SWR2 Wissen – Programmübersicht Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr im Radio November 2016 Dienstag, 1. November Aula: Aufmerksam für die Gegenwart Die neue Achtsamkeitswelle in der Psychotherapie Von Ulfried Geuter ”Er isst, wenn er isst, er geht, wenn er geht, und er schläft, wenn er schläft” – das soll ein Zen-Meister einem Schüler auf die Frage geantwortet haben, woran man einen Erleuchteten erkenne. Der Erleuchtete ist diesem Aphorismus zufolge jemand, der sich aufmerksam der Gegenwart zuwendet. In der buddhistischen Philosophie ist wache Aufmerksamkeit ein hohes Gut, das heute auch unter dem Markenzeichen Mindfulness in der Psychotherapie wieder eine Rolle spielt. Statt Verhalten zu ändern heißt die neue Philosophie: sich selbst annehmen, akzeptieren, was ist, loslassen. Der Psychotherapeut Ulfried Geuter zeigt, ob dieser Ansatz hilfreich ist. (Produktion März 2016) Mittwoch, 2. November Wenn die Psyche aus dem Takt gerät Zeiterleben und seelische Gesundheit Von Martin Hubert Wir kennen alle diese Momente, in denen die Zeit scheinbar stillsteht, uns erdrückt oder unerbittlich nach vorne treibt. Psychologen und Hirnforscher können inzwischen recht gut erklären, wie dieses unterschiedliche Zeiterleben zustande kommt. Manchmal sind Hirnvorgänge durcheinander geraten, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft voneinander trennen. Manchmal schlägt unsere Erinnerung uns ein Schnippchen. Oder das Zeitgefühl des Einzelnen passt nicht mehr zu dem Zeitrahmen, den die Gesellschaft vorgibt. Psychiater erkennen, dass solche Zeitprobleme mit Krankheiten wie Depression, Manie oder Schizophrenie zu tun haben. Sie fordern für die Therapie das, wonach sich viele Menschen sehnen: Zeit und Ruhe. Donnerstag, 3. November Peter Weiss zum 100. Geburtstag Der Schriftsteller Peter Weiss Moralist zwischen allen Stühlen Von Michael Reitz Die Literatur kann Möglichkeiten aufzeigen, wie sich das Leben verändern lässt – daran glaubte der deutsch-schwedische Autor Peter Weiss fest. Der politisch engagierte Autor – geboren vor hundert Jahren, am 8. November 1916, gestorben 1982 – wurde vor allem durch seine dokumentarischen Theaterstücke berühmt. Mit seinem Drama “Die Ermittlung” über den ersten Frankfurter AuschwitzProzess sorgte er Mitte der 1960er-Jahre für heftige Diskussionen. Weiss war Mitglied der Kommunistischen Partei Schwedens, bezog aber während des Kalten Kriegs nie einseitig Stellung. Sein Ziel war es, Ideologien zu brandmarken, die im Namen einer angeblich besseren Zukunft schreckliche Opfer verlangen. In seinem Hauptwerk, dem dreibändigen Roman-Essay “Die Ästhetik des Widerstands”, schreibt er über den Irrsinn totalitärer Systeme. Sein Werk macht deutlich: Trotz herrschender Inhumanität gab es für Peter Weiss immer Grund zur Hoffnung auf eine bessere und gewaltfreie Welt. SWR2 Wissen – November 2016 2 Freitag, 4. November NS-Euthanasie Die Schuld der Psychiater Von Eva Schindele Fast 70 Jahre hat es gedauert, bis sich die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) zu ihrer Verwicklung in die Krankenmorde während der NS-Zeit öffentlich bekannt und entschuldigt hat. Etwa 300.000 PsychiatriepatientInnen und behinderte Menschen wurden damals mit Beteiligung von Ärzten vergast, starben an einer Giftspritze oder verhungerten. Nach 1945 vertuschten die Psychiater ihr Tun. Auch die Angehörigen, deren Verwandte ermordet oder zwangssterilisiert worden sind, schwiegen aus Scham oder Angst vor Stigmatisierung. Gerade