Manuskript

SWR2 MANUSKRIPT
ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE
SWR2 Musikstunde
Pasticcio musicale 09-16
Von Konrad Beikircher
Sendung:
Redaktion:
Samstag, 17. September 2016
Martin Roth
9.05 – 10.00 Uhr
Bitte beachten Sie:
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SWR 2 Musikstunde 17.09.2016
Pasticcio musicale (September 2016)
Signet
... mit einem Bein noch in Norwegen, mit dem anderen schon hier im Studio,
startklar für das capriccio musicale: Ihr Konrad Beikircher...
Titelmusik
Und der begrüßt Sie auf das Schärfste und voller Freude, liebe Freunde des
Pasticcio musicale. Heute habe ich das ein oder andere mit Ihnen vor: es ist
einem wundervollen Musiker zum 5o. Geburtstag zu gratulieren und es ist eine
Entdeckung zu machen. Ein Leben ist kurz zu erzählen und einer der poetischsten
Erfindungen des XX. Jahrhunderts ist zu gedenken: DADA ist in diesem Jahr 1oo
Jahre alt. Und: ich war in Norwegen mit einem Schiff unterwegs, das mich in
Fjorde trug, zu den Trollen und zu phantastischem Ziegenkäse. Dafür musste ich
zwar ein paar Vorstellungen geben aber das ist doch ein guter Gegenwert für
soviel Landschaft. Dann aber war ich in Bergen und damit in der Geburtsstadt
eines großen Geigers: Ole Bull. Bis ich mich mit Paganini beschäftigt habe, wusste
ich gar nicht, wer Ole Bull ist, und dass er mit einer norwegischen Fidel Europa
begeisterte, bis er zum seriösen Geiger mutierte, er muss, liebe Freunde, toll
gewesen sein, ein Geiger, der Flügel verleiht. Europa war von ihm begeistert,
vielleicht auch deshalb, weil keiner erwartet hat - auch damals nicht - dass aus
Norwegen überhaupt so was wie Musik zu uns kommen kann. Edward Grieg war
ja noch nicht erfunden, dass es Samen mit wunderschönen Liedern gibt, wusste
auch keiner, kurz: Ole Bull war erstmal ein Naturphänomen, angestaunt wie ein
Exot, obwohl er weiß war. Nach einem erfolgreichen Konzertleben ging er zurück
nach Bergen, der wunderschönen Stadt am Fjord, und gründete eine
Musikschule und ein Theater und förderte das, was die Norweger damals an
Kunst und Kultur zu bieten hatten. Und sie feiern ihn heute noch wie einen Popstar
als den Motor der norwegischen Kultur. Der schönste Platz in Bergen heißt Ole Bull
Platz, direkt an einem kleinen See mitten in der Stadt, daneben die EdwardGrieg-Halle (der ja auch Bergener war), eine wunderschöne Konzerthalle,
Kunstmuseen, ein Park und um die Ecke der Fischmarkt, übrigens der älteste
Europas, und viele, viele Menschen, die tanzen, singen und sich wohlfühlen. Gut
ich war an einem Samstag da, aber dieser Tag in Bergen hat mir den Norweger
als solchen und Ole Bull in einem ganz neuen Licht gezeigt. Also mich hat
gefreut, dass die Norweger unseren Geiger Ole Bull mehr feiern als ihren
Björnsterne Björnson (den ja heute kaum noch ein Theater aufführt, na gut,
vielleicht Hammerfest, das Burgtheater der Lappen, wer weiß) oder sonstwen
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außer ihrer Königin Sonja, die an dem Tag, als ich da war, gerade eine
Ausstellung mit Bildern von sich eröffnete - in der Bergener Philharmonie, also vom
Feinsten, und als ich rein wollte wies mir die Politi höflich die Schranken, also alles
wunderbar - und da fiel mir wieder ein, wie kollegial und dennoch neidfrei Ole
Bull einen Auftritt Paganinis beschrieb. Ich habs Ihnen schon mal erzählt, 2013,
aber diese Zeilen sind es wert, alle drei Jahre wiederholt zu werden. Also:
Paganini tritt auf und holt auf der Bühne ein Schächtelchen aus seinem Frack.
und jetzt Ole Bull:
""dann öffnete er die Schachtel und nahm eine Brille heraus, dachte dann einen
Moment nach, wie um die folgende Bewegung abzuwägen. Schließlich setzte er,
den Bogen mit der rechten Hand haltend und sich leicht verbeugend, die Brille
auf und schaute zufrieden in die Runde. Aber wie hatte er sich verändert! Die
Brillengläser waren von DUNKELBLAUER FARBE und verliehen seinem abgezehrten
Gesicht einen gespenstischen Ausdruck; sie sahen aus wie zwei große Löcher.
