Haustech Chefredaktorin Monika Schläppi hat sich mit René Herzog

Markt
«Ich muss lernen,
loszulassen»
Stabswechsel, Unternehmertum und Marktchancen –
Haustech hat sich mit René Herzog über seine Firma und die
dahinterstehende Philosophie unterhalten. Interview Monika Schläppi
Haustech: Ihnen wird nachgesagt,
dass Sie «Unternehmer aus Leidenschaft» sind.
Woher kommt diese Leidenschaft?
René Herzog: Ich fühle mich ganz einfach zum Unternehmertum hingezogen. Und wenn man etwas
gerne macht und Freude daran hat, dann entfacht das
ein Feuer oder eine Leidenschaft. Das kann in verschiedenen Bereichen sein. Ich habe bereits in jungen
Jahren gewusst, dass ich Unternehmer werden will.
Ich glaube, ich habe es sozusagen in meinen Genen,
denn mein Vater war bereits Unternehmer.
Man wird also mit einem Unternehmergeist
geboren, das kann man nicht lernen?
Feinkorrekturen gibt es schon, aber eine gewisse
Grundhaltung muss vorhanden sein.
Welche Eigenschaften gehören dazu?
Man muss dazu bereit sein, zuerst zu säen, bevor man
ernten kann. Dazu gibt es ein schönes Sprichwort: Der
Manager lebt von der Firma – der Unternehmer lebt
für die Firma. Das war bei mir in den vergangenen
37 Jahren auch so, ich habe mein Leben der Firma
untergeordnet. Ich war immer bereit zu investieren,
sei es materiell oder ideell. Ein Unternehmer muss
zudem abwägen, wo allfällige Risiken liegen und wo
er investieren sollte. Wobei man nie eine 100-prozentige Trefferquote erzielt. Das sind für mich die wichtigsten Voraussetzungen, die ein Unternehmer mitbringen muss und ihn auszeichnen.
Muss ein Unternehmer nicht auch
Visionen entwickeln können?
Dazu benötigt man eine klare Strategie, die mit Überzeugung vertreten werden muss. Der Unternehmer
geht voran und muss Mitarbeiter und Kunden von
seinen Ideen begeistern und überzeugen. Nur so
stellt sich der Erfolg ein.
Ihre Rolle als Unternehmer hat sich nun
mit der Stabsübergabe Anfang März geändert.
Was wird mit dem Generationenwechsel
bei der Herzog Kull Group anders werden?
Ich hoffe, dass sich beim eingeschlagenen Kurs und
beim Erfolg der Firma nicht sehr viel ändern wird.
Aus­ser dass jetzt eine neue Generation das operative
Geschäft leitet. Es ist nicht so, dass ich mit meiner
Arbeit komplett aufhöre. Als Delegierter des Verwal-
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tungsrats der Holding und Präsident der Tochtergesellschaften werde ich auch weiterhin für die strategische Ausrichtung der Gruppe verantwortlich sein.
Ändern wird sich lediglich, dass andere Personen
das Tagesgeschäft übernehmen. Und auf mich bezogen werde ich wohl lernen müssen, loszulassen.
Ist dies ein schwieriger Prozess?
Nur wenn die Geschäfte schlecht laufen, könnte es
schwierig werden, dass ich mich nicht einmische. Ich
werde mir aber alle Mühe geben, dass dies nicht
passiert. Was mich sehr zuversichtlich stimmt, ist
unser starkes Team. Es sind bewährte Persönlichkeiten mit grosser Fachkompetenz, die bereits seit
mehreren Jahren als Verantwortliche einer Region in
der Gruppe tätig sind. Von dieser Seite her gesehen,
habe ich ein sehr gutes Gefühl.
Haben Sie einen Leitsatz?
Den Dingen, die man nicht selber verändern kann,
muss man mit einer gewissen Gelassenheit entgegensehen. Bei Sachen, die man hingegen mitgestalten
kann, muss man aktiv sein und im Leben nichts dem
Zufall überlassen.
Wie wird das Unternehmen in Zukunft aussehen?
Wir haben eine Gruppengeschäftsleitung, welche unser oberstes Führungsorgan ist. Dort sitzen bewährte
Verantwortliche der einzelnen Regionen, wie beispielsweise Christian Lüthi, der die Region Mitte führt.
