Alles Käse, oder was…? - Guilde Internationale des Fromagers

Foto: vulkanhof.de
Alles Käse, oder was…?
Drei Glaubenssätze für den erfolgreichen Verkauf von Käse im Hotel
Spielt Käse in der Gastronomie, ob in der Hotelküche oder in der Hochküche, heute
(noch) eine Rolle? Käsebrett oder Käsewagen, sind sie noch zeitgemäß? Kann sich ein
traditionelles Käseangebot noch behaupten in einer intellektualisierten oder einfach
auch nur gekochten Küche?
von H.P.O. BREUER
Die Fragen sind natürlich rhetorisch.
und kennerisch getroffene Auswahl, den zeit-,
sich nicht wie ein Kännchen Kaffee. Und zwei
Und die Antwort lautet selbstverständlich: ja.
also produktgerechten, optisch ansprechen-
Salzstangen und drei Trauben zur Deko, die ha-
Mit wem man sich auch unter Erzeugern,
den Aufbau des Angebots vor dem Service,
ben tatsächlich ausgedient.
Händlern und Gastronomen unterhält, die
eine ebenso informierende wie unterhaltende
Bemerkenswerterweise spielt der Unterneh-
Grundaussagen wiederholen sich: Ob Käse
Beratung, ein bisschen Zelebration des Rah-
menstyp für einen erfolgreichen Käseverkauf
»läuft« oder nicht, ist ausschließlich eine Frage
menprogramms von Brot, Nüssen oder Chut-
keine Rolle. Ob in der Grandhotellerie (Heili-
der Identifikation mit dem Produkt, des Enga-
neys und schließlich eine sorgsame Pflege und
gendamm), im großen Ferienhotel (Bareiss),
gements, der Produktqualität, -individualität
Lagerung nach dem Anschnitt. Käse verkauft
im kleinen Ferienhotel (Spielweg), in der Drei-
und -pflege. Es hat mit Präsentation und Kom-
Sterne-Gastronomie (noch einmal Bareiss)
munikation zu tun. Und mit dem Zeitgeist, der
oder in kleineren Restaurants (der Sulzburger
in Sachen Käse, polemisch gesprochen, eher
»Hirschen«, das Ravensburger »Waldhorn«
bakteriell als molekular gestimmt ist.
Foto: Markus Stoffel / Fromagetta
oder das Kölner »Escalier«), alle diese Häuser
Wem als Gastronomen am Käse nichts liegt
und wer ihn lediglich als viktualisches Pflichtprogramm anbietet, der kann es gleich bleiben
lassen. Er wird auf seinem Käse sitzenbleiben.
Und liefert seinem Controller Argumente, am
Wareneinsatz zu sparen. Damit sich ein Käseangebot rechnet, kostet es zunächst einmal
platzieren ihren Käse sehr erfolgreich. Was sie
unterscheidet, ist die Angebotsbreite. Was sie
verbindet: die Erstklassigkeit des Angebots. Sei
es international zusammengestellt (z.B. vom
Tölzer Kasladen, Tourette, Waltmann). Oder,
wo es der Standort zulässt, regional- und saisonaltypisch: »Rügener Boddenkäse« in Heili-
Zeit: den Kontakt und die Beratung mit dem
Im »Käse Humidor« entfalten die pikan-
gendamm, »Antons Liebe Rot« und »Blond« in
Landwirt oder Fachhändler, eine konzeptionell
ten Spezialitäten ihr optimales Aroma
Ravensburg (die Allgäuer Zurwies Käserei),
126 TOP HOTEL | 6 /2011
INVESTITION KÄSE & MILCHPRODUKTE
GERMANY
»Molkenzieger« im Münstertal (vom haus-
schult: Erkennen sämtlicher angebotener
eigenen Spielweger Käse) oder diverse Zie-
Käsearten, Informiertheit über Fettgehalt
genkäse vom Eifeler Vulkanhof in Gillen-
und Herkunft etc., Beschreibung des Ge-
feld, wo auch das Kölner »Escalier« einkauft.
schmacksbildes. Sind sie in der Sache fit,
Von einem (einzel-)händlerischen Grund-
sind sie auch für die Pflege verantwortlich
satz muss sich verabschieden, wer Käse in
(täglicher Anschnitt), für den sensorisch
seinem Verkaufsangebot hat: Die Masse
sinnvollen Aufbau des Buffets, für die Be-
macht’s. Vielmehr gilt, wie bei der Zu-
ratung der Gäste am Buffet, vor denen sie
sammenstellung der Weinkarte: der Mut
sich in makellos weißem Kochdress und
zur Lücke. Man kann nicht alles haben. Und
schwarzer Hose präsentieren und die sie
man kann nicht jeden (subjektiven) Ge-
ebenso kenntnisreich wie gastfreundlich in
schmack bedienen. Von 15 Comtés, sagt
der Auswahl begleiten und betreuen.