aus dieser Schuld heraus will die DGPPN heute wachsam sein, wenn der Wert des einzelnen Menschen wieder infrage gestellt wird. Samstag, 5. November Albtraum Elternabend Von Detlef Berentzen Ob nun “Frau Müller muss weg”, “Schlachtfeld Elternabend” oder auch “How to survive Elternabend”, das traditionelle Treffen von Eltern und Lehrern im Klassenzimmer ist derzeit ein heiß diskutiertes Thema – Ratgeber für überforderte Eltern, aber auch für Lehrer fluten den Markt. Nicht ohne Grund: Klassenfahrt, Cybermobbing oder Veggie-Day, der Stoff für die Avantgarde streitbarer Mütter oder Väter geht nicht aus. Gleichzeitig bieten virtuelle Elternabende zusätzliche Qualifikationen für die schulische Mitarbeit an. Die Zeiten für Lehrer sind hart geworden. So scheint es. Detlef Berentzen hat die “Schlachtfelder” in den Schulen besucht, mit Eltern und Lehrern debattiert, aber auch mit den Trendsettern im Lager der “Überlebenstrainer” für den Elternabend gesprochen. Sonntag, 6. November Aula: Lernen ohne Lehrer Abgründe neuer Lernkultur Von Christoph Türcke In der neuen Lernkultur werden Lehrer zu Kompetenz-Beschaffungsgehilfen oder Lernbegleitern degradiert. Denn heute wird ja eigenständig gelernt, beweglich und kreativ. Schülerinnen und Schüler legen ihre eigenen Lernwege und Lernrhythmen fest und evaluieren sich auch noch selbst – da steht der traditionelle Lehrer eher im Wege. Christoph Türcke, emeritierter Professor für Philosophie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, zeigt die Gefahren dieser Entwicklung. Montag, 7. November SDI – ein Abwehrsystem im Kalten Krieg Von Michael Hänel SDI, die 1983 von Ronald Reagan verkündete “Strategische Verteidigungsinitiative”, war in der alten Bundesrepublik ein Sinnbild aggressiver Militärdoktrin der USA. Und ein Beispiel für eine weltfremde technologische Zielrichtung. Einen Verteidigungsschirm gegen anfliegende Atomraketen zu bauen, schien damals technologisch unmöglich. Technologisch aufholen ohne zu forschen: Das war das Ziel von KGB und Stasi. Die machten Jagd auf das Know-how, denn SDI war eines der größten Forschungsprojekte des Kalten Krieges. Währenddessen hatten europäische Linksterroristen führende Wissenschaftler, die an SDI beteiligt waren, zu terroristischen Zielen erkoren, mit zahlreichen Anschlägen und Morden. 30 Jahre später nutzen westliche Armeen Technologien, die damals im Zuge von SDI entwickelt wurden. SWR2 Wissen – November 2016 3 Dienstag, 8. November Idol rechter US-Republikaner Ayn Rand und der entfesselte Kapitalismus Von Stefan Fuchs Nach dem Willen führender Unternehmer in Silicon Valley müsste in den USA am 8. November gar nicht gewählt werden. Internet-Milliardäre wie der PayPal-Mitbegründer Peter Thiel und Google-Chef Eric Schmidt sind überzeugt, dass die meisten der Ministerien in Washington geschlossen werden sollten. Sie finanzieren den Bau einer künstlichen Insel in internationalen Gewässern, auf der keine Regierung die Freiheit des Einzelnen mehr einschränken soll. Eine utopische Gemeinschaft smarter Kapitalisten, nach dem Vorbild Ayn Rands. 