SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Zeitwort 02.02.1952: Bundespräsident Heuss weiht die wiedererrichtete Westfalenhalle ein Von Werner Witt Sendung: 02.02.2017 Redaktion: Ursula Wegener Produktion: SWR 2017 Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Service: SWR2 Zeitwort können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/zeitwort.xml Atmo Autor: Schon ihre frei tragende Holzkonstruktion der alten Halle war 1925 eine Sensation. Die riesige Kuppel mit dem Glasdach lag unübersehbar direkt am damals schon vielbefahrenen „Ruhrschnellweg“, der B1. Nur einen Bierflaschen-Wurf entfernt von der ebenfalls legendären „Kampfbahn rote Erde“, der alten Spielstätte von Borussia Dortmund. Die alte Halle fasste bis zu 15000 Besucher. Eine Zeitung schrieb: „inmitten eines Parks ein ungeheurer Bau von babylonischen Ausmaßen. Eine imposante Masse. Von tausenden von Lichtern erleuchtet.“ Regelmäßig war die Westfalenhalle ausverkauft. Reiten, Boxen und Sechstagerennen standen auf dem Programm. Erkennungszeichen aller Radrennen war der Sportpalastwalzer von Siegfried Translateur. Atmo Autor: 1934 war mit der ausgelassenen Stimmung erst einmal Schluss. Die Nazis wollten die Musik des jüdischen Komponisten nicht mehr hören. In Berlin und 1934 in der Westfalenhalle fanden die letzten Sechstagerennen statt, der Sportpalastwalzer wurde bei diesen Ereignissen heimlich weitergesungen und gepfiffen. Danach gaben Nazis mit ihren Aufmärschen in der Halle vollständig den Ton an. Die Stahlmetropole Dortmund wurde im Krieg wie Essen und andere Ruhrgebietsstädte das Ziel unzähliger Bombenangriffe. 1944 wurde auch die Westfalenhalle in Schutt und Asche gelegt. Doch nur vier Jahre nach Kriegsende, fassten die Stadtväter in Dortmund den Beschluss, die Westfalenhalle noch schöner und noch größer wieder aufzubauen. Diesmal aus Stahl, Beton und Glas. 120 Meter lang, 100 Meter breit, 30 Meter hoch. „ Unser stählernes Mädchen“ taufte der Volksmund diese Sensation. Bauzeit 15 Monate. Und die Kosten, die Millionen? Ganz am Rande und unter uns: 9 Millionen D-Mark waren es. Aber über Peanuts wurde heute vor 65 Jahren genau so wenig gesprochen wie über die Nazi-Aufmärsche kurz zuvor. Bundespräsident Theodor Heuss am 2. Januar 1952 vor 20 000 Gästen in der Dortmunder Westfalenhalle: O-Ton von Theodor Heuss: „ Also die Millionen, die Millionen, die Millionen, die Millionen wie verzinst sich das? Ich will ihnen sagen, was sich verzinst: in Gesundheit und Lebensfreude.“ Autor: In der Stimme von Ministerpräsident Karl Arnold ist deutlich das Pathos zu spüren, welches die Menschen während der zweitägigen Feier ergriff. O-Ton von Karl Arnold: „ Was an dieser Stelle wenige Jahre nach dem Kriege aus der Asche emporgewachsen ist, muss uns allen als überzeugender Beweis der Lebenskraft und des Aufbauwillens des ganzen deutschen Volkes erscheinen.“ 2 Autor: Eine Millionen Besucher strömen seither jährlich in die Westfalenhalle. „ Holiday on Ice“ startete hier. Die Rolling Stones kamen 1966, Pink Floyd spielte „The Wall“ in nur vier Städten weltweit. Dortmund mit der Westfalenhalle gehörte dazu. Nach der Eröffnung lockte der Erfolg, besonders bei den Sechs-Tage-Rennen, auch Gäste an, die das mit der Lebensfreude in erster Linie, oder sagen wir besser auf dem Strich, geschäftlich sahen. Gerd Renzmann erlebte die Eröffnung der Westfalenhalle in Dortmund am 2.Februar 1952 als Reporter. O-Ton von Gerd Renzmann: „ Da kamen die Schwarzhändler und boten 200 Mark damals für ne Karte. Die Zuhälter von Frankfurt auf dem Weg nach Hamburg machten unterwegs Pause hier, saßen in den ersten Rängen, Klunker an den Fingern und dicke Goldketten um und, und, und…. Und dann saßen da oben auf den Rängen, da saßen dann die Malocher.“ 3
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