Er ist neu zugleich auch Vorsitzender der Geschäftsleitung. Unser zukünftiges Modell besteht darin, dass
alle zwei Jahre diese Position hinterfragt wird. Es kann
sein, dass plötzlich die zusätzliche Belastung für den
Vorsitzenden der Geschäftsleitung zu gross wird. Der
Grund könnte zum Beispiel eine spezielle Lebenssituation im Zusammenhang mit der Familie sein. Dann
würde nach zwei oder vier Jahren eine andere Person
den Vorsitz übernehmen. Deshalb wollen wir diese
Aufgabe von vornherein nicht auf eine Person fixieren. Es kann aber auch sein, dass Christian Lüthi
die operative Leitung über eine längere Zeitperiode
übernimmt. Oder er sagt nach sechs Jahren, ich habe
es erfolgreich gemacht, nun soll eine andere Person
meine Stelle übernehmen.
Arbeiten die Regionalverantwortlichen
selbstverantwortlich?
René Herzog: «Es war der
richtige Moment, den
Stabswechsel zu vollziehen.»
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Das ist ein sehr schönes Bild. War es für Sie ein
langer Prozess, die Nachfolgeregelung zu ordnen?
Wenn Sie heute Zeitung lesen, wird über einige Manager geschrieben, dass sie jetzt mehr Zeit mit Reisen
verbringen wollen oder mehr Zeit für ihre Kinder haben möchten. Oder sie müssen ihren Posten räumen.
Das ist bei mir nicht der Fall, denn ich sprühe immer
noch vor Ideen. Ich will auch das Geld nicht aus der
Firma nehmen. Sondern ich will lediglich einen Schritt
Focus
René Herzog (64), gelernter Elektrotechniker TS,
ist Delegierter des Verwaltungsrates und
Vorsitzender Gruppen-Geschäftsleitung der
Herzog-Kull-Group (HKG) mit 150 Beschäftigten.
Er machte sich 1978 selbstständig und gründete
mit seinem Partner Hansrudolf Kull in Aarau ein
Ingenieurbüro.
Nach 37-jähriger Tätigkeit hat Firmengründer
und Hauptaktionär René Herzog am 6. März die
Verantwortung der operativen Leitung den
sieben Mitgliedern der Gruppen-Geschäftsleitung
unter dem Vorsitz von Christian Lüthi übergeben.
René Herzog konzentriert sich seit Anfang April
2015 auf die Aufgaben im Verwaltungsrat der
Tochtergesellschaften und der Herzog Kull Group
Holding. Die neue Führungs-Crew repräsentiert
zusammen mit der Familie Herzog und
deren Nachfolger Marc Herzog das neue
Haupt-Aktionariat der Holding.
Auf den 1. April 2015 wurde die Herzog Kull
Group in hkg engineering und hkg consulting
umformiert. Die Niederlassungen der Herzog Kull
Group Holding umfassen 13 Standorte, davon
neun in der Deutschschweiz (Aarau, Baden,
Bern, Luzern, Pratteln, Rotkreuz, Sion, St. Gallen
und Zürich) sowie Fribourg, Genf, Lausanne
und Yverdon in der Romandie.
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zur Seite treten, damit die nächste Generation nach
vorne rücken kann. Einer meiner Söhne arbeitet bereits im Unternehmen, allerdings noch nicht in einer
Führungsfunktion. Er wird jedoch darauf vorbereitet,
in drei bis vier Jahren der Finanzchef der Firma zu
werden. Diese Entwicklung ist auf gutem Weg,
worüber ich mich sehr freue.
Ihr Fokus liegt jetzt mehr auf der strategischen
Ausrichtung der Firma. Gibt es in diesem Bereich
eine Richtungsänderung?
Wir haben unmittelbar vor der Katastrophe von
Fukushima unseren Beirat Energie/Ökologie ins
Leben gerufen. Der Grund war, dass wir uns zu
einem ganzheitlichen Denken bei der Energieeffizienz verpflichten wollten, was ein langer Prozess ist.
In diesem Sinne wollen wir das interdisziplinäre
Denken und Handeln weiterentwickeln.
Hat der Beirat bereits entscheidende
Weichen stellen können?