1957 hat die russische Emigrantin mit dem Bestseller “Atlas wirft die Welt ab” den Schlüsseltext des US-Libertarismus geschrieben. Ihr Held John Galt revoltiert gegen das christliche Ideal aufopfernder Nächstenliebe und feiert einen “rationalen” Egoismus als neue Ethik des 20. Jahrhunderts. Mittwoch, 9. November Keine Sendung Donnerstag, 10. November Rumänische Kleinbauern und die EU Goldener Boden für Großinvestoren Von Leila Knüppel und Manfred Götzke EU-Subventionen bekommt vor allem die Agrarindustrie. Kleinbauern bleiben oft auf der Strecke. Im ländlich geprägten Rumänien ist das Problem besonders akut: 30 Prozent arbeiten hier in der Landwirtschaft, die meisten besitzen nur ein paar Hektar und keine Maschinen. Immer mehr geben auf. Denn wer nicht investiert, hat kaum Chancen auf Subventionen – und seine Produkte werden damit zu teuer. Also bleiben auf den Wochenmärkten die Obst- und Gemüsestände leer, die Menschen kaufen beim Discounter Billigware aus anderen Teilen der EU. Investoren aus dem Ausland dagegen expandieren in Rumänien, sie profitieren von relativ günstigen Bodenpreisen und Billiglöhnen. Tausende Hektar große Farmen sind goldener Boden für die Großinvestoren. Freitag, 11. November Hitlers stiller Gegenspieler Der schwäbische Widerstandskämpfer Georg Elser Von Pia Fruth Am Abend des 8. November 1939 explodiert eine der tragenden Säulen des Bürgerbräukellers in München. Wo Adolf Hitler Minuten vorher eine Rede hielt, liegt nun ein tonnenschwerer Schuttberg. Doch früher als geplant hat der “Führer” den Saal verlassen. So scheitert das akribisch geplante Attentat des schwäbischen Schreiners Georg Elser. Monatelang hat der stille, unangepasste Einzelgänger eine Bombe gebaut und sie nachts im unbewachten Bürgerbräukeller eingebaut. Er habe den Krieg verhindern wollen, sagt er seiner Mutter bei einer letzten Gegenüberstellung. Dennoch will nach Elsers Verhaftung niemand an eine Alleintäterschaft glauben. Die Nationalsozialisten stilisieren ihn zum Werkzeug des britischen Geheimdienstes. Andere wittern im gescheiterten Attentat einen Propaganda-Trick der Machthaber. (Produktion 2015) Samstag, 12. November Gesunde Gewalt Wie aggressiv dürfen Kinder sein? Von Mirko Smiljanic Gewalt und Aggression sind verpönt. Raufende oder gar prügelnde Kinder werden rasch zur Ordnung gerufen, denn ohne Regeln ist ein friedliches Miteinander nicht möglich. Das ist richtig, aber Auseinandersetzungen sind auch wichtig für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, damit sie lernen, Konflikte zu lösen, einen Streit zu schlichten oder sich zu wehren, wenn es nötig ist. Wann ist Streit und Aggression unter Kindern hinzunehmen? Wann wird es zu viel? Und was können AntiAggressionstrainings bewirken, wenn die Gewalt eskaliert? SWR2 Wissen – November 2016 4 Sonntag, 13. November Aula: Flucht und Vertreibung Das Motiv des Exodus Von Jürgen Wertheimer Der Begriff “Exodus” hat Hochkonjunktur. Er taucht immer wieder in verschiedenen Kontexten auf, etwa wenn es heißt: Das Land leidet unter einem Exodus der Akademiker. Ein Exodus ist die massenhafte Flucht der Syrer aus ihrem eigenen Land während des anhaltenden Bürgerkriegs. Der Exodus europäischer Musiker in die USA nach 1933 war vielleicht der größte Talenttransfer der Weltgeschichte. Professor Jürgen Wertheimer, Literaturwissenschaftler an der Universität Tübingen, geht dem Wandel des Begriffs in der Kultur- und Literaturgeschichte nach. Montag, 14. November Gottfried Wilhelm Leibniz Wegbereiter der Moderne Von Barbara Zillmann Schon als Kind entzifferte Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 – 1716) griechische und lateinische Texte in der Bibliothek seiner Eltern. Später studierte er Philosophie, Mathematik und Jura. Als Historiker und Diplomat beriet er europäische Herrscherhäuser und wurde Gründungsdirektor der Berliner Wissenschaftsakademie. Ein ganzheitlicher Blick zeichnete ihn aus: Jede