Parksünder in Uniform verärgern die Anwohner

Mittwoch,10. Juni 2015 | Fr. 3.–
(inkl. MWSt)
Nummer 132 | 173. Jahrgang
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Meinungen/Profile/Impressum 8–9 Region 11–17 Wetter 18 Kultur 19–28 Notfälle 24 Bestattungen 24 Fernsehen/Radio 26–27 Wirtschaft 29–31 Kino 30 Börse 32–33 Sport 34–36
Ein Stück Pergament. Vor 800 Jahren
wurde die Magna Carta unterzeichnet,
sie räumte dem Adel und den Bürgern
Englands umfassende Rechte ein. Bis
heute ein Leitsterndokument. Seite 3
Parksünder in Uniform
verärgern die Anwohner
Schweiz
Polizisten nutzen Parkverbotsfelder als Gratisparkplatz
Thema
Asylzahlen. Die Zahl Personen, die in
der Schweiz Asyl suchen, ist im Mai
sprunghaft angestiegen. Seite 4
Finanzausgleich. Die reichen Kantone
beharren auf Kürzung ihrer Beiträge –
und drohen unverhohlen. Seite 5
International
Einschüchterung. Wer den russischen
Einsatz in der Ukraine thematisiert,
gerät in Moskau unter Druck. Seite 6
Das grosse Geld. Der Kapitalismus ist
in Kuba angekommen: Die Menschen
testen die neuen Freiheiten. Seite 7
Basel
Evakuation. Bei Strassenarbeiten in
der Nähe des Roche-Turms riss ein
Bagger eine Gasleitung auf. Seite 12
Schuldspruch. Eine betagte Frau fuhr
eine Velofahrerin fast tot – das Strafgericht verurteilte sie nun. Seite 16
Von Alexander Müller
Basel. 171 Fahrzeuge sind bei der Bas-
ler Polizei im Einsatz, von Kastenwagen
über Patrouillenfahrzeuge bis hin zu
zivilen Dienstwagen. Der riesige Fahrzeugpark braucht Platz und der ist in
einer kleinräumigen Stadt wie Basel
nicht unbeschränkt verfügbar. Zwar hat
jedes Blaulichtfahrzeug einen eigenen
Einstell- oder Abstellplatz. Im Einsatz
benötigt die Polizei aber auch Parkplätze vor den Polizeiposten. Genau
dafür gibt es vor den Stützpunkten der
Kantonspolizei die gelbe Parkverbotszonen, die mit «Polizei» beschriftet
sind. «Dieser Bereich dient dem Güterumschlag sowie als Halte- und Parkiermöglichkeit während Dienstfahrten»,
sagt Martin Schütz, Sprecher der Basler
Polizei. Für alle anderen bedeutet das
Feld: Parkieren verboten. Das gilt auch
für die Privatautos der Polizisten.
Doch nun zeigt sich: Diejenigen, die
den ganzen Tag Jagd auf Falschfahrer
und Parksünder machen, halten sich
selbst nicht an die Verkehrsregeln. Die
BaZ hat auf Hinweis eines Anwohners
während Wochen die Parkfelder vor
den Polizeiwachen Kannenfeld und
Gundeldingen im Auge behalten und
die Autonummern notiert.
Das Ergebnis: Zahlreiche Polizisten
nutzten die Parkverbotsfelder als Gratisparkplatz während ihrer Arbeitszeit.
Insgesamt zwölf Fahrzeuge konnten
zweifelsfrei als Privatauto von Polizisten oder einer Polizistin identifiziert
werden. Bei zahlreichen weiteren Fahrzeugen, meist mit Baselbieter Kennzei-
chen, die dort regelmässig gesehen
wurden, bestand eine Auskunftssperre.
Die Vermutung liegt nahe, dass auch
diese Autos Polizeiangehörigen gehören, zumal die Autos teilweise den ganzen Tag oder die ganze Nacht über ohne
Busse vor dem Polizeiposten abgestellt
waren.
Die meisten identifizierten Privatautos gehörten pendelnden Polizeiangehörigen aus dem Baselbiet und dem
Aargau. Aber auch Kollegen aus dem
Kanton Basel-Stadt nutzten die gebühren- und bussenfreie Abstellfläche.
