Was bleibt - Pastoralverbund Delbrück Sudhagen

Wird das Licht des Weltjugendtages verlöschen?
Bei uns in der Delbrücker Pfarrkirche steht am Ambo seit dem 05. Juli eine Kerze, die die Teilnehmer
der Pilgerreise zum Weltjugendtag nach Sydney gestaltet haben. Zum Zeichen der Verbundenheit
brannte sie die ganze Zeit, während die 53 Pilger unseres Pastoralverbundes in Australien waren – für
viele Daheimgebliebene auch eine Erinnerung zum Gebet für die Pilger. Bald wird sie abgebrannt sein,
die Frage „Was bleibt?“ steht im Raum und wurde mir schon oft gestellt, meistens jedoch mit einer
vorgefertigten Antwort im Kopf.
Es hat sich gelohnt, der ganze Stress, der ganze Aufwand, der Ärger im Vorfeld (ja, den gab es, das
gebe ich zu!), das viele Geld,… Aber all das ist hundertfach belohnt worden. Umso mehr stimmt es
traurig, dass die Freude gedämpft wird durch kritische Kommentare. Noch in Sydney im Internetcafe
sitzend und gerade vom Papstempfang kommend kann man auf deutschen Internetseiten lesen:
„Weltjugendtag – gottlose Party“ Aha? Gottlos? Auf welcher Veranstaltung waren die denn? Jedenfalls
nicht auf der gleichen wie ich! Wenn man gerade von einer gelungenen Katechese mit einem Bischof
oder gar dem Papstempfang kommt und den Heiligen Geist beinahe greifen konnte, dann stechen
solche Kommentare mitten ins Herz. Wer schreibt so etwas und die viel wichtigere Frage: Warum
schreibt man so etwas?
Nach den Tagen in Sydney, wo man den Heiligen Geist wirklich spüren konnte, wo selbst Menschen,
die dem Glauben nicht so zugewandt sind, begeistert sind von der katholischen Jugend, kommt man
nach Hause und wird gefragt: Was bleibt? Kommen jetzt mehr Jugendliche in die Kirche? Wo sind sie
denn bis zum nächsten Weltjugendtag? Schnelles Resümee: Das hat doch alles nichts gebracht! Die
Antworten, die man geben möchte werden nicht gehört – selbst (oder gerade) nicht bei vielen
Hauptamtlichen unserer Kirche. Interessant ist es ja, dass die Fragesteller oftmals genau wissen, was
wir Pilger erlebt haben müssen, ohne dabei gewesen zu sein. Ich will jedem sagen: Sie sind da, die
Erfolge! Es hat etwas gebracht! Aber wie ist der Erfolg in Sachen Glauben messbar? An der Quote, der
Jugendlichen, die sonntags in die Kirche kommen? Sicher nicht! Das greift zu kurz, man muss sich
schon die Mühe machen genauer nachzuforschen.
Wer schaut denn hin, wenn sich die Jugendlichen im StudiVZ oder per ICQ (Internetforen) über die
wirklichen Erlebnisse austauschen? Das bekommt natürlich niemand mit. Man will doch gar nicht
hören, dass sie wirklich wegen des Glaubens, der Kirche, Jesus Christus, ja sogar wegen des Papstes
in Australien waren! Das ist für viele direkt ausgeschlossen. Wenn man sich beklagt, dass die Antwort
auf die Frage: Wie war’s denn in Australien? nicht begeisternd genug beantwortet wird, dann sollte
man sich auch mal fragen, woran das liegt:
Weil man doch niemanden erzählen kann, dass man von den Worten eines Bischofs in der Katechese
tief berührt war. Weil niemand hören will, dass man das Bedürfnis hatte beichten zu gehen, was man
seit Jahren schon nicht mehr tat; weil niemand hören will, dass man Ehrgeiz entwickelte beim
Papstempfang ganz vorne zu stehen, weil man einen beeindruckenden Menschen hören will, der eine
Richtung weist, die klar und deutlich ist! Wo bekommt man denn heute noch so klare, verbindliche
Richtlinien? Ob man die gut findet oder sich dran reibt ist dabei doch erst einmal zweitrangig!
Na klar, war es ein Event, auch eine Party! Ist das schlimm? Die katholischen Jugendlichen sind doch
keine Stubenhocker, die das Wort Party nur geschrieben kennen! Sie sind ganz normale Jugendliche!
Und darf es denn nicht sein, dass man alle paar Jahre auch mal ein Event erlebt und sich einfach
freuen darf katholisch zu sein?
Erschrecken löst es bei mir aus, wenn man mir sagt: „Es wurde aber auch dauernd für die WJT-Pilger
gebetet, das ging mir schon auf die Nerven! Man kann es auch übertreiben!“ Kann man das wirklich?
Kann man zu viel beten? Mir unverständlich, wie das gehen soll!
