Sachverhalt Antrag und Zulässigkeit

Carl Maria Schulte
Bundespräsident in spe 2017
An
2.12.16
Bundesverfassungsgericht
2. Senat
Antrag auf
Wahl
einstweilige Anordnung
Bundespräsident
2017
Sachverhalt
Im November diesen Jahres nominierten die Parteivorsitzenden Merkel
(CDU), Gabriel (SPD) und Seehofer (CSU) das Regierungsmitglied
Steinmeier für das Amt des Bundespräsidenten. Vorausgegangen war
der misslungene Versuch, Noch-BuPräs Gauck zu einer weiteren
Amtszeit zu drängen. Dabei standen parteipolitische Erwägungen im
Vordergrund. Vor der bevorstehenden Bundestagswahl 2017 sollte
weiterer Koalitionsstreit vermieden werden. Hinzu kam der Mangel an
geeigneten KandidatInnen. Dieser Mangel ist ja auch nicht
verwunderlich, wenn hauptsächlich auf solche KandidatInnen fokussiert
wird, die den Interessen der jeweiligen Partei am besten dienen,
weniger dem Gemeinwohl. Viele sind nach der Absage von Gauck zu
einer weiteren Amtszeit gefragt worden. Unter anderem der
Vorsitzende dieses Senats, Prof. Andreas Voßkuhle. Einige Medien
berichteten, VerfassRi Müller sei ebenfalls im Gespräch. Schiesslich
preschte Gabriel mit Steinmeier vor und hielt an ihm fest. Rechtzeitig
vor der Entscheidung der Parteivorsitzenden hatte ich in Mails unter
anderem den genannten Parteivors meine Bereitschaft zur Kandidatur
mitgeteilt. Das wurde einfach ignoriert, Machtkalkül und die Sorge, dass
ein Bundespräsident Schulte auch mal unverblümt und offen Defizite im
Land anspricht und kreative Alternativen aufzeigt, haben dabei wohl
eine wesentliche Rolle gespielt, also wieder einmal sachfremde
Erwägungen. Nicht auszuschliessen, dass Gabriel trotz alledem von mir
gelernt hat, was das Vorpreschen angeht. Ich war ja zuerst
vorgesprescht, hatte meine Bereitschaft bekundet. Vor dem JA von
Seehofer hatte ein Geheimgespräch zwischen ihm und Steinmeier
stattgefunden - so Medienberichte.
Am 16.11.16 präsentierten die Parteivors Steinmeier dann offiziell als
ihren gemeinsamen Kandidaten. Nicht irgendwo, sondern im
Bundestag. Dabei ist von Relevanz, dass der Reichstag Wirkungs- und
Arbeitsstätte sowohl der MdBs sind, die 2017 als MdBuVers den Präs
wählen, als auch der Spitze der Exekutive: BK Merkel und Vizekanzler
Gabriel. Ebenso des MP Seehofer (Länderbank im Bundestag). Das hat
unter anderem aus Sicht der erodierenden Gewaltenteilung
(P.M.Huber, FAZ 1.10.15, Udo Hochschild, Marc Fornauf u.a.) Relevanz.
Dass auf diese Weise eine verfassungswidrige Vorwegnahme der
BuPräsWahl zu beklagen ist, liegt auf der Hand, ist evident. Das
öffentliche Interesse und das Gemeinwohl sind bei der
Gesamtwürdigung meiner Argumentation hinsichtlich Zulässigkeit und
Begründetheit des Antrags auf einstw Anordnung immer mit zu
bedenken. Nicht nur verschiedene Medien gehen bereits von der
sicheren Wahl Steinmeier aus, auch der Verlag ECOWIN bewirbt ein
Buch von Steinmeier zu Europa per Zeitungsanzeige mit dieser
Wortwahl: Das Buch des künftigen Bundespräsidenten.
Meine Grundrechte als Kandidat und als Bürger
sind in
schwerwiegender Weise verletzt. Nur ein beherztes und rechtzeitiges
Eingreifen des BVerfG kann die verfassungsmässig garantierten Rechte
effektiv durchsetzen, wobei die Anordnung auch eine endgültige
Wirkung haben kann.
Es wird beantragt,
die verschiedenen geltend gemachten
festzustellen und infolgedessen
Verfassungswidrigkeiten
die Wahl des BuPräs auf den Februar 2018 zu verschieben und sie dann
nach den Vorgaben des BVerfG durchführen zu lassen,
höchst hilfsweise: den Bundestagspräsidenten in seiner Eigenschaft als
Leiter der Bundesversammlung anzuweisen, die Vorgaben des BVerfG
hinsichtlich Information über Bewerbungen, Wahlverfahren etc zu
beachten.
GG - Normen: Artikel 54 (1) Satz 2, (3, 4, 6, 7) sowie Artikel 20
(2+3) 38 (1), Art 2 (1) Satz 1 + 3(1) GG
+
BPräsWahlG
Zulässigkeit
Art 54 (1) Satz 2 bestimmt, dass jeder Deutsche, der das 40. Lebensjahr
vollendet hat, wählbar ist und das Wahlrecht zum Bundestag
besitzt. Beides ist bei mir der Fall, was - schon wegen meinem
langjährigen verfassungsgerichtlichen Engagement - gerichtsbekannt
sein dürfte. Im Band 136 der BVerfGE (2 BvE 2/09) hat das BVerfG den
grundgesetzlichen Maßstab der Freiheit und Gleichheit der Wahl für
anwendbar erklärt. Danach steht den Mitgliedern der BuVers das Recht
auf gleiche Teilhabe an der Ausgestaltung des Wahlverfahrens zu:
BVerfGE 136, 277, 318. Dasselbe hat für Kandidaten und Bürger zu
gelten.
Artikel 38 (1) i V m Art 20 GG garantiert ein
verfassungsbeschwerdefähiges
Recht
auf
Demokratie
bzw.
hinreichende demokratische Legitimation. BVerfGE 89, 155 (175)
Maastricht; 123, 267 (353 ff.) Lissabon; 118, 79 (95 ff) + 122, 1 (20 f.) +
125, 260 (306) Wesensgehalt Grundrechte; 122, 1 (20 f.) + 130, 151
(178) volle verfassger Kontrolle. Das ist auch innerstaatlich anzuwenden
(Murswiek u.a.), einschl Identitätskontrolle.
Die Repräsentativität der MdBs und damit auch der MdBuVers ist nicht
ausreichend gegeben, wie etwa eine Studie der Bertelsmann-Stiftung
deutlich macht. Die Wurzeln der Wahl des BuPräs müssen aber so t i e
f wie möglich in das Volk hineinreichen, die Wahl ist auf eine
möglichst b r e i t e Basis zu stellen: Leibholz/Rinck, Rspr des BVerfG,
Köln, GG-Lfg. 69/September 2015, Art 54 GG, Rn 22.
Ob die Wahl zum Bundestag 2013 gültig ist, darf als ungeklärt gelten,
denn ich habe im Wahlprüfungsverfahren 2 BvC 52/14
GEGENVORSTELLUNG erhoben, mit Antrag auf Entscheidung durch den
1. Senat. Ausserdem ist eine beabsichtigte Beschwerde beim EGMR zu
berücksichtigen. Die 6-Monatsfrist für die Einlegung der Beschwerde
endet erst nach dem Termin der Wahl des BuPräs im Februar 2017.
Zur Substantiierung ist wieder einmal daran zu erinnern, dass die
Anforderungen nicht überspannt werden dürfen, sich ein Gericht
quasi nicht der inhaltlichen Auseinandersetzung ausweichen darf: BGH
st Rspr. Im übrigen besitzt das BVerfG keine bedingungslose
Verfahrensautonomie, sondern hat sich nach GG und BVerfGG zu
richten (E. Klein u.a.). Auf die Gefährungen des gesetzlichen Richters im
BVerfG selbst habe ich schon mal in einem früheren Verfahren
hingewiesen.
In Literatur und Rspr wird betont, dass die Garantie rechtlichen
Gehörs in einer mündlichen Verhandlung besonders effektiv Genüge
getan werden kann, weil dort dialogisch manches besser geklärt wird.
Dasselbe gilt für die Gewährung von PKH, um mit einem
verfassungskundigen Juristen (in) die Zulässigkeitshürden besser
nehmen und die Begründetheit vertiefen zu können. Das dient zugleich
der Sache selbst und der Verfahrensökonomie.
Offensichtlich hat mein Anliegen Substanz. Im übrigen muss der Antrag
nicht etwa schlüssig sein (§ 64 Abs 1 BVerfGG), so dass bei Richtigkeit
der aufgestellten tatsächlichen Behauptungen zwingend ein
Verfassungsverstoss anzunehmen wäre. Vielmehr genügt es, wenn nach
dem Vortrag des Antragstellers die von ihm aufgestellte
Rechtsbehauptung zumindest möglicherweise zutreffend bzw. nicht
von vorherein nach j e d e r Betrachtungsweise ausgeschlossen ist.
So nicht nur Sachs, Verfassungsprozeßrecht, Tübingen 2016, Rn 317. Rn
562 wörtlich:
bei neuen, substantiellen Argumenten muss vielmehr
Grundrechtsverletzung als möglich anerkannt werden...
eine
In seiner E 136 (...) zur BuPräsWahl hatte sich das BVerfG im übrigen mit
dem BPräsWahlG und den neuen Argumenten und Tatsachen noch gar
nicht näher befasst. Diese E erfolgte auch im Nachhinein und nicht vor
der Wahl.
Das BVerfG hat schon mal die Beschwerde gegen ein Schulgesetz schon
vor dessen Erlass für zulässig erklärt. Zur Zulässigkeit bei
völkerrechtlichen Verträgen: BVerfGE 131, 47 (52 f.). Bei denkbarem
Vollzugsakt: BVerfGE 115, 118 (139); 122, 342 (355 f.).
Sachs
aaO, Rn 568:
Auch durch Normen ausgelöste
m i t t e l b a r e
Grundrechtsbeeinträchtigungen,
etwa durch
Steuerungseffekte
zurechenbar ausgelöstes Verhalten Dritter, können unmittelbare
Betroffenheit
jedenfalls
dann
begründen,
wenn
die
Drittbeeinträchtigung nicht zumutbar abgewehrt werden kann.
So liegt es hier. Die Nominierung Steinmeiers ist eine faktische
Vorwegnahme der Wahl, weil die MdBuVers in verfassungswidriger
Weise in ihrer Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt sind, was
Auswirkungen auf meine Chancengleichheit u.a. hat - was später gezeigt
wird.
Bereits vor dem Eintritt der Rechtswirkungen eines Staats- oder
Wahlaktes kann bereits eine gegenwärtige Einwirkung auf meine
Grundrechtssphäre anzunehmen sein, weil die offizielle Nominierung
bereits im Vorfeld der Wahl auf die Motivation der Adressaten
(MdBuVers) e i n w i r k t
und deren Verhalten
grundrechtsbeeinträchtigend
steuert.
Zur
Androhung
eines
Zwangsgeldes: BVerfGE 121, 69 (88) - hier müssen MdBuVers etwa
damit rechnen, nicht wieder für eine Wahl aufgestellt zu werden oder
ein Amt nicht ausüben zu können, wenn sie aus der Partei- und
Fraktionsdisziplin ausscheren, indem sie einen eigenen Wahlvorschlag
machen. Siehe etwa die Kritik zur Kandidatenaufstellung für Parlamente
bei von Arnim, der von einer "Negativauslese" schreibt. Siehe auch die
Rspr
des
BVerfG
zur
Verhaltenssteuerung
bei
der
Vorratsdatenspeicherung.
Auch einer abschliessenden Entscheidung vorgelagerte Akte lösen bei
absehbaren faktischen Grundrechtsverkürzungen bereits gegenwärtige
Betroffenheit aus, wie zB die Verweigerung der Aufnahme in die
Vorauswahlliste für die Bestellung zum Insolvenzverwalter: BVerfG,
NJW 2016, 930 Rn 28 ff.. Siehe auch die einstw Anordnung eines
VerwGer anlässlich Konkurrentenstreit Prof. Thomas Fischer, Senatsvors
BGH. Man kann in der Nominierung und Präsentation Steinmeiers auch
eine unzulässige Öffentlichkeitsarbeit von Regierungsmitgliedern sehen.
Für die Zulässigkeit mit Blick auf die Art 54 und 38 GG gelten die
meisten Argumente gleichermassen.
Weitere Argumente zur Z u l ä s s i g k e i t
meinen Ausführungen zur Begründetheit.
entnehmen sie bitte