Den Fuß anhebend und sofort wieder auf den Boden setzend, gab er das Signal
für den Beginn....im Publikum verbreitete sich die Ahnung, daß niemand diese
eckige Gestalt und dieses Gesicht wiedersehen würde oder die wunderbaren
Hexereien seiner Violine je wieder zu hören bekommen würde".
Niccolò Paganini:
Caprice für Violine op.1 Nr.5 a-Moll
Shlomo Mintz (Violine)
Dauer: 2’05
Wir waren schon alle ein bißchen aufgeregt: wir Kellner in der Jazz-Galerie in
Bonn, die wir auch alle Musiker, zumindest Hobby-Musiker waren, weil an diesem
Abend im Jahr 1977 ein besonderer Musiker bei uns gastierte: Birelli Lagrène mit
seiner Sinti-Gruppe. Birelli war da gerade mal elf Jahre alt und wir waren nicht
sicher, ob das alles gut gehen würde, denn: ein Konzert in der Jazz-Galerie hatte
4 sets lang zu sein, jeder Set gut 45 Minuten lang und nix weniger, das heißt: drei
Stunden reine Musik, na gut, ein paar Applaus-Pausen dazwischen aber
ansonsten strenge Zucht: 3 Stunden! Schon für erwachsene Musiker eine
Herausforderung, auch wenn improvisierte Musik, also Jazz, sich mit den Längen
leichter tut als andere Gattungen, weil sich gute Musiker gerne mit langem Atem
freispielen. Nur: der, der an diesem Abend spielen sollte, war gerade mal elf
Jahre alt! Als die Band und die Begleitung ankamen, war es wie immer: die
Musiker tragen die Instrumente die Treppe herunter in den Laden, so auch der
kleine Birelli. Er hat einen Gitarrenkoffer der doppelt so groß schien wie er selber,
aber er ließ keinen anderen dran. Er wuchtete den Koffer auf die Bühne, dann
kümmerte er sich um das Mikrophon, half den anderen beim Aufbau der Anlage
und erst als alles fertig war, packte er seine Gitarre aus. Es war die übliche Django
Reinhardt Gitarre, die mit dem Einschnitt am Hals für die linke Hand, damit sie
leichter die hohen Töne greifen kann. Welches Fabrikat es war, kann ich Ihnen
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leider nicht mehr sagen, vielleicht können Sie es googlen, falls es Sie interessiert,
nur: das wollte ich gar nicht erzählen. Erzählen wollte ich, dass dann der soundcheck kam. Wir Kellner kümmerten uns um die Bierleitungen, das Geschirr, die
Gläser, die Kerzen, die auf die Tische zu stellen waren, als das Kind anfing zu
spielen, nur so, um mal zu schauen, wie es klingt und ob alles klar geht und um
uns herum versank die Welt. Es war, als säße Django Reinhardt selber auf der
Bühne, so virtuos aber auch so innig spielte dieses Kind einen seiner Titel: ... Keiner
von uns getraute sich zu atmen, auch die Musiker seiner Band hielten inne und
schauten und hörten dem Kind zu. Er spielte ganz in sich versunken sechs oder
sieben Minuten lang, ach was, es war ein Leben lang, unser Leben lang, dann
brach er mittendrin ab und sagte nur "o.k." und packte die Gitarre wieder ein.
Das war einer dieser seltenen magischen Momente, die ich erleben durfte, so
einer wie der, als in der Wiener Staatsoper Prevedi aus Mailand eingeflogen
wurde um unter Karajan den Kalaf in der Turandot zu singen und das Opernhaus
nur noch Kopf stand. Birelli Lagrène hat eine große Karriere als Gitarrist und Jazzer
gemacht und es macht mir immer große Freude, ihn zu hören. Dass er mir mit elf
Jahren in Bonn aber diesen Moment des Glückes schenkte, werde ich ihm mein
Leben lang nicht vergessen. Birelli, für mich bist Du einer der ganz großen Musiker
im Jazz Europas, ich danke Dir und sende Dir zu Deinem 5o. Geburtstag - er ist
nämlich 4.9.1966 geboren - als Gadju zwar, aber als alter Roma-Freund meine
aller-allerbesten Glückwünsche. Spiel für uns, wir hören Dir zu!
