzten zwei Jahren
Fortbildungen im Bereich Energiewirtschaft (Green Economy).
 Ökologische Fortbildungen sind allerdings sehr teuer. Arbeitslose bleiben außen vor
 Durchlässigkeit von beruflicher Bildung in akademische Ausbildung muss erleichtert
werden, ebenso Erwerb von Fachhochschulzugängen
 Corporate Social Responsibility (CSR): Soziale Kompetenzen,
Beratungskompetenzen, Umweltkompetenzen sind Schlüssel für sozial nachhaltige
Betriebe; Betriebe nehmen das Thema mittlerweile ernst, tun viel im Bereich soziales
Engagement
Ronald Ramig:
 Die berufliche Bildung ist in der Gesamtdiskussion unterbewertet. Die Diskussion
konzentriert sich zu sehr auf die akademische Bildung, dabei sind in Berlin unter 50%
der Schulabgänger Abiturienten – und auch diese gehen nicht alle an die Hochschulen.
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 Die Fokussierung auf die universitäre Bildung deckt sich nicht mit dem, was an
Fachkräften gebraucht wird. Bewertung von Abschlüssen in der Gesellschaft ist
problematisch, nur hohe Abschlüsse gelten was
 Sehr viele SchülerInnen kommen nicht in berufliche Ausbildung, weil Betriebe sie
nicht wollen, hier gibt es Handlungsbedarf. Wie können diese Jugendlichen erreicht
werden? Wie können Leute motiviert werden, für eher geringe Löhne zu arbeiten
(obwohl sie Arbeit nicht als den einzigen Weg sehen, zu Geld zu kommen)? Wie kann
man Kindern von klein auf vermitteln, dass sie eine eigene Perspektive für ihr Leben
entwickeln müssen – gerade wenn sie aus arbeitsfernen Haushalten kommen? Darauf
ist auch die Bildungspolitik zu wenig ausgerichtet.
Diskussion:
 Petschow: Qualifikationen für die green economy sind ansteigend und durchaus hoch,
z.B. im Bau Richtung Wärmedämmung. Übergang vom zweiten in den ersten
Arbeitsmarkt klappt schlecht, da könnte Potenzial liegen. – Um Menschen zu
motivieren, müssen sie persönlich gefordert werden. Es muss um ihre persönlichen
Perspektiven gehen, nicht nur um Bedürfnisse des Arbeitsmarkts / der Betriebe.
 Wir müssen über die Attraktivität verschiedener Berufe sprechen, vor allem
hinsichtlich des Lohndumpings in manchen Branchen. Wer entscheidet über die
Wertigkeit von Berufen?
 Für Unternehmen sind bestimmte Schlüsselkompetenzen (Sekundärtugenden)
entscheidend für die Einstellung. Im Moment herrscht eine hohe Selektivität bei
Azubis, viele Betriebe nehmen gerne Absolventen mit Abitur. Berufsbildung muss
sich so entwickeln, dass die Lehrer nicht nur Fachlehrer sind, sondern auch die
sozialen Kompetenzen lehren können.
 Jeder Jugendliche muss einen berufsqualifizierenden Abschluss bekommen, keine
Warteschleifen mehr. Mit einem Abschluss können dann weitere Brücken für
schwierige Fälle gebaut werden. Es wird zu wenig strategisch nachgedacht. Es müsste
ein Kompetenzzentrum für nachhaltige Bildung in Berlin geben.
Qualifizierungsmaßnahmen, die keine reelle Perspektive eröffnen, motivieren nicht.
