SWR2 Zeitwort

SWR2 MANUSKRIPT
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SWR2 Zeitwort
04.03.1983:
Was Queen Elizabeth zum Beginn des Dritten Weltkriegs gesagt
hätte
Von Reinhard Hübsch
Sendung: 04.03.2017
Redaktion: Ursula Wegener
Produktion: SWR 2017
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Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede
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Autor:
Was wäre, wenn – das durchspielen solcher Optative gehört zu den Kernaufgaben
der Politik, und 1983 war das allemal so, in einem Jahr, das im Schlagschatten des
Nato-Doppelbeschlusses lag, als amerikanische Pershing II - gegen sowjetische
SS-20-Raketen aufgerechnet wurden, als die Friedensbewegung hunderttausende
gegen einen möglichen Nuklearkrieg in Europa mobilisierte:
O-Ton:
Nein zu immer mehr Atomraketen und Ja sagen wir zu der Forderung, dass der
Frieden endlich organisiert werde.
Autor:
Im Vorjahr hatte das atomare Abrüsten bereits die Schlagerwelt erreicht:
Musik: Ein bisschen Frieden
Autor:
1983 – das war das Jahr, in dem US-Präsident Ronald Reagan die Sowjetunion als
Empire Evil, als Reich des Bösen charakterisierte und den kalten Krieg erneut
anfachte:
O-Ton von Ronald Reagan:
Autor:
In einer Nato-Übung wurde das „was wäre, wenn“ durchgespielt: Luftangriffe der
Warschauer-Pakt-Staaten auf Großbritannien und die europäischen Partner. Was
wäre dann, fragte man sich also in London, und man erinnerte sich an eine ähnliche
Situation, an den 3. September 1939, als King George VI sich mit einer legendären
Rede an sein Volk gewandt hatte, nachdem der Krieg, der Zweite Weltkrieg
begonnen hatte, eine Rede, die später in „The Kings Speech“ Filmgeschichte
schreiben sollte:
O-Ton von King George VI:
Autor:
Wenn es denn nun zu einem Atomkrieg kommen würde, was sollte die Queen ihren
Untertanen im Commonwealth sagen, fragte man sich nicht nur in Downing Street Nr.
10, und auf rosa Geheimpapier schrieb man ihr eine Rede, die oben den Vermerk
„Secret“ trug – am 4. März 1983 um 12 Uhr mittags, so das Planspiel, sollte Queen
Elizabeth II. sie an ihr Volk richten. High Noon in London:
Zitat aus der Rede:
„Nun breitet sich dieser Wahnsinn des Krieges wieder über die Welt aus und unser
tapferes Land muss sich wieder darauf vorbereiten, gegen alle Wahrscheinlichkeit zu
überleben. Wir alle wissen, daß die Gefahren, die uns allen drohen, größer sind als
jemals in unserer langen Geschichte. Der Feind ist nicht der Soldat mit seinem
Gewehr, oder der Flieger im Himmel über unseren Städten, sondern die tödliche
Gewalt missbrauchter Technologie.“
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Autor:
Ob die Queen diese Rede jemals zu Gesicht bekam, das ist bis heute nicht bekannt.
Und so wird sie vermutlich auch nicht selbst Hand an das Manuskript gelegt haben,
das einer eigenen Dramaturgie folgen muss, wonach nicht nur der Ernst der lange
dargestellt werden muss – The Queens Speech muss auch Mut machen und
Optimismus ausstrahlen, und so sollte sie formulieren:
Zitat aus der Rede:
„Welcher Terror auch auf uns wartet, die Charaktereigenschaften, die uns in diesem
traurigen Jahrhundert schon zwei Mal geholfen haben, unsere Freiheit zu bewahren,
werden wieder unsere Stärke sein.“
Autor:
Eine Rede, die nie gehalten wurde. Und heute: Was wäre, wenn?
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