Django Reinhardt:
Daphné
Biréli Lagrène und Ensemble
Dauer: 3‘00
Sie wissen ja, dass ich vor jeder Sendung unseres pasticcio musicale in meinem
Archiv herumkrame, so nach dem Motto: was könnte Ihnen gefallen? Womit
könnte ich Sie unterhalten? Und jetzt habe ich vor einiger Zeit wieder einmal I
Pagliacci gehört, Ausschnitte zwar - und das auch noch aus einem quäkenden
Lautsprecher an Deck eines Schiffes, das uns von Southampton nach Hamburg
brachte, umsonst, aber zur Strafe musste ich einen kabarettistischen Auftritt
absolvieren - aber eben: Ruggero Leoncavallo. Und zu dem möchte ich Ihnen
wirklich gerne ein bssl was erzählen, weil: Es gibt manchmal Leben, da fällt einem
nix mehr ein, wenn man die sich so anschaut. Leoncavallo ist so einer, aber hallo:
Ruggero Leoncavallo: geboren am 8. März 1858 in Neapel, gestorben mit 61
Jahren am 9. August 1919 in Montecatini. Leoncavallo, über dessen Tod der
italienische Dichter Gabriele d’Annunzio gesagt hat, er sei an „MelodienFettleibigkeit erstickt“, hatte auch vor seinem Tod als Berühmtheit ein Leben,
wenn auch ein anstrengendes. Der Wagner-Verehrer wollte eine italienische
Antwort auf die Nibelungen dichten und komponieren, eine Trilogie um die
Familie „I Medici“, hatte aber immer wieder Alltagssorgen, die ihn davon
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abhielten, dieses große Werk zu schreiben. Der junge Komponist wurde von
einem gerissenen Impresario nach allen Regeln der Kunst abgezogen, als der sich
- um dessen Oper Chatterton aufführen zu können - sehr viel Geld geben ließ, mit
diesem Geld jedoch durchbrannte. Der Doktor der Literatur musste sich als
Harmoniumbegleiter von Kabarettistinnen durchschlagen und übersetzte obskure
Theatertexte für noch obskurere kleine Theater, ging nach Ägypten, wo er den
einträglichen Posten eines Chefs der Ägyptischen Militärkapellen inne hatte, floh
als Araber verkleidet, schlug sich in Paris in der Bohème durch und landete
schließlich mit den Pagliacci einen Welterfolg. Dummerweise schrieb er,
nachdem Puccini seine Bohème um die Welt geführt hatte, ebenfalls eine Oper
mit diesem Titel, gerade so, als würde einer neben Ikea einen Möbelladen
aufmachen! Weil diese Bohème eine feine Oper ist, wurde sie zwar aufgeführt,
fiel aber schnell der Vergessenheit anheim. Die deutsche Avantgarde verprellte
er sich, als er für Wilhelm II., der ihn begeistert verehrte, eine Oper mit dem
wundervollen Titel „Der Roland von Berlin“ schrieb. Er versuchte sich dann noch in
Komödien, z.B. schrieb er mit Edgar Wallace, ja, genau dem!, die Komödie „Are
you there?“, die schon am ersten Abend in London ausgezischt wurde. Bis zuletzt
gehörte Leoncavallo zu den Künstlern, die ihre jeweilige Arbeit für die beste ihres
Lebens hielten, nur: so etwas wie Pagliacci war nicht mehr möglich. Schade, ich
hätte es ihm wirklich gegönnt. So bleibt noch anzumerken, dass er 1907 die erste
italienische Oper für die Schallplatte dirigierte und aufnahm: Pagliacci. Damit hat
er sich auch in die italienische Schalplattengeschichte eingeritzt.
Ruggero Leoncavallo:
Dauer: 5’10
Qual fiamma avea nel guardo! – Stridono lassù, Szene und Vogellied der Nedda
aus: Pagliacci
Mirella Freni (Sopran)
National Philharmonic Orchestra
Leitung: Giuseppe Patané
Und weil wir in diesem Jahr nicht vergessen, dass DADA 1oo Jahre alt geworden
ist und weil wir wissen, dass DADA unsere Hrzen und vor allen Dingen unser Hirn in
Schwung hält und weil wir zeigen wollen, dass DADA lebt, hier eines der
berühmtesten DADA-Gedichte. Es ist von Hugo Ball und es macht mindestens so
viel Spaß wie es gescheit ist und wie es die Sprache auf den Kopf stellt und zurück
zu den Urlauten führt, sozusagen, äh...