Es ist ein beratender und nicht ein entscheidender
oder ausführender Beirat. Wir tauschen uns zweimal
im Jahr aus, es sind sozusagen unsere Sparringpartner zu Fragen betreffend Politik, Wirtschaft,
Wissenschaft und Energie. Die gesamtheitliche
Betrachtungsweise hilft uns sehr bei der weiteren
Ausrichtung.
Sie sind in der Westschweiz mit der CSD Gruppe
eine Allianz eingegangen. Warum?
Wir sind davon überzeugt, dass die Schweizer Ingenieurlandschaft in Zukunft von ein paar grossen Firmen
dominiert werden wird. Der ganzheitliche Ansatz bei
der Komplexität des Engineerings nimmt zu. Wenn
man heute ein komplexes Bauvorhaben plant, sitzen
20 Personen am Tisch. Unser Ansatz ist, dass wir zusammen mit CSD die Beteiligten auf fünf oder sechs
Personen reduzieren können. Wir sehen uns dabei in
der Rolle eines technischen Generalplaners. CSD besitzt
das Know-how in Statik, Geologie, Bauphysik, Bauakustik, Altlasten, Energie und Nachhaltigkeit. Wir
bieten Elektro-Engineering, Gebäudeautomation, Brandschutz und Sicherheits-Engineering an. Zusammen mit
CSD sind wir für die Generalplaner eine grosse Entlastung. Das ist die Richtung, in die wir gehen wollen.
Warum findet die Zusammenarbeit
hauptsächlich in der Romandie statt?
CSD hat in der Romandie eine grössere Marktpräsenz
als in der Deutschschweiz. Hier wird die CSD-Gruppe
mehr im Umwelt-Engineering wahrgenommen. Wir
werden in Zukunft projektbezogen und situativ
unsere Dienstleistungen anbieten. Das Ziel ist aber,
auch in der Deutschschweiz zusammenzuarbeiten.
In welchen Gebieten sehen Sie Wachstumschancen?
Ich denke, dass uns das Thema Energie in den nächsten Jahren noch stark beschäftigen wird. Bei der Effizienz und der Gleichstromtechnik sehe ich eine weitere positive Entwicklung und grosse Chancen. Für
eine Ingenieurgruppe, wie wir es sind, bestehen Möglichkeiten, sich auch dort zu profilieren. Dann wird
auch mit der ganzen Technologisierung, beispielsweise
BIM, eine Menge auf uns zukommen.
Fotos: Peter Frommenwiler
Bei uns sind die Verantwortlichen der Regionen
sehr autonom, es ist nicht notwendig, dass ein CEO
der Holding überall reinredet. Das habe ich nie gemacht. Man muss eine gewisse Sensibilität entwickeln,
wenn jemand Unterstützung benötigt. Wir haben sieben Personen, die, mit Ausnahme von Roger Neuhaus,
wesentlich mehr als 10 Jahre bei der HKG tätig sind.
Es war für mich immer eine Lebensweisheit: Handle
so, wie du es auch erwarten würdest. Hier sind fähige
Mitarbeiter, die zwischen 45 und 50 Jahre alt sind. Ich
kann ihnen nicht erst mit 60 die Führung der Firma
übergeben. Sie wollen jetzt mehr Verantwortung
übernehmen und ihre Ideen verwirklichen. Es ist also
der richtige Moment, den Stabswechsel zu vollziehen.
Mir hat kürzlich ein Personalchef gesagt: Als Seniorchef bist du wie ein alter, mächtiger Baum mit grossen
Ästen. Und unten stehen die kleineren Bäume. Jetzt
muss man beim alten Baum ein paar Äste herausschneiden, damit die Sonne zu den kleineren Bäumen
gelangt und diese die Chance haben, schneller zu
wachsen. Wenn man das macht, sollte man aber
aufpassen, dass der alte Baum nicht gleich ganz
umgelegt wird.
und geschätzt werden. Nach dem Motto: Am Schluss
nehmen wir noch schnell den Elektroingenieur. Alle
anderen am Bau Beteiligten, für Heizung, Lüftung und
Wasser, sind bereits vorher im Boot.
Aus diesem Grund wurde der neue Berufsverband
Swiss Gebäude-Elektroengineering, Swissgee, gegründet. Unser Berufsverband sollte unsere Aufgaben und Tätigkeiten in das richtige Licht rücken.
