Was zu beachten ist - Deutsches Ärzteblatt

WIRTSCHAFT
der prozentualen Relation von betrieblichen und privaten Fahrten der
maximal gewinnmindernde Betrag
errechnet werden kann.
Für Fahrten zwischen Wohnung
und Praxis ist die Entfernungspauschale (nach derzeitigen Stand noch:
0,30 Euro je Entfernungskilometer
und Tag ab dem 21. Kilometer) als
Betriebsausgabe anzusetzen.
FAHRTKOSTEN BEIM ARZT
Was zu beachten ist
Ein Überblick zur Absetzbarkeit der betrieblichen Fahrten und
zur Erfassung von Privatfahrten bei Ärzten
D
ie steuerliche Behandlung
von Fahrtkosten bei Unternehmen, also auch beim niedergelassenen Arzt, ist in den letzten Jahren immer wieder in der Rechtsprechung und in Verwaltungsanweisungen problematisiert worden. Einfach
ist es lediglich noch bei Fahrtkosten
mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
Hier gilt, dass bei einer betrieblichen Fahrt auch die Kosten entsprechend als Betriebsausgaben abzugsfähig sind. Besondere Aufzeichnungspflichten existieren nicht.
Erheblich komplexer ist die Behandlung der Aufwendungen für
den eigenen Pkw, der auch betrieblich genutzt wird. Hier muss man
sich zunächst die Frage stellen, ob
und wie das Fahrzeug dem steuerlichen Betriebsvermögen zuzuordnen
ist. Zunächst muss daher für jeden
einzelnen Pkw entschieden werden,
ob Privatvermögen, gewillkürtes
Betriebsvermögen oder notwendiges Betriebsvermögen vorliegt.
Welche Zuordnung dabei möglich
ist, zeigt dieser Beitrag. Welche Zuordnung die günstigste ist, ist vom
Einzelfall abhängig.
Fahrzeug gehört zum
Privatvermögen
Generell sind zwei Sachverhalte
denkbar, warum das Fahrzeug zum
steuerlichen Privatvermögen zu
zählen ist. Wenn die betriebliche
Nutzung weniger als zehn Prozent
der gesamten Fahrzeugnutzung beträgt, hat der Arzt keine Wahl: Die
Zuordnung zum steuerlichen Privatvermögen ist zwingend. Der Pkw
kann jedoch auch aufgrund der Willensentscheidung des Arztes zum
Privatvermögen gehören, und zwar
dann, wenn das Fahrzeug zwischen
zehn und 50 Prozent für die Tätigkeit als Arzt genutzt wird.
Liegt Privatvermögen vor, stellen
die Kosten, die durch den Betrieb
A 3424
des Autos entstehen, keine Betriebsausgaben dar. Die betrieblich gefahrenen Kilometer können jedoch mit
einen Pauschalsatz von 30 Cent angesetzt werden. Um auf diese Weise
den eigenen Gewinn zu mindern,
müssen die betrieblichen Fahrten
mindestens mit Datum, Grund der
Fahrt und gefahrenen Kilometern
aufgezeichnet werden. Daneben ist
grundsätzlich auch ein Einzelkostennachweis möglich, bei dem zunächst die jährlichen Gesamtkosten
des Fahrzeuges ermittelt werden
müssen, anhand derer dann aufgrund
Pkw-Nutzung über 50 Prozent
betrieblich
URTEILE ZUM FAHRTENBUCH
c Bundesfinanzhof vom 9. November 2005
Ein Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener
Form geführt werden. Die getätigten Fahrten sowie
der am Ende erreichte Kilometerstand müssen nicht
nur vollständig, sondern auch in einem fortlaufenden
Zusammenhang sein. Es reicht nicht aus, wenn auf losen Zetteln die täglich zurückgelegten Kilometer mit
der angefahrenen Stadt notiert werden und im Zusammenhang mit einer Terminübersicht nachträglich ein
Fahrtenbuch erstellt wird. Az.: VI R 27/05
c Bundesfinanzhof vom 16. November 2005
Ebenso reicht das „Excel-Fahrtenbuch“ nicht, da eingegebene Daten problemlos verändert werden können.