Wer meint, dass es für viele nur das Land war, weswegen man sich auf den Weg gemacht hat, der
war sicherlich nicht in einer der Sammelunterkünfte, die wenig komfortabel waren; der hat sicher
nicht bei eisigen Temperaturen auf einer Pferderennbahn übernachtet, um mit dem Papst zu beten;
der war vor allem nicht dabei, als die 200.000 Jugendlichen schweigend vor dem Allerheiligsten
knieten – gut, das konnte man im Fernsehen auch nicht mitbekommen, weil die Stille von den
Kommentatoren zerredet wurde! – der war auch nicht da, als Jugendliche friedlich und fröhlich durch
Sydneys Straßen zogen, obwohl man weder vor noch zurück kam und einen knurrenden Magen hatte.
Das alles kann man doch ehrlich gesagt bequemer und vermutlich sogar billiger haben, bedenkt man
doch dass die Fluggesellschaften bei solchen Gruppenreisen ihre Preise deftig anziehen! Kein
Entgegenkommen spürbar! Wer solche Widerstände auf sich nimmt, der muss doch eine besondere
Motivation haben.
Und die kann man spüren, in den leisen Nebengesprächen derjenigen, die dabei waren. Wenn
Jugendliche sich vornehmen, dass sie ihr Christ-sein mehr leben wollen; wenn Jugendliche den
täglichen Messbesuch bei der Reise als selbstverständlich empfinden; wenn stille und schüchterne
Jugendliche reden, wie ein Wasserfall; wenn Jugendliche nach den ganzen Strapazen schon jetzt klar
haben: Madrid 2011, ich bin dabei!; und wenn sie ihre Bilder von Papst, Bischöfen und Kirchen ganz
selbstverständlich neben Bildern von Kängurus und Koalas in ihr Fotoalbum im Internet stellen –
welches auch nicht-kirchlichen Freunden zugänglich ist; und wenn sie das Weltjugendtagslied als
Handyklingelton haben und sich so täglich an die Tage in Sydney erinnern – dann kann man doch
nicht sagen: Es hat nichts gebracht!
Ja- aber das sind nur Einzelgeschichten – so der Vorwurf von durchaus engagierten Christen. Ich
frage: Sind denn Berufungsgeschichten nicht alles Einzelgeschichten?
Wichtig ist doch die Frage: Wo wird den Jugendlichen denn die Möglichkeit geboten in unseren
Gemeinden den Geist des Weltjugendtags weiterleben zu lassen? Sie könnten so viel bewirken, wenn
man sie mit offenen Armen und ohne Skepsis aufnehmen würde und akzeptieren könnte, dass sie sich
von Worten des Papstes angesprochen fühlen, dass sie beim Kreuzweg eine Gänsehaut verspürten,
die sicherlich nicht nur von der Kälte herrührte!
Diese Jugendlichen haben die „Kraft des Heiligen Geistes empfangen“, schade wäre es, wenn sie nun
die meiste Kraft dafür verwenden müssten, sich für dieses Geschenk zu rechtfertigen und es sich
irgendwie zu bewahren! Sie sind dazu berufen Zeugen Christi zu sein und sie haben dafür einen
Pilgerweg bis ans andere Ende der Welt auf sich genommen –oftmals alles andere als bequem. Nun
lassen wir ihnen doch auch den Raum diesen Geist unter uns lebendig zu halten!
Genug der Vorwürfe: Gott-Sei-Dank gibt es auch viele Menschen, die uns mit ihren Gebeten begleitet
haben, die sich tief mit uns freuen, die wirkliches Interesse haben und nicht zuletzt, die durch
Spenden dazu beigetragen haben, dass uns dieses Erlebnis möglich war! Diesen Menschen sagen wir
ein herzliches: Vergelt’s Gott! Ich glaube fest daran, dass die vielen Gebete daran „Schuld“ waren,
dass die im Vorfeld noch problematischen Dinge sich alle zum guten gewendet haben, sich von selbst
lösten – ich glaube an die Kraft des Gebetes und danke jedem, der diesen Dienst für uns
übernommen hat. Auch ich habe die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und ich kämpfe dafür, dass
diese Kraft mich weiter durch den Alltag tragen kann und dass auch nach dem Abbrennen der WJTKerze in der Delbrücker Pfarrkirche und darüber hinaus der Weltjugendtag noch weiter wirkt. Und ich
weiß, dass ich nicht allein bin – wir werden weitergehen: Ob bis nach Madrid? Wer weiß das schon?
Wir werden mit der Gruppe weiter auf dem Weg bleiben und dafür sorgen, dass der Geist lebendig
bleibt. Wir freuen uns über jeden, der unsere wirklichen Erlebnisse hören will und der mit uns daran
glaubt und dafür betet, dass wir es schaffen den Geist lebendig zu halten.
Gemeindereferentin
Maren Gödde