Wolfgang Hofmann vom Tölzer Kasladen,
Kommt hinzu, dass an diesem Buffet das
schmecken 15 anders. Das ehemalige Res-
Auge etwas mitzuessen bekommt. Von den
taurant »Dieter Müller« in Lerbach renom-
großen und kleinen Laiben abgesehen, gibt
mierte seinerzeit mit 150 Käsen. Der Aha-
es zehn Sorten Brot und Brötchen, diverse
Effekt bei den Gästen war zwar entspre-
Butter und Chutneys, Nüsse und Gewürze.
chend. Aber gerechnet hat sich das nicht.
Das hat sowohl optisch als auch sachlich
Verständlicherweise hat man die Konse-
hohen Erlebnis- und Unterhaltungswert:
Es stellt sich sogar die Frage, ob über-
de Menge zu erzählen. Und die Azubis –
haupt die komplette Käsefamilie beieinan-
wohlgemerkt: erstes Lehrjahr – sind in der
der sein muss, um für ein ernst zu neh-
professionellen und menschenfreund-
natürlich mit den drei
„SelectionA.“
lichen Ansprache des
mendes Angebot zu
der Spielweg punktet
www.zieher.com
Nicht anders als im Spielweg gibt es hier je-
quenz daraus gezogen.
stehen. Ein Betrieb wie
„Modul“
Melamin
»Käse verkauft
sich nicht wie ein
Kännchen Kaffee.«
Gastes keineswegs auf
den Mund gefallen.
sebuffet hat Profil: was
Käsen, die der Chef Karl
Josef Fuchs selbst produziert. Hier ist es,
das Produkt und was die Gelegenheit zur
statt aus einer käsefamiliären Vollständig-
Kommunikation betrifft.
keit wählen zu können, für den Gast viel at-
Was die Präsentation der Käse angeht,
traktiver, zu erfahren, dass ein Käse nicht
sind sich Profis wie Bareiss-Küchendirektor
schmeckt, wenn sich die Kuh ausschließ-
Oliver Ruthardt oder Sternekoch Hans-Paul
lich von Brennesseln ernährt. Dass nicht
Steiner vom Sulzburger »Hirschen« in
gut gekäst werden kann, wenn die Melk-
einem Punkt, der oft vernachlässigt wird,
technik nicht stimmt oder gar der Euter
einig: Die Käse werden vielfach zu kalt ser-
nicht gesund ist. Wer solche und andere Ge-
viert. Die richtige Temperatur für einen kor-
schichten auf Lager hat, braucht sich über
rekten Käseservice ist Zimmertemperatur.
den selbstläuferischen Umschlag der Ware
Ruthardt wie Steiner sorgen deshalb dafür,
keine Gedanken zu machen. Und auch nicht
dass der Käse vor dem Service aufs Brett, auf
darüber, dass das Repertoire der angebote-
den Wagen oder aufs Buffet kommt. Dann
nen Sorten nicht einmal annähernd voll-
gewinnt er im Laufe der zwei, drei Stunden
ständig ist. Authentizität, die vielberedete,
die richtige Temperatur, um Aromen und
ist hier das glaubwürdige Konzept.
Geschmack ideal zur Geltung bringen zu
Ein Haus wie das Bareiss wiederum hat
„Donna“
Keine Frage, dieses Kä-
„Amuse“
können.
naturgemäß den Ehrgeiz, seinen 200 und
Klasse statt Masse. Kompetenz und Pas-
mehr Hotelgästen an jedem Abend auf
sion fürs Produkt. Ein bisschen Entertain-
einem speziellen Käsebuffet »toute la fa-
ment im Beiwerk und in der Kommunika-
mille« der Produktpalette anzubieten (ca. 50
tion. So ließen sich drei Glaubenssätze für
Sorten, von Hart- und Weichkäse, Ziege,
erfolgreichen Käseverkauf formulieren. Und
Schaf, Saisonprodukten wie Vacherin bis zu
apropos Verkauf: Ein Glas Wein sollte beim
Schimmelspezies). Das hat Vorteile für bei-
Käsegenuss nicht fehlen. Nebenbei und ge-
de Seiten – für den Ausbildungsbetrieb und
gen das herrschende Klischee bemerkt: In
für den Hotelgast. Die Koch-Azubis im ers-
den meisten Fällen empfiehlt sich ein
ten Lehrjahr werden zunächst gründlich ge-
Weißer.
Besuchen Sie uns beim
TH
am 11. Juli 2011 in Hamburg!