Den strengen Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuchs kann nur Genüge getan werden, wenn die nachträgliche Veränderung der Fahrtenbuchdatei ausgeschlossen ist oder Änderungen in der
Datei selbst dokumentiert werden. Az.: VI R 64/04
c Bundesfinanzhof vom 31. Mai 2005
Gerundete Kilometerangaben im Fahrtenbuch führen
zu dessen Aberkennung. Im Urteilsfalls hatte der Kläger seine dienstlich gefahrenen Kilometer immer mit der
Endziffer Null eingetragen. Es wurde also (mindestens)
auf glatte Zehner gerundet. Die „normale“ Rundung
auf volle Kilometer ist daher hier nicht gemeint. Auch
kann eine Rundung auf volle Kilometer nicht zur Aberkennung des Fahrtenbuchs führen, da grundsätzlich
auf den Gesamtkilometerstand (nicht den Tageskilometerzähler) abzustellen ist. Az.: VI B 65/04 (NV)
Bei einer betrieblichen Nutzung des
Wagens zu mehr als der Hälfte muss
das Auto dem steuerlichen Betriebsvermögen zugeordnet werden. Sämtliche mit dem Fahrzeug in Zusammenhang stehende Kosten sind daher Betriebsausgaben. Im Gegenzug
muss jedoch für die Privatnutzung
ein Eigenanteil wieder gewinnerhöhend angesetzt werden, was
entweder durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch oder über die
pauschale Methode der 1-ProzentRegelung geschehen kann.
c Pauschale 1-Prozent-Regelung:
Im Fall der pauschalen Regelung
wird monatlich ein Prozent des Bruttolistenneuwagenpreises zum Zeitpunkt seiner Erstzulassung dem Gewinn hinzugerechnet, um die private
Nutzung abzugelten. Übersteigt das
Ergebnis der Pauschalregelung die
tatsächlichen Kfz-Kosten, so ist eine
Gewinnerhöhung auf die tatsächlichen Kosten begrenzt.
Zu beachten ist allerdings, dass
die 1-Prozent-Regelung nur bei
Fahrzeugen des notwendigen Betriebsvermögens Anwendung finden
darf. Zu prüfen ist daher zunächst, ob
das Fahrzeug tatsächlich zu mehr als
50 Prozent betrieblich genutzt wird
(wobei Fahrten zwischen Wohnung
und Praxis als betriebliche Fahrten
gelten). Die 1-Prozent-Regelung
kann also angewendet werden, wenn
bereits diese Fahrten mehr als 50
Prozent der Jahreskilometerlaufleistung des Kfz ausmachen. Wenn dem
nicht so ist, hat der Arzt die mehr als
50-prozentige Nutzung in geeigneter
Form glaubhaft zu machen. Dabei
sollen bereits Eintragungen im Terminkalender, Kilometerabrechnungen, Reisekostenaufstellungen sowie
andere Abrechnungsunterlagen zur
Glaubhaftmachung geeignet sein.
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Deutsches Ärzteblatt
WIRTSCHAFT
Sind solche Unterlagen nicht vorhanden, ist eine formlose Aufzeichnung der Kfz-Nutzung über einen
repräsentativen Zeitraum von in der
Regel drei Monaten zu führen, allerdings muss dann neben einer Notiz
zum Anlass der Fahrt sowie der jeweils zurückgelegten Strecke auch
die Kilometerstände zu Beginn und
Ende des Aufzeichnungszeitraums
festgehalten werden.
c Fahrtenbuch: Die Führung eines Fahrtenbuchs bereitet in der
Praxis erhebliche Probleme. Das
Gesetz spricht von einem „ordnungsgemäßen Fahrtenbuch“, definiert jedoch nicht, was unter „ordnungsgemäß“ zu verstehen ist, weshalb dies bisher der Rechtsprechung
und den Verwaltungsanweisungen
zu entnehmen war. Laut Erlass des
Bundesfinanzministeriums soll das
Fahrtenbuch die Zuordnung von
Fahrten zur betrieblichen und beruflichen Sphäre ermöglichen und darstellen. Es muss laufend geführt
werden und mindestens folgende
Angaben enthalten: Datum und Gesamtkilometerstand zu Beginn und
Ende jeder einzelnen beruflichen
Fahrt, Reiseziel (wird ein Umweg
gefahren, auch die Reiseroute) sowie Reisezweck und aufgesuchte
Patienten/Geschäftspartner.
Die Angaben müssen sich direkt
aus dem Fahrtenbuch entnehmen lassen. Ein Verweis auf ergänzende Unterlagen ist nur zulässig, wenn der
geschlossene Charakter des Fahrtenbuchs nicht beeinträchtigt wird.
Weiterhin ist der Übergang von der
beruflichen Nutzung zur privaten
durch Angabe des Gesamtkilometerstands am Ende der beruflichen
Fahrt zu dokumentieren. Liegt ein
ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vor,
werden die Betriebsausgaben des
Wagens aufgrund des ermittelten
prozentualen Anteils der Privatfahrten gekürzt, und insoweit findet eine
Gewinnerhöhung statt.