Pikant ist: Das Parkverbotsfeld vor
dem Kannenfeldposten wurde erst
kürzlich vergrössert. Aus Sicht der Polizei sind die «Parkmöglichkeiten für Einsatzfahrzeuge aber noch immer knapp
bemessen». Seite 11
Ein Kabinett für die Stararchitekten
Kultur
DJ der Kunst. Der MulitmediaKünstler Haroon Mirza zeigt seine
Werke im Museum Tinguely. Seite 20
Wirtschaft
London/Hongkong. Europas grösste
Bank HSBC kommt nicht zur Ruhe.
Weltweit sollen bis zu 50 000 Stellen
wegfallen. Bis Ende 2017 sollen so die
jährlichen Kosten um bis zu fünf Milliarden Dollar gesenkt werden. Ausserdem
prüft die britische Bank bis Ende Jahr
einen Umzug nach Asien. «Wir haben
die HSBC bereits verändert, aber das
reicht nicht», sagte Bankchef Stuart
Gulliver den Investoren am Dienstag bei
der Erläuterung der neuen Strategie.
Gulliver steht seit Anfang 2011 an
der Spitze der Bank. Im Zuge eines harten Sparprogramms sollen bis zu
25 000 Stellen gestrichen werden. Ausserdem zieht sich die Bank aus ihren
Geschäften in der Türkei und weitgehend auch aus Brasilien zurück, wie
die HSBC am Dienstag in Hongkong
mitteilte. Durch den geplanten Verkauf
dieser Geschäfte wird der Personalbestand um weitere gut 25 000 Stellen
verringert. In einigen Wachstumssegmenten sowie im ComplianceBereich sollen laut der Mitteilung auch
neue Stellen geschaffen werden.
Ende 2007 arbeiteten noch mehr als
300 000 Personen für die HSBC. Die
Bank hatte ihre Mitarbeiterzahl schon
in den vergangenen Jahren kräftig
gekürzt. Zuletzt hatte sie noch rund
258 000 Arbeitsplätze. Alles in allem
soll die Zahl der Vollzeitstellen bis 2017
auf etwa 208 000 bis 211 000 reduziert
werden. SDA Seite 29
Aussendepartement und Stadt
Zürich unterstützen Ausstellung
Sport
Missglückt. Die Schweizerinnen
verlieren an der Fussball-WM gegen
Weltmeister Japan mit 0:1. Seite 35
Wetter
Region. Von allem und jedem gibts
heute überall ein bisschen: erst Nebel,
dann Sonne, ein paar Quellwolken, aus
denen es auch mal regnet. Seite 18
www.baz.ch
Online. Heute ist der Tag der
Gipfeltreffen: Der EU-LateinamerikaGipfel findet in Brüssel statt und
der Gipfel der Afrikanischen Union in
Johannesburg. Wir berichten live.
9 771420 300001
Basler Architekturstiftung. Im Helsinki Dreispitz Lager haben die beiden Basler Architekten Jacques Herzog und
Pierre de Meuron auf 3000 Quadratmetern ein Kabinett für ihre Arbeiten eingerichtet. Über eine gemeinnützige Stiftung soll
der Nachlass der Architekten in Basel seinen permanenten Standort haben und der Öffentlichkeit zugänglich bleiben.
In das Kabinett wurde auch die Fotosammlung von Ruth und Peter Herzog integriert. ras Foto Kostas Maros Seite 19
Premiere
auf Plastik
Franz kandidiert
für Nationalrat
Die Nationalmannschaft testet
gegen Liechtenstein
Der CVP-Unternehmer sorgt
sich um den Werkplatz Schweiz
Spiez. Am Sonntag ist der letzte wich-
Liestal. Mehrere Tage liess er sich
Bedenkzeit, gestern nun hat Bauunternehmer Remo Franz die Katze aus dem
Sack gelassen: Der Verwaltungsratspräsident der Aescher Rofra-Gruppe
kandidiert als Nationalrat für die Baselbieter CVP. «Der Werkplatz Schweiz
macht mir ernsthaft Sorgen», sagt Franz
zur BaZ. Es sei mehr Verständnis für die
Wirtschaft notwendig. Dieses Wissen
könne und wolle er einbringen.
