SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Zeitwort 27.09.1962: Rachel Carsons DDT-Sachbuch "Der stumme Fühling" erscheint Von Alice Thiel-Sonnen Sendung: 27.09.2016 Redaktion: Ursula Wegener Produktion: SWR 2016 Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Service: SWR2 Zeitwort können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/zeitwort.xml Autor: Es beginnt mit dem märchenhaften Einstieg „es war einmal“: eine Stadt im Herzen Amerikas, zwitschernde Vögel, idyllische Natur. Aber der Titel des Öko-Klassikers lässt ahnen, damit ist es schnell vorbei. Zitat: Dann tauchte überall in der Gegend eine seltsame schleichende Seuche auf, Über allem lag der Schatten des Todes. Wohin waren die Vögel verschwunden? Die Futterstellen im Garten hinter dem Haus blieben leer. Es war ein Frühling ohne Stimmen. Autor: Eigentlich ist „Der stumme Frühling“ ein Sachbuch. Die amerikanische Autorin Rachel Carson hat einen ansprechend, einnehmenden Stil, ihr Wissen zu vermitteln. Ihr Thema ist DDT, Dichlordiphenyltrichlorethan. Ein Insektengift, das in den 50er Jahren zum Allheilmittel aufstieg. Gegen Maikäfer, Ulmensplintkäfer, Schwammspinner, oder auch gegen die Malariamücke. Mit beeindruckenden Detailbeobachtungen schildert die Biologin die Risiken der oft allzu bedenkenlosen Sprüheinsätze. Laub – Insekten - Würmer – Vögel – Fische - das Gift gelangt in die Nahrungskette und am Ende – zum Menschen. Als „Silent Spring“ 1962 erschien, verlief das alles andere als stumm. Die chemische Industrie beschimpfte Rachel Carson als weltfremd. Es gab internationale Schlagzeilen wie „Vom Himmel regnet es Gift“ oder „Die Verpestung unserer Natur“. Schon ein Jahrzehnt später war das Buch für Umweltbewegte so etwas wie Pflichtlektüre. O-Ton Manfred Santen: Na ja damals wars das schon, kann man so sagen, also für mich zumindest oder die Kreise in denen ich mich bewegt hab, war das schon so ein Wachrüttler, was passiert da eigentlich mit diesen ganzen Chemikalien, und plötzlich sieht man, dass das doch enorme Effekte auf die Natur hat. Autor: Manfred Santen hat sich als Chemie-Experte bei der Umweltorganisation Greenpeace über lange Jahre auch mit Pestizid-Rückständen in Lebensmitteln beschäftigt. „Der stumme Frühling“ hat damals nicht nur ihn bewegt. Die erzählerisch präsentierte, wissenschaftlich fundierte Analyse von Rachel Carson wird von Umwelthistorikern auch gern als Startsignal für die weltweite Umweltbewegung eingeordnet. Das Insektizid DDT wurde in den 70er Jahren in vielen Ländern verboten. „Silent Spring“ blieb weiter der Wachrüttler, wenn es um den Einsatz von Pestiziden ging. Denn mit DDT war das Problem nicht vom Tisch, andere Mittel folgten. Für die Hauptrolle in einem „stummen Frühling“ im 21. Jahrhundert fällt dem Greenpeace-Chemiker Manfred Santen auch gleich eine neue Stoffgruppe ein: PFC 2 O-Ton Manfred Santen: Die per- und polyfluorierten Chemikalien, die sind eigentlich ähnlich in den Auswirkungen auf die Natur, in den Auswirkungen auf den Menschen teilweise. Wenn sie dann einmal freigesetzt sind, gibt es in der Natur keinen Mechanismus, sie wieder loszuwerden. Also die abzubauen. Und dann verteilen sich solche Stoffe über den Globus. Autor: PFC finden sich in der wetterfesten Outdoorjacke, die wir anziehen und inzwischen auch in der Leber von Eisbären. Einige der Stoffe gelten als krebserregend. Der Bestseller von damals, bleibt auch heute aktuell. Was Rachel Carson damals gelungen ist, die Menschen dafür zu sensibilisieren, hinzuschauen, was mit der Natur und der Umwelt geschieht, das ist heute nötiger denn je. Rachel Carson starb zwei Jahre nach der Veröffentlichung von „Silent Spring“. Ihr verantwortungsvoller Blick nach vorn, gilt weiter. Zitat: Ich behaupte, dass wir den Gebrauch dieser chemischen Stoffe gestattet haben, obwohl vorher nur wenig oder überhaupt nicht untersucht worden ist, wie sie auf den Boden und das Wasser, auf die Geschöpfe der Wildnis und den Menschen selbst wirken. Künftige Generationen werden uns den Mangel an kluger Sorge um die Unversehrtheit der natürlichen Welt, die alles Leben unterhält, wahrscheinlich nicht verzeihen. 3
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