'Gadji beri bimba' - Hugo Ball
gadji beri bimba glandridi laula lonni cadori
gadjama gramma berida bimbala glandri galassassa laulitalomini
gadji beri bin blassa glassala laula lonni cadorsu sassala bim
gadjama tuffm i zimzalla binban gligla wowolimai bin beri ban
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o katalominai rhinozerossola hopsamen laulitalomini hoooo
gadjama rhinozerossola hopsamen
bluku terullala blaulala loooo
zimzim urullala zimzim urullala zimzim zanzibar zimzalla zam
elifantolim brussala bulomen brussala bulomen tromtata
velo da bang band affalo purzamai affalo purzamai lengado tor
gadjama bimbalo glandridi glassala zingtata pimpalo ögrögöööö
viola laxato viola zimbrabim viola uli paluji malooo
tuffm im zimbrabim negramai bumbalo negramai bumbalo tuffm i zim
gadjama bimbala oo beri gadjama gaga di gadjama affalo pinx
gaga di bumbalo bumbalo gadjamen
gaga di bling blong
gaga blung
Paul Hindemith:
Die beiden Mistfinken aus: „Minimax“
Leipziger Streichquartett
Dauer: 3‘00
Jeder von uns hoffnungslos antiquierten Menschen, die noch gerne Bücher
lesen, in denen man blättern kann, die nach Papier und Leder riechen und ein
bisschen nach verstaubtem Schimmel und kleinen Stockflecken (aber nur ganz
ein bisschen) – ich habe noch ein paar solcher wundervollen Exemplare aus
nicht wirklich vergessenen Zeiten! – kennt das: du lehnst Dich zurück, hast ein
Buch vor Dir, blätterst ein bisschen drin rum und plötzlich hakst Du Dich fest: Pixis
steht da im Lexikon der Tonkünstler von Ernst Ludwig Gerber (ich habe die
Ausgabe von 1813), Pixis Friedrich Wilhelm, der Vater. Und direkt dahinter noch
mal Friedrich Wilhelm Pixis, der ältere Sohn des Vorhergehenden und dann
Johann Peter Pixis, der jüngere Bruder des Vorhergehenden und schon bist Du
mittendrin. Pixis? Nie gehört und so einiges habe ich im Laufe meines Lebens ja
schon gelesen, aber Pixis? Jetzt könnte ich angeben und andeuten, Pixis?
Mannheim?
Da war doch was, aber ich bleibe aufrichtig und schmücke mich nicht mit
fremden Federn, egal, was die Politiker mir da vorleben, diesen Namen habe ich
nie gehört. Also wühle ich weiter und komme einer ganzen Familie auf die
Schliche inklusive Adoptivtochter und alle waren zu ihrer Zeit ausgesprochen
berühmt, zum Teil europaweit. Darf ich Ihnen das kurz erzählen? Also: dem Vater,
der ab 1770 Organist in der reformierten Kirche in Mannheim war, räumt der
wundervolle Gerber eher Vaterverdienste ein. Er schreibt: Pixis „hat Deutschland
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einen Beweis aufgestellt, was eine aufmerksame Erziehung zur frühen
Entwickelung der Talente beytragen kann. Ohne seinen beyden Knaben Gewalt
anzuthun, ließ er sie gleichsam nur zur Lust Musik treiben, wozu sie früh Neigung
spüren ließen. Oft gab er dem Lehrmeister 4 bis 6 Billets für eine halbe Stunde, die
der Knabe mit Vergnügen genommen hatte; so dass die Kinder ohne allen
Zwang das wurden, was gegenwärtig an ihnen bewundert wird. Sie hatten so
eben erst, der ältere das 9te, der jüngere das 8te Jahr erreicht, als sie 1796 zu
Mannheim in einem Konzerte zum ersten Male öffentlich auftraten und die
Zuhörer durch ihr angenehmes Spiel und ihre erlangte Fertigkeit, der ältere auf
der Violine und der jüngere auf dem Klaviere, überraschten.