Mit seiner Zusage wird der Kandidatenkreis der CVP um eine bekannte Persönlichkeit reicher. Zugleich erhält die
bisherige CVP-Nationalrätin Elisabeth
Schneider-Schneiter einen starken Herausforderer. Franz versteht sich nicht
als Alternative zu ihr, sondern als
Ergänzung. Die CVP solle im Herbst mit
einer möglichst starken Liste in den
Wahlkampf ziehen. ck Seite 17
tige Termin dieser Fussballsaison. Wenn
die Schweizer Fussballnationalmannschaft in Vilnius gegen Litauen spielt,
geht es für das Team von Vladimir
Petkovic um drei wichtige Punkte im
Kampf um die Qualifikation zur Europameisterschaft 2016 in Frankreich. Im
Hinblick auf dieses Spiel testet die
Schweiz heute Abend gegen Liechtenstein (20.15 Uhr, SRF 2 live).
Das Testspiel hat zwei Gründe.
Einerseits sollen die Spieler, die teilweise schon vor einem Monat ihre Saison beendet haben, Spielpraxis erhalten. Andererseits will Petkovic sein
Team auf Kunstrasen spielen lassen.
Denn das Spiel gegen Litauen wird auf
eben dieser Unterlage stattfinden. Für
die Schweizer Nationalmannschaft eine
Premiere. ms Seite 36
Orientierung nach Asien
Steuergelder
für Israel-Kritik
Online wachsen. Fast alle befragten
E-Commerce-Händler erwarten auch
dieses Jahr höhere Umsätze. Seite 31
00132
HSBC streicht
50000 Stellen
Die Tories sind gespalten
Britisches Unterhaus stimmt für Referendumsgesetz
Von Sebastian Borger, London
Es war das grosse Wahlversprechen von
David Cameron: Doch die gestrige
Debatte im Unterhaus über das Referendumsgesetz, das eine Volksabstimmung
erst ermöglichen soll, hat das Misstrauen, das dem britischen Premierminister aus den eigenen Reihen entgegenschlägt, verdeutlicht. Tiefe Gräben
tun sich innerhalb der konservativen
Partei auf und holen den Premierminister kaum einen Monat nach dem überzeugenden Wahlsieg auf den Boden der
Tatsachen zurück. Die «Conservatives
for Britain» – 50 Tory-Hinterbänkler,
die sich am Wochenende zusammengeschlossen haben – befürworten entschieden den Austritt aus der EU und
provozieren jene gemässigten Kräfte in
der Partei, für die ein gesunder Patriotismus mit der Mitgliedschaft in der
Union vereinbar ist.
Cameron selbst hat allerdings
immer wieder erklärt, dass sich seine
konservative Regierung im Prozess des
Referendums geschlossen hinter ihn
stellen müsse, zuletzt am Rande des
G-7-Gipfels. Doch nur einen Tag später
musste sich der Premier korrigieren.
Ein halbes Dutzend EU-Feinde sitzt am
eigenen Kabinettstisch und wartet nur
auf einen weiteren Fehltritt des Chefs.
Aussenminister
Philip
Hammond
beschwor gestern die Einigkeit seiner
Partei mit der Bevölkerung: «Die grosse
Mehrheit will, dass Grossbritannien in
der reformierten EU bleibt.»
Laut den jüngsten Umfragen hat
sich die Stimmung in Grossbritannien
tatsächlich geändert. Derzeit würden
55 Prozent der Befragten für einen Verbleib im Club stimmen, nur 36 Prozent
dagegen. Möglicherweise können sie
schon im nächsten Frühling über den
Verbleib in der EU abstimmen. Seite 6
Zürich. Sie nennt sich Breaking the
Silence und will den Alltag ihres Einsatzes in der Westbank zeigen: die Gruppe
von israelischen Reservisten, die derzeit
in Zürich Bilder und Videos zeigt. Darstellungen allein aus ihrer Sicht. Doch
nicht nur deshalb wirft die Ausstellung
im Kulturhaus Helferei Wellen. Neben
notorisch israelkritischen Organisationen wie Caritas, Heks und dem Christlichen Friedensdienst beteiligen sich
auch die Stadt Zürich und das Eidgenössische Aussendepartement an den
Kosten Ausstellung. Letzteres hat für die
Gruppe Breaking the Silence zudem
weitere 158 000 Dollar budgetiert –
Geld, das aus den Taschen Schweizer
Steuerzahler kommt.
