PRAXIS MASCHINENBAU Was alles im Erz steckt Dezentralisierung erhöht die Anlagenflexibilität – auch in der Laborautomation. Die Herzog Maschinenfabrik, die Anlagen für Laboratorien überall in der Welt liefert, verlässt sich dabei ganz auf Siemens-Komponenten. Fotos: Herzog/Strenger (2) S 18 üdafrika ist ein besonders rohstoffreiches Land und gehört zu den führenden Rohstoffexporteuren in der Welt. Zu den wichtigsten mineralischen Rohstoffen zählen Gold, Diamanten, Platin, Uran, Kohle und Eisenerz. Rund 60 Prozent des Exports entfallen auf diese Güter. Beim Schürfen von Erz spielt nicht nur die Bergbautechnik, sondern auch die Laborausstattung für chemische Analysen eine wesentliche Rolle. Untersuchungen von Erzproben liefern wichtige Erkenntnisse über Qualität und Zusammensetzung des abgebauten Erzes. Fra- Totally Integrated Automation 1-2001 gen nach der idealen Abbautiefe oder der besten Veredelungsmethode können so Kosten sparend geklärt werden. Spezialist für die Herstellung solcher Anlagen ist die Herzog Maschinenfabrik GmbH & Co. im niedersächsischen Osnabrück. Laborausrüstung weltweit. Seit über 40 Jahren konzipiert und erstellt Herzog komplette Laborautomationssysteme. Außerdem baut das Unternehmen Geräte zur Probenvorbereitung sowie Rohrpostsysteme. Diese finden sich in allen Bereichen der Grundstoff-, Chemie- und Nahrungs- mittelindustrie. In weltweiten Vertretungen und Niederlassungen in den USA und Japan sorgen über 200 Mitarbeiter für Kundenbetreuung und schnellen Service. Auch an ein Eisenerzbergwerk in Südafrika hat Herzog ein vollautomatisiertes Laborsystem zur Probenvorbereitung und Analyse geliefert. Geschäftsführer Kai Herzog erläutert den Fortschritt bei solchen Anlagen: „Um die Qualität der Analyseergebnisse zu verbessern und zu sichern, halte ich es für unverzichtbar, die einzelnen Verfahrensschritte in der Prozessanalytik zu automatisieren. Als Kernstück betrachten wir dabei Systeme zur Probenvorbereitung.“ Die ringförmige Gesamtanlage für das Labor der Erzmine besteht aus einem Probenmagazin, einem Wiege- und Teilermodul, zwei Scheibenschwingmühlen, einer Tablettenpresse und einem Aufschlussgerät. In der Mitte steht ein Roboter, der die Einheiten beschickt. Zur Anlage gehören außerdem zwei Röntgenfluoreszenz-Analysegeräte. Die RöntgenfluoreszenzSpektralanalyse (RF-Analyse) ist ein Verfahren der Prozessanalytik. Messen und analysieren. Aus der von einer Materialprobe emittierten Röntgenstrahlung wird deren chemische Zusammensetzung bestimmt. Für diese Untersuchung müssen die Prüflinge in geeigneter Weise vorbereitet werden. Zunächst wird das Erz fein zermahlen, in Ringe gepresst und dann analysiert. Noch genauere Resultate bringt die Spektralanalyse einer Aufschlussperle. Für eine solche Perle – eine glasartige, transparente Scheibe – wird das gemahlene Material mit einem Zusatzstoff (etwa Borat) vermischt und bei Temperaturen bis 1500 Grad Celsius geschmolzen. Bei optimal abgestimmtem Prozess lässt sich die Zusammensetzung einer Probe nach Element und Menge bis in den ppm-Bereich (parts per million) bestimmen. Diese Information dient bei der Weiterverarbeitung des Erzes der kontinuierlichen Prozessverbesserung und Qualitätskontrolle. In einem Magazin, das bis zu 160 Einheiten fasst, stehen die Erzproben in Laborbehältern bereit. Zunächst werden in der ersten Station, dem Wiegeund Teilermodul, etwa 50 Gramm Eisenerz abgewogen; eine der Scheibenschwingmühlen zermahlt es anschließend fein für die Messung. Danach befördert es der Roboter entweder in die Tablettenpresse oder in das Aufschlussgerät. Von dort aus wandern Pressling oder Aufschlussperle zur Röntgenfluoreszenz-Analyse. Bis zu 600 Proben misst das System pro Tag. Die Analyse eines Presslings dauert etwa vier Minuten, die einer Aufschlussperle rund 15 Minuten. Auch vom Automatisierungssystem verlangt die Anforderung an Durchsatz und Geschwindigkeit ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit und Präzision. Bei der Automatisierung setzt Herzog voll auf Dezentralisierung. Das Laborautomatisierungssystem konzipierten die Experten als PC-basierte Lösung, die Intelligenz steckt in den einzelnen Maschinen. Ein PC mit der speziellen Software Prepmaster, einer Eigenentwicklung der Osnabrücker, setzt auf der Visualisierungssoftware Simatic WinCC (Windows Control Center) auf und steuert vollautomatisch das Verfahren. Das Aufschlussgerät, eine komplexe Anlage für sehr hohe Analysegenauigkeit, wird über einen zusätzlichen PC mit der bedarfsgerechten Software Prepstation betrieben. Der Prepmaster übermittelt die Analyseer- Je eine S7-315-2 DP lenkt die Abläufe in dem Wiege- und Teilermodul, den Scheibenschwingmühlen und der Tablettenpresse. Zur eigenständigen Bedienung ist jede Maschine mit einem Operator Panel OP17 ausgestattet. Die Steuerung des Aufschlussgeräts mit Präzisionswägevorrichtung (0,1 Milligramm Genauigkeit), Schmelzvorrichtung sowie integrierter Ultraschallreinigung übernimmt ebenfalls eine S7-315-2 DP mit einem zusätzlichen Peripheriegerät ET 200 zum Anschluss der Analogbaugruppen des Brenners. Jede der Maschinen ist somit vollkommen autark und kann bei Wartungsarbeiten oder Roboteraus- gebnisse an den Host-Rechner und verwaltet die Proben innerhalb des Labors. Kai Herzog nennt seine Gründe für die Wahl des Siemens-Systems: „Ausschlaggebend für WinCC als Bedien- und Beobachtungssoftware war die Offenheit des gesamten Systems. Wir konnten beispielsweise unseren Prepmaster mit dem Open Development Kit problemlos einbinden.“ Labor aus dem Baukasten.Wiegeund Teilermodul, Scheibenschwingmühlen, Tablettenpresse und Roboter kommunizieren über Profibus mit dem PC für das Windows Control Center. Der Datenaustausch zwischen Aufschlussgerät, Host-Rechner und WinCC-Rechner läuft über Ethernet. fällen auch einzeln gefahren werden. Erweitern lässt sich das Laborsystem zu einem späteren Zeitpunkt mit zusätzlichen Analysesystemen (etwa für die Korngrößenbestimmung) und Geräten zur Probenvorbereitung. Herzog kombiniert Einzelmaschinen nach Kundenwunsch modular im Baukastenprinzip zu kompletten Anlagen. Bei einer Exportquote von über 80 Prozent achtet das Unternehmen bei Lieferanten und Partnern auf deren weltweites Service- und Supportnetz. Das Konzept geht auf: Nachdem Herzog 2000/2001 bereits vier roboterbasierte Laborautomationssysteme ausgeliefert hat, liegen nun Bestellungen für weitere Anlagen vor. ■ Ein Roboter beschickt die einzelnen Module eines kompletten Laborsystems mit Erzproben Totally Integrated Automation 1-2001 19
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