Da diese erste Probe so gut gelungen und so wohl aufgenommen war, so rieth
Hr. Fränzl dem Vater, eine Virtuosenreise mit seinen beyden Kindern zu
unternehmen. Die unglücklich en kriegerischen Zeiten, welche seine Lage bey
seiner kleinen Besoldung nur um so drückender machten, gaben diesem Rath um
so mehr Gewicht, so, dass er von Stund’ an Anstaltung zur Befolgung desselben
traf. Ihre erste Ausflucht ging nach Karlsruhe und Stuttgard und wieder zurück.“
Und beschreibt im weiteren detailliert die Stationen der Reise. Tatsächlich spielten
die beiden Knaben allem vor, was damals Rang und Namen hatte, so natürlich
auch Louis Spohr, Achim von Arnim und – wie sollte es anders sein – Zelter und
Goethe. Friedrich Wilhelm Pixis, der Geiger, kam nach seinem Konzert in Hamburg
zu Viotti, einem der größten Geiger seiner Zeit und überhaupt, der ihn als Schüler
nahm und damit nicht genug: der auch noch Duette für ihn schrieb. Und von
diesen Duetten her kennt jeder Geigenschüler den Namen Friedrich Wilhelm Pixis
– falls er technisch so weit gekommen sein sollte, dass er das spielen kann!
Aber nun noch ein paar Sätze zum talentiertesten aus dem Trio, dem Pianisten
Johann Peter Pixis, weil der 1874 in Baden-Baden gestorben ist. Irgendwann war
halt Schluß mit den Konzertauftritten mit dem geigenden Brüderchen, so um
1806, dann ging der Pianist nach Wien, wurde Schüler vom legendären Herrn
Albrechtsberger, der auch Beethoven schon genervt hatte, lernte den dann
auch kennen, und Schubert und Meyerbeer, zog 1823 nach Paris und
konzertierte von da an in der großen Welt europaweit um sich Mitte der 184oer
Jahre nach Baden-Baden „zurückzuziehen“, wie die "Musik in Geschichte und
Gegenwart" anmerkt. Seinem Spiel wurde nachgesagt, es sei „sehr virtuos, aber
effectberechnet, nur einen Schritt zur Charlatanerie“, besonders wird seine
„räthselhafte Vollgriffigkeit“ herausgehoben, eine Virtuosität, der sich Franz Liszt
schon in jungen Jahren nachgerade verschrieben hat, der bezeichnenderweise
Johan Peter Pixis „einen seiner ältesten und liebsten Freunde“ nennt. Robert
Schumann schätzte seine Kompositionen und nennt sie „nicht sehr kunstreich –
doch glänzend gewebt“ und Schumann hatte ein unbestechliches Urteil, also ist
das schon ein Kompliment.
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Johann Peter Pixis:
Dauer: 8‘20
Melange über Motive aus „Die Belagerung von Korinth“ von Gioachino Rossini
Oleg Marshev
Und er ist vor 5o Jahren gestorben. Er war gerade mal 36 Jahre alt und gesegnet
mit einer unglaublichen Stimme: Fritz Wunderlich. Ich will hier nicht seine
Lebensgeschichte Revue passieren lassen, gerade hier im Süden ist er in den
Herzen wie nirgends sonst. Ich möchte einfach nur seiner gedenken und seine
Stimme erklingen lassen. Sie hat einen Zauber wie ihn kaum eine andere gehabt
hat. Für mich gehört Fritz Wunderlich's Stimme nicht zu den JahrhundertEreignissen wie die Stimmen von Caruso oder Pavarotti, für mich ist sie mehr, sie ist
die Verkörperung des lyrischen Tenors schlechthin, die Vollendung dessen, was
tenoraler Schmelz sein kann. Dass das eine Stimme ist, die sofort und unmittelbar
unser Herz berührt ist auch klar. Keine Worte mehr, hier ist Fritz Wunderlich.
Otto Nicolai:
Dauer: 5‘00
„Horch, die Lerche singt im Hain“,
Romanze des Fenton aus „Die lustigen Weiber von Windsor“
Fritz Wunderlich (Tenor)
Bayerisches Staatsorchester
Leitung: Robert Heger
Es geht Ihnen so wie mir: es wird einem ganz anders ums Herz, wenn man diese
Stimme hört. Am liebsten möchte ich da eine kleine Meditation über das Wunder
der menschlichen Stimme anschließen, aber ich möchte den Klang nachwirken
lassen und dem nichts hinzufügen außer eine weitere schöne Musik und die
besten Wünsche für den Rest des Monats als Ihr Konrad Beikircher
Georg Philipp Telemann:
2. Satz aus dem Konzert für Flöte, Viola da gamba, Streicher und Basso continuo
a-Moll TWV 52:a1
Dorothee Oberlinger und das Ensemble 1700