Monade, die kleinste Einheit der Schöpfung, spiegele das Universum. Und er forderte, verschiedene Kulturen – wie die europäische und die asiatische – sollten ihre Erkenntnisse aus Medizin, Physik und Ethik zusammenführen. Mit seinem binären Zahlensystem aus Eins und Null legte Leibniz den Grundstein für die digitale Welt und entwarf eine erste automatische Rechenmaschine. Was verbindet Menschen heute mit dem “Universalgelehrten” von einst? (Produktion 2010) Dienstag, 15. November Der Klang der Natur Mit Mikrofonen die Artenvielfalt bestimmen Von Marcus Schwandner In einem Nadelwald leben andere Lebewesen als in einem Buchenwald, in einer Wiese andere als am Bach. Den Unterschied kann man hören. Wie komplexe Ökosysteme im Verlauf eines ganzen Jahres klingen, erforschen Wissenschaftler der Universität Freiburg auf der Schwäbischen Alb, im Nationalpark Hainich in Thüringen und im brandenburgischen Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Sie haben 300 Mikrofonkästen aufgestellt, die alle zehn Minuten eine Minute lang Aufnahmen machen. Auf diese Weise wollen sie neue Erkenntnisse über die Artenvielfalt eines Gebietes gewinnen. Die ersten Ideen für die “soundscape ecology” hat ein Amerikaner vor 40 Jahren entwickelt. Computer helfen, die dabei anfallenden riesigen Datenmengen auszuwerten. Mittwoch, 16. November Damit es nie wieder passiert Der Kampf gegen den Rückfall von Straftätern Von Nick Schader ”Für immer wegsperren”, fordern viele, wenn es um Schwerverbrecher geht. Aber die allermeisten kommen nach verbüßter Strafe wieder aus dem Gefängnis. Fast jeder Dritte wird dann rückfällig und begeht wieder Straftaten. Allerdings in den seltensten Fällen die gleiche Tat, für die er verurteilt worden war. In der “Sozialtherapeutischen Anstalt in Ludwigshafen”, einer Spezialform des Strafvollzugs, sollen Rückfälle verhindert werden. Straftäter durchlaufen eine mehrjährige Therapie, mit Anti-GewaltTrainings für Mörder und Schläger sowie einer speziellen Psychotherapie für Sexualstraftäter. Mit Erfolg. Studien zeigen, dass es nach solch einer Therapie bis zu 30 Prozent weniger Rückfälle gibt. SWR2 Wissen – November 2016 5 Donnerstag, 17. November Jack Londons „König Alkohol“ Ein Schriftsteller und seine Sucht Von Anna-Dorothea Schneider Jack Londons Leben verlief abenteuerlich wie ein Roman: Er war Zeitungsjunge, Austernpirat und Goldgräber, arbeitete in Fabriken, führte eine Farm, züchtete Tiere und zog als Landstreicher durch die USA. Er wurde Sozialist und setzte sich für das Frauenwahlrecht ein. Sein bekanntestes Werk “Der Seewolf” erschien 1904 und wurde mehrfach verfilmt. Jack Londons kometenhafte literarische Karriere wurde von schweren Alkoholexzessen überschattet. 1913 veröffentlichte er seine “alkoholische” Autobiografie mit dem Titel “König Alkohol”. Darin beschreibt er – ebenso plastisch wie erschreckend – seinen Weg in die Abhängigkeit. Zugleich erzählt dieses Buch vom Aufstieg eines abenteuerlustigen jungen Mannes aus prekären Verhältnissen zum gefeierten, höchstbezahlten Schriftsteller seiner Zeit. Jack London starb vor hundert Jahren, am 22. November 1916, im Alter von nur vierzig Jahren an Nierenversagen – unter anderem eine Folge seines jahrelangen Alkoholmissbrauchs. Freitag, 18. November Der ewige Kaiser Franz Joseph I. von Österreich-Ungarn Von Rainer Volk Ein wenig blass, als “guter, alter Kaiser” und “der Mann der schönen Sisi”, blieb Franz Joseph I. den meisten in Erinnerung. Das ist erstaunlich wenig für einen Mann, dessen