 Integration ausländischer Fachkräfte scheitert völlig, Ingenieurinnen gehen hier putzen
usw. Die Anerkennung von Berufsabschlüssen muss besser gewährleistet werden.Die
Lotsenfunktion von Anlaufstellen muss noch besser funktionieren in Bezug auf
Berufsabschlüsse aus dem Ausland
 Die Attraktivität von Berufen kann von uns selbst gesteuert werden (z.B. akademische
Ausbildung für erzieherische Berufe). Image von Umweltberufen verbessert sich,
wenn Produkte eine Massenwirkung entfalten (z.B. Elektromobilität)
 Individuelle Betreuung beim Berufseinstieg ist aufwendig, erhöht aber Erfolgsquoten
deutlich. Was können IHK, Handwerkskammer usw. leisten, um die Übergänge in den
Beruf zu verbessern, was muss Politik tun? Es gibt Nachvermittlungsaktionen für
offene Arbeitsplätze in Berlin, Schüler werden angeschrieben und eingeladen. Jeder
der kommt bekommt derzeit 2-3 Angebote, die allermeisten kommen einfach nicht.
Problem liegt in den Elternhäusern, die Schulen müssen die Schüler auch in Sachen
Sozialkompetenz ausbilden.
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 Arbeitsmarkt und Durchlässigkeit: Es braucht Übergänge und Weiterqualifizierungen.
Vielleicht weniger Weiterbildungen in der Breite, sondern lieber einige wenige sehr
hochwertige - um den Preis, dass einige Langzeitarbeitslose nicht mehr mitgenommen
werden können. Das bedeutet aber, dass Sockel an Langzeit-Erwerbslosen bleibt
 Langzeiterwerbslosigkeit in Berlin lässt sich nicht durch die green economy abbauen,
dazu sind die Qualifikationswege zu langwierig und voraussetzungsvoll.
Fachkräftemangel und Arbeitslosigkeit sind nicht deckungsgleich. Arbeitslose können
nicht alle Fachkräfte werden. Welche Perspektiven eröffnen sich dann durch den
Green New Deal auch für gering qualifizierte und langzeitarbeitslose Menschen?
 Duales Lernen in den ISS wird nicht genug gefördert, es müsste finanziell und
materiell viel besser ausgestattet werden. Ideal wäre es mit einer persönlichen
Begleitung.
 Green new deal betrifft nicht nur ökologische Berufe und ökologische
Zusatzqualifikationen. Geht darum Leute grundsätzlich in den Arbeitsmarkt zu
integrieren und ihnen Perspektiven zu eröffnen, bei denen sie sich entfalten können.
Teil II: Konkrete Handlungsempfehlungen
 Green new deal / Nachhaltiges Denken in bereits Vorhandenes integrieren (in
Rahmenpläne der Schulen), sollte zum Kernausbildungsweg (also auch bei
bestehenden Berufsbildern) gehören.
 Übergänge ins Visier nehmen, auch die zur akademischen Ausbildung. Dort kann auch
Ausrichtung auf ökologische Berufe / Green Economy erfolgen
 Mehr Bildungs- und Berufseinstiegsbegleitung (Konzept der Bildungsbegleitung auf
Arbeitsmarktbegleitung übertragen)
 Neu über Vereinbarkeit von Familie und Beruf (Zeitpolitik) nachdenken, da gibt es
stille Reserven: Frauen, die gut qualifiziert sind und in Beruf zurückkehren wollen –
wenn die Rahmenbedingungen stimmen
 Entlohnung verbessern, keine Dumpinglöhne
 Kompetenzzentrum nachhaltige Berufsentwicklung müsste alle Ressourcen bündeln
und sich um alle Gruppen kümmern, die in Übergängen sind
 Nachhaltigkeit und die Frage persönlicher Perspektiven kann nicht nur durch ein paar
Modellprojekte in die Schulen integriert werden, muss über den Regelbetrieb gesteuert
werden, d.h. auch in Lehrplänen verankert
 Programm z.B. für Wärmedämmung auflegen, um Attraktivität von ökologisch
nachhaltigen Berufen gezielt zu erhöhen: Politik kann Rahmen setzen und das nicht
nur für Zukunftsinvestitionen, sondern auch zur Imagebildung nutzen
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