Die tatsächlichen Aufwendungen
zwischen Wohnung und Praxis werden als nicht abziehbare Betriebsausgaben behandelt, soweit sie über der
Entfernungspauschale liegen, die Arbeitnehmer als Werbungskosten in
Abzug bringen können. Dies führt
dazu, dass die Fahrten zur Praxis
zwar als betrieblich gelten, jedoch
nicht oder nicht ganz als Betriebsaus- doch erwähnt werden, dass das Fühgaben abgezogen werden können.
ren eines Fahrtenbuchs bei gewillFührt der Arzt für den Betriebs- kürtem Betriebsvermögen nicht zwinPkw die 1-Prozent-Regelung durch, gend erforderlich sein soll. Der Bewird er die Aufwendungen, die auf gründung des Gesetzes war seinerdie Fahrten zur Praxis entfallen, nicht zeit zu entnehmen, dass die private
kennen. Hier werden daher pauschal Nutzung vom Unternehmer zu schät0,03 Prozent des Bruttolistenneuwa- zen und glaubhaft zu machen ist.
genpreises als Aufwendungen für die Formale Voraussetzungen sind jeFahrten angenommen. Die so ermit- doch nicht genannt worden.
telten Aufwendungen werden um die Entfernungspauschale gekürzt und das
positive Ergebnis dem Gec Bruttolistenneuwagenpreis des Pkw: 30 000 Euro
winn hinzugerechnet (siehe: „Fahrten zur Praxis“).
c monatlich 20 Arbeitstage
Besondere Aufzeichnungsc Entfernung Wohnung – Praxis: 25 Kilometer
pflichten bestehen dabei
30 000 × 0,03 Prozent × 25 Kilometer
= 225 Euro
nicht. Unter dem Strich hat
der niedergelassene Arzt so
abzüglich Entfernungspauschale
nicht mehr für die Fahrten
0,30 Euro × 5 Kilometer (erst ab dem 21. Kilometer)
zur Praxis steuermindernd
× 20 Tage
= 30 Euro
einsetzen können, als wenn
er angestellt wäre.
monatliche Gewinnerhöhung
= 195 Euro
Nach diesem System
(ein negativer Betrag würde den Gewinn mindern)
wird auch verfahren, wenn
*bei pauschaler 1-Prozent-Regelung
der Arzt ein Fahrtenbuch
führt, allerdings kommen
dann statt der pauschalen
Ermittlung mit 0,03 Prozent die
Da weder der Gesetzgeber noch
tatsächlichen Aufwendungen für die die Finanzverwaltung eine konkrete
Fahrten zur Praxis zum Einsatz, die Methode zur Ermittlung des Privatsich aus dem Fahrtenbuch ergeben. anteils bei Fahrzeugen des gewillEbenso setzt das Fahrtenbuch dann kürten Betriebsvermögens vorsieht,
voraus, dass jede einzelne Fahrt zur sind hier wohl auch unbürokratische
Praxis eingetragen wird, da ansons- Aufzeichnungen wie bei der Beten auch die Lückenlosigkeit des weisführung der überwiegenden
Fahrtenbuchs nicht gegeben wäre.
Nutzung zulässig. Dabei kann die
Betriebsprüfung jedoch schnell zum
Gewillkürtes Betriebsvermögen Basar werden, auf dem um den geWenn die betriebliche Nutzung des nauen Anteil der betrieblichen NutFahrzeuges mindestens zehn Prozent zung gefeilscht wird. Rechtssicherund maximal 50 Prozent beträgt, heit ist nur mit einem ordnungskann der Arzt durch Willensentschei- gemäßen Fahrtenbuch gegeben.
Was im Bereich des gewillkürten
dung das Fahrzeug auch seinem steuerlichen Betriebsvermögen zuord- Betriebsvermögens die Fahrten zwinen, man spricht von gewillkürten schen Wohnung und Praxis betrifft,
Betriebsvermögen. Ist dies der Fall, so gilt auch hier, dass der Arzt nicht
sind alle Pkw-Kosten Betriebsausga- mehr in Abzug bringen kann, als er
ben und im Gegenzug ist wiederum es als Angestellter könnte.
Die Behandlung des Pkw in der
ein Privatanteil zu ermitteln. Die
pauschale Methode der 1-Prozent- betrieblichen Sphäre ist sehr bedeutRegelung ist in diesem Bereich seit sam. Eine allgemein gültige Hand2006 nicht mehr zulässig. Die Er- lungsempfehlung existiert nicht,
mittlung des Privatanteils anhand weshalb jeder Arzt den für sich günseines Fahrtenbuchs ist jedoch sehr tigsten Weg herausfiltern muss, dawohl gegeben, insoweit sind diesel- mit es bei Betriebsprüfungen kein
ben Kriterien zu beachten wie bei böses Erwachen gibt.
n
Fahrzeugen des notwendigen BeChristoph Iser
triebsvermögens. Daneben muss jeE-Mail: [email protected]
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FAHRTEN ZUR PRAXIS*
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