Leben vom Biedermeier bis in den Ersten Weltkrieg reichte und der über einen Vielvölkerstaat fast doppelt so groß wie die Bundesrepublik Deutschland herrschte. Seine Zeitgenossen sagten ihm unbändigen Fleiß, persönliche Bescheidenheit und eine große Jagdleidenschaft nach. Doch Franz Joseph I. versäumte, ÖsterreichUngarn politisch zu reformieren, sodass die multikulturelle, kaiserlich-königliche Doppelmonarchie schließlich zerfiel. Lange nach Franz Josephs Tod im November 1916 bescherten ihm Heimatfilme und eine Nostalgiewelle um die Habsburger wieder Popularität. Samstag, 19. November Gewaltfreie Kommunikation Gute Idee, wenig Wirkung? Von Barbara Leitner In den späten 1980er-Jahren brachte der amerikanische Psychologe Marshall Rosenberg seinen Ansatz der Gewaltfreien Kommunikation nach Deutschland. Nach seinem Modell sollen Menschen sich aufrichtig mitteilen und einander wirklich zuhören. Beide Seiten sollen Konflikte lösen, ohne dass es Gewinner und Verlierer gibt. Die Gewaltfreie Kommunikation gilt als einer der meistgenutzten Trainingsansätze im deutschsprachigen Raum. Mindestens eine Million Menschen in Deutschland sind mit dieser Art der verbindlichen, empathischen Kommunikation vertraut. Aber wie verträgt sich das mit den zunehmenden Konflikten am Arbeitsplatz, mit den Auseinandersetzungen in der Schule oder in der Familie? Hat der Ansatz ausgedient und ist es Zeit, die Idee der Gewaltfreien Kommunikation zu beerdigen? Sonntag, 20. November Aula: Gefühle statt Argumente Erodiert die demokratische Diskussionskultur? Von Felix Heidenreich Emotionen in der Politik – das ist ein ambivalentes Thema: Einerseits wünschen wir uns Politiker, die die Herzen ansprechen, Gefühle zeigen und mobilisieren können. In diesem Fall sprechen wir positiv von politischer “Leidenschaft” oder “emotionalen Reden”. Andererseits kann gerade diese Emotionalität Politikern auch schnell zum Verhängnis werden. Als beispielsweise Hillary Clinton bei einem Wahlkampfauftritt feuchte Augen bekam, musste sie massive Kritik einstecken, sie sei eine hysterische Heulsuse, die man besser nicht mit dem weltweit größten Atomwaffenarsenal alleine lassen sollte. Oder der republikanische Kandidat für das Präsidentenamt in den USA, Donald Trump: Er spricht Gefühle an, Ressentiments, Vorurteile, und er ist gerade deshalb ebenso erfolgreich wie umstritten. Der Politikwissenschaftler Felix Heidenreich von der Universität Stuttgart beschreibt die Gefahren, wenn Emotionen in der Politik Argumente ersetzen. SWR2 Wissen – November 2016 6 Montag, 21. November Der Untergang der Britannic – Schwester der Titanic Von Peter Jaeggi Vor 100 Jahren, mitten im Ersten Weltkrieg, versenkte eine deutsche Seemine die “Britannic”. Das Schwesterschiff der legendären “Titanic” war als schwimmendes Lazarett unterwegs. Was seit November 1916 auf dem Meeresgrund vor der griechischen Insel Kea als weltweit größtes Passagierschiff-Wrack ruht, erzählt faszinierende Geschichten. Von der Stewardess, die bereits den Untergang der “Titanic” erlebte. Vom englischen Kameramann, der das Wrack kaufte. Von der mächtigen Original-”Britannic”-Schiffsorgel, die man heute im Schweizerischen Musikautomatenmuseum hören kann. Sie ist quasi das einzige überlebende Stück des untergegangenen Riesendampfers, der eigentlich als schwimmendes Grandhotel gedacht war. Größer und luxuriöser als die “Titanic”. Dienstag, 22. November Meinen Chef wähl’ ich mir selbst! Neue Formen der Mitbestimmung Von Michael Risel Mehr Demokratie