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MAGAZIN
1. März 2015
Wäis Kiani
Style Writer
Beinharte Tatsachen
Spitzenkleid mit
langen Armen.
Ca. 50 Fr., hm.com
Wie Sie vielleicht wissen, ist gerade FashionWeek-Zeit. Es fing in New York an, ging über
London nach Mailand, wo ich gerade bin.
Nächste Woche zieht die «Fashion Crowd» weiter nach Paris, so wie Kraniche, die im Herbst
gen Süden ziehen. Ich bin ja leider kein echter
Fashion-Kranich mehr, sondern nur noch ein
Schreibvogel, und ich muss die Vibes aus der
Verziertes CocktailKleid aus Georgette
von Needle &
­Thread. Ca. 270 Fr.,
net-a-porter.com
Alle trugen nackte Beine zu
Pumps, nicht mal Boots waren
erlaubt, und es war superkalt.
Ferne spüren und erahnen. So spürte ich aus
New York zwei Dinge, ohne da gewesen zu
sein. Erstens: Es war seeeehr kalt. Minus zehn
Grad. Zweitens: Niemand trug Strümpfe.
­Worauf sich auf Facebook unter ein paar
Modemädchen aus Berlin ein Streit entfachte: Ist es okay, bei solchen Temperaturen nackte Beine zu zeigen?
Auch in meinen merkwürdigen
Kreisen, in denen Veganerinnen Pelz und Leder tragen
und eiskalt behaupten:
«Das sind doch Nutztiere!»,
gibt es jetzt die Nude-Legs-­
Debatte. Ich weiss, was Sie
jetzt denken, aber es ist
wirklich so. Jetzt sass ich
am Mittwochmorgen am
Gate nach Mailand, und
eine der mächtigsten
Chefredaktorinnen
Europas kommt, setzt
sich neben mich. Wir plaudern,
und mein Blick fällt auf ihre
Füsse. Sie trägt weite Marlene-
Hochwasserhosen, wie es sich gehört, StanSmith-Adidas-Sneakers und Herzinfarkt-hautfarbene Feinstrümpfe. Feinstrümpfe in Sneakers allein sind ein Todesurteil, und hautfarbene Strümpfe sowieso. Also ein doppeltes Todesurteil für diese stilüberlegene Frau? Niemals.
Ich rief meine Schwester in London an, um ihr
von dieser Begegnung zu berichten. Sie erzählte: «Du, ich habe hier auf der Fashion Week
auch Alexa Chung und andere Girls mit hautfarbenen Strumpfhosen gesehen!» Mir entwich
ein Pfeifton: «Vielleicht ist es ... ein Trend?!» –
«Nein», antwortete meine Schwester, «es sah
voll scheisse aus. Alle andern hatten keine
Strümpfe an, alle trugen nackte Beine zu
Pumps, nicht mal Boots waren erlaubt, und es
war superkalt, und ich musste immer eine abgeschnittene Wollstrumpfhose unter meinem
Midirock tragen, damit ich es aushielt.»
Das war also das Geheimnis. Hautfarbene Strümpfe tragen, die man natürlich in echt immer sieht, egal wie hautfarben und fein sie sind – aber auf Fotos
nicht. Und meine Fashion-Diva hatte
sich gedacht: Warum unnötig leiden
– wenn junge It-Gören das dürfen, darf ich das auch. Und
jetzt verrate ich Ihnen die allerschockierendste Info: Hier in
Mailand, bei milden elf Grad
und strahlendem Sonnenschein, tragen alle blickdichte
Strümpfe und Stiefel, als wäre
­alles ganz normal. Aber ich bleibe
dran.
Wäis Kiani, Schriftstellerin und
Stil-Liebhaberin, schreibt jeden Sonntag
über ihre Beobachtungen im Alltag.
Clutch aus perforiertem
Kunstleder. 10 Fr.,
hm.com
Weisse Bluse aus
Baumwoll-Spitze.
60 Fr., zara.com
Wäis weiss
Lifestyle-Probleme?
Wäis Kiani hilft Ihnen gerne: [email protected]
Mokassin-TramperBoots von Minnetonka.
100 Fr., amazon.com
Fotos: Victor Virgile/Gamma-Rapho/Getty Images, PR (6)
Schweizer Brillen aus italienischer Manufaktur
Jetzt, wenn bald die
Frühlingssonne
scheint, wird mir
bewusst: Ich besitze
keine tolle Sonnenbrille. Haben Sie mir
einen Tipp? Ich bin
ein Mann, 45-jährig
und dunkelhaarig.
Ich habe mir eben in Mailand eine
Pilotenbrille von Saint Laurent
gekauft: nachdem ich mich auf
meine geliebte «Céline» gesetzt
hatte. Aber die teuren Designerbrillen, wie ich sie trage, sind alle Massenware aus China. Ein Mann
sollte eine handgefertigte Qualitätsbrille tragen, darum empfehle
ich Ihnen die tadellose Schweizer
Marke Viu (www.shopviu.com),
die ihre Brillen per Hand aus Baumwoll-Acetat in einem Traditionsbetrieb in den Dolomiten herstellen
lässt. Die Modelle «The Observer»
und «The Beast» sind meine Favoriten für Gents. Für die Lady «The
Obsessed» und «The Diplomat».