Wenn man nur schon die vielen Datenpunkte, die
ein Gebäude besitzt, anschaut, dann würde ohne
einen Elektroingenieur gar nichts laufen.
Das Gebäude wäre praktisch tot.
Genau. Über Jahre haben wir unser Licht unter den
Scheffel gestellt. Von Swissgee erwarte ich, dass
unsere Interessen und Tätigkeiten in der ganzen
Baubranche offensiver vertreten werden.
Wie wichtig ist für Sie die Zusammenarbeit
mit Forschungsanstalten und Hochschulen?
Der Kontakt ist für uns sehr wichtig. Zum einen
werden an den Hochschulen unsere Nachwuchskräfte
ausgebildet, zum anderen reichen wir Themen für
Studienarbeiten und Abschlussarbeiten ein. Daraus
resultiert wiederum ein guter Kontakt zu den jeweiligen Studierenden.
Wie sieht es mit der berufsbegleitenden
Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter aus?
Diese Art von Weiterbildungen unterstützen wir
selbstverständlich sehr. Beispielsweise hat auch der
Geschäftsführer der Niederlassung Rotkreuz seine
Ausbildung berufsbegleitend absolviert. Ich finde, dies
ist ein sehr guter Weg, um Karriere zu machen. Nicht
nur für die Berufsleute selbst, auch für ein Unternehmen ist diese Art von Weiterbildung sinnvoll.
René Herzog: «Wir wollen das interdisziplinäre
Denken und Handeln weiterentwickeln.»
Ich habe das Gefühl, dass es zukünftig eine
Zweiklassengesellschaft geben wird. Dabei werden
sich hauptsächlich die grossen Büros mit interdisziplinären Themen aktiv beschäftigen und diese Leistungen auch anbieten können. Ansonsten haben wir
hier in der Schweiz grosse Bewährungsproben vor uns.
In der momentanen Situation, im Zusammenhang mit
dem Eurokurs, fällt es einem nicht ganz leicht, in der
Schweiz Wachstumschancen zu sehen. Es muss uns
vor allem gelingen, den Schweizer Werkplatz wettbewerbsfähig zu halten.
Wie beurteilen Sie den Stellenwert der
Elektroplanung innerhalb der Planung?
Sollte sie nicht schon von Anfang an in die
Projektierung miteinbezogen werden?
Da sprechen Sie ganz ein wichtiges Thema an. Nicht
nur wir von HKG, sondern die ganze Branche stellt
mit Sorgenfalten fest, dass wir ein Stiefmütterchen­
dasein fristen. Wir haben das Gefühl, dass unsere Aufgaben und Tätigkeiten nicht richtig wahrgenommen
Das Monitoring vom HKG-Neubau in Aarau wird
durch die Hochschule Luzern durchgeführt.
Es handelt sich dabei um ein BFE-Projekt, bei dem verschiedene Energieklassen und Gewerke untersucht
werden. Im Moment sind wir daran, das Reporting der
Energieklassen zu erstellen, diese Arbeiten sind noch
nicht abgeschlossen. Unsere Zusammenarbeit mit der
Hochschule Luzern läuft, die abschliessenden Beurteilungen werden wir aber erst im nächsten Jahr erhalten.
Zum Schluss noch eine Frage zur Stabsübergabe:
Was möchten Sie der Firma auf den weiteren Weg
mitgeben, was ist wichtig für HKG?
Es gibt viele Elemente des Erfolgs. Sehr wichtig ist die
Flexibilität, um sich an Veränderungen anpassen
zu können. Seien dies eine andere wirtschaftliche
Situation, andere Kundenbedürfnisse oder auch gesellschaftliche Veränderungen. Als Dienstleistungsbetrieb muss man sich jeden Tag neu bestätigen und
man darf sich nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen.
Es ist wichtig, dass unsere HKG-Schaffenskraft erhalten bleibt. Das Vorleben der Werte und eine gute
Firmenkultur war für mich immer das Wichtigste. Ich
wünsche mir, dass auch weiterhin die Einstellung
herrscht, dass man von anderen Personen nichts
verlangt, was man nicht bereit ist, auch selbst zu tun.
Dies gilt sowohl für die Mitarbeitenden als auch für die
Geschäftsleitung.
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