im Unternehmen wagen – was nach Sonntagsrede klingt, ist tatsächlich möglich. Immer häufiger experimentieren Firmen mit neuen Formen der betrieblichen Mitbestimmung: Mitarbeiter wählen ihre Vorgesetzten, entscheiden über Arbeitszeiten, Gehälter und die Verwendung des Gewinns. Traditionsreiche mittelständische Unternehmen und junge Start-ups binden Beschäftigte in Planungs- und Entscheidungsprozesse ein. Im demokratischen Unternehmen ist der Mitarbeiter der Souverän. Für manche liegt in diesem Modell das Versprechen auf eine humanere Arbeitswelt jenseits von hierarchischen Strukturen und Dienst nach Vorschrift. Doch warum lassen sich Betriebe darauf ein? Vertragen sich die neuen Leitwerte der Transparenz, Beteiligung und Kooperation mit dem wirtschaftlichen Streben nach Effizienz und Profit? Mittwoch, 23. November Früchtchen mit Geschichte Von der Ur-Zitrone bis zur Super-Orange Von Stephanie Eichler Schon vor 3000 Jahren selektierten Bauern Orangen und Zitronen, um deren Geschmack zu verbessern oder Früchte zu ernten, die sich leicht schälen lassen. Heute ist die Züchtung neuer Sorten für die Massenproduktion nicht mehr nur eine Sache der Landwirte. Im Hauptproduktionsland Spanien entwickeln Biologen Obst, das besonders viele Nährstoffe enthält, vor und nach der eigentlichen Erntezeit reift oder mit Krankheiten besser zurechtkommt. Bessere Qualität für weniger Geld – der Markt um die Zitrusfrüchte ist hart umkämpft. Die spanischen Bauern leiden darunter. Donnerstag, 24. November Theodor Fontanes „Effi Briest“ Im Korsett der Konventionen Von Dagmar Lorenz Klassiker der Schullektüre (1/3) Fontanes berühmter Roman “Effi Briest” (1896) erzählt das kurze Leben einer jungen Frau, deren arrangierte Ehe mit einem sehr viel älteren Mann unglücklich verläuft. Eine kleine Liebesaffäre wächst sich am Ende zu einer tödlichen Katastrophe aus und mündet in der gesellschaftlichen Ächtung der jungen Effi Briest. Die Ereignisse entwickeln sich auf dem Hintergrund der Moral- und Ehrauffassungen der tonangebenden Gesellschaftsschichten im Deutschen Kaiserreich – einer Epoche, deren lust- und frauenfeindliche Ehrbegriffe Parallelen zu manch patriarchalischer Gesellschaft im heutigen Europa aufweisen. Fontane übrigens ließ sich zu seinem Roman von einer realen Figur seiner Zeit inspirieren: der Adligen Elisabeth von Plotho, die Ende des 19. Jahrhunderts den Schritt in ein selbstbestimmtes Leben wagte. SWR2 Wissen – November 2016 7 Freitag, 25. November Erleuchtung – Konjunktur eines religiösen Begriffs Von Rolf Cantzen Ein Lichtstrahl des Himmels, die Begegnung mit einem Guru, eine lebensbedrohliche Krankheit, die Irritation durch einen Gedanken – und das ganze Leben ändert sich. Christliche Heilige fühlten sich von Gott erleuchtet, Philosophen durch einen plötzlichen Gedankenblitz. “Erleuchtung” nimmt heute in der spirituellen Szene eine Schlüsselstellung ein. Es treten erleuchtete Meister und Meisterinnen auf und stellen innere Stille, Glück, Frieden, Lebenssinn, Göttlichkeit in Aussicht. Doch der Weg dorthin könne nicht erzwungen werden. Es gebe kein Rezept, keine Methode, keine Technik. Der Suchende könne sich nur bereit machen für das große Erlebnis. Samstag, 26. November Begegnung mit dem Tod – wie Kinder trauern Von Sabine Stahl Eines Morgens liegt der Hamster reglos im Käfig. Oder der Opa stirbt im Pflegeheim. Oder die Mutter erliegt einem Krebsleiden. Wie gehen Kinder mit dem Tod, mit Trauer und Angst um? Wann verstehen sie, dass dieses Ereignis