SWR2 MANUSKRIPT ESSAYS FEATURES KOMMENTARE VORTRÄGE SWR2 Zeitwort 15.09.1899: "The Gramophone Company" bietet 100 Pfund für den gemalten "Nipper" Von Xaver Frühbeis Sendung: 15.09.2016 Redaktion: Ursula Wegener Produktion: SWR 2016 Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Service: SWR2 Zeitwort können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/zeitwort.xml MUSIK: Beethoven Menuett Autor: Er ist der berühmteste Hund der Schallplattenindustrie. Wenn nicht: der ganzen Welt. Ein weißer Terrier-Mischling - sitzt vor einem alten Grammophon. Den Kopf neugierig schief gelegt, guckt er in den Schalltrichter und lauscht der Stimme seines Herrn. Ein Bild, das Geschichte geschrieben hat. "Hund und Grammophon" drehten sich auf den Etiketten von Schellacks und Vinylplatten, in Zeitungsannoncen und auf Grammophonnadel-Schachteln haben die beiden Werbung gemacht, es gab - und gibt sie bis heute - als Spielzeug und Sammelobjekte, statuengroß steht der kleine Hund vor den Eingangstüren von Firmengebäuden der Musikwelt, sogar Straßen hat man mittlerweile nach ihm benannt. Der Name des kleinen Kerls ist: "Nipper". Und dieser "Nipper" ist nicht etwa die clevere Erfindung einer Werbeagentur, sondern: er hat tatsächlich gelebt. Und zwar in London. Sein Herrchen war der englische Maler Francis Barraud. O-Ton Edison: Autor: Barraud hatte zuhause einen Edison-Wachswalzenspieler. Das war der letzte Schrei auf dem Markt der Musikmaschinen. Mit so einem "Phonographen" konnte man nicht bloß Musik ins Heim bringen, sondern auch: Sprache aufnehmen und gleich danach wieder abspielen. Der kleine Nipper soll sehr begeistert davon gewesen sein, wenn direkt vor ihm aus dem Schalltrichter die Stimme eines Menschen zu hören war. O-Ton Edison: Autor: Im September 1895 stirbt Nipper. Drei Jahre später beginnt Barraud, zum Andenken an seinen Hund ein Gemälde zu malen: "Nipper schaut in den Trichter eines Walzenspielers". Als das Bild fertig ist, geht Barraud damit hausieren. Aber niemand will es haben. Keiner will es ausstellen. Sogar der Chef der Walzenspieler-Firma ist nicht interessiert. "Hunde schauen nicht in unsere Schalltrichter", sagt er. Da allerdings ist die Konkurrenz ganz anderer Meinung. Barry Owen von der "Gramophone Company" sagt, er würde das Bild kaufen. Allerdings sollte der kleine Hund dann nicht vor einem Edison-Walzenspieler sitzen, sondern vor einem von ihren Grammophon-Plattenspielern. Owens Firma macht nämlich keine zylinderförmigen Wachswalzen mehr, sondern das Allerneueste: flache Schallplatten aus schwarzem Schellack. Flugs malt Barraud das Bild um, und am 15. September 1899 bietet ihm die "Gramophone Company" dafür 50 Pfund Sterling. Nochmal 50 Pfund bekommt Barraud für die Verwertungsrechte und den Titel, den er sich für das Bild ausgedacht hat: "His Master's Voice - Die Stimme seines Herrn". MUSIK: Beethoven Menuett Autor: Damit beginnt der Siegeszug des Hundelabels. Weltweit suchen die Kunden in den Läden nach Schellackplatten mit dem putzigen Tier auf dem Etikett. Weil der Wiedererkennungswert so groß ist, verwendet die "Gramophone Company" einige Jahre später das Bild als ihr Logo, und: sie ändert den Namen ihres Plattenlabels. 1 Aus "Gramophone Records" wird "His Master's Voice", kurz: "HMV". Über Firmenaufkäufe und -fusionen wandert Nipper weiter, zu berühmten Plattenfirmen wie RCA, EMI oder der Deutschen Grammophon. Bis heute ist der kleine Hund vor dem Grammophon eines der weltweit bekanntesten Markenzeichen. Und Nippers Herrchen soll Jahre lang damit beschäftigt gewesen sein, immer mehr unterschiedliche Versionen von seinem einzigen berühmten Bild zu malen. Das Original, für das er seinerzeit 100 Pfund bekommen hat, das existiert auch noch. Es hängt im Hauptgebäude der Plattenfirma EMI in London. 2
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