Redeentwurf für Herrn OB Feldmann zum 27. Januar 2015 Begrüßungsliste Protokoll Heute vor 70 Jahren befreite die sowjetische Armee das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz. Im Lager fanden die sowjetischen Soldaten nur noch 7.600 Überlebende vor / von denen viele in den folgenden Tagen / Wochen entkräftet / todkrank noch sterben sollten. In den Magazinen von Auschwitz fanden die Befreier unvorstellbare Mengen an Raubgut: 843.000 Herrenanzüge / 837.000 Damenmäntel und –kleider / 44.000 Paar Schuhe / 14.000 Teppiche und 7,7 Tonnen menschliches Haar. Schockierende Zeugnisse einer bis dahin unvorstellbaren Mord- und Raubfabrik. Auschwitz ist nach 1945 zum Synonym des Massenmordes an den europäischen Juden geworden. Es war das größte Konzentrations- und Vernichtungslager im Deutschen Herrschaftsbereich mit seinen insgesamt 2000 Lagern. Zum Symbol wurde es vor allem durch die fabrikmäßig wirkende Ausplünderung und Ermordung von hunderttausenden aus ganz Europa nach Auschwitz verschleppten Jüdinnen und Juden. Insgesamt kamen über eine Million jüdischer Kinder / Frauen und Männer in den Gaskammern ums Leben. Aber nicht nur Jüdinnen und Juden wurden in Auschwitz ermordet und zu Tode gebracht. Ebenso Sinti und Roma / sowjetische Kriegsgefangene / Homosexuelle / Zeugen Jehovas / politisch Verfolgte aus Polen / zahlreichen anderen Ländern / die unter deutsche Herrschaft geraten waren. Sie alle wurden Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik. Die Gefangenen wurden auf grausamste Weise zu Tode gebracht: in Gaskammern und durch Medizinische Experimente. Sie erlitten brutale Zwangsarbeit / Hunger / Typhus / andere Krankheiten / Folter und Terror. Der teuflische Einfallsreichtum der Täter kannte keine Grenzen. Noch wenige Tage vor der Befreiung hatte die SS 58.000 Häftlinge auf einen Todesmarsch getrieben. In den letzten Kriegsmonaten versuchten die NS-Täter die Spuren ihrer Verbrechen zu beseitigen / dennoch - trotz des verlorenen Krieges - ihr mörderisches Ziel / die Vernichtung aller Juden zu erreichen. Auch aus Frankfurt wurden die letzten Juden / die als Ehepartner oder Kinder in sogenannten Mischehen in Frankfurt überlebt hatten / noch im Februar 1945 / wenige Wochen bevor die Amerikaner die Stadt befreiten / nach Theresienstadt deportiert. Auch diese Deportation von 302 Kindern / Frauen und Männer fand vom Gelände der Großmarkthalle aus statt. 70 Jahre nach Kriegsende ist es von großer Bedeutung für unsere Stadt / dass wir in diesem Gedenkjahr auch die Erinnerungsstätte an der Großmarkthalle eröffnen können. Für fast 10.000 Frankfurter begann hier mitten in unserer Stadt der Weg / der in die Ghettos / die Konzentrations- / Vernichtungslager und eben auch nach Auschwitz führte. D+H Es dauerte - und das bleibt ein weiteres beschämendes Kapitel der Stadtgeschichte - nach dem Ende des Krieges Jahrzehnte / bis die Stadt Frankfurt angemessene Formen der Erinnerung / des Gedenkens für die Opfer der Deportationen fand. Der letzte Akt der Vernichtungspolitik hatte sich zwar in den Lagern im Osten vollzogen / aber der Terror / die Diskriminierungen / Entrechtung /die Arisierung des Eigentums / die alltäglichen Schikanen / schließlich die Verschleppung kannte viele Täter und Begünstigte. Auf die Wohnungen der Deportierten erhoben so genannte „treue Volksgenossen“ schon vor den Verschleppungen Ansprüche. In der Erinnerung an Auschwitz ist es zwingend danach zu fragen / wo der Weg in die Vernichtung begann. Auschwitz lag zwar in Polen / aber es ist und bleibt eine deutsche Erfindung / der Endpunkt eines Weges / der in den deutschen Städten begann. D+H 1996 hat Bundespräsident Roman Herzog den Tag der Befreiung von Auschwitz zu einem bundesweiten Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus erklärt. Die ehemalige Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth hat sehr prägnant die schmerzliche Notwendigkeit dieses Gedenkens aufgezeigt: Ich zitiere. "Erinnern tut weh. Es löst Entsetzen aus und lässt uns verstummen und aufschreien zugleich. Sich den bedrückendsten Wahrheiten unserer Geschichte zu stellen, ist unverzichtbar. Dazu verpflichten uns die Opfer, ihre Angehörigen und Nachkommen. Aber es ist auch für uns selbst notwendig, damit wir den unauflöslichen Zusammenhang von Erinnerungs- und Zukunftsfähigkeit begreifen.“ Wie notwendig dieses Gedenken an Auschwitz ist / haben uns auf erschreckende Weise die Anschläge in Paris vor Augen geführt / als vier Menschen ermordet wurden / nur weil sie Juden waren / zufällig in einem Supermarkt Lebensmittel einkaufen wollten. Jüdische Schulen müssen von der Polizei bewacht werden. Erinnerung an Auschwitz dient in diesem Zusammenhang auch der Bekämpfung des Antisemitismus / Rassismus in der Gegenwart. Darin sah auch Fritz Bauer eine wesentliche Aufgabe des von ihm initiierten Prozesses in Frankfurt / in dem erstmals umfassend vor einer breiten Öffentlichkeit das verbrecherische Geschehen in Auschwitz aufgearbeitet wurde. Fritz Bauer hat damit einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet / in der deutschen Gesellschaft das Schweigen aufzubrechen / eine Auseinandersetzung auszulösen / die auch 50 Jahre später von gleicher Aktualität und Bedeutung ist. Vor 50 Jahren 1965 endete der Auschwitzprozess in Frankfurt mit Urteilen / die der Monströsität des Verbrechens sicher nicht gerecht werden konnten. Das Vermächtnis Fritz Bauers bleibt aber die Erkenntnis / dass es für eine demokratische / den Menschenrechten verpflichtete Gesellschaft unabdingbar ist / die Erinnerung an die Schoah und den Weg dorthin wach zu halten / um die eigene Zukunftsfähigkeit nicht zu gefährden.
© Copyright 2024 ExpyDoc