unumkehrbar ist und die Toten nie wieder zurückkommen werden? Und was bedeuten Sterben und Tod für Kinder, die selber an einer lebensbedrohlichen Krankheit leiden? Oft sind Angehörige, Erzieher und Freunde mit diesem Thema überfordert, sie besänftigen, verschweigen, lenken ab, gehen nicht auf die Fragen und Vorstellungen der Kinder ein. Doch Fachleute betonen, wie wichtig es ist, offen über Sterben und Tod zu sprechen und Kindern “die Wahrheit” zu sagen. “ Sonntag, 27. November Aula: Ich verzeihe Dir! Über den Umgang mit Schuld Von Svenja Flaßpöhler Was heißt es genau, wenn man vergibt oder verzeiht? Ist Verzeihen ein Akt des Vergessens, ein Verzicht auf Vergeltung, kann man das Unverzeihbare verzeihen? Die Berliner Philosophin Svenja Flaßpöhler hat sich mit diesen Fragen immer wieder beschäftigt, sie hat im Rahmen ihrer Recherche einen Mörder im Gefängnis besucht und mit einer Mutter gesprochen, deren Tochter beim Amoklauf in Winnenden verblutete. In der SWR2 Aula stellt Flaßpöhler die Ergebnisse ihrer Reise durch die Welt des Verzeihens vor. Montag, 28. November Falsche Erinnerungen Warum unser Gedächtnis lügt Von Gabi Schlag und Benno Wenz Die Londoner Psychologin Julia Shaw hat Anfang 2016 Studenten suggeriert, sie hätten als Kinder eine kriminelle Tat begangen. Zwei Drittel der Probanden waren überzeugt, dass sie sich an diese Vorgänge erinnerten und sie tatsächlich erlebt hätten. Durch Suggestion und Einbildung lassen sich dem Gedächtnis Erinnerungen von Ereignissen einpflanzen, die nie stattgefunden haben. Neurologen haben nun herausgefunden, wie und wo die “falschen Erinnerungen” entstehen und dass das Gedächtnis diese Verzerrung von Erlebnissen benötigt, um die Gegenwart zu bewältigen und die Zukunft zu meistern. Die wissenschaftliche Erkenntnis: Das Gedächtnis ist kein Vergangenheitssondern ein Zukunftsorgan. Welche Auswirkungen haben diese Erkenntnisse auf die Zuverlässigkeit von Zeugenaussagen und das persönliche und kollektive Erinnern überhaupt? SWR2 Wissen – November 2016 8 Dienstag, 29. November Kein gelobtes Land – Äthiopische Juden in Israel Von Bettina Rühl In Israel leben rund 135.000 Juden äthiopischer Herkunft. Sie kamen vor allem in zwei Einwanderungswellen 1984 und 1991. Bis heute sind die meisten von ihnen nicht in die Gesellschaft integriert. Sie fühlen sich diskriminiert und rassistischen Ressentiments ausgesetzt. Dabei hatte die israelische Regierung nach der von ihr organisierten “Heimholung” der Juden aus Äthiopien sogar besondere Förder-Programme aufgelegt. Aber die großen sozialen und religiösen Unterschiede wurden unterschätzt. Historisch haben sich die äthiopischen Juden schon früh vom Zentrum des Judentums entfernt, sie besitzen ihr eigenes, mündlich tradiertes Gesetz. In Israel konvertierten viele zum rabbinischen Judentum. (Produktion 2015) Mittwoch, 30. November Kleben – was das Zeug hält Eine unglaublich vielseitige Verbindungstechnik Von Martina Preiner Geklebt haben schon die Neandertaler. Mit Pech aus Birkenrinden fügten sie Holz und Stein zu Werkzeugen und Waffen zusammen. Heute stehen uns Hunderte verschiedener Spezialklebstoffe zur Verfügung – zum Basteln, Reparieren, vor allem aber auch in der industriellen Fertigung. Von leichten Blusen bis zu Autokarosserien – fast alles lässt sich kleben – schnell, preiswert und dauerhaft. Die deutsche Klebstoffindustrie ist mit einem Anteil von rund 16 Prozent Weltmarktführer und setzt pro Jahr etwa neun Milliarden Euro um. Weltweit werden mit Klebstoffen