Die Ausstellung blieb nicht ohne
politische und diplomatische Folgen:
Sie war Thema im Parlament und der
israelische Botschafter in der Schweiz
schaltete sich ein. heu Seite 4
Falsche
Statistiker
Betrüger erschleichen sich
am Telefon private Daten
Basel. Dem Statistischen Amt Basel-
Stadt sind in den vergangenen Tagen
rund ein Dutzend suspekte Anrufe von
vermeintlichen Mitarbeitenden des Statistikamts gemeldet worden. Die Anrufer geben sich als Kantonsstatistiker aus
und versuchen eine Befragung durchzuführen, bei der sie persönliche Daten
sammeln. Die Angerufenen würden
dabei zum Teil unter Druck gesetzt, sagt
Madeleine Imhof, Leiterin des Statistischen Amts. So werde behauptet, eine
Verweigerung der Teilnahme an der
Umfrage sei strafbar.
Darüber, was die Anrufer mit den
erschlichenen Daten anfangen, herrscht
Ungewissheit. Als eine Möglichkeit
steht die Vorbereitung von Einbrüchen
im Raum, die Sammlung von Informationen für spätere Betrugsversuche als
eine andere. ni/ch Seite 13
Kultur.
| Mittwoch, 10. Juni 2015 | Seite 19
Mit Licht und Ton
Zwischen Genie und Wahn
Begeisternde Raumspiele. Raumgreifende Licht- und
Ton-Installationen von Haroon Mirza sind ab Mittwoch im
Museum Tinguely Basel zu erleben. Seite 20
Lebende Musiklegende. Brian Wilson war die Triebfeder
der Beach Boys. Der Kinofilm «Love & Mercy» zeichnet zwei
Stationen seines bewegten Lebens nach. Seite 21
Eine Wunderkammer der Architektur
Herzog & de Meuron haben im Helsinki Dreispitz Lager ein Kabinett für ihre Arbeiten eingerichtet
Kunstsammlung der Architekten. Jacques Herzog (links), Esther Zumsteg und Pierre de Meuron im für den Bilderzyklus von Rémy Zaugg eingerichteten Raum.
Von Raphael Suter
Basel. Den Begriff «Schaulager» vermeiden die Architekten Herzog & de
Meuron tunlichst. Sie wollen bewusst
keine Verbindung zum ebenfalls von
ihnen erbauten Schaulager in Münchenstein schaffen und sprechen deshalb lieber von einem Kabinett. «Kabinett ist ein intimer Begriff, er steht für
etwas, das über Jahrzehnte entstanden
ist und mit Sorgfalt betreut wird und
trotz seinen umfangreichen Beständen
überschaubar bleiben soll», meinte Jacques Herzog.
Dass die beiden berühmten Basler
Architekten auf dem Dreispitz eine
Mischung zwischen Schau- und Lagerraum planen, sickerte schon früher
durch. Gestern wurden die 3000 Quadratmeter grossen Räumlichkeiten erstmals den Medien vorgestellt. Gleichzeitig gaben Pierre de Meuron und Jacques Herzog bekannt, dass sie eine
gemeinnützige Stiftung gegründet
haben, damit der Nachlass der Öffentlichkeit zugänglich bleibt. «Unser
zentrales Anliegen ist es, dass der
gesamte Inhalt des Kabinetts in Basel
seinen permamenten Standort behält
und dadurch zum kulturellen Reichtum
unserer Stadt, der uns ein Leben lang
beflügelte, beitragen kann», erklärte
Herzog und fügte hinzu: «Mit der Gründung des Kabinetts wollen wir zudem
der Erbschaftsproblematik ausweichen
und unseren Nachlass dem Kunsthandel entziehen.»
Auf dem Dreispitz archivieren Herzog und de Meuron ihre seit 1978
enstandenen Arbeiten – solche die realisiert und solche die nie ausgeführt worden sind. Am Anfang steht ein spektakulärer Entwurf für die Neugestaltung
des Marktplatzes. Die damals noch
unbekannten Architekten hatten die
Idee, den Platz unverändert zu belassen, aber durch eine ohrförmige
Öffnung die Existenz der darunter fliessenden Birs in Erinnerung zu rufen.
«Das Projekt würde auch heute noch
bestehen», meinte Jacques Herzog.
Rund 480 Projekte lagern im Kabinett, das eigentlich eine Wunderkammer der Architektur ist. In mehreren Teil-Kabinetten sind hier Pläne,
Bilder, Modelle, Texte und Zeichnungen archiviert. Mit wenigen Ausnahmen stammen die Zeichnungen und
Skizzen alle aus der Hand von Jacques
Herzog und Pierre de Meuron.
«Wir haben sehr sorgfältig ausgewählt, was wir behalten wollen und was
nicht», sagte de Meuron. In einem speziellen Schauraum, dem sogenannten
Fundus, zeigen die Architekten am Beispiel des Pavillons in der Londoner Serpentine Gallery, wie eine Arbeit entsteht und wächst. Das im Sommer 2012
im Kensington Garden realisierte Projekt enstand in Zusammenarbeit mit
dem chinesischen Künstler Ai Weiwei.
Erste Skizzen, Pläne, Modelle und
Prototypen der Korksitze dokumentieren den Enstehungsprozess. Eine Fotoarbeit von Hiroshi Sugimoto aber auch
alte Fotografien aus der Sammlung von
Ruth und Peter Herzog schaffen weitere
Bezüge zum Serpentine Pavillon.
Architektur als Teamarbeit
Jacques Herzog und Pierre de Meuron haben die Fotosammlung von Ruth
und Peter Herzog «eher aus spontaner
Entschlossenheit und aufgrund einer
konkreten Gelegenheit und keineswegs
aus strategischer Absicht erworben und
in ihre Stiftung eingebracht. Die mehr
als 300 000 Fotos werden jetzt aufgearbeitet und sollen das Kabinett ergänzen.» «Die Kraft dieser Fotografien ist
beeindruckend», schwärmte Pierre de
Meuron. Für ihn soll das Kabinett zu
einem lebendigen Ort werden, wo studiert, recherchiert und diskutiert werden kann. Im Helsinki Dreispitz Lager
arbeiten auch 60 Personen des Architekturbüros. «Hier wird deutlich, dass
Architektur eine Teamarbeit ist», meinte
Jacques Herzog.
Herzog und de Meuron bringen
nicht nur ihr Projektmaterial in die Stiftung ein, sondern auch ihre Kunstsammlung, die in einem eigenen Kabi-
Fotos Kostas Maros
nett integriert ist. Durch ihre Projekte
haben die Architekten mit Künstlern
wie Rémy Zaugg, Ai Weiwei, Thomas
Ruff, Andreas Gursky oder Hiroshi
Sugimoto zusammengearbeitet. «Diese
Kunstwerke sind durch Erwerb oder als
Geschenke, Arbeitsproben oder Auftragsarbeiten an uns gelangt und sind
unverzichtbarer Ausdruck und integrativer Bestandteil unserer eigenen
Arbeit», betonte Jacques Herzog.
Besonders eindrücklich ist die Werkgruppe «Vom Tod II» von Zaugg, der ein
eigener Raum gewidmet ist.
Modell-Kabinett. Verschiedene Vorschläge für den Roche-Turm zeigen
den langen Entwicklungsweg zum fertigen Bauwerk.
Blick in ein Teil-Kabinett. Auch die Vitrinen für die Modelle, Zeichnungen
und Pläne sind von Herzog & de Meuron entworfen worden.
Leihgaben an Museen
Das Jacques-Herzog-und-Pierre-deMeuron-Kabinett kann vorläufig nur
auf Anfrage von Fachleuten besucht
werden. Allerdings wollen die beiden
Architekten den Basler Museen und
Institutionen den Zugang erleichtern.
Vor allem das Kunstmuseum Basel soll
die Möglichkeit haben, einzelne Teile
des Kabinetts als Dauerleihgabe in seinen Räumen zu zeigen. Im vierköpfigen
Stiftungsrat sitzen neben Herzog und
de Meuron auch Esther Zumsteg als
Kuratorin des Kabinetts sowie der
jeweilige Direktor des Kunstmuseums,
derzeitnoch Bernhard Mendes Bürgi.
Ihre Verbundenheit mit dem Kunstmuseum demonstrierten Jacques Herzog und Pierre de Meuron dadurch,
dass sie sich gestern als Stifter der drei
Bilder von Gerhard Richter aus dem
Zyklus «Verkündigung» geoutet haben.
«Aus Bewunderung für und aus Dank
an diese tatsächlich wunderbare Institution und aus Verbundenheit mit jenen
Stiftern, die mit Schenkungen und permanenten Leihgaben den Reichtum
und die Qualität dieses Hauses befördern», wie Herzog betonte und mit
einem Seitenhieb auf den einstigen
Leihgeber Ruedi Staechelin präzisierte:
«Nicht solche Leihgaben, die aus finanziellen Interessen von den Erben eines
Tages abgezogen werden.» Diese Schenkung bleibe aber eine einmalige Aktion.
«Wir werden nicht neue Mäzene»,
stellte Jacques Herzog klar.