tv diskurs 53 ßen wie politische Nachrichten“ Interessanter zu lesen ist, wie dazu beitragen, „Bilder von Ge- die Wissenschaftlerinnen quasi Die Reihe „Critical Media Stu- sellschaft zu entwerfen“ (S. 39). mit der Lupe nach dem Fort- dies“ versammelt wissenschaftli- Was dies für die „mediale […] schritt suchen (müssen), wenn es che Arbeiten, die sich auf die Repräsentation der Politikerin- um die Umdeutung klassischer Bedeutung von Medien und nen und Politiker“ bedeutet Rollenbilder in den Medien Kommunikation für die Repro- (S. 17), damit befasst sich der geht. Zwar ist dort angekom- duktion und Veränderung ge- zweite Teil des Bandes. Unter- men, dass Frauen „in der deut- sellschaftlicher Machtverhältnis- sucht wird – beispielhaft an der schen Politik auf dem Vor- se fokussieren. Der vorliegende Aufregung um Angela Merkels marsch“ (S. 104) sind. Dennoch Band ist Teil dieser Reihe und Dekolleté bei der Eröffnung der muss konstatiert werden, dass befasst sich mit der „Neuord- Osloer Oper im April 2008 –, „der Abstand zum traditionellen nung der Geschlechter in der „wie Medien und Rezipierende Stereotyp […] sich als noch im- Politik der Mediengesellschaft“. die Achsen ‚Macht‘ und ‚Ge- mer hauchdünn“ erweist. Im Die Mehrzahl der darin publizier- schlecht‘ zueinander ins Verhält- Diskurs um Merkels Dekolleté ten Beiträge geht auf die inter- nis setzen“ (S. 74). sei der „machtvolle Status der disziplinäre Konferenz „Politik Ein weiterer Schwerpunkt the- deutschen Regierungschefin […] auf dem Boulevard“ zurück, die matisiert „mediatisierte Gen- in beachtlichem Maße außer im September 2007 an der Frei- derdiskurse“. Hier wird analy- Kraft gesetzt“ worden. Der en Universität Berlin stattfand. siert, welche Rolle die „Dimensi- „konnotierte Widerspruch zwi- Ausgangspunkt ist die These, on Geschlecht“ (S. 18) spielt bei schen Macht und weiblichem dass im digitalen Medienzeital- der diskursiven Abgrenzung zwi- Geschlecht“ wurde „offensicht- ter Gegensatzpaare wie „Öf- schen kultureller Zugehörigkeit lich nicht aufgelöst“ (S. 99). fentliches und Privates, […] Un- und dem Fremden. Der vierte Wie viel stärker uralte Rollen- terhaltsames und Informatives“ Teil beleuchtet die Bedeutung, bilder in den Medien sonst noch nicht mehr geeignet sind, um die das Geschlecht von Modera- herumgeistern und instrumenta- Entwicklungen in der politischen toren bei der Vermittlung von lisiert werden, bringt die Analy- Kommunikation „angemessen Politik spielt und wie wichtig se von Männlichkeitsbildern in zu erfassen“. Als wichtigstes „Emotionen in der medienöf- der Berichterstattung über Krieg Phänomen in diesem Prozess fentlichen Kommunikation“ für und Terror ans Licht. Gleiches wird die „Boulevardisierung“ die Wahrnehmung von Politi- gilt für das Vorgehen, mit dem (S. 8) der Medien identifiziert. kern sind. Dass „Strategien me- in den Medien die „westlich- Die zentralen Fragestellungen, dialer Popularisierung von Poli- weiße Überlegenheit“ (S. 183) die sich daraus für die Heraus- tik keineswegs ein neuartiges gegenüber der orientalischen geberin des Bandes ergeben, Phänomen sind“ (S. 19), bele- Welt immer wieder hergestellt lauten, welche Bedeutung die gen die abschließenden Kapitel. wird. „Geschlechterbilder“ sind „Diskurse des Boulevards für Positiv hervorzuheben ist das in diese „Grenzziehungsprozes- die Konstituierung von Gesell- breite Spektrum an Perspekti- se zwischen Eigenem und Frem- schaft übernehmen“ (S. 9) und ven, unter denen die mediale dem fest eingewoben“ (S. 220). inwiefern dabei „Geschlechter- Konstruktion von Geschlecht Sehr lesenswert! Hier wird die rollen konstruiert, deformiert beleuchtet wird. Der Erkenntnis- Wahrnehmung geschärft für Kli- und umgedeutet werden“ gewinn jedoch variiert von Bei- schees und konstruierte Zusam- (S. 13). trag zu Beitrag – auch wenn je- menhänge, die so subtil sind, In fünf Schwerpunkte unterteilt, des Thema sicher seine inhaltli- dass sie dem Leser gewöhnlich zieht der Band zunächst eine che Berechtigung hat. Einiges entgehen. Fazit des Bandes ins- Parallele zwischen der „Öffnung mag der Leser bereits in seinem gesamt: Es ist noch ein weiter der Profession für Frauen“ und Lebensalltag beobachtet ha- Weg bis zur (medialen) Umdeu- einer „verstärkten Entwicklung ben: etwa, dass man männliche tung der Geschlechterrollen. hin zu Unterhaltungs- und Rat- und weibliche Moderatoren un- geberjournalismus“ (S. 17). terschiedlich wahrnimmt Während Letzteres oft negativ (S. 233 ff.) oder dass Politiker au- bewertet wird, kommt die Auto- thentischer erscheinen, wenn rin zu dem Fazit, dass „populäre sie auch mal Emotionen zeigen Medienangebote gleicherma- (S. 256 ff.). Politik auf dem Boulevard? 3 | 2010 | 14. Jg. L I T E R AT U R Margreth Lünenborg (Hrsg.): Politik auf dem Boulevard? Die Neuordnung der Geschlechter in der Politik der Mediengesellschaft. Bielefeld 2009: transcript. 330 Seiten, 29,80 Euro Vera Linß 85
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