mehr als 55 Milliarden Euro Umsatz gemacht. (Produktion 2014) SWR2 Wissen – November 2016 9 SWR2 IMPULS: „1000 ANTWORTEN“ Warum sind Pilze keine Pflanzen? Wie entstand der Kuss? Warum haben wir zwei Nasenlöcher? Riechen Männer anders als Frauen? Wie misst ein Flugzeug die Windgeschwindigkeit? Warum bekommt man im Gesicht keine Gänsehaut? Jeden Mittwoch gibt es in SWR2 Impuls Antworten auf die Wissens-Fragen der SWR2 Hörer. SWR2 IMPULS bietet damit eine einzigartige Gelegenheit, allgemeine und spezielle Fragen zu einem Sachthema an einen renommierten Experten weiterzugeben. Stellen Sie Ihre Fragen im Internet unter www.swr.de/blog/1000Antworten und twitter.com/1000Antworten SWR2 IMPULS (Montag bis Freitag 16.05 bis 17.00 Uhr) auf SWR2 und um 21.03 Uhr auch bei SWRinfo. SWRinfo SWRinfo sendet täglich ab 6 Uhr im Viertelstundenrhythmus Nachrichten, die durch Wettervorhersagen und Verkehrshinweise ergänzt werden. Zusätzlich bietet SWRinfo Hintergrundinformation zu aktuellen Themen, u. a. aus Politik, Wirtschaft, Gesundheit, Wissenschaft, Technik, Umwelt und Sport. Dabei steht der regionale Bezug zum Südwesten im Vordergrund. Abends um 20 Uhr sendet SWRinfo die ARD Tagesschau, danach runden ausführliche Hintergrundsendungen, teilweise aus anderen SWR-Hörfunkprogrammen, das Programm ab. WISSEN können Sie am Samstag und Sonntag jeweils um 9.30 Uhr sowie am Samstag um 21.30 Uhr und am Sonntag um 14.30 Uhr auch auf www.SWRinfo.de hören. CAMPUS – NEUES AUS FORSCHUNG UND WISSENSCHAFTSPOLITIK Samstags, 10.05 – 10.30 Uhr SWR2 Wer den nächsten Nobelpreis bekommt, wissen wir natürlich auch nicht. Aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass in CAMPUS über diese Arbeit längst berichtet wurde. Jeden Samstag gibt es hier Neues aus Medizin, Naturwissenschaft und Technik, sowie aus den Geistes- und Sozialwissenschaften. Damit nicht genug. In CAMPUS erfährt man auch, unter welchen Bedingungen geforscht wird und wie es um den wissenschaftlichen Nachwuchs steht. Hochschul- und Forschungspolitik haben hier ihren festen Platz. CAMPUS – ein Magazin mit Kurzberichten, Interviews, Glossen und Kommentaren richtet sich an alle, für die »Wissensgesellschaft« nicht nur ein Schlagwort ist. CAMPUS können Sie am Sonntag um 14.05 Uhr auch auf www.SWRinfo.de hören. SWR2 WISSEN – SERVICE SWR2 WISSEN Podcast – Webradio SWR2 WISSEN können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml Manuskriptdienst Manuskripte der Sendungen SWR2 Wissen und Aula finden Sie unter swr2.de/wissen. Auch als E-Book für mobile Endgeräte. Programm-Informationen per E-Mail Die Wochenübersichten des Programms von SWR2 WISSEN können Sie sich regelmäßig über den SWR2 Newsletter zuschicken lassen – einfach E-Mail-Adresse eintragen bzw. austragen unter www.swr2.de/wissen (Service). SWR2 Wissen – November 2016 10 SWR2 Programmfragen Bei SWR2 Programmfragen erhalten Sie allgemeine Informationen zum Programm SWR2 und auch Manuskripte. SWR2 Programmfragen, 76522 Baden-Baden, Telefon 07221 300 222 (Mo – Fr 10 – 12 Uhr). Kennen Sie schon das neue Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter Telefon 07221 300 200 oder swr2.de IMPRESSUM Südwestrundfunk SWR Redaktion SWR2 WISSEN Redaktionskollegium (Mo, Di, Do, Fr) Anja Brockert, Detlef Clas, Udo Zindel, Gábor Paál, Sonja Striegl (Mi) Christoph König (Sa) Ralf Caspary (So) 76522 Baden-Baden Fax 07221 929-22387 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.swr2.de/wissen
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