SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE __________________________________________________________________________ SWR2 MusikGlobal Klassische Indische Musik aus Uttar Pradesh und Shrinagar Abhay Rustum Sopori (Santoor und Gesang) Sachin Sharma (Tabla) Von Anette Sidhu-Ingenhoff Sendung: Dienstag, 27. September 2016, 23.03 Uhr Redaktion: Anette Sidhu-Ingenhoff Produktion: SWR 2016 __________________________________________________________________________ Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. __________________________________________________________________________ Service: Mitschnitte aller Sendungen der Redaktion SWR2 MusikGlobal sind auf CD erhältlich beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden zum Preis von 12,50 Euro. 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So nördlich, dass man die Ausläufer des Himalajas sieht und den nahenden Winter spürt, während im Rest des Landes noch brütende Hitze herrscht. Zwischen der Volksrepublik China, Indien und Pakistan gab es immer wieder Konflikte um diesen Landstrich, Grenzstreitigkeiten sind nicht selten. Wirft man einen Blick auf eine ältere Karte Pakistans, so gehört Kashmir schon gar nicht mehr zu Indien, auf einer indischen Karte sieht das alles schon wieder ganz anders aus. Abhay Rustum Soporis Schicksal ist davon mit geprägt. Schon seit seiner Kindheit spielt er ganz ausgezeichnet das indische Hackbrett „Santur“ und kommt aus einer Familie von Santur-Spielern, die sich seit 9 Generationen und nunmehr 300 Jahren den Wurzeln der nordindischen Klassik und der muslimischen Sufi-Musik verpflichtet fühlen. Heute setzt er sich als Musiker und Komponist konsequent für die Bewahrung des musikalischen Erbes seines Heimatstaats ein. In der „Guru Shishya Parampara“, der mündlichen Pflege und Weitergabe der Lehre, wie sie in Indien üblich ist, lernte er bei seinem Großvater Pandit Shamboo Nath Sopori und beim Vater Pandit Bhajan Sopori. Interessant ist, dass die Familie einen eigenen Stil entwickelt hat, den man nach dem Tal, in dem sie wohnen – den Sopori-Stil nennt! Dazu später mehr. Abhay Rustum ist – mit diesem gewichtigen Hintergrund –durchaus nicht einseitig auf die Tradition fixiert. Er hat hält auch nach neuen Herausforderungen Ausschau, komponiert z.B. und hat gemeinsam mit Zubin Mehta musiziert. Als das Bayrische Staatsorchester im September 2013 in Kashmir zu Gast war, spielte es nicht nur Beethoven, Haydn und Mozart, sondern auch „Haftrang“, eine Hommage an Kashmir, komponiert von Abhay Rustum Sopori. Zusammen mit dem Orchester musizierte Abhays „Kashmiri Ensemble“, die Solisten profitierten von der Arbeit mit dem Dirigenten Zubin Mehta. Dass es dennoch nicht einfach war, konnte man der Presse entnehmen: im geteilten Land kämpfen zahlreiche Separatistengruppen für einen eigenen Staat. Die Extremisten, die immer wieder gewalttätig gegen das massive Aufgebot der Sicherheitskräfte vorgingen, warfen den Konzertveranstaltern vor, ein Bild der Normalität nach Außen zu projizieren, obwohl Kaschmir besetzt sei. Viele in Srinagar beschwerten sich über die massiven Sicherheitskontrollen in den Tagen vor dem Konzert. Doch zurück nach Baden-Baden. Jetzt hören wir Abhay Rustum Sopori mit zwei eigenen Kompositionen: Aalap und Sufiana. Er spielt das Hackbrett Santur, an der Tabla Sachin Sharma. 3 Musik 1 10:01 Traditional (Indien) Pandit Samsar Chand Sopori 2 Kompositionen: Aalap & Sufiana Tarana (1) Aalap (2) Sufiana Tarana Abhay Rustum Sopori (Santur,Singstimme) Sachin Sharma (Tabla) Klassische Indische Musik aus Uttar Pradesh und Srinangar. Konzert vom 03.05.2016 in der Spitalkirche Baden-Baden Eigenproduktion SWR Moderation 2 Die Dulcimer bzw. das Hackbrett Santur kommt ursprünglich aus Persien. Das Instrument wird mit Holzschlegeln gespielt, die man mit Filz oder Samt bezieht, um den Ton weicher zu machen. „Santur“ bedeutet so viel wie „hundert Saiten“. Auf dem trapezförmigen Resonanzkasten aus Holz stehen links und rechts 25 Stege zur Verfügung, die Besaitung ist vierfach. Da die Saiten über Rillen verlaufen, können sie je nach Modus einzeln umgestimmt werden. In Hindi sagt man „Shatatantri Vina“, d.h. eine Laute mit hundert Saiten. Abhay Rustum Sopori spielt eine spezielle Kashmiri-Version der Santur. Die alte Santur der Sufi Tradition hatte nur einen Ambitus von etwa 1 ½ Oktaven. Die nordindische Variante hat 72 Saiten und 3 Oktaven. Sopori stehen jetzt 5 Oktaven zur Verfügung. Die Santur steht in der Tradition der hinduistischen Shiva-Verehrung. Sie wurde aber auch von den muslimischen Sufis verwendet. Ob man sie nun zu hinduistische Shiva-Gebeten spielt oder im muslimischen Sufi-Gesang verwendet, das Instrument ist in der religiösen Musik sehr beliebt. In Soporis Familie mischt man die Sufi- und mit der der Hindu-Tradition und hat klassische Ragas für die Santur entwickelt. Der Vater - Pandit Bhajan Sopori - entwarf zudem eigens eine Santur im Bhaj-Stil, die größer und flexibler ist, damit das Instrument sich für die klassische nordindische Musik eignet. Jetzt hat sie 5 Oktaven und man kann die Melodien des Ragas besser umsetzen. Mit dem Instrument entwickelte sich dann auch der spezielle Sopori-RagaStil. Sopori beschrieb im Konzert sehr schön, wie eng der Raga verbunden ist mit der Philosophie und der Lebenserfahrung. Die Tiefe der Interpretation zunimmt im Laufe des Lebens zu. Er meint: die ganze Schönheit einer Raga-Interpretation erschließt sich erst mit größerer Lebenserfahrung. Er spielt jetzt den Abendraga „Champakali“. Es begleitet der hervorragende Perkussionist Sachin Sharma. Der Raga hat die Abschnitte: Alap, Jor, und Jala. Zwei freie, dann einen rhythmisch geprägten Teil. Sharma spielt dazu übrigens eine tiefer gestimmte Tabla, die dem Klang der Phakawaj Südindiens nahe kommt. Raga Champakali – für eine Gottheit. 4 Musik 2 28:48 Traditional (Indien) Aalap, Jod & Jod Jhalla (Dhrupad system) Abhay Rustum Sopori (Santur,Singstimme) Sachin Sharma (Tabla) Klassische Indische Musik aus Uttar Pradesh und Srinangar. Konzert vom 03.05.2016 in der Spitalkirche Baden-Baden Eigenproduktion SWR Moderation 3 Abhay Rustup Sapori hat für seine Santur in Kashmir das sog. „Open string Konzept“ entwickelt, eine Verbesserung der Spieltechnik am Instrument. Er baute sich auch eine neue, erweiterte sogenannte „Sur Santur“ mit 30 Saitenbündeln, also 120 Saiten. Er versucht damit, die alten Sufi Gesänge in die klassische, indische RagaTradition hinüberzuführen. Es handelt sich dabei um eine Weiterentwicklung und teilweise auch Neukomposition von sogenannten „Kyal“-Gesängen, volkstümlichen Liedern, die aus der Sufi Kultur Pakistans kommen. Abhay hat bei diversen Filmprojekten mitgewirkt (er schrieb die Musik zu „Mahatma“, einem neueren Film über Mahatma Ghandi) und er komponierte neue Musik bei Aktionen für die Unterstützung der Erdbebenopfer in der Region Kashmir. Neben seiner Tätigkeit als Solist und Komponist widmet sich Sopori auch der Förderung der Jungend. Er bildet Schüler aus, vermittelt Kenntnisse der nordindischen Musik und arbeitet daran, die Kultur und Musik des nördlichsten indischen Bundesstaates Kashmir ins richtige Licht zu rücken. Sein größter Wunsch ist es, dass sie besser Wert geschätzt und bekannter wird. Wir hören jetzt nochmals zwei seiner Kompositionen im Teental Rhythmus. Interessant ist, das Sopori gelegentlich auch singt, wenn er die Santur spielt, ein eher ungewöhnliches Phänomen. Musik 3 gekürzt auf: 9:35 Traditional (Indien) 00.09.35 Abhay Rustum Sopori 2 Kompositionen in Teentaal (Ausschnitt) 004 (1) Composition 1 ( 10.03 ) 005 (2) Composition 2 ( 07.38 ) Abhay Rustum Sopori (Santur,Singstimme) Sachin Sharma (Tabla) CD-Titel: Klassische Indische Musik aus Uttar Pradesh und Srinangar. Konzert vom 03.05.2016 in der Spitalkirche Baden-Baden Eigenproduktion SWR Absage: In Musikglobal hörten Sie heute: Klassische Indische Musik aus Uttar Pradesh und Srinagar mit Abhay Rustum Sopori, Santoor und Gesang und Sachin Sharma, Tabla. Am Mikrofon war Anette